Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Vielen Dank, Herr Kollege Kufen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Brems.

(Die Abgeordnete begibt sich zum Redner- pult. – Unruhe und Zurufe von mehreren Sei- ten.)

Was ist los?

(Zuruf aus dem Präsidium: Keine Ahnung! – Anhaltende Unruhe – Weiterer Zuruf aus dem Präsidium: Was ist denn los, Frau Brems, haben Sie etwas mitbekommen? – Wibke Brems [GRÜNE]: Nein, ich habe nichts gese- hen! Ich bin hier lang gegangen!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, was passiert ist. Wir haben nichts gesehen, werden aber vom Präsidium aus der Sache nachgehen. Okay?

(Weitere Zurufe)

Ich werde mit dem Kollegen reden. Wir werden der Sache nachgehen. Ich habe gerade im Präsidium nachgefragt. Niemand hat irgendetwas gesehen. Wir lassen die Sache aber nicht auf sich beruhen, sondern gehen ihr nach.

Frau Kollegin Brems, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen Schritt vor, drei Schritte zurück – so sieht die Bilanz von Antrag und Entschließungsantrag der FDP aus, über die wir heute debattieren. Auf richtige Analysen zur Marktsituation erneuerbarer Energien und fossiler, flexibler Kraftwerke folgen in den Anträgen die Forderung nach einem die Energiewende bremsenden Quotenmodel, die versteckte Aufweichung des Einspeisevorrangs erneuerbarer Energien, und schließlich ist sich die FDP noch nicht einmal zu schade dafür, offen die Entschleunigung der Energiewende zu fordern.

Da interessiert es Sie auch nicht, was Expertinnen und Experten in der Anhörung von Ihren Ideen gehalten haben: Nehmen wir als Beispiel die Forderung nach einem Quotenmodel, das Sie „Mengenmodel“ nennen. Der Name ist aber nicht entscheidend. Die Expertin von Germanwatch, Katja Rottmann, führte dazu aus, dass Großbritannien dieses Modell inzwischen eingestellt habe, weil es nicht dazu geführt habe, dass die Quoten, die man sich vorgenommen hatte, nicht erreicht wurden. Auch die gewünschten Preise wurden nicht erreicht.

Darüber hinaus würde die aktuell voranschreitende Demokratisierung der Energiewirtschaft durch ein solches Modell ausgebremst. Denn dass sich Bürgerinnen und Bürger an solch einem komplizierten Model beteiligen, ist nahezu unmöglich.

Auch mit Ihren Vorstellungen von der Marktintegration erneuerbarer Energien gingen die Expertinnen und Experten hart ins Gericht. In dem jetzt bestehenden Energy-Only-Markt sind die erneuerbaren Energien nicht integrierbar, da sie sich an der Börse bei steigendem Anteil an erneuerbaren Energien kaum refinanzieren können. Aber zu den Problemen bei der Refinanzierung von Kraftwerken und Speichern habe ich Ihnen gestern schon unter einem anderen Thema eine Nachhilfestunde erteilt.

Wir brauchen dringend gut durchdachte und zusammenhängende Änderungen am gesamten

Strommarktdesign, damit sich die für die Energiewende wichtigen Investitionen in erneuerbare Energien, Speicher, Lastmanagement und flexible Kraftwerke endlich refinanzieren können. Schnellschüsse, wie sie sich die schwarz-gelbe Bundesregierung immer wieder leistet, bringen uns nicht weiter. Wir brauchen endlich klare und gut durchdachte Rahmenbedingungen und Konzepte, die Sie nicht haben.

Dass Sie allerdings in Ihrem Entschließungsantrag, liebe FDP, so unverhohlen Ihren eigenen Bundeswirtschaftsminister Rösler angreifen, hat mich ein bisschen gewundert. Ich zitiere: „Besonders im Bereich der Stromversorgung verweigern sich ideologisch geprägte Kräfte im politischen Diskurs den

notwendigen Anpassungen …“ – Genau das hat Wirtschaftsminister Rösler gemacht, als er gesagt hat, dass Kapazitätsmärkte gefährlich seien.

Auch bei Ihrer Forderung, Fördersysteme zu entwickeln, die erreichen, dass sich die wirtschaftlichsten Formen durchsetzen, kritisieren Sie Ihre eigene Bundesregierung. Die hat nämlich mit den massiven Unterstützungen der Offshore-Windparks genau das Gegenteil gemacht. Windenergieanlagen an Land sind wesentlich günstiger. Trotzdem bekamen die großen Energiekonzerne die Offshore-Parks als Sahnehäubchen obendrauf. Uns alle kostet das wieder mehr bei der EEG-Umlage. Ich kann Sie nur bei Ihrer eigenen Kritik an der Bundesregierung unterstützen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Liebe CDU, Ihr Schnellschuss eines Entschließungsantrags ist, ehrlich gesagt, eine Mischung aus Blödsinn,

(Thomas Kufen [CDU]: Ei, ei, ei! – Christian Möbius [CDU]: Was Sie erzählen, ist Blöd- sinn!)

ferner Dingen, die die Landesregierung schon macht, sowie einer einzigen guten Sache. Sie fordern in Punkt 7, dass sich Bürgerinnen und Bürger finanziell am Ausbau und Nutzen der Netze beteiligen können. Ich finde, das ist ein sehr guter Aspekt. Daran können wir gern weiter zusammenarbeiten.

