Ich habe am Rande einer DEHOGA-Veranstaltung mit ihnen gesprochen. Die haben mir gesagt: Passen Sie einmal auf! Unser Verband vertritt diese Position, muss er vielleicht auch. Aber wir sagen Ihnen Folgendes: Im Innern ist der Verband gespalten.
Wir sind nämlich sehr froh darüber, dass es einen konsequenten Nichtraucherschutz in den Kneipen in Nordrhein-Westfalen gibt. Wir sind Beschäftigte.
Sie brauchen gar nicht rumzuschreien. Es waren noch nicht einmal die Beschäftigten allein. Es waren auch die Besitzer und Besitzerinnen, die gesagt haben: Gut, dass ihr das für uns geregelt habt. Wir wollen nicht die ganze Nacht im Rauch stehen.
Jetzt kommen wir noch zu einem anderen Punkt. Ich verstehe Folgendes nicht: Herr Lindner, Sie scheinen ein großes Gedächtnis für grüne Wahlprogramme, aber ein sehr wenig ausgeprägtes Gedächtnis für Entscheidungen Ihrer eigenen Partei in anderen Bundesländern zu haben. In Bayern sind Sie als Landesregierung zum Jagen getragen worden.
In Bayern hat Ihnen ein Volksentscheid diktiert, was Sie nicht bereit waren, gesetzlich zu regeln, nämlich einen konsequenten Nichtraucherschutz. Und: Steht Bayern noch? – Ja, Bayern steht noch, immer noch, trotz eines konsequenten Nichtraucherschutzes, den Sie politisch verweigert haben.
Ich will Ihnen auch noch einmal etwas zur Situation der Eckkneipen sagen. Sie benutzen die schwierige Situation von Eckkneipen im Ruhrgebiet für Ihre Debatte und versuchen daran aufzuhängen, dass der Nichtraucherschutz die Existenz von Eckkneipen gefährdet.
Wenn Sie ehrlich mit sich wären, müssten Sie eigentlich wissen, dass das Kneipensterben im Ruhrgebiet schon seit Jahren anhält, auch das Eckkneipensterben, und dass es einen massiven Strukturwandel in der Gastronomieszene gibt, der ganz schwierig ist für die Inhaberinnen kleiner Eckkneipen, aber der da ist und der mitnichten irgendetwas
sondern im Gegenteil schon vor Jahren eingesetzt hat. Das müssten Sie eigentlich wissen, wenn Sie sich mit kleinen und mittleren Unternehmen und insbesondere mit der Situation im Gaststättengewerbe beschäftigen. Aber das wollen Sie überhaupt nicht ernsthaft, sondern Sie wollen hier heute Morgen nur ein bisschen Wahlkampf machen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schneckenburger. – Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Abgeordnete Schulz.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause am Stream! Vielen Dank für den Auftrittsapplaus.
Herr Kollege Bombis, Man könnte in der Tat sagen, es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Aber ich danke Ihnen für die Ausführungen, dass schon vor Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzänderungsgesetzes 80 % der gastronomischen Betriebe in Nordrhein-Westfalen rauchfrei waren. Es geht also hier und ging hier einzig und allein um die Verfolgung ideologischer Ziele. Die restlichen 20 % sollten gefälligst auch noch rauchfrei sein.
Sie selbst von den regierungstragenden Fraktionen sprechen davon: Raucheranteil 30 %. 30 % der Bevölkerung rauchen, vielleicht ein bisschen weniger. Da sprechen Sie von einer Minderheit. Bei mir sind 30 % noch keine Minderheit. Wenn wir in das Gesellschaftsrecht schauen, sehen die Minderheiten etwas anders aus. Da fangen wir bei 5 % an. Je nach Gesellschaftsvertrag können es vielleicht auch einmal 20 % werden, aber sicherlich nicht 30 %. Wir reden von einem Drittel der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen. Da sprechen Sie von Minderheiten.
Diese wollen Sie nicht schützen, sondern Sie wollen diejenigen schützen, deren Recht auf freie Entscheidung, wohin Sie gehen, in Gaststätten mit Rauchen oder in Gaststätten ohne Rauchen, damit schlicht und ergreifend vom Tisch gewischt wird. So läuft das nicht. Das ist Ausdruck eines Rechtsver
ständnisses, welches ich in diesem Hohen Hause ehrlich gesagt nicht nachvollziehen kann. Es gibt kein Recht auf Besuch einer rauchfreien Gaststätte.
