Protokoll der Sitzung vom 10.07.2013

Die Verbandsversammlung des RVR hat am 5. Juli ein Zielabweichungsverfahren beantragt. Die Landesplanungsbehörde wird diesen Antrag prüfen und im Einvernehmen mit den fachlich zuständigen Ministerien sowie im Benehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtages entscheiden. Für diese Prüfung gelten keine Fristen. Die Dauer der Prüfung ist abhängig von der Komplexität des zugrundeliegenden Sachverhaltes. Die Prüfung erfolgt nach den Vorgaben des Landesplanungsgesetzes.

Ein Blick in dieses Gesetz zeigt Folgendes:

Gemäß § 16 Landesplanungsgesetz kann von den Zielen der Raumordnung im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Dies ist im Einvernehmen mit den fachlich zuständigen Ministerien zu prüfen – in diesem Fall mit den Ministerien des Kollegen Remmel und des Kollegen Duin.

Gemäß § 16 Abs. 3 Landesplanungsgesetz ist anschließend das Benehmen mit dem für Landesplanung zuständigen Landtagsausschuss herzustellen.

Lieber Herr Brockes, noch mal zur Aufklärung in Bezug auf Datteln: Der Rat hat – so mein Kenntnisstand – die Verwaltung aufgefordert, ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen. Uns liegt ein solcher Antrag nicht vor; insofern kann ich hier auch nicht Stellung beziehen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Regionalplanänderung, die der Regionalrat Köln am 5. Juli aufgestellt hat, wird die Landesplanungsbehörde in meinem Haus der gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsprüfung unterziehen. Wenn keine rechtlichen Einwendungen zu erheben sind, wird diese Regionalplanänderung im Gesetz- und Verordnungsblatt bekanntgemacht und damit rechtskräftig.

Im Antrag der CDU wird auf den Entwurf des Landesentwicklungsplans, den die Landesregierung am 24. Juni vorgelegt hat, verwiesen. Die CDU führt hierzu verkürzt aus, dass der neue LEP – ich zitiere – „für konventionelle Kraftwerke einen elektrischen Mindestwirkungsgrad von 58 %“ vorsieht. – So steht es dort.

Ich nutze die Gelegenheit zur Klarstellung. Der Grundsatz lautet exakt wie folgt – ich zitiere aus dem LEP-Entwurf Grundsatz 10.3-2 „Anforderung an neue, im Regionalplan festzulegende Standorte“ –:

Regionalplanerisch neu festzulegende Standorte sollen einen elektrischen Kraftwerks-Mindest

wirkungsgrad von 58 % oder die hocheffiziente Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) mit einem Gesamtwirkungsgrad von 75 % mit KWK ermöglichen, sollen so auf vorhandene und geplante Strom- und Wärmenetze ausgerichtet werden, dass möglichst wenig Flächen für neue Leitungstrassen und bauliche Anlagen der Leitungsnetze in Anspruch genommen werden und sollen gewährleisten, dass ein geeigneter Netzanschluss vorhanden ist.

So weit zum LEP im Wortlaut!

Zunächst allgemein zur Rechtswirkung: Es handelt sich – das ist bereits angesprochen worden – um einen Grundsatz für regionalplanerische Kraftwerksstandorte. Dieser Grundsatz entfaltet erst nach Rechtskraft des LEP eine Rechtswirkung, hat also keinen Einfluss auf die beiden vorgenannten Verfahren, die zu dieser Debatte geführt haben.

Der LEP hat zudem einen Planungshorizont bis ca. 2030. Der LEP-Entwurf soll dazu beitragen, Nordrhein-Westfalen zu einem zukunftsfähigen Standort für erneuerbare Energien sowie hocheffiziente und flexible Kraftwerke weiterzuentwickeln. Dieser

Grundsatz des LEP-Entwurfs ist bewusst als ein Grundsatz der Raumordnung ausgestaltet, der der

Abwägung zugänglich ist und – wie bereits gesagt – keinen Einfluss auf die genannten Verfahren hat, über die wir heute diskutieren.

So weit zur Klarstellung. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will noch mal daran erinnern, dass das Fotografieren im Plenarsaal nicht gestattet ist. Wenn es zudem noch mit Blitzlicht erfolgt, wird die Präsidentin das nicht nur bemerken, sondern darüber hinaus an diese Regel erinnern.

Damit die übrigen Kolleginnen und Kollegen nicht so lange rätseln müssen: Das kam aus dem Kreis der SPD-Fraktion. Ich bitte darum, das künftig zu unterlassen.

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Wüst das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das, was Frau Ministerpräsidentin gerade in Sachen Datteln vorgetragen hat, passt zu dem, was wir dazu immer gehört haben: Rückzug auf Formalien, wo politisches Handeln gefragt gewesen wäre – nicht mehr und nicht weniger!

(Beifall von der CDU)

Jedenfalls wäre politisches Handeln – wenn man sich schon nicht in der Pflicht sieht – möglich.

Andere Bundesländer, auch die Ministerpräsidenten anderer Bundesländer, positionieren sich ja sehr pointiert, wenn es um die Energiewende geht. Die im Süden, Dunkelschwarze wie Grüne, sagen: Wir haben viel Sonne, und wir wollen dieses Potenzial gerne versilbern. – Die im Norden, überwiegend Rote, sagen: Wir haben viel Wind und wollen dieses Potenzial gerne versilbern.

Nordrhein-Westfalen kann etwas bieten, was vielleicht noch nicht überall angekommen, für die Energiewende aber notwendig ist: Wir können mit unserem Kraftwerkspark und mit den Plänen zum Kraftwerkserneuerungsprogramm Versorgungssicherheit bieten. Es wäre Aufgabe dieser Landesregierung, zu versuchen, dieses Pfund in der Energiewende auch zu versilbern.

