beitsplätze. – Vielleicht kriegen Sie mit Ihrer Boygroup da noch eine Rapnummer hin. Und wenn das nicht passt, nehmen Sie Herrn Laschet und Herrn Laumann dazu. Dann kippt das Ganze ein bisschen in Richtung Oberkrainer.
Wir benötigen einen Maßnahmenkatalog und einen Paradigmenwechsel in der Steuerpolitik, um Teilhabe und Wohlstand der Gesellschaft in Deutschland und in ganz Europa zu sichern und auszubauen. Gleichzeitig gilt es, endlich die Finanzmärkte an die Kandare zu nehmen. Dies muss durch eine echte Finanztransaktionssteuer geschehen und nicht
Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung spricht der Finanzminister, Herr Dr. Walter-Borjans.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist doch manchmal schön, wenn man sich erst einen großen Teil der Debatte anhören kann, weil man dann auch versteht, warum CDU und FDP übereinstimmend in ihren Anträgen das Wort „Orgie“ benutzen. Denn eins merkt man dann: Sie verfolgen hier rhetorisch, wie Sie das auch in der gesamten inhaltlichen Debatte tun, ungezügelt und hemmungslos Ihre Zerrbilder, die Sie transportieren wollen über das, was unsere Steuermodelle für die Menschen im Land und für die Wirtschaft im Land bedeuten.
Wenn Sie sich das einfach einmal angucken würden – das ist hier schon mehrfach gesagt worden –, was die Tarife in der Einkommensteuer, wie sie Grüne und Sozialdemokraten vorschlagen, wirklich bedeuten! Wenn man dann den einen oder anderen hört, der plötzlich von der Mitte der Gesellschaft redet, die hier angeblich schwer belastet wird, muss man sich doch einmal fragen, was Sie überhaupt für eine Vorstellung von der Mitte haben. Wenn Sie sich einmal die Statistik des Bundes der Steuerzahler ansehen, die so schön beschreibt, dass ja die oberen 50 % der Einkommensbezieher 94 % der Steuern zahlen, dann sollten Sie sich vielleicht auch einmal angucken – das ist dem Bund der Steuerzahler vielleicht sogar selbst entgangen –, dass in derselben Statistik zu sehen ist, dass die unteren
Wenn wir uns die Vermögensverteilung angucken, dann müssen wir gar nicht erst über die reichsten 10 % reden. Wir können schon darüber reden, dass 1 % Reiche 20 % des gesamten Vermögens haben.
Wir leben in einem Land, in dem es eine Kluft zwischen einem explodierenden Vermögen der Oberen und eigentlich der gesamten Gesellschaft gibt, in dem sich dieses Vermögen in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt hat auf über 5 Billionen € Geldvermögen und etwa noch einmal die gleiche Größenordnung von Sachvermögen. Das ist ein Land, das 2,5 Billionen € im Jahr als Bruttoinlandsprodukt verdient und in der Summe von Staat, öffentlichen Händen, Privaten und Unternehmen ungefähr 6,5 Billionen € Schulden hat.
Jeder kann sehen, dass diese Gesellschaft in sich eine wohlhabende Gesellschaft ist. Jeder Haushalt, der ein gutes, stabiles Einkommen hat, vier Mal so viel an Vermögen hat und zweieinhalb Mal so viel wie das Jahreseinkommen an Schulden hat, ist ein absolut stabiler Haushalt.
Sorgen machen muss uns also alles andere als das ewige Gefasel, dass wir der jungen Generation nichts anderes als Schulden hinterließen. Keine Generation vorher hat der Folgegeneration so viel Reichtum hinterlassen, wie wir das tun. Die Frage ist nur: Wie entwickelt sich die Kluft zwischen den vielen, die wenig oder nichts haben, und den wenigen, die fast alles haben?
Der Sprengsatz, der darin liegt, ist nicht dieses Gesamtbild. Der Sprengsatz, der darin liegt, ist die Tatsache, dass wir aus der gemeinsamen Haushaltskasse die Voraussetzungen dafür finanzieren müssen, dass erstens diejenigen, die bislang nicht so viel haben, in ihrem Leben eine Chance haben, auch zu Einkommen und Vermögen zu kommen, und zweitens diejenigen, die schon viel haben, auch sicher sein können, das, was sie haben, behalten zu können und weiteres Vermögen erwerben zu können, das ihnen niemand neidet. Das setzt aber voraus, dass der öffentliche Haushalt in diesem Gesamtspiel einer reichen Gesellschaft nicht tief im Defizit ist. Das ist er allerdings nicht nur in Nordrhein-Westfalen.
Im Übrigen hat unser Land auch eine Menge an Lasten zu schultern, die andere Länder in dieser Weise nicht zu schultern haben. Und die, die wie Sachsen auch Lasten zu schultern haben, bekommen mehr als ein Drittel ihres gesamten Haushalts
Vor diesem Hintergrund stellen wir mittlerweile fest, dass die Menschen, die in der Wirtschaft Verantwortung tragen, da viel weiter sind als Sie. Darüber bin ich sehr froh. Es ist ja gut, dass Sie noch nicht einmal mehr von diesen Verantwortlichen als deren Interessenvertreter bezeichnet werden. Wenn man sich mit Wirtschaftsvertretern unterhält, sitzen sie vor einem und sagen: Uns ist völlig klar, dass wir in einer Schieflage sind. Natürlich zahlen wir alle nicht gerne Steuern und würden auch nicht gerne mehr Steuern zahlen. Die Kluft zwischen der Einnahmenseite und der Ausgabenseite muss aber geschlossen werden. Auf der einen Seite müsst ihr noch mehr darauf achten, überflüssige Ausgaben zu streichen und bestimmte Aufgabenbereiche effizienter abzuwickeln. Auf der anderen Seite ist uns als Unternehmern aber klar, dass auch auf der Einnahmenseite etwas geschehen muss; denn wir brauchen …
Herr Minister, darf ich Sie kurz unterbrechen? Der Kollege Lindner möchte Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Würden Sie sie zulassen?
