Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Welches Bild vermitteln Sie? – Diejenigen, die erfolgreich sind, dürfen sich auf Ihren Neid freuen, und über diejenigen, die scheitern, gießen Sie Spott und Häme aus. Stellen Sie sich die Frage nach Ihrem Charakter!

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Herr Hahnen, Sie haben bis zu 90 Sekunden Zeit für eine Antwort auf die Kurzintervention.

Herr Kollege Lindner, ich habe überhaupt kein Problem damit, dass Existenzgründer auch scheitern können. Ich habe aber ein Problem damit, wenn Politiker über Jahre immer wieder in Parlamenten deutlich machen, wie gut sie doch sind, welche tollen Ideen sie für unternehmerisches Handeln haben, sich aber darüber ausschweigen – auch das lässt sich Ihrer Biografie entnehmen –, was sie selber zu verantworten haben. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahnen. – Für die grüne Landtagsfraktion spricht jetzt der Kollege Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lindner hat ja großes Kino hier erwartet. Letzte Woche waren sechs Journalisten bei Ihrer Pressekonferenz. Am Wochenende haben Sie eine dreiseitige Pressemitteilung geschrieben, die niemand abgedruckt hat. Jetzt ist noch ein Journalist in diesem Plenarsaal verblieben. Das ganz große Kino ist offensichtlich ausgeblieben. Das Gehampel ist als substanzlos entlarvt. Niemand will mehr darüber schreiben.

Weil Sie die Bundestagswahl angesprochen haben, Herr Kollege Lindner: Sie kämpfen ja im Moment um 5 % statt der 15 %, die Sie noch vor vier Jahren hatten. Das ist auch nicht gerade ein Leistungsbeleg für die Koalition, zumindest nicht für den gelben Teil der Koalition.

(Zurufe von der FDP)

Herr Kollege Laschet, Sie haben eine super Steilvorlage geliefert, als Sie gesagt haben, Sie würden jeden Tag dafür strampeln und rennen, dass Jürgen Trittin nicht Bundesfinanzminister wird. Wenn Sie genauso gut strampeln und rennen wie vor der Landtagswahl, dann ist mir nicht bange.

(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben gesagt – das muss ich richtigstellen; das habe ich bereits gestern getan –, wir würden die 10.000 Menschen, die vor dem Landtag standen, mit unserer Steuerpolitik packen wollen. Das ist schlicht unzutreffend. Zutreffend ist, dass wir ab einem Single-Einkommen von 60.000 € den Einkommensteuersatz um einen gewissen Teil erhöhen und ab einem Single-Einkommen von 80.000 € jährlich den Spitzensteuersatz auf 45 % respektive

49 % anheben wollen. Der Spitzensteuersatz unter Schwarz-Gelb lag bei 53 %; das nur zur Erinnerung.

Hier haben eben zwei Leute gesprochen – der Kollege Lindner und der Kollege Laschet –, die in der Zeit, in der sie in der Regierung waren oder zu den Regierungsfraktionen gehörten, jedes Jahr neue Schulden aufgebaut haben. Sie sprechen immer davon, dass wir Rekordsteuerreinnahmen haben und trotzdem jedes Jahr neue Schulden machen. Allein von 2008 bis 2011 ist die Staatsverschuldung in Deutschland von 1,6 Billionen € auf sage und schreibe 2,1 Billionen €, also um 25 %, angestiegen.

Die neue Steuerschätzung besagt: Trotz relativ hoher wirtschaftlicher Vordaten, die ja die Bundesregierung vorgegeben hat, werden die Steuereinnahmen nicht mehr so stark ansteigen. Jeder kann sich ausrechnen, dass sich die Zinssätze der staatlichen Refinanzierung von nahe null in den nächsten Jahren nicht auf Dauer halten lassen werden. Und Sie tun hier so, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, als wenn man in dieser Situation nicht vorausschauend handeln müsste, als wenn man sich nicht angucken müsste, welche staatlichen Aufgaben wir auf der einen Seite und welche staatlichen Einnahmen auf der anderen Seite haben und wie man es in den nächsten zehn Jahren organisieren muss, um das hinzubekommen.

Sie versprechen unter anderem ein beitragsfreies Vorschuljahr. Wenn Sie versprechen, die Schulden abzubauen, also keine neuen Schulden zu machen, sondern abzubauen, dann müssen Sie schon sagen, wie Sie es machen wollen. Davon habe ich nichts gehört, Herr Kollege Lindner.

(Christian Lindner [FDP]: Bundeshaushalt!)

Im Bundestagswahlprogramm der FDP ist dazu nichts zu finden.

Ich komme jetzt einmal zu den Einnahmegrößenordnungen, die das grüne Programm im Vergleich zu FDP und CDU sowie zu den Linken bietet. Das ist ganz interessant. Die Linken haben ein Programm vorgelegt, welches exakt auf die Einnahmelinie einschwenkt, die Schwarz-Gelb unter Genscher und Kohl hinterlassen hat. Das fand ich zumindest ganz spaßig.