(Beifall von der CDU)

Aber Sie sind sich innerhalb der Landesregierung nicht einig und verpassen die Chance, dieses Pfund in die Debatten zur Energiewende einzubringen, im Kleinen wie im Großen. Deswegen besteht das große Risiko, dass gerade die vielen Mieter im Mietwohnungsbau in Nordrhein-Westfalen am Ende die Zeche für fehlendes Kapazitätsmanagement und anderes zahlen müssen.

Zu den beiden Entscheidungen der letzten Woche: Auch ein langer Weg führt am Ende zwingend zur Weggabelung im Kabinett. Sie werden sich also irgendwann bekennen müssen, ob Sie wollen oder nicht.

Sie haben Zeit verloren, Nordrhein-Westfalen hat Zeit verloren, und die Energiewende hat Zeit verloren. Denn beim Regierungswechsel 2010 hätte man durch den Beschluss eines neuen Kapitels Energie im LEP die Grundlage schaffen können, Datteln möglich zu machen. Das wird hier immer vom Tisch gewischt; aber das ist die historische Wahrheit.

Und Sie hatten die Kraft in Ihrer Regierung nicht, Sie hatten die Fähigkeit nicht, sich zu einigen, das zu machen. Sie haben es auf die lange Bank geschoben. Dadurch sind alte Meiler am Ende länger am Netz. Und Datteln 4 ist jetzt dazu verdammt, sehr viel später ans Netz zu gehen. Es war auch kein Beitrag zur Energiewende, den Sie dadurch geleistet haben.

Dann kommen immer die Hinweise: Na ja, Ihr seid vor dem Verfassungsgericht ja gescheitert, ihr habt das mit Datteln ja nicht hingekriegt. – Zugestimmt! Allerdings muss ich ganz ehrlich sagen: Diese Reden haben Sie vielleicht noch vor ein, zwei Jahren halten können, inzwischen haben Sie sich aber so viele Klatschen vom Verfassungsgerichtshof in Sachen Haushalt geholt,

(Beifall von der CDU)

dass Sie nicht mehr geeignet sind, als Lehrmeister im Verfassungsrecht zu fungieren.

Wenn Sie im Verfassungsrecht sattelfest wären, müssten Sie heute nicht 14 Seiten Begründung zur Beamtenbesoldung nachliefern. Wir akzeptieren da keine Nachhilfestunden mehr.

(Beifall von der CDU)

Sie haben bei Datteln auf Zeit gespielt in der Hoffnung, dass Gras darüber wächst, in der Hoffnung, dass das Thema aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwindet. Es ist ein Verdienst der Oppositionsparteien in diesem Haus, dass das nicht passiert ist,

(Beifall von der CDU)

dass eben kein Gras darüber gewachsen ist. Zu groß ist das Investment, das in Datteln zur Debatte steht, und zu groß ist das Thema „Energie“ durch die Energiewende, als dass es Ihnen gelungen wäre, Gras über diese Sache wachsen zu lassen.

Wenn Sie Datteln am Ende passieren lassen, dann passiert das wahrscheinlich in großen Teilen Ihrer Koalition nicht mehr aus Überzeugung, sondern genau deshalb, weil Sie es nicht mehr hören können, und weil Sie das Symbol nicht wollen, weil Sie kein milliardengroßes Beispiel für die innere Zerstrittenheit Ihrer Koalition haben wollen.

Sie versuchen, das jetzt noch zu schieben mit dem Hinweis auf Formalien, damit es vor der Bundestagswahl keinen Ärger bei der grünen Basis gibt. Es glaubt aber eigentlich kaum noch jemand, dass Datteln am Ende nicht kommt. Ungewissheit herrscht nur noch bezüglich des Preises. Da allerdings schießen die Spekulationen ins Kraut. Es wird überlegt, ob es wohl newPark sein könnte, wo Sie ja auch schieben, wo Sie die Möglichkeit ebenfalls nicht nutzen, proaktiv tätig zu werden. Und es wird debattiert über die Auswirkungen des Landesentwicklungsplans.

Kollege Eiskirch, ich danke ganz herzlich für die fortwährenden Belehrungen zu diesem Thema. Ich habe schon Landesplanungsrecht studiert, da wussten Sie noch nicht mal, dass es das gibt.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD] – Zurufe von der SPD: Oh!)

Wenn die 58 % elektrischer Wirkungsgrad bezüglich des Kraftwerkserneuerungsprogramms irrelevant sind, warum schreiben Sie ihn dann hinein?

(Beifall von der CDU)

Wird da mit der grünen Basis Scharade gespielt? Werden da irgendwelche Fährten gelegt, die nach der Bundestagswahl doch alle nicht gangbar sind? Schaffen Sie Wahrheit und Klarheit!

Werte Frau Brems, ich finde es immer wieder interessant, wenn Sie sagen: Betonköpfe der

Großenergieversorger. – Die Energiewende ist da. Sie fallen immer wieder in die Rhetorik der Zeit vor der Energiewende zurück. Ich bin von den Grünen in dieser Sache ziemlich enttäuscht.

(Beifall von der CDU)

Sie haben 30 Jahre lang gegen die Atomenergie gekämpft. Herzlichen Glückwünsch, Sie haben es geschafft! Dann wäre aber der Moment da gewesen, die Schubladen aufzumachen und ordnerweise Alternativpläne herauszuholen. Was haben Sie eigentlich in den 30 Jahren außer Protest noch gemacht?

(Beifall von der CDU)

Sie haben keine konzeptionellen Vorschläge, wie es gelingen soll, wie man Versorgungssicherheit, Preisstabilität, Energiewende erreichen soll. Das haben Sie alles nicht.