Bei Rot-Grün hat das im Übrigen System über dieses Land hinaus. Auf der europäischen Ebene verniedlicht der Herausforderer von Angela Merkel, wenn Frankreich wiederum die Defizitkriterien des Maastricht-Vertrags verletzt. Im Bundesrat hat die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein
Westfalen mit dafür gesorgt, dass Deutschland den Fiskalvertrag, der Schuldenbremsen in alle europäischen Verfassungen bringen soll, nicht ratifizieren kann.
In der Bundespolitik wollen Sie mit Ihren Wahlprogrammen die historisch beispiellose Steuererhöhung von 40 Milliarden € durchsetzen – aber nicht, um die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, sondern um beispielsweise mit 7,4 Milliarden € – nach Forderung der Grünen – die Hartz-IVRegelsätze zu erhöhen. Hier in Nordrhein
Westfalen verstoßen Ihre Versprechungen auf Pump gegen den ökonomischen Sachverstand und die Verfassung, Frau Kraft.
Auf keiner politischen Ebene haben Sozialdemokraten und Grüne die Konsequenzen aus der europäischen Staatsschuldenkrise gezogen.
Bei diesem Landeshaushalt kann man das wie unter einem Brennglas sehen. Sie verfügen in diesem Jahr 2013 über 8 Milliarden € Steuereinnahmen mehr, als Schwarz-Gelb es bei der letzten mittelfristigen Finanzplanung im Jahr 2010 erhoffen konnte. Sie haben ein historisch beispiellos niedriges Zinsniveau und einen außerordentlich robusten Arbeitsmarkt. Trotzdem müssen Sie in diesem Jahr 3,4 Milliarden € neue Schulden aufnehmen, weil Sie die erfolgreiche Konsolidierungspolitik der Jahre 2005 bis 2010 beendet und mit dem Landeshaushalt planlos Geld verteilt haben, meine Damen und Herren.
spielsweise laut Bonner „General-Anzeiger“ vom 17. Januar – ich zitiere –: Schulden seien kein Drama. Das Problem löse sich über die Geldentwertung.
Wann soll der Staat denn mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auskommen können? Wann, wenn nicht jetzt in einer historisch einmaligen Lage? Möglicherweise werden wir auf lange Zeit nicht mehr so günstige Bedingungen vorfinden, um nachhaltige Fortschritte bei der Sanierung der öffentlichen Finanzen zu machen. Diese günstige Gelegenheit verspielen Sie. Das ist fahrlässig und verantwortungslos gegenüber zukünftigen Generationen.
Weil Sie den Konsolidierungspfad verlassen haben, Herr Finanzminister und Frau Kraft, kommen Sie jetzt zunehmend in Probleme der Prioritätensetzung Ihrer Politik. Sie werden in den nächsten Jahren immer öfter vor die Wahl gestellt werden, entweder die Verfassung zu brechen, weil Sie Ihre Versprechen auf Pump finanzieren, oder Ihr Wort zu brechen, weil Sie trotzdem an Grenzen stoßen. Am Ende wird beides zusammenfallen – der Verfassungs- und der Wortbruch –, weil Sie nämlich im größten Bundesland eben nicht nachhaltig wirtschaften, weil Sie Chancen verbrauchen, statt Chancen zu schaffen!
Meine Damen und Herren, das neuerliche Urteil des Verfassungsgerichts hat der Finanzminister mit einer Nonchalance aufgenommen, die uns zum Erstaunen gebracht hat.
Man muss sich Folgendes vor Augen führen, Herr Finanzminister: Ihnen ist ein Bruch der Verfassung, auf die Sie einen Eid geschworen haben, nachgewiesen worden. Jetzt laden Sie uns ein, in einer Verfassungskommission darüber nachzudenken, eine Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen. Warum sollen wir uns einer solchen Debatte mit Ihnen stellen, wenn für Sie unsere Landesverfassung ohnehin nur so eine Art unverbindliche Preisempfehlung ist? Was haben wir eigentlich von einer Schuldenbremse in der Landesverfassung zu erwarten,
Mit welcher moralischen Autorität können Sie eigentlich persönlich noch über Steuerstraftäter urteilen, wenn Sie selber ein Wiederholungstäter beim Verfassungsbruch sind?
Aus der moralischen Perspektive sind der Steuersünder und der Schuldensünder auf einer Stufe, Herr Walter-Borjans.
Ich rege im Übrigen vor diesem Hintergrund an – wir führen ja jetzt Gespräche über die Verfassungskommission und ihren Auftrag –, dass wir in diesen Beratungen – wir waren ja auch bei anderen Fragen der Rechtsetzung Pioniere in Nordrhein-Westfalen –, darüber nachdenken, welche wirksamen Sanktionsmechanismen wir in unsere Landesverfassung aufnehmen können, damit der Bruch der Verfassung durch die Landesregierung nicht dauerhaft folgenlos bleibt. Eine Schuldenbremse jedenfalls, die nur auf dem Papier besteht, eine Schuldenbremse im Belieben des Finanzministers, eine solche Schuldenbremse brauchen wir nicht in der Verfassung. Dazu reichen wir nicht die Hand.
