Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Meine Damen und Herren, wenn 54.167 Haushalte Opfer eines Einbruchs wurden, dann muss die Politik reagieren. Es reicht nicht aus, auf lückenhaft genutzte, teilweise veraltete und in ihrer Wirksamkeit bezweifelte Standardermittlungsmaßnahmen zu

verweisen oder wie Herr Minister Jäger alle paar Monate irgendeine medienträchtige Alibiveranstaltung zu inszenieren. Solche Veranstaltungen binden nur zusätzlich Personal und bringen in der Sache gar nichts.

(Beifall von der FDP)

Wir haben aber noch aber ein weiteres Problem. Während die Einbruchszahlen massiv steigen, sinkt gleichzeitig die Aufklärungsquote. Derzeit werden von 100 Einbrüchen nur zwei bis drei Täter hinterher überhaupt tatsächlich verurteilt. NordrheinWestfalen hängt im Ländervergleich hinten.

Herr Minister, Sie tragen die politische Verantwortung dafür, dass über 50.000 Einbrüche im letzten Jahr unaufgeklärt und ungesühnt blieben. Es geht keinerlei abschreckende Wirkung von dem aus, was der Staat entgegensetzt. Wir verlangen von Ihnen, dass Sie endlich ein neues Konzept auflegen, um den Verfolgungsdruck, das Entdeckungsrisiko und die Aufklärungsquote zu steigern.

Sie haben selbst im letzten Jahr eine polizeiliche Arbeitsgruppe mit dem Titel „Bekämpfung mobiler Intensivtäter Eigentum“ eingesetzt. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung der Kriminalpolizei werden laut deren Ergebnissen Aktenzeichen angelegt, abgeheftet und dann passiert damit nichts weiter. Es würden Datenbanken schlecht gepflegt, sagen Ihnen Ihre eigenen Leute aus der Arbeitsgruppe. Es werden erkennungsdienstliche Instrumente wie Fotos oder Fingerabdrücke nicht aktualisiert, sagt Ihnen Ihre eigene Arbeitsgruppe. Herr Minister Jäger, Sie persönlich müssen endlich die Konsequenzen aus den Ergebnissen Ihrer eigenen Arbeitsgruppe ziehen.

Wenn man sich bei anderen Polizeiexperten erkundigt, sagen diese ebenfalls, dass vieles von dem, was die nordrhein-westfälische Polizei macht, antiquiert ist. Ich nenne nur das Stichwort EbayRecherchen. Diese finden praktisch gar nicht statt.

Wir brauchen ein Programm, das dazu führt, dass die Menschen die Beute zurückbekommen. Wir brauchen endlich eine zentrale Datenbank, in der die Menschen in der Öffentlichkeit nachschauen und das Diebesgut identifizieren können.

Ich bin Liberaler. Insofern möchte ich auch einmal ein liberales Argument, ein marktwirtschaftliches Argument anfügen. Wenn Sie die Vertriebskanäle austrocknen und den einbrechenden Menschen die Möglichkeit nehmen, das, was sie bei den Einbrüchen mitgenommen haben, auch abzusetzen, dann

werden Sie dazu beitragen, dass es weniger Einbrüche gibt, weil es weniger Anreize gibt.

(Beifall von der FDP)

Der öffentliche Fahndungsdruck in NordrheinWestfalen ist zu gering. Wir könnten auch außendienstunfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei für die ganz normale Schreibtischarbeit, für kriminalistischen Spürsinn einsetzen. Leider geschieht das in Nordrhein-Westfalen nicht.

Die Liste ist noch sehr lang. Wir werden sie im Ausschuss debattieren. Herr Minister, wir sind nicht bereit, länger abzuwarten. Sie müssen endlich handeln. Die über 50.000 Einbrüche sind die Einbrüche, für die Sie persönlich die Verantwortung tragen.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Heinrichs das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Orth, ich habe mir bei dem Antrag schon Gedanken gemacht, was heute kommen soll. Ich habe es mir eigentlich auch so gedacht. Es geht Ihnen nicht um die Sache. Es geht Ihnen mehr um Getöse, um Polemik und Wahlkampfsachen. Das ist mir wieder aufgefallen.

