Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es weitere Wortmeldungen im Rahmen der Geschäftsordnungsdebatte? – Das ist nicht der Fall.
Dann stelle ich den von Herrn Kollegen Laumann vorgetragenen Geschäftsordnungsantrag, gemäß § 19 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung die heutige Tagesordnung um den Tagesordnungspunkt „Zukunft des Logistikzentrums bei Opel in Bochum“ zu ergänzen, zur Abstimmung. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP und Piraten. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Geschäftsordnungsantrag auf Ergänzung der Tagesordnung mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.
Damit sind wir im Rahmen der Ihnen vorliegenden Tagesordnung, in die wir jetzt auch eintreten können.
Wie ich bereits gestern ausgeführt habe, hat mir der Chef der Staatskanzlei mit Schreiben vom 24. April 2013 mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtigt, zu diesem Thema zu unterrichten.
Die Unterrichtung erfolgt durch den Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. Ich erteile Herrn Minister Remmel das Wort zur Unterrichtung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen und Monaten ist viel über die Forderungen der österreichischen Sägewerksgruppe Klausner an das Land Nordrhein-Westfalen berichtet worden. Dabei geht es zum einen um Holzlieferverpflichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen, zum anderen um eine
Durch einen aktuellen Antrag der Firma Klausner auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Münster soll das Land verpflichtet werden, kein Fichtenstammholz an andere Kunden insbesondere in Nordrhein-Westfalen zu liefern und zu vermitteln.
Dadurch hat das Geschehen rund um den Klausner-Vertrag noch einmal an Dramatik zugenommen. Ich sehe es deshalb als Aufgabe der Landesregierung und auch als meine Aufgabe, das Parlament zeitnah über die aktuellen Ereignisse zu unterrichten. Ich danke für die Möglichkeit, das heute hier tun zu können.
Um die Dimension des Falles begreifen zu können, ist es erforderlich, die Anfänge und damit die Ursachen und Hintergründe noch einmal zu beleuchten. Im Januar 2007 hat der Orkan Kyrill die Wälder Nordrhein-Westfalens verwüstet. Circa 16 Millionen Festmeter Rundholz – im Wesentlichen Fichtenstammholz – wurden in einer Nacht zu Boden geworfen. Dies war und ist das Vielfache eines nachhaltigen Holzeinschlages. Sie werden sich erinnern, ganze Berghänge waren entwaldet, über 30.000 ha Waldflächen waren großflächig geworfen, Waldbesitzer waren und sind in Existenznot, die Holzpreise fielen dramatisch.
Knapp einen Monat nach diesem Ereignis hat das damalige Umweltministerium am 16.02.2007 im Rahmen seiner Fachaufsicht die Organisation der notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen des Sturmschadens Kyrill mit sofortiger Wirkung an sich gezogen und den Leiter der Landesforstverwaltung im Umweltministerium damit beauftragt, die Leitung des Krisen- und Arbeitsstabes und die Verhandlungen für den Abschluss von Verträgen zu übernehmen.
Ganze vier Tage später, am 20. Februar 2007, also nach der Übertragung vom Landesbetrieb auf das Ministerium, hat es ohne jede externe juristische Beratung eine Vereinbarung mit der KlausnerGruppe gegeben, die nicht nur die Vermarktung von Sturmholz zum Ziel hatte, sondern darüber hinaus eine jährliche Lieferung von 500.000 Festmetern Frischholz für die Jahre 2009 bis 2014 vorsah. Dies entspricht etwa einem Viertel des nachhaltigen Fichtenstammholzeinschlages in Nordrhein-Westfalen. Diese Menge sollte aus allen Waldbesitzarten geliefert werden.
Man muss als Hintergrund wissen, dass im Staatswald Nordrhein-Westfalen nachhaltig rund 200.000 Festmeter Fichtenstammholz geerntet werden können. Hier wurde also eine vertragliche Zusage formuliert, welche die objektiven Möglichkeiten des Staatswaldes auf das 2,5fache erhöhte. Man muss auch wissen, dass es sich hier um ein Vermögen
Es ist bekannt, dass die damalige Leitung des Landesbetriebes Wald und Holz diese Vereinbarung nicht unterzeichnete und schriftlich remonstrierte, dass ein Fichteneinschlag von 500.000 Festmetern im Staatswald unter Einhaltung des gesetzlichen Nachhaltigkeitsgebotes – ich zitiere – „definitiv nicht zu erbringen ist“.
Der Folgevertrag mit Klausner vom 17.04.2007 versuchte dann, die Garantie des Staatswaldes zu relativieren und sah eine Lieferverpflichtung des Staatswaldes von „nur“ 195.000 Festmeter vor. Ob und in welchem Umfang die in der Vereinbarung vom 20.02.2007 ausgesprochene Garantie bis heute gilt, ist jedoch weiterhin streitig.
