Wenn ich mir dann ansehe, was der Innenausschuss des EU-Parlamentes sagt, warum wir so eine Visumsschutzklausel benötigen und warum Innenminister Friedrich hier vorstellig wird, wird einem klar, wie absurd das eigentlich ist. Der Innenausschuss der EU stellt fest: Der Kommission sollte – jetzt kommt es – in Ausnahmefällen im Zusammenhang mit einer Notlage, in der eine dringliche Reaktion erforderlich ist, um die Schwierigkeiten eines oder mehrere Mitgliedstaaten abzuwenden, … Und so weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 385 Erstantragsteller in ganz Deutschland aus Serbien! Das soll eine Notlage für die Bundesrepublik Deutschland sein? – Das ist doch absurd.
Hier sollte man doch wirklich die Kirche im Dorf lassen. Innenminister Friedrich sollte hier lieber seine Hausaufgaben machen, da wir riesige Zahlen an Anträgen haben, die im Bundesamt für Migration und Flucht liegen bleiben, weil der Bundesminister es nicht schafft, das Personal entsprechend aufzustocken. Anstatt da seine Hausaufgaben zu machen und eine zügige Antragstellung zu gewährleisten, macht er nur populistisches Getöse. Und dieses populistische Getöse bezweckt nur eins – das haben Vorredner von mir gesagt –: Ressentiments gegen Flüchtlinge; das bedient die Stammtische. Und das ist nicht unsere Politik hier in NordrheinWestfalen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von meiner Seite an die Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion: Mir ist es völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar, warum Sie hier auf direkte Abstimmung bestehen. Wir haben noch gestern und vorgestern im Gespräch – ein Kollege der SPD war mit dabei – Ihnen angeboten, zu überweisen. Das Angebot steht nach wie vor, damit wir dann im Ausschuss zu einer einvernehmlichen Antragstellung kommen können. Dieses Angebot haben Sie aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen ausgeschlagen.
Grund könnte sein – und das fände ich ein wenig schade –, dass es Ihnen hier offenbar nicht um die Sache geht. Wenn Sie hier einen Antrag vorlegen, den Fraktionen eine Woche Zeit zur Beratung lassen, Gesprächsangebote ausschlagen und hier auf direkte Abstimmung bestehen, dann kann es Ihnen nicht um die Sache gehen, lieber Kollege Kern, sondern hier geht es um Profilierung und ritualisierten Schlagabtausch. Das finde ich schade. Denn ich dachte, gerade die Piraten wären für einen anderen Politikstil hier ins Parlament gezogen. Das ist offenbar nicht so. Ich bedauere das ausdrücklich.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die FDP-Fraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Dr. Wolf das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kern, wie gestern, das gleiche Prozedere: Sie bestehen auf sofortiger Abstimmung, und erkennbar möchte ein Großteil des Hauses das im Ausschuss debattieren. Auch ich möchte mich denjenigen anschließen, die Sie bitten, von dieser direkten Abstimmung Abstand zu nehmen und eine Überweisung in den Fachausschuss vorzunehmen.
Denn es ist ja völlig klar, dass dieses Thema einer intensiven Beratung bedarf. Das Thema Visumsfreiheit ist hier mehrfach als hohes Gut auch angesprochen worden. Wir wissen natürlich auf der anderen Seite, dass das Thema Visumsfreiheit oder Begrenzung der Freiheit auch immer eine Abwägungsfrage ist. Dass es darauf ankommt, Freiheit und Missbrauch abzugrenzen und abzuwägen. Wir wissen auch, dass es durchaus nicht so ist, dass ein Visumszwang, Herr Kern – wenn Sie mir ihr Ohr leihen möchten –, immer dämonisiert werden muss. Sie haben von einem sicherheitsparanoiden Bundesinnenminister gesprochen. Ich wollte nur ganz vorsichtig darauf hinweisen, dass das Visum die Regel zwischen Staaten auf dieser Welt ist. Wenn Sie als Westeuropäer nach Asien fahren, müssen Sie auch ein Visum beantragen. Es ist nicht so, als ob es das überhaupt nicht gäbe. Insofern, denke ich, bedarf dieses Verfahren, das wir heute haben, einer vernünftigen Abstimmung. Da muss man – Frau Düker hat Zahlen genannt – diskutieren, ob die gestiegenen Asylbewerberzahlen ein Anlass zur Besorgnis sind.