(Beifall von der SPD)

Sie haben in Ihrem Antrag geschrieben „Beute zurück“. Das sind die Schlagwörter Ihres Antrages. Die damit gemeinte Verfolgung, Aufklärung und Repression von Einbruchskriminalität sind allein jedoch nicht ausreichend, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP. Zusätzlich notwendig, um Einbrüche zu verhindern, sind wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen, wie sie der Innenminister mit seiner Kampagne „Riegel vor“ angeschoben hat. Eine wirksame Bekämpfung der Einbruchskriminalität braucht nämlich beides, Prävention und Repression.

Wir registrieren seit einiger Zeit, und zwar bundesweit, einen besorgniserregenden Anstieg der Fallzahlen. Das ist richtig. Besonders betroffen sind Großstädte und Wohnbereiche in Autobahnnähe. Bei den Tätern handelt es sich in der Regel um überregional agierende Banden.

Umso wichtiger ist es, dies so effizient wie möglich zu bekämpfen. Unsere Bürgerinnen und Bürger müssen sich in ihren eigenen vier Wänden sicher fühlen. Das ist sehr, sehr wichtig. Das haben Sie auch angesprochen. Herr Dr. Orth, da gebe ich Ihnen Recht: Es ist nicht nur der Verlust von Wertgegenständen, der den Opfern zu schaffen macht, sondern auch die brutale Verletzung ihrer Privatsphäre wird als äußerst demütigend empfunden.

Um einer Legendenbildung vorzubeugen: Der Anstieg der Fallzahlen hat nicht erst 2010 angefangen, sondern bereits ab dem Jahr 2008, als die FDP noch den Innenminister stellte. Im Jahr 2007 lag die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen bei 16,5 %. Bis 2010, dem Jahr des Regierungswechsels, sank sie unter Schwarz-Gelb kontinuierlich auf nur noch 12,9 %. 2012 konnte Innenminister Jäger dagegen auf eine leicht angestiegene Aufklärungsquote von 13,8 % verweisen. Tun Sie also nicht so, als ob die Aufklärungsquote seit der Regierungsübernahme durch Rot-Grün gesunken wäre, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die FDP fordert ein wirksames Gesamtkonzept zur Bekämpfung massiv steigender Einbruchszahlen. Das klingt erst einmal gut.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie verkennen jedoch, dass die rot-grüne Landesregierung schon 2010 eine landesweite ganzheitliche Handlungsstrategie entwickelt hat. Das Problem ist also erkannt. Es ist keinesfalls so, dass sich Landesregierung und Polizei ausschließlich auf präventive Maßnahmen konzentrieren. Das LKA stellt inzwischen tagesaktuell ein Lagebild zur Verfügung, mit dem die Einbruchsentwicklung landesweit verfolgt werden kann. Das versetzt die Polizeibehörden in die Lage, Schwerpunkte und Tendenzen frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Seit 2011 werden landesweit mehr als 40 neue Ermittlungskommissionen eingerichtet.

Die Konzepte schließen längst auch eine umfassende Sachfahndung nach Beutegegenständen ein, die natürlich auch die von der FDP geforderte Internetrecherche umfasst. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Einrichtung eines CybercrimeKompetenzzentrums beim LKA.

Die von der FDP massiv kritisierten Aktionstage mit überörtlichen Fahndungs- und Kontrolleinsätzen sowie Razzien sind nicht etwa Show, sondern auch Teil einer konzentrierten Sachfahndung. Die durchweg positiven Erfahrungen haben gezeigt, dass es auf jeden Fall sinnvoll ist, weiterhin an dieser Praxis festzuhalten.

