Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Meine Damen und Herren, das Hauptanliegen der FDP war offenbar, das Thema „Masterplan“ zu diskreditieren. Sie haben versucht, das in der Anhörung mit vielen Fragen zu tun. Dieses Vorhaben ist gründlich danebengegangen. Diejenigen nämlich, die man da angehört hat – das waren nicht nur

Umweltverbände, sondern gerade auch unternehmensnahe Verbände –, haben sich positiv dazu geäußert. Ich zitiere aus der Stellungnahme der Unternehmensverbände in Nordrhein-Westfalen, die Ihnen richtig Nachhilfeunterricht gibt:

„Ein Masterplan kann nicht den Anspruch erheben, technische Entwicklungen der nächsten 30 Jahre mit berücksichtigen zu können. Er muss aber denkbare Grobszenarien enthalten und vor allem die kurzfristigen notwendigen Schritte dort konkret miteinander in Einklang bringen, wo Zielkonflikte bestehen. Ein solchermaßen konzipierter Masterplan ist auf Bundesebene dringend nötig.“

Die IHK äußert sich ähnlich.

Also, meine Damen und Herren, machen Sie sich endlich auf und erkennen Sie an, dass zu einer gelungenen Energiewende ein Masterplan gehört. Im Wort „Masterplan“ steckt das Wort „Plan“. Man muss einen Plan davon haben, wenn man die Energiewende angehen will. Was hierzu von der Bundesregierung vorgelegt worden ist, ist das exakte Gegenteil. Es ist kein Masterplan, sondern es ist ein aktiver Beitrag zur Planungsunsicherheit in unserem Land beim Thema „Energie“ gewesen,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

und zwar nicht nur bei den konventionellen, sondern auch bei den erneuerbaren Energien. Das ist der eigentliche Skandal, über den wir an dieser Stelle sprechen müssen.

Wir stellen fest, dass Ihr Antrag in weiten Teilen überholt oder überlebt ist. Viele Themen – das gestehen Sie selber zu – sind nicht mehr auf der Höhe der Zeit: Dattel 1 bis 3, Energiemonitoring. Das sind alles Punkte, über die die Zeit längst hinweggegangen ist.

Ich glaube, man muss sich aber noch einmal vergegenwärtigen, was das Interessanteste an Ihrem Antrag ist. Sie versuchen zu Ihrem Markenkern „Wahrung der Marktwirtschaft“ zurückzufinden. So viel Wettbewerb wie möglich, so wenig Staat wie nötig. Das klingt ja richtig. Nur: Die Praxis dieser Bundesregierung ist exakt eine andere.

Rot-Grün hat im Jahr 2000 die erste Energiewende beschlossen, und zwar marktgerecht mit einer Vertragslösung. Wir haben die Partner an einen Tisch geholt und ausgehandelt, wie ein Atomausstieg funktionieren kann. Das haben Sie kassiert, und Sie haben das dann kurze Zeit später in Ihrer Energiewende am 6. Juni 2001 per Kabinettsbeschluss – also nicht über eine Verhandlung – auf den Weg gebracht. Meine Damen und Herren, das ist das Gegenteil von Marktwirtschaft.

Jetzt stehen Sie vor diesem Trümmerhaufen und versuchen das in irgendeiner Form wieder einzufangen. Seit 2001 ist nichts richtig passiert. Wir stel

len heute an den Entschließungsanträgen fest, wie zerstritten Sie in dieser Frage sind.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ja. – Jetzt müssen wir feststellen – am Abend werden auch die Faulen fleißig –: Sie versuchen in dicken Papieren aufzuschreiben, was man noch alles tun muss.

Meine Damen und Herren, es hätte in den letzten zwei Jahren längst Zeit bestanden, dieses Thema endlich anzupacken und diese Energiewende objektiv und aktiv anzugehen. Das haben Sie versäumt. Das ist ein Dokument und Armutszeugnis Ihrer Politik, meine Damen und Herren von CDU und FDP. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Kufen.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich verstehe die ganze Aufgeregtheit bei Herrn van den Berg nicht. Ich darf Ihnen mitteilen, dass CDU und FDP nach wie vor unterschiedliche Parteien und auch unterschiedliche Fraktionen sind. Insofern ist es auch ganz normal, dass wir unterschiedliche Anträge einbringen.

