Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

(Beifall von der SPD – Lachen von der CDU)

Sie nehmen noch nicht einmal zur Kenntnis, dass Ihr Gesetz durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Ladenöffnungsgesetz schlichtweg überarbeitungsbedürftig ist. Auf diesem Niveau, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, werden wir Sie in der Öffentlichkeit nicht weiter laufen lassen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Bell, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wüst zulassen?

Nein, ich rede jetzt durch.

(Zuruf von der CDU: Würde ich an seiner Stelle auch nicht!)

Man hat mittlerweile den Eindruck, dass die Diskussion um die Werteorientierung in der Wirtschaftspolitik von Ihnen mit allen Mitteln diskreditiert wird.

Herr Brockes, der heute nicht anwesend ist, hat in der letzten Wirtschaftsausschusssitzung versucht, uns in diesem Zusammenhang mit dem Begriff des „Gutmenschen“ zu apostrophieren. Herr Ellerbrock hat es heute in anderem Zusammenhang ebenfalls getan.

Wir haben daraufhin gefragt: Was ist denn ein Gutmensch?

(Christian Lindner [FDP]: Ein Gesinnungstak- tiker!)

Darüber hat Dietmar Brockes in seiner gewohnten philosophischen Qualität drei Minuten lang geradebrecht, um das einmal höflich zu umschreiben.

Ich frage Sie dann: Was ist denn das Gegenteil von einem Gutmenschen?

(Christian Lindner [FDP]: Ein Verantwor- tungstaktiker!)

Mit welchem Bild wollen Sie eigentlich identifiziert werden? Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wirtschaftspolitisch stimmt in dieser Opposition bei der Frage nach der Werteorientierung gar nichts mehr.

(Beifall von der SPD – Christian Lindner [FDP]: Das ist der Unterschied zwischen Ot- mar Schneider und Helmut Schmidt! – Ge- genruf von der SPD: Das ist ja lächerlich, Herr Lindner! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ja, Herr Lindner, das klappt alles nicht so richtig.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einige Ausführungen zur Situation der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen machen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ist hier im letzten Jahr um 1 % gestiegen.

Für das wirtschaftspolitische Umfeld, in dem auch Nordrhein-Westfalen unterwegs ist, ist das ein gutes Signal für die wirtschaftliche Stärke in diesem Land.

Wenn man einen Blick in die aktuellen saisonbereinigten Konjunkturdaten wirft, die die Deutsche Bundesbank regelmäßig zur Verfügung stellt, dann erkennt man, dass wesentliche Indikatoren der konjunkturellen Entwicklung in unserem Land – die Industrie und die Produktion im produzierenden Gewerbe – positiv von denen des Bundes abweichen.

Entsprechend entwickelt sich das bereits erwähnte ifo-Geschäftsklima hierzulande besser als im Bund.

Eines würde mich interessieren: Wir sprechen über den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen. Wenn Ihrer Meinung nach die nordrhein-westfälische Landesregierung alles falsch macht, wie kommt es dann, dass immerhin 28 % aller ausländischen Direktinvestitionen in der Bundesrepublik nach Nordrhein-Westfalen gehen? Wir reden immerhin von 189 Milliarden €.

Das ist Ausdruck der Wirtschaftsstärke dieses Landes. Das Land und die Wirtschaft in diesem Land haben es verdient, dies einmal deutlich auszusprechen.

(Beifall von der SPD)

Deswegen sage ich: Die Art und Weise, wie Sie mit dem Haushaltsentwurf umgehen, zeigt die Qualität Ihrer Politik.

In Ihrem Antrag zum Einzelplan 14, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, steht: Wir reduzieren den Ansatz im Personalausgabenbereich, Personalhaushalt 14, durch die Abschaffung des Tariftreue- und Vergabegesetzes. Dann kann auf die in § 15 Tarifreue- und Vergabegesetz vorgesehene Prüfbehörde verzichtet werden. Der Personalansatz ist entsprechend zu reduzieren. Sie gehen von einer Reduzierung um 17 Millionen € aus.

Nur: Sie haben den Haushalt überhaupt nicht gelesen. Denn diese 17 Millionen € sind gar nicht in den Haushalt eingestellt. Das ist die Qualität Ihrer Haushaltpolitik und Ihrer Sparvorschläge, die Sie diesem Hohen Hause unterbreitet haben.

Ich sage Ihnen sehr deutlich: Machen Sie doch erst einmal Ihre Hausaufgaben, bevor Sie hier mit einer solchen Attitüde auftreten und versuchen, den Wirtschaftsminister zu diskreditieren. Ihr Verhalten ist nicht geeignet, hier eine vernünftige Debatte über den Haushaltplan des Ressorts Wirtschaft in Gang zu setzen.