Es ist bekannt, dass die heimischen Säger damals sofort massiv protestiert haben. Aber die damalige Landesregierung hat diese Bedenken nicht ernst genommen und ignoriert.
Nun sollte man meinen, dass die schwarz-gelbe Landesregierung alles versucht hätte, um aus diesem Knebelvertrag wieder herauszukommen, als Klausner dann aufgrund der eigenen drohenden Insolvenz in finanzielle Schieflage geriet und Vertragsverpflichtungen nicht mehr oder nur unzureichend erfüllte. Leider kann ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, nichts dergleichen berichten.
Zwar ist der Landesbetrieb Wald und Holz schließlich im Jahr 2009 vom Vertrag zurückgetreten, doch dies geschah offensichtlich halbherzig. Aus Sicht des Landes wurde die günstige Gelegenheit also nicht wahrgenommen. Klausner zog anschließend vor Gericht.
Lassen Sie mich nun zu den Konsequenzen dieser Abläufe aus dem Zeitraum der vorletzten Legislaturperiode kommen: Am 03.12.2012 hat das OLG Hamm festgestellt, dass die Verträge mit der Firma Klausner weiterhin gelten. Das ist das Ergebnis der Feststellungsklage.
Daraufhin hat die Firma Klausner das Land am 28.12.2012 auf Schadensersatz in Höhe von 56 Millionen € für die Schließung des Sägewerks in Adelebsen und für 2009 nicht geliefertes Holz verklagt, da sie das Land wegen der unterlassenen Holzlieferung des Landesbetriebes im Jahr 2009 für die Werkschließung in die Verantwortung nimmt.
Mittlerweile hat die Firma Klausner ihre Schadensersatzklage erweitert. Danach beantragt Klausner im Kern die Verpflichtung von Nordrhein-Westfalen zur Lieferung von Staatswaldholz für die Zeit vom 01.01.2010 bis zum 28.02.2013 mit insgesamt 620.000 Festmetern Fichtenstammholz und zweitens die Belieferung von fast 970.000 Festmetern Fichtenstammholz – hier Vermittlungsholz – für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 28.02.2013.
Weiterhin beansprucht Klausner für die Restlaufzeit des Vertrages 2013 und 2014 Lieferungen von jeweils 500.000 Festmeter, davon 195.000 Festmeter aus dem Staatswald.
Zusätzlich hat Klausner am 10.04. eine einstweilige Verfügung gegen das Land Nordrhein-Westfalen beim Landgericht Münster beantragt. Darin fordert Klausner für die nächsten neun Monate – das betrifft also dieses Jahr – das Land auf, kein Fichtenstammholz mehr aus Landesbesitz an andere Bewerber als an Klausner zu liefern und gleichfalls auch Holz aus dem Privat- und Kommunalwald, das der Landesbetrieb vermittelt, ausschließlich an Klausner zu liefern. Bei einer schuldhaften Zuwiderhandlung beantragt Klausner ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 € sowie eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten für den Leiter des Landesbetriebes, im Wiederholungsfall von bis zu zwei Jahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die von Klausner vorgetragenen Ansprüche auf Nadelholzlieferungen treffen uns in einer Situation, in der der Holzmarkt bereits sehr angespannt ist. Überall klagen die Sägewerke über ein zu niedriges Nadelholzangebot. Viele Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer halten sich auch aufgrund der internationalen Konjunkturlage zurück. Gleichzeitig haben wir steigende Holzpreise. Zwei nordrhein-westfälische Sägewerke gingen in den letzten zwei Monaten in Insolvenz.
Wir können uns also alle ausmalen, welche Folgen es hätte, wenn Klausner vor Gericht siegen würde. Der Schaden für die Arbeitsplätze im ländlichen Raum, für den Komplex Wald und Holz bzw. für die Holz- und Forstwirtschaft in Nordrhein-Westfalen wäre enorm.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, eine Arbeitsgruppe von Fachleuten des Ministeriums, des Landesbetriebes und einer von uns beauftragten Rechtsanwaltskanzlei bewertet zurzeit regelmäßig die Situation, und wir bereiten uns auf die entsprechenden Gerichtsverfahren vor. Unser Ziel ist es, trotz der schwierigen Ausgangslage die Interessen des Landes auch in dieser gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Firma Klausner bestmöglich zu wahren.
Erstens. Das Land Nordrhein-Westfalen erkennt die Schadensersatzforderungen der Firma Klausner nicht an, denn für die Schließung des Werkes in Adelebsen ist das Land Nordrhein-Westfalen nicht verantwortlich. Auch die Bewertungen des Schadens in Bezug auf die Vertragsverpflichtung 2009 bleiben und sind strittig.