Das sagt aber sehr viel aus über Ihr Verständnis von Energiepolitik. Das können wir auch überall lesen. Die SPD findet in der Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen nicht mehr statt. Das machen die Grünen allein. Das ist der Unterschied.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Insofern seien Sie ganz entspannt. Es gibt durchaus Unterschiede. Die haben wir übrigens auch im Fachausschuss diskutiert, an deren Sitzungen Sie teilgenommen haben. Ein Unterschied besteht bei uns zum Beispiel bei der Stromsteuer. Aber mit Verlaub: Beim Thema „Stromsteuer“ ist zwischen Rot und Grün auch nicht alles erste Sahne. Auch dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Also tun Sie nicht so, als wäre bei uns nur der Spaltpilz und Sie wären Plüsch und Plum. Mitnichten ist das so. Sie haben in der Energiepolitik viel größere Probleme, wie wir das gestern bei Datteln 4 oder bei BoAPlus gesehen haben, als Sie uns hier weismachen wollen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage eines SPDKollegen zulassen?

Nein, ich möchte erst einmal zum Antrag reden.

Ich finde an dem Antrag der FDP-Fraktion gut, dass wir dazu eine sehr konzentrierte, breit gefächerte und von hoher Fachkenntnis geprägte Anhörung hatten. Im Namen der CDU-Fraktion – vielleicht kann ich das auch im Namen aller Fraktionen – sage ich anerkennend, dass es eine gute Idee war, das Thema „Energiewende“ so deutlich nach vorne zu bringen.

Die Energiewende ist nicht nur eine Veranstaltung des Bundes. Das ist der Sachverhalt, den Sie immer ausblenden. Vielmehr ist es eine gemeinsame Verpflichtung von Bund und Ländern. Deshalb müssen wir uns bei der Energiewende entsprechend einbringen.

Wir brauchen das Thema auf der politischen Agenda als systemische und gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Es geht um den Ausbau der Netze, um die Integration der erneuerbaren Energien in das System mit Koordinierung zum Netzausbau. Außerdem brauchen wir ein anderes Verständnis von Effizienz. Dazu haben wir uns beim vorherigen Tagesordnungspunkt schon ausgetauscht.

Aber, meine Damen und Herren, „Energiewende“ bedeutet auch Kulturwandel, Technologieoffenheit, Kultur des Investierens. Gleiches gilt für die Bürger. Deshalb müssen wir die Energiewende volkswirtschaftlich verantwortlich gestalten und die Bürgerinnen und Bürger entsprechend beteiligen.

Daher ist es richtig, dass wir uns auf einen Langstreckenlauf begeben. Trotzdem so zu tun, als ginge es um einen Sprint? – Ich glaube, wir sollten uns die nötige Zeit nehmen, um mit Kopf und Verstand, Hand und Fuß die Debatten zu führen. Trotzdem stimmt es, dass uns die Zeit in vielen Bereichen wegläuft. Bei erneuerbaren Energien müssen wir nicht nur auf Quantität, sondern auch auf Qualität setzen und mit einem sinnvollen Anschluss an die Netze verzahnen, weil sonst die Akzeptanz für die Energiewende verloren geht. Es hat sich mittlerweile selbst bei den Grünen herumgesprochen, dass das EEG nicht so bleiben darf, weil wir letztendlich die Kosten nicht kalkulieren können.