Wir haben die Schwerpunkte im Haushalt richtig gesetzt. Wir werden die Handwerksförderung weiter fortschreiben. Wir haben mit dem Bereich „Mittelstand“ und der Umsetzung des Mittelstandsgesetzes unter Einrichtung der Clearingstelle den richtigen Weg gewählt, um den Mittelstand perspektivisch zu stärken.

Wir stärken den Bereich „Außenwirtschaft und Tourismus“. Ich sage Ihnen: Wir werden unser Markenzeichen, das auch unser Minister mittlerweile verkörpert – nämlich „Dialog statt Zukunft“ –, fortsetzen. Nicht nur dieses Programm, auch unser Wirtschaftsminister hat sich mittlerweile eine hohe Akzeptanz erarbeitet.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Reine Autosug- gestion!)

Diese erfolgreiche Politik wird durch den Haushaltsansatz fortgeschrieben. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Nächster Redner für die FDPFraktion ist der Kollege Bombis.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach wie vor befindet sich die Wirtschaft in vielen Teilen der Welt in einer erheblichen Krise. Nicht nur in Japan oder den USA, sondern auch in Europa haben viele Länder mit steigenden Arbeitslosenzahlen und sinkenden Einnahmen sowie anderen negativen Folgen zu kämpfen.

Wir in Deutschland sind insgesamt gut durch die Verschuldungs-, Finanz- und Eurokrise gekommen. Wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch gehören wir zu den Musterschülern in Europa, mit so vielen Beschäftigten wie noch nie, geringer Jugendarbeitslosigkeit und einem hervorragenden Wohlstandsniveau im internationalen Vergleich.

Wir in NRW – das will ich durchaus zugestehen – haben daran durchaus einigen Anteil. Für sich genommen ist NRW die achtzehntgrößte Volkswirtschaft der Welt. In Deutschland sind wir der Exportmeister.

Die NRW-Wirtschaft ist geprägt von einer gesunden Mischung aus Großunternehmen und einer Vielzahl von Mittelständlern. Die Hälfte der 50 umsatzstärksten Firmen in Deutschland hat ihren Hauptsitz in Nordrhein-Westfalen. Wichtig ist dabei: Der Wirtschaftsstandort profitiert vor allem vom enormen Innovationspotenzial der Wirtschaft. – So weit die guten Nachrichten.

NRW hat sich allerdings in den letzten Jahren, gerade in den Krisenjahren, nicht als Wachstumslokomotive erwiesen. Das müssen Sie – auch Sie, Kollege Bell – zur Kenntnis nehmen. Das Bruttoinlandsprodukt stagniert in NRW. Die Exportquote stagniert ebenfalls. Andere Bundesländer legen deutlich zu. Die Produktivität sinkt. Auch beim Thema „Arbeitslosigkeit“ entwickelt sich NRW leider nicht so positiv wie andere Länder. Wir sind ein starkes Land; aber wir verlieren an wirtschaftlicher Bedeutung.

Das liegt nicht an den Menschen und an den Unternehmen, die hier in Nordrhein-Westfalen arbeiten. Es liegt daran, dass wir im nationalen und im internationalen Vergleich immer provinzieller werden, weil Rot-Grün hier eine Politik macht, die die Gesellschaft und die Wirtschaft einer immer aufwendigeren Regulierung unterwirft.

(Beifall von der FDP)

Damit wird ein Bundesland immer weniger attraktiv für Investoren. So kann ein Bundesland nicht an Dynamik gewinnen, weil es mit der Bewältigung der neuen Regulierungen völlig überfordert ist. Fehlende Dynamik erschwert die Entfaltung der Innovationskraft der Menschen und gefährdet auf lange Sicht unseren Wohlstand.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, es müsste der Anspruch der Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen sein, dass wir an der Spitze der wirtschaftlichen Dynamik stehen. Es müsste der Anspruch sein, dass wirtschaftspolitisch positive Rahmenbedingungen und Strukturen geschaffen werden.

Wie sieht aber die Wirklichkeit aus? Wie wird Nordrhein-Westfalen regiert? Herr Bell, Sie haben gesagt, der Kollege Wüst spreche hier negativ über Nordrhein-Westfalen. Der Kollege Wüst hat einige Punkte genannt. Ich zitiere einen IHK-Präsidenten, wie er in der „Rheinischen Post“ vom 13. Februar 2013 wiedergegeben ist

(Minister Garrelt Duin: Welchen?)

das ist ein Zitat aus der „Rheinischen Post“, Herr Minister –: Der Wirtschaftsminister „hat klare und industriefreundliche Positionen“ – so weit Zustimmung –, „aber er setzt sie nicht durch“; so weit ebenfalls Zustimmung.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, kritisiert:

„Sonntags loben die politischen Eliten die Bedeutung der Industrie. Werktags werden neue Hindernisse für Wachstum und Beschäftigung errichtet.“

(Christian Lindner [FDP]: So ist es!)

Auch der Präsident der Unternehmerverbände, Horst-Werner Maier-Hunke, kritisiert Verschul