Herr Minister, es ist nur ganz kurz und tatsächlich eine Frage. Sie sprechen hier anonymisiert von Vertretern von Wirtschaftsverbänden, die höhere Steuern akzeptieren und fordern. Bitte nennen Sie Namen.
Das werde ich jetzt nicht tun; aber es sind Menschen aus großen Unternehmen, die bei mir im Büro zu Terminen sind, mit denen ich vertrauliche Gespräche führe.
Es gibt einige, die es auch schon in der Öffentlichkeit gesagt haben, zum Beispiel der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post AG. Es gibt aber auch andere – und zwar namhafte Unternehmer; darauf können Sie sich verlassen –, die über genau diese Themen mit mir vertraulich reden.
Diejenigen wissen als Unternehmer im Übrigen auch, was für ein leeres Gefasel es ist, wenn man immer von Rekordsteuereinnahmen redet. Man muss sich einmal vor Augen führen, dass wir in den letzten 20 Jahren zwölf Jahre mit Rekordsteuereinnahmen hatten. Das ist auch nichts Verwunderliches. In einer wachsenden Wirtschaft ist es normal, dass bei einem etwa gleichbleibenden Anteil Steuern an der Wirtschaftsleistung auch die Einnahmen jedes Jahr wachsen, selbst wenn man keine weiteren Standards vereinbart – allerdings auch die Ausgaben. Da sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen etwa im Gleichschritt mit dem Bruttoinlandsprodukt wachsen, schließt sich eine bestehende Lücke überhaupt nicht.
Herr Minister, ich muss Sie noch einmal ganz kurz unterbrechen. Auch der Kollege Laschet würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Ich hoffe, dass das wirtschaftskompetent ist, was ich jetzt sage; denn der Bundesverband der grünen Wirtschaft – das sind den Grünen nahestehende Wirtschaftspersönlichkeiten –
„Für äußerst problematisch halten wir dagegen die Vorschläge für die Einführung einer Vermögensabgabe und – nach deren Auslaufen – für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Beide Abgaben bzw. Steuern greifen in die Substanz von Unternehmen ein und gefährden damit deren Investitionskraft und letztendlich auch Arbeitsplätze.“
Das ist ein Grünen nahestehender Verband. Sie zitieren auf die Frage von Herrn Lindner anonym in Ihrem Büro sitzende Wirtschaftsgrößen. Nehmen Sie auch solche Stellungnahmen von Menschen ernst, die sicher grün wählen, aber trotzdem nicht so schönrednerisch sprechen wie Sie?
Ja, das nehme ich ernst. Sie können mir auch abnehmen – das sage ich ganz offen –, dass ich hier nicht über fingierte, nicht existierende Persönlichkeiten aus der Wirtschaft rede. Im Übrigen macht das ja deutlich – das war auch der Anfangsteil Ihrer Rede –, dass das sehr differenziert zu sehen ist. Man sollte auch nicht durch die Gegend rennen und behaupten, dass man alle bestehenden Lücken über zusätzliche Einnahmen füllt. Das ist überhaupt keine Frage.
Die einäugige Sicht, dass man den Haushaltsausgleich nur noch als ein Ausgabenproblem betrachten sollte, geht aber genauso wenig. Ich sage es noch einmal: Wenn wir auf der einen Seite eine Ausgabenentwicklung haben, die über die Zeit, und zwar ziemlich stabil, nach oben läuft, weil Preise steigen, weil Kosten steigen, und auf der anderen Seite auch bei gleichbleibendem Anteil an der Wirtschaftskraft die Steuern nach oben gehen, dann ist das für sich genommen nicht die Lösung des Problems.
Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, einmal alle Steuern zu halbieren. Dann hätten wir auch jedes Jahr Rekordeinnahmen. Wäre das eine Lösung des Problems? Irgendwann muss doch jedem einmal einleuchten, dass allein das Schlagwort „Rekordeinnahme“ nicht die Lösung für das ist, was wir zu tun haben.
Deswegen ist ganz klar: Das Problem bzw. der Sprengstoff in dieser Situation ist nicht die Armut unserer Gesellschaft, sondern die Verteilung des privaten Reichtums und die Armut der öffentlichen Haushalte, die nicht in der Lage sind, die wichtigen Voraussetzungen für das zu schaffen, was die Wirtschaft im Übrigen zu Recht für sich genauso reklamiert. Sie will nämlich nicht nur eine maßvolle Steuerbelastung haben, sondern auch gut ausgebildete Menschen bekommen, gute Infrastrukturen haben und – darüber haben wir heute Morgen schon eingehend gesprochen – die öffentliche Sicherheit im Land gewährleistet sehen. Dafür ist auch der Zusammenhalt dieser Gesellschaft wichtig; denn man braucht ein Klima, in dem es für Menschen interessant ist, ein Unternehmen zu gründen, ein Unternehmen weiterzuführen oder sogar ein Unternehmen aus anderen Ländern zu uns zu transferieren.