Rot-Grün will maximal ein Drittel dessen wieder einsammeln, was unter Schwarz-Gelb schon in Deutschland Recht und Gesetz war, Herr Kollege Lindner. Der wesentliche Unterschied ist, wir wollen das in einer deutlich gerechteren Struktur machen. Wir wollen 8 % belasten, nämlich diejenigen, die entweder über sehr hohe Vermögen, hohe Erbschaften oder über ein hohes Einkommen verfügen. Deswegen halten wir es für steuerlich gerecht, es so zu machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ein Punkt, den Sie immer ins Zentrum der Kritik stellen, ist das Ehegattensplitting. Das ist der Angriffspunkt. – Den Einkommensteuer-Spitzensatz können Sie nicht wirklich meinen. Wir haben über 80 % der Bevölkerung auf unserer Seite, die es politisch richtig finden.

(Zuruf)

Ja, nehmen Sie die Umfragen nach unserem Parteitag. Von der Einkommensteuererhöhung sind maximal 6 bis 7 % negativ betroffen. Die anderen werden sogar entlastet, obwohl wir mehr hereinholen.

Kommen wir also zum Ehegattensplitting. In den nächsten Tagen erwartet das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz von der schwarz-gelben Bundesregierung, das die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen im Bereich des Ehegattensplittings darstellt. Wie ist die Situation in NordrheinWestfalen? Herr Kollege Laumann versteckt sich hinter dem Kreuz der katholischen Kirche und möchte damit lieber gar nichts zu tun haben. Gleichgeschlechtliche Lebensweisen sind möglicherweise igitt. Herr Kollege Laschet schlägt vor, sie gleichzustellen, aber die daraus entstehenden Kosten noch draufzupacken.

(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

Das ist auch mal eben ein dreistelliger Millionenbetrag für Nordrhein-Westfalen. Interessanterweise schlägt der Vorsitzende der Seniorenunion vor, diesen Steuervorteil abzuschaffen. Daran würde ich gerne anknüpfen, um es klarzustellen.

Wir Grünen wollen ebenso wie die Sozialdemokraten keinen bestimmten Status, sondern wir wollen Verantwortung entlasten. Wir wollen Familien mit Kindern fördern. Wir wollen diejenigen steuerlich besser stellen, die sich um Kinder und Ausbildung kümmern und die Verantwortung übernehmen. Wir wollen nicht diejenigen fördern, die einfach nur einen Trauschein haben. Das ist der politische Unterschied, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich könnte jetzt ganz viele Vergleichsrechnungen für Menschen vornehmen, die bis 60.000 € verdienen und weniger belastet werden. Ich will aber noch einen anderen Punkt in den Fokus stellen: Wir wollen mit diesen Mehreinnahmen Dinge machen. Wir wollen bessere Bildung finanzieren. Wir wollen die Länder besser ausstatten.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Herr Kollege Lindner, Sie waren in dem Fall nicht dabei. CDU, SPD und Grüne haben in diesem Landtag beschlossen, 50 % der Sozialausgaben der Kommunen vom Bund übernehmen zu lassen. Wer bezahlt die denn? Nirwana? Oder muss dafür Geld bereitgestellt werden?

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Herr Kollege Abruszat hat in der gestrigen Debatte noch gesagt, …

(Christian Möbius [CDU]: Der Bund zahlt es jetzt schon!)

Ach so. Dann ist ja alles gut. Dann brauchen wir nicht weiter darüber zu reden. Dann geht es den Kommunen gut, Herr Kollege Möbius.

Wir wollen, dass die Kommunen besser gestellt werden.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Ich komme zurück zum Parteitag der FDP. Er war sehr aufschlussreich. Es gab ein Riesengetöse, ein Riesengeschrei und eine lange Rede von Herrn Brüderle am Schluss. Ich möchte Ihnen abschließend den Kommentar dazu aus dem „heutejournal“ – nicht aus der „heute-show“ – nicht vorenthalten. Der Kommentator sagte nämlich: Bei Brüderle wartet man am Ende einer Rede immer darauf, dass entweder ein Tusch erfolgt oder der Notarzt kommt. – So viel zur Qualität der Freien Demokraten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die Piratenfraktion spricht der Fraktionsvorsitzende Dr. Paul.

(Unruhe)

Vielen Dank, mein Lieblingspräsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Raum und daheim! Gestatten Sie mir eingangs eine Anmerkung. Herr Lindner und ich hatten gestern in der Debatte über unseren Antrag zur Lebensmittelkennzeichnung ein kleines Scharmützel. Ich habe behauptet, wesentliche Teile des Hochschulfreiheitsgesetzes seien in Gütersloh geschrieben worden. Herr Lindner hat mich folgerichtig gefragt, ob ich das belegen kann. Das ist völlig richtig, das hätte ich auch gemacht.

Herr Lindner, hier sind die Belege.

(Der Redner hält ein Blatt Papier hoch.)

Fragen Sie einen Piraten nie nach den Quellen. – Sie bekommen es gleich.

(Zurufe: Oh!)

Verehrte Briefeschreiber! Täglich grüßt das Murmeltier. Zum wiederholten Mal gibt es hier eine Debatte zur Steuerpolitik in Deutschland, die nach unserer Auffassung ins parlamentarische Absurditätenkabinett gehört. Die Aneinanderreihungen von Schuldzuweisungen sind einfach nur noch lächerlich.

Die Analyse der Fakten über die öffentlichen Haushalte – egal, ob Bund, Land oder Kommunen – lassen eigentlich nur einen Schluss zu. Wir müssen die

Ausgaben – und die Einnahmenseite beleuchten, wir müssen Input und Output betrachten. Das ist Grundvoraussetzung einer systemischen Betrachtungsweise. Dies ist zugegebenermaßen ein