Die Schätzung, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für dieses Jahr aufgestellt worden ist, ist von 4.500 auf 9.000 erhöht worden. All das bedarf einer vernünftigen, sachgerechten und tiefgehenden Diskussion.
Wir als Liberale stehen im Grundsatz zur Visumsfreiheit gerade in diesem engen europäischen Raum. Auf der anderen Seite halten wir es auch nicht für sachgerecht, einen solchen Antrag übers Knie zu brechen. Deswegen werden wir, wenn Sie auf der direkten Abstimmung bestehen, diesen Antrag auch ablehnen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Wolf. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Jäger das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa ist offener geworden. Der Schengen-Raum und seine Regeln sind ein Ausdruck dieser Offenheit. Diese Offenheit ist auch gut so. Aber die Offenheit führt auch dazu, dass Menschen zu uns kommen – das ist ein sehr viel komplexeres Thema, als es die Piraten in ihrem Antrag dargestellt haben –, weil sie entweder in ihren Heimatländern bitterste Armut erleben oder als Ethnie tatsächlich auch noch diskriminiert werden.
Das führt dazu, dass die Asylbewerberzahlen zum Teil steigen. Kollegin Düker hat das ins richtige Licht gerückt. Wir haben einen Anstieg bei den Asylbewerberzahlen natürlich aus dem Bereich Syrien und Russland, wo innerhalb der Staatsgrenzen bürger
kriegsähnliche Zustände herrschen, aber deutlich weniger aus Serbien und Mazedonien. Das ist eine Zahl, die durchaus vertretbar ist, mit der wir sowohl als Land als auch die Kommunen umgehen können.
Wichtig ist zu hinterfragen, warum diese Menschen zu uns kommen, und, wenn wir diese Frage stellen, tatsächlich Lösungen zu entwickeln. Die Lösungen können nicht durch Verallgemeinerungen oder Vorurteile entwickelt werden.
Tatsache ist, dass die Menschen, die aus Südosteuropa nach Deutschland kommen, in der Mehrzahl hochqualifizierte Menschen sind, die der deutsche Arbeitsmarkt dringend braucht. Die Mehrzahl ist hochqualifiziert. Eine kleine Zahl wählt den Weg nach Deutschland, nach Spanien, nach Frankreich, weil sie zu Hause in bitterster Armut leben, in der Regel der Ethnie der Roma angehören und in ihren Herkunftsländern keinerlei Zugang zu Bildung, Gesundheit oder Arbeitsmarkt haben. Hierin liegt die Ursache – nicht in der Visumsfreiheit, sondern in der Diskriminierung dieser Minderheit in ihren Herkunftsländern.
Tatsache ist auch: Unter den Verträgen über den Beitritt von Rumänien und Bulgarien steht die Unterschrift von Frau Merkel. Es kann nicht sein, dass die Kommunen mit einer solchen Zuwanderung aus Osteuropa alleingelassen werden, ohne dass die Bundesregierung ihren Teil der Verantwortung dabei trägt.
Und ihren Teil der Verantwortung dabei tragen heißt, in den Herkunftsländern, bei den dortigen Regierungen und in Brüssel zu intervenieren. Ich will ein Beispiel nennen. Rumänien stünden 345 Millionen € aus ESF-Mitteln der Europäischen Union zur Verfügung, um im Rahmen von Projekten der Gesundheitsvorsorge und Bildung den Roma in ihren Herkunftsländern direkt zu helfen. Tatsächlich werden nur 10 % dieser 345 Millionen € zurzeit abgerufen, weil es ein Vollzugsdefizit in diesen Staaten gibt.
Hier ist Unterstützung vonseiten der deutschen Ministerien erforderlich. Die Bundesregierung tut hier nichts. Sie tut wirklich gar nichts, um die Situation in den Herkunftsländern zu verbessern. Es ist verwerflich, stattdessen auf die Kommunen zu zeigen und zu sagen, sie müssten nur ordnungspolitisch gegen Zuwanderung vorgehen. Das kann nicht die Lösung sein. Es verlagert die eigentliche Verantwortung in diesem Bereich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir Zuwanderung aus Osteuropa haben, ist ein Ergebnis eines unglaublichen Armutsgefälles innerhalb Europas. Alle Parteien sind gut beraten, nicht mit Populismus darauf zu reagieren. Damit würden genau die ihre Argumente bekommen, die wir im Par
Mein Appell an die Verantwortung von Demokraten: nicht mit Vereinfachungen und Vorurteilen diesem Thema zu begegnen, sondern mit konstruktiven Lösungsansätzen. Das kann man am besten mit ordentlichen Beratungen im Parlament.