Herr Yüksel, zu Ihnen komme ich gleich noch. Sie haben hier erstaunlicherweise etwas gesagt – oder vielleicht auch nicht erstaunlicherweise –, was dieses Rechtsverständnis in der Tat unterstützt. Sie haben nämlich gesagt, Sie wollen diejenigen schützen, die sich zu lange – ich zitiere aus dieser Sitzung – einer großen Gefahr ausgesetzt haben. Man achte genau auf die Terminologie: die sich zu lange einer großen Gefahr ausgesetzt haben. – Wenn ich mich persönlich einer großen Gefahr aussetzen möchte oder ausgesetzt wissen möchte, werde ich das tun. Das wird keine Partei in diesem Hause, keine Landesregierung verhindern. Es ist mein gutes Recht, mich einer Gefahr auszusetzen, ganz einfach.
Kommen wir mal zurück zu den weiteren Fakten: Während die Gesetzeslage vor fünf Jahren noch von einem Miteinander ausging, geht es heute nur noch um ein Gegeneinander. Das Gesetz hat mittlerweile dazu geführt, dass teilweise tumultartige Szenen vor Gaststätten in Nordrhein-Westfalen zu beobachten sind.
Es hat dazu geführt, dass Ordnungsämter vor Gaststätten einschreiten müssen. Es hat dazu geführt, dass der Lärmschutz nunmehr in besonderer Weise im öffentlichen Raum zu beachten ist, weil die Raucher auf die Straße gehen. Das stört die Nachbarn. Das wurde ja hier auch schon mehrfach angesprochen. Das führt zu einer Spaltung innerhalb der Gesellschaft. Dieses Gesetz, das wir letztens verabschiedet haben, ist ein Spaltungsgesetz.
Es geht ja nicht nur um das Rauchen, sprich Tabakverbrennen. Dieses Gesetz hat darüber hinaus ja auch den Verbotscharakter bezüglich der EZigarette. Das wurde noch gar nicht erwähnt, Frau Ministerin.
Es gibt mehrere Gutachten, die klar sagen, dass im Vergleich zum Konsum von Tabak der Konsum oder auch das Verdampfen von Liquids durch die sogenannten E-Zigaretten eben nicht den entsprechend schädlichen Gehalt für die Nichtraucher mit sich bringt. Aber auch das haben Sie ja verboten. Auch da fragt man sich: Wo ist eigentlich hier die Verhältnismäßigkeit?
Wenn ich, Herr Yüksel, Ihren Zwischenruf von eben mal aufgreifen darf: Als Herr Bombis davon sprach, es ginge bei Gesetzen um Verhältnismäßigkeit, haben Sie gefragt, wozu wir in diesem Bereich Ver
hältnismäßigkeit bräuchten, denn es gehe um Nichtraucherschutz. Auch das ist wiederum Ausdruck eines Rechtsverständnisses, welches ich in unserem Staat nicht verstehen kann.
Ferner sprechen Sie davon, Frau Schneckenburger: Freiheit ohne Verantwortung. – Was ist denn das für ein Käse? Entschuldigung, mit Verlaub: Freiheit ohne Verantwortung? Dort, wo die Verantwortung von Bürgern nicht wahrgenommen wird, wo Sie davon ausgehen, dass hier nur noch Soziopathen miteinander umgehen, müssen Sie diese Verantwortung übernehmen und dem Rest der Bevölkerung auch noch Verbotsgesetze vor die Nase setzen?
Es tut mir furchtbar leid. Es mag ja sein, dass Sie das Ganze hier als Wahlkampfgetümmel abstempeln. Ich sage Ihnen eines: Das wird es nicht sein. Denn auch nach der Bundestagswahl am 22. September wird dieses Thema, wird ein Thema der Freiheit von Bürgern, wird das Thema „Nichtraucherschutz“ weiterhin Thema bleiben, bis zur nächsten Kommunalwahl, nämlich dann, wenn die Bürger darüber zu entscheiden haben, ob sie in den Kommunen, in denen sie leben, rauchen dürfen, wo sie wollen, oder nicht.
Wenn Sie das in öffentlichen Gebäuden verbieten, ist das vollkommen in Ordnung. Aber im Bereich der Privatwirtschaft – und darum geht es – ist ein Verbot in dieser Art und Weise schlicht und ergreifend verhältnismäßig nicht akzeptabel. Es ist nicht akzeptabel.
Sie können davon ausgehen: Jedes Mitglied der Fraktionen der SPD und der Grünen hat – vielleicht haben Sie schon davon gehört – in vielen Gaststätten in Nordrhein-Westfalen mit dem Aushang Ihrer persönlichen Bilder Hausverbot.