Meine Damen und Herren, was hat sich seit der ersten Lesung des Landeshaushalts verändert? Der Finanzminister hat Einsparungen konkretisiert. Er spart im 60-Milliarden-€-Etat 152 Millionen €. Dazu schreiben die „Aachener Nachrichten“, dies seien – Zitat – Einsparungen im „kleinkalibrigen Format einer Portokasse“. Bei diesen Einsparungen von 152 Millionen € ist nun bemerkenswert, wo und wie Sie diese Einsparungen erbringen.
Zum Beispiel muss die Kinder- und Jugendministerin Konsolidierungsbeiträge erbringen, im Straßenbau wird gespart, bei der Kultur und beim Denkmalschutz wird gespart. Frau Kraft, das war Ihr erster Wortbruch; denn Sie haben noch in Ihrem Koalitionsvertrag den Kulturschaffenden, der Szene im Land versprochen, genau da werde nicht gekürzt.
Trotz steigender Studierendenzahlen in NordrheinWestfalen bleiben die Kompensationsmittel nach der Abschaffung der Studienbeiträge konstant. Die Bildungssituation verschlechtert sich also an unseren Hochschulen.
Geld haben Sie aber für anderes. Ihre Konsolidierungsbemühungen muss man ja mit den Vorhaben, für die es zusätzliches Geld gibt, vergleichen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Aus dem Kleingedruckten Ihres Haushalts werden mal eben so für die Landesministerien 76 zusätzliche Stellen für die Apparate geschaffen, und zwar nicht nach Bedarfsprüfung und Aufgabenkritik, sondern sie werden quotal über die Ministerien verteilt. Das ist jetzt Ihre „vorsorgende Sozialpolitik“, Frau Kraft.
Investieren in die Apparate, Sparen bei Köpfen, Kindern und Kultur – das ist das genaue Gegenteil der vorsorgenden Sozialpolitik, die da lauten sollte: Sparen bei den Apparaten und Investieren in Kinder, Köpfe und Kultur, meine Damen und Herren.
Sehr verehrte Frau Beer, es ist ein großes Paar Schuhe, das Johannes Remmel als der empörungspolitische Sprecher der Fraktion Bünd
nis 90/Die Grünen Ihnen hinterlassen hat. Aber ich konstatiere Ihnen: Langsam wachsen Sie mit Ihren Zwischenrufen da hinein.
Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen vorgeschlagen – und das, Kollege Römer, heißt Sparen, um neue Chancen zu schaffen –, im Landeshaushalt die zahlreichen Umverteilungsvorhaben und den zum Teil erheblichen Stellenaufwuchs – ich komme später noch einmal dazu – zurückzunehmen, um mit diesem Geld eine zusätzliche Zukunftspauschale in das Gemeindefinanzierungsgesetz aufzunehmen. 100 Millionen € für Köpfe, Kinder, Kultur und Konjunktur in Kommunen. Da, wo konkret in Kultur, in Kinderförderung investiert werden kann, wo gemeindliche Infrastruktur erhalten werden muss, wollen wir investieren, nicht in Apparate, nicht in Umverteilungsprogramme im Landeshaushalt. Ich bin sicher: Unser Programm, das konkret vor Ort die kommunale Selbstverwaltung stärkt, ist auch hinsichtlich seiner sozialen Rendite all Ihren Maßnahmen überlegen, meine Damen und Herren.
Herr Römer hat eben gerühmt, dass Sie sich zusammengesetzt und den Haushalt ausgepresst hätten. Auf der Zielgeraden haben Sie noch einmal 168,5 Millionen € erwartbare Minderausgaben etatisiert,
indem Sie beispielsweise die Ersparnisse durch das niedrige Zinsniveau aufgenommen haben. Die Frage, die ja Ihre Ernsthaftigkeit bei der Konsolidierung des Haushalts beantworten soll, lautet nun: Was ist mit diesen 168,5 Millionen € passiert? Die wurden dazu genutzt, um ursprüngliche Sparvorhaben in Höhe von 60 Millionen € zu reduzieren. Dazu schreibt „wdr.de“ – Zitat –: „Rot-Grün spart weniger als ursprünglich beabsichtigt“. In meinen Worten: Am Ende der Beratungen ist Rot-Grün noch unsolider, als ursprünglich befürchtet!
Seit der ersten Lesung des Landeshaushalts haben wir auch neue Entwicklungen bei der Portigon AG, für die der Finanzminister seit 2010 die strategische Verantwortung übernommen hat.