Zweitens. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm sind die Verträge gültig. Demnach können die Lieferverpflichtungen des Staatswaldes für die Jahre 2013/14 an die Firma
Klausner aus unserer Sicht nicht bestritten werden. Deshalb hat der Landesbetrieb unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit auch der gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Zertifizierungskriterien einer Nachhaltigkeitszertifizierung einen Lieferplan über 195.000 Festmeter für das Jahr 2013 erstellt, und er führt eine Klärung der vertraglichen Verpflichtungen beim Vermittlungsholz herbei.
Wir dehnen also für zwei Jahren absichtlich und in Kenntnis der gerichtlichen Entscheidung unseren Einschlag bis zu dem aus, was möglich ist, allerdings mit der Einschränkung verbunden, dass diese Lieferungserfüllung unter einer nach wie vor laufenden kartell- und europarechtliche Überprüfung steht.
Darüber hinaus werden wir im Staatswald im Sinne des Waldumbaus vermehrt Fichten ernten, um an die bisherigen Kunden, wo gewachsene Lieferverpflichtungen bestehen, zu liefern. Dies ist uns einerseits wichtig, um die gewachsenen Strukturen in Nordrhein-Westfalen zu erhalten, andererseits um nicht von der Seite her in kartellrechtliche Fragestellungen verwickelt zu werden. Wir sind also an zwei Seiten gebunden und müssen diese Bedingungen erfüllen.
Parallel dazu wird der Landesbetrieb Wald und Holz den Privat- und Kommunalwald unterstützen, die vorhandenen Holzreserven zu mobilisieren, damit insgesamt ausreichend Holz am Markt zur Verfügung steht. Dies geschieht selbstverständlich unter Beachtung der Nachhaltigkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Folgen der rechtlich verbindlichen Verträge mit der Firma Klausner sind nur dann erfolgreich zu meistern, wenn Verbände, Betriebe, Beschäftigte, die Politik, die öffentlichen Hände und das Land eng zusammenarbeiten. Deshalb haben wir direkt nach Bekanntwerden der zusätzlichen Anträge und Forderungen Klausners die entsprechenden Verbände der Forst- und Holzwirtschaft, die Umweltverbände, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesbetriebes, den entsprechenden Ausschuss des Landtags und die Berufsverbände umfangreich informiert.
Darüber hinaus habe ich zu einem engen Dialog eingeladen, der auch schon stattfindet. Wir sind in engem Austausch mit den forstlichen Berufsverbänden, dem Verband der Deutschen Säge- und Holzindustrie, den kommunalen und privaten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern und den Umweltverbänden. Das soll in Form eines runden Tisches weitergeführt werden.
Ich habe deutlich gemacht, dass wir durch die von Klausner gewonnene Feststellungsklage gezwungen sind, unsere Verpflichtungen für die Jahre 2013 und 2014 bei gleichzeitiger naturnaher Waldbewirtschaftung durch den Landesbetrieb zu erfüllen. Allerdings muss sich das Land nun vor dem Landgericht Münster bei den eingereichten Schadenser
Bei aller gebotenen Sachlichkeit in einem laufenden Rechtsverfahren will ich doch am Ende aus meiner Haltung bzw. meiner Meinung keine Mördergrube machen. Ich empfinde die Ansprüche der Firma Klausner gegen das Land als Angriff auf die gesamte Forst- und Holzwirtschaft des Landes.
Dahinter steckt – offen ausgesprochen – der Versuch, in Nordrhein-Westfalen eine aus Sicht eines großen Konzerns überfällige Marktbereinigung zu unternehmen und Mitbewerberinnen und Mitbewerbern den Rohstoff ihres Arbeitens und Handelns zu entziehen. Wir reden hier über 3.000 Arbeitsplätze in der nordrhein-westfälischen Sägeindustrie, die in Gefahr geraten. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen. Wir müssen uns gemeinsam gegen diesen Versuch einer Marktbereinigung und Gefährdung der Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen stemmen.
Diese schwierige Situation erfordert gemeinsame Anstrengungen und gemeinsames Handeln. Ich appelliere deshalb auch an die Opposition, sich dieser Verantwortung zu stellen, gemeinsam mit der Landesregierung und allen Akteuren des Clusters Wald und Holz diesen Angriff auf den Wald, auf die heimische Holzwirtschaft, ja auf die Menschen in Nordrhein-Westfalen abzuwehren. Es gilt jetzt, in Nordrhein-Westfalen zusammenzustehen und für nordrhein-westfälische Interessen gemeinsam einzutreten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Remmel, für die Unterrichtung. – Ich eröffne die Aussprache zur Unterrichtung und erteile als erstem Redner Herrn Kollegen Deppe von der CDU das Wort.