Schade, dass dieser Antrag diesen Weg nicht geht, sondern heute direkt abgestimmt werden soll. Das ist natürlich nicht in Ordnung. Die parlamentarischen Möglichkeiten einer Beratung nicht zu nutzen, diesem Vorwurf muss sich in der Tat die Fraktion der Piraten gefallen lassen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. – Für die Piratenfraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Kern zu Wort gemeldet. Er erhält es jetzt auch, allerdings nur für höchstens 60 Sekunden.
Danke schön. – Herr Präsident! Herr Kollege Yetim, Frau Kollegin Düker und an die anderen Kollegen gerichtet: Ich kann Ihnen klar erklären, wieso wir hier eine direkte Abstimmung brauchen; Frau Düker hat es bereits angesprochen.
Der Innenausschuss im Europaparlament hat schon abgestimmt. Die Kompromissfindung läuft. Es herrscht hier einfach Handlungsdruck. Dem können Sie sich hier nicht entziehen. Es tut mir leid. Politik bedeutet auch, sich zum richtigen Zeitpunkt entscheiden zu müssen und nicht hinterher zu diskutieren.
Dann möchte ich noch einmal darauf hinweisen, wenn hier so getan wird, als gäbe es hier großartige Gesprächsangebote, um einen gemeinsamen Antrag zu entwickeln: Wir haben es gestern bei „Smart Borders“ gesehen; da war es ähnlich. Sie finden immer irgendeinen fadenscheinigen Grund, um einen Ihrer Meinung nach inhaltlich auch richtigen Antrag abzulehnen. Ich frage mich, was demnächst kommen wird. Vielleicht lehnen Sie dann auch einen Antrag ab, weil er in der falschen Schriftgröße oder in der falschen Schriftart gewählt wurde.
Das kann es leider nicht sein. Wenn wir uns an die Diskussion zum Leistungsschutzrecht erinnern, kann ich aus Piraten-Sicht nur feststellen: Sie sind, so wie Sie hier im Parlament diskutieren, dabei, Glaubwürdigkeit zu verspielen. – Danke schön.
Danke schön, Herr Kollege Kern. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor bzw. wären angesichts der allgemeinen Zeitüberschreitung ohnehin nicht mehr möglich. Wir sind somit am Schluss der Beratung angelangt.
Wir kommen dann zur Abstimmung. Wie mehrfach angesprochen, hat die antragstellende Fraktion der Piraten direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags der Fraktion der Piraten Drucksache 16/2631. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die Fraktion der Piraten. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich eröffne die Beratung und erteile als erstem Redner für die antragstellende FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Orth das Wort. Bitte, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Entwicklung der Einbruchskriminalität in Nordrhein
Westfalen ist besorgniserregend. Das Risiko, in Nordrhein-Westfalen Opfer eines Wohnungseinbruchs zu werden, ist leider historisch hoch. Im Schnitt wird alle zehn Minuten in ein Haus oder in eine Wohnung in NRW eingebrochen. Landesweit ist die Zahl der Einbrüche unter der Verantwortung von Innenminister Jäger in den letzten drei Jahren um 30 % auf 54.167 Fälle gestiegen.
54.167 Fälle sind einfach zu viel. Örtlich haben wir erschreckende Steigerungsraten. Die verzeichneten Einbrüche steigen bei den Kreispolizeibehörden teilweise um 80 %. Der Gesamtschaden belief sich im Jahr 2012 auf 160 Millionen €. Nicht selten bleibt ein solcher Schaden mangels Hausratversicherung, zu niedriger Deckungssumme oder fehlender Nachweise unersetzt. Aber das Materielle ist nicht das Schlimmste. Viele Opfer werden traumatisiert. Sie verlieren persönliche Erinnerungsstücke, die nicht wiedererlangbar sind. Sie empfinden Empörung darüber, dass Fremde in Ihre Privatsphäre eingedrungen sind. Sie haben Sorge, dass die Täter wiederkommen. Es ist in Ihrer Wäsche herumge
Meine Damen und Herren, wenn 54.167 Haushalte Opfer eines Einbruchs wurden, dann muss die Politik reagieren. Es reicht nicht aus, auf lückenhaft genutzte, teilweise veraltete und in ihrer Wirksamkeit bezweifelte Standardermittlungsmaßnahmen zu