Meine Damen und Herren, Energiewende ist nicht nur Stromwende. Teilweise ärgert mich, dass wir am Ende nur noch über das EEG reden, als würde bei der EEG-Umlage ein Cent rauf oder ein Cent runter Wohl und Wehe der Energiewende bedeutete. Lassen Sie uns doch gemeinsam in NordrheinWestfalen unsere Punkte bringen, nicht nur gegenüber den Kollegen in den 15 anderen Bundesländern und gegenüber der Bundesregierung, sondern auch auf europäischer Ebene, damit klar wird, wie wir das Thema angehen:

Es geht dabei um Effizienz, um strategische Reserven, um Märkte und darum, wie sie funktionieren. Es geht auch um Marktdesign, bei dem wir beach

ten müssen, wie wir die Reform des EEG, die wir nach der Bundestagswahl dringend brauchen, an ein neues Marktdesign anpassen. Das muss Hand in Hand gehen,

(Minister Johannes Remmel: Was kommt zu- erst?)

Herr Remmel –, weil wir es uns am Ende nicht leisten können, zwei Systeme parallel zu finanzieren. Ich sage Ihnen ganz klar: Am Ende benötigen wir nicht ein System nur für die erneuerbaren Energien, ein Schattenkraftwerk des konventionellen Bereichs. Am Ende muss das zusammenwirken. An der Stelle kneifen Sie, meine Damen und Herren. Sie setzen auf Techniken, die bis jetzt noch nicht so kompatibel sind.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Wer stellt denn die Bundesregierung?)

Am Ende wird es auch um ein vernünftiges Dreieck aus Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gehen, Herr Priggen. Das ist etwas, was bei Ihnen vielfach zu kurz kommt.

Meine Damen und Herren, wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, weil wir glauben, dass wir auch eine Standortbestimmung für die weitere Diskussion vornehmen müssen, die heute nicht enden darf, sondern mit einem starken nordrheinwestfälischen Akzent nach der Bundestagswahl gestaltet werden muss, unabhängig davon, welche Farben die Bundesregierung hat. Die Interessen Nordrhein-Westfalens kann nur Nordrhein

Westfalen vertreten. Wir erleben es in diesem Land zu oft, dass wir eine rote und eine grüne Energiewende vorgeführt bekommen. Wir brauchen aber eine gemeinsame Energiewende. Wir als nordrheinwestfälische CDU sind bereit, daran mitzuarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege Kufen, würden Sie bitte noch einen Moment an Ihrem Platz bleiben. Es gibt eine Kurzintervention des Herrn Abgeordneten van den Berg. – Kollege, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kufen, Sie haben gerade von einer roten und einer grünen Energiewende gesprochen. Ich habe Ihnen vorgeführt, dass Sie von CDU und FDP es nicht zu einem Entschließungsantrag gebracht haben, weil Sie bei dem Thema „Stromsteuer“ offenbar zu weit auseinander liegen.

Sie haben gerade in Ihrer Rede gesagt, das sei auch bei Rot-Grün so, weil wir beim Thema „Stromsteuer“ ebenfalls nicht einer Meinung seien.

Sind sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass alle von SPD und Grünen geführten Bundesländer im

Bundesrat ein gemeinsames Konzept vorgelegt und unter der Ziffer 4 „Strompreise durch Senkung der Stromsteuer bremsen“ eine Reduzierung um 25 % vorgeschlagen haben? Wie verhält sich das aufseiten der Bundesregierung?

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege van den Berg. – Abgeordneter Kufen, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr van den Berg. Ihre Kurzintervention sichert mir zusätzliche Redezeit. Sie brauchen übrigens keine Frage zu stellen, sondern Sie können auch eine Anmerkung machen. Das gebe ich Ihnen als „Besucherdienstmitarbeiter“ gerne mit.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Multifunktional einsetzbar, nur nicht als energiepolitischer Sprecher!)

Aber ich will Ihnen auch Ihre Frage beantworten, Herr van den Berg: Am Ende war es der kleinste gemeinsame Nenner der 16 Bundesländer, sich zulasten des Bundes und der Bundesregierung zu einigen, weil die letztendlich den Preis bezahlen soll, aber bei der Mehrwertsteuer zwischen den Bundesländern kein Konsens möglich war. Das ist der Unterschied, das ist die Erklärung für die Position, die Sie eingefordert haben. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kufen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Brems.