Zu guter Letzt ist es prima, dass die FDP die Katze aus dem Sack lässt und nicht mehr verhehlt, dass sie die Energiewende eigentlich doch nicht will.

(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])

Eine Entschleunigung der Energiewende ist nämlich nichts anderes als ein Versuch, die mitbeschlossene Energiewende zurückzunehmen. Sie wollen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien so lange wartet, bis Netzausbau, konventionelle Kraftwerkskapazitäten und Speichertechnologien so weit sind.

Aber Sie haben mal wieder die aktuelle Situation nicht verstanden. Wenn Sie sich umhören würden, würden Sie Folgendes mitbekommen: Wenn die Entwicklung der erneuerbaren Energien so weitergeht wie bisher, benötigen wir einen moderaten Ausbau des Höchstspannungsnetzes in zehn Jahren. Auch neue Kraftwerkskapazitäten werden erst Anfang der 20er-Jahre benötigt. Speicher müssen auch jetzt weiterentwickelt und wirtschaftlich gemacht werden, damit auch sie in einigen Jahrzehnten umfassend zur Verfügung stehen.

Es geht jetzt um die Planungen, um Forschung und die richtigen Weichenstellungen und nicht darum, weiterhin absurdes Theater aufzuführen. Sie fordern nämlich ein „Warten auf Godot“.

Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Alda zulassen?

Ja, gern.

Bitte schön, Herr Kollege Alda.

Danke, Herr Präsident. – Frau Kollegin, besten Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich habe Ihnen monatelang zugehört. Ich habe Ihnen auch heute sehr lange zugehört. Mir brennt eine Frage auf den Nägeln: Wären Sie mir böse, wenn ich Sie aufgrund des Studiums Ihres Lebenslaufes als Lobbyistin der Solarindustrie bezeichnen würde?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: „Wären Sie mir böse …“ – Das war die Frage! – Thomas Eis- kirch [SPD]: Da hat er aber mehrere Monate gebraucht für diese Frage! – Weitere Zurufe)

Frau Abgeordnete.

Ich finde das schon eine starke Unterstellung. Denn wir wollen alle, dass Leute im Parlament sind, die von den Themenfeldern, in denen sie Politik machen und für die sie einstehen, Ahnung haben. Ich habe vier Jahre Elektrotechnik im Bereich erneuerbarer Energien studiert. Ich habe noch ein bisschen länger in diesem Bereich gearbeitet, Erfahrungen gesammelt bei der Energieberatung von Kommunen und in Sachen Fotovoltaik. Jetzt mache ich Politik für die Energiewende und für Nordrhein-Westfalen. Genau das tue ich hier und nichts anderes.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Mi- nister Johannes Remmel: Unverschämtheit! Unglaublich die Frage!)

Dann komme ich schon zum Schluss. Ich habe eben damit aufgehört, dass ich der Meinung bin, dass Sie mit dem Warten auf andere Aspekte, liebe FDP, ein „Warten auf Godot“ meinen. Damit flexible Kraftwerkskapazitäten, der Netzausbau und die Speichertechnologien zur richtigen Zeit zur Verfügung stehen, müssen jetzt die richtigen Weichen und nicht die erneuerbaren Energien aufs Abstellgleis gestellt werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Kai Schmalenbach [PIRATEN])

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor dem Redebeitrag von Frau Kollegin Brems gab es Unruhe im Plenarsaal. Wir sind der

Sache nachgegangen. Herr Kollege Hovenjürgen hat eine Handbewegung gemacht, die sich nicht gehört. Das war unparlamentarisch. Er war gerade hier und hat sich dafür entschuldigt.

Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Keine eigene Vorschläge, nur Kritik an anderen, am FDP-Antrag, wie wir gerade in der Debatte verfolgen konnten – wie immer ist die Bundesregierung an allem schuld.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

So destruktiv führt Rot-Grün die Energiedebatte in diesem Hohen Hause, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Fakten kann man sich nicht verschlie- ßen, Herr Kollege!)

Das ist, ehrlich gesagt, ein Armutszeugnis, Herr Kollege Schmeltzer.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Für Berlin!)

Wir sind im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Für Ihre Politik in Nordrhein-Westfalen ist das ein Armutszeugnis.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Denken Sie da- ran: Drei Finger zeigen auf Sie!)

Im Energieland Nummer eins haben Sie keine eigene Position, sondern nur Kritik an anderen seitens der Regierungsfraktionen. Das ist ein äußerst trauriges Bild.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber berechtigte Kritik!)

Herr Kollege Schmeltzer, melden Sie sich doch ruhig einmal für eine Zwischenfrage.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Immer gern!)