Die Kampagne „Riegel vor“ ist der präventive Baustein unserer ganzheitlichen Handlungsstrategie zur Bekämpfung und Verhinderung von Wohnungseinbrüchen. Eine möglichst optimale Sicherung der Häuser, eine Schärfung der Wachsamkeit in den Wohnquartieren und die sofortige Weitergabe verdächtiger Beobachtungen an die Polizei sind wichtig, um potenzielle Einbrecher möglichst schon vor einer Tatbegehung zu stoppen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch ganz kurz auf die Klagen der FDP über die Personalausstattung der Polizei eingehen. Fakt ist, dass Schwarz-Gelb in den Jahren 2006 bis 2010

insgesamt 2.100 Beamte weniger eingestellt und ausgebildet hat als möglich gewesen wäre. Das wird der Polizei insbesondere ab 2016 sehr zu schaffen machen. Es werden pro Jahr mehr Beamte ausscheiden als in den Dienst neu eintreten.

Wir sind dabei, diesen Fehler der Vorgängerregierung zu reparieren. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode 2010 bis 2012 wurde die Einstellungsermächtigung auf 1.400 Anwärter pro Jahr erhöht. Die Ministerpräsidentin hat in ihrer Regierungserklärung 2012 erklärt, dass trotz der Sparzwänge auch in den nächsten Jahren an dieser Einstellungspraxis festgehalten wird.

In Sachen der Personalausstattung der Polizei sollte sich die FDP also besser an das bewährte Motto halten: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall von der SPD)

Zusammenfassend ergibt sich, dass der FDPAntrag nur eine schlecht durchgeführte Recherche über die Polizeiarbeit und Kriminalitätslage in Nordrhein-Westfalen ist.

Dennoch sollten wir dieses wichtige Thema „Einbruchskriminalität“ in den zuständigen Fachausschüssen weiter beraten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Wenn ich richtig informiert bin, war das Ihre erste Rede.

(Falk Heinrichs [SPD]: Ich habe schon einmal gesprochen!)

Ich bin nicht richtig informiert. Jetzt wollte ich Ihnen gerade Beifall von allen Seiten verschaffen.

(Allgemeiner Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Golland das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Kaum eine Straftat beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl so sehr wie das gewaltsame Eindringen in die eigene Wohnung. Der seelische Schaden ist oft größer als der materielle Verlust.

Laut Antwort auf meine Kleine Anfrage 851 vom 21. Januar 2013 und der PKS 2012 ist die Zahl der Wohnungseinbrüche in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr von 50.368 auf sagenhafte 54.167 gestiegen. Das ist eine Zunahme um 7,5 %. Das ist das höchste Fallaufkommen seit 1995, Herr Innenminister.

Die Aufklärungsquote dagegen lag im Jahre 2012 landesweit bei 13,8 %,

(Zuruf von der FDP: Hört, hört!)

in den Vorjahren bei 13,6 bzw. 12,9 %. Desaströs! Eine erschreckende Bilanz Ihrer Amtszeit, Herr Innenminister!

Angesichts der niedrigen Aufklärungsquote bezeichnete der NRW-Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Arnold Plickert Wohnungseinbrüche in NRW kürzlich als „risikoloses Verbrechen“, aus „derwesten.de“ vom 4. Oktober 2012. Diese Aussage, meine Damen und Herren, ist ein Hilferuf.

Während organisierte Banden jede Woche ihr Diebesgut wie Zehntausende Euro, CD-Spieler, Kameras oder Schmuck in ihre Heimatländer schicken, werden die Verfahren der traumatisierten Opfer per Verwaltungsakt eingestellt. So etwas stört dauerhaft und nachhaltig das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Eine Reaktion von Herrn Jäger ist bislang ausgeblieben. Anstelle konsequenter, nachhaltiger und seriöser Kriminalitätsbekämpfung setzt er auf medienwirksame Showeinlagen wie 24-stündige Blitzmarathons oder Großrazzien vor laufender Kamera, die nicht den Schutz der Bürger vor Wohnungseinbrüchen, sondern allein seine Beliebtheitswerte erhöhen sollen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Bisheriger Höhepunkt dieses Spektakels, Herr Jäger, war ein Einsatz mehrerer Hundertschaften der Polizei Ende Februar 2013 im Münsterland und in Ostwestfalen. Nach Angaben des NRW