Abschließend noch mal zu Ihnen von der FDP: Es ist wieder einmal bezeichnend, dass Sie im Antragstext für diese Aktuelle Stunde doch eher populistisch argumentieren und überhaupt nicht auf die eben von mir erwähnten Sachverhalte eingehen, geschweige denn inhaltliche Perspektiven für den Chemiestandort liefern. Aber es ist eben ein Unterschied, ob ich hoch gefährliches Kohlenmonoxid durch die Gegend schicke oder zum Beispiel einen Teppich. Nur von Letzterem scheinen Sie ja wirklich etwas zu verstehen.
Herr Lindner, gerade weil Sie in Talkshows immer von der Bürgergesellschaft reden, müssen Sie im Umweltbereich endlich die berechtigen Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen.
Die jüngste Konferenz von Rio hat es wieder einmal unterstrichen: Angesichts der großen Herausforderungen – Ressourcenverknappung, Klimawandel und Artenschwund – brauchen wir eine grüne Wirtschaftsstrategie, eine große Transformation. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Hier in NordrheinWestfalen werden die neue Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen dieses auch gemeinsam anpacken. Wir werden hier eine zukunftsorientierte Perspektive für den Chemiestandort nicht nur erhalten, sondern diese auch weiterentwickeln.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auf dem letzten programmatischen Landesparteitag der Piratenpartei am 15.04. dieses Jahres hat unsere Partei eben zu diesem Thema der CO-Pipeline ein Positionspapier verabschiedet, dem gegenüber wir als Fraktion die Freiheit haben, uns daran gebunden zu fühlen.
Das Papier entscheidet nicht bewusst zwischen Pro oder Contra, was die CO-Pipeline angeht, es polarisiert auch nicht, sondern es regt – wie wir das so oft tun – im Gegenteil eine verstärkte Transparenz des Verfahrens bzw. der Verfahrensweise für die Bürgerinnen und Bürger an. Das ist zunächst einmal zu begrüßen, wenn es eingehalten wird.
In der Presseerklärung vom 22.06. dieses Jahres betont die Bayer AG selber, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit in Kürze starten soll, dass die vollständige Offenlegung des Planänderungsverfahrens gegeben ist und dass alle 2.000 Seiten, die dieses Verfahren betreffen, sofort einsehbar sind. Dazu kommt noch eine Kurzversion von etwa sechs Seiten, bei der man bei genauer Betrachtung den Eindruck haben kann, dass sie von einem Werbetexter verfasst worden ist.
Insbesondere geht es bei den Planänderungsverfahren um Abweichungen bei der Trasse und um Abweichungen bezüglich der bei den Rohrleitungen verwendeten Stähle. Stichwort: Innenkorrosion
Die Bayer AG selber aber betont, dass zur Erdbebensicherheit zusätzlich noch von externen Gutachtern drei Teilaspekte beleuchtet werden sollen. Von diesen drei angeforderten Gutachten liegen erst zwei vor. Das dritte steht noch aus. Das sagt die Bayer AG. Und in der nächsten Instanz, beim Oberverwaltungsgericht Münster, wird auch in 2013 noch verhandelt.
Das heißt für mich im Klartext: Es ist noch etwas Zeit, und man muss jetzt nicht eine solche Welle machen, wenn sich Herr Remmel bemüht, noch ein Gutachten einzuholen. Es ist ja noch Zeit. Herr Remmel, Sie haben – gar keine Frage – die Unterstützung der Piratenfraktion, wenn Sie mit dem Gutachten „hinmachen“.
Darüber hinaus regt unser Positionspapier für dieses Verfahren und für die Zukunft an, doch einmal auf Bürgerentscheide und auf Bürgervertrauen zu setzen. Wenn wir es nicht schaffen, unseren Bürgern zu vertrauen, dann werden sie uns auch nicht vertrauen. Das ist, denke ich, ein Kernpunkt aller Politik. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal einen ganz herzlichen Dank für die vielen guten Wünsche nicht nur aus den die Regierung unterstützenden Fraktionen, sondern auch aus allen anderen. Ich denke, wir werden es gemeinsam gut hinbekommen, in den nächsten fünf Jahren eine Strategie zu entwickeln, die den Wirtschafts- und den Industriestandort Nordrhein-Westfalen stärkt.
bereits darauf hingewiesen – die Chemie. Ein Drittel des Umsatzes der chemischen Industrie in ganz Deutschland findet hier in Nordrhein-Westfalen statt. Wir haben in Nordrhein-Westfalen rund 100.000 Beschäftigte in rund 1.000 Betrieben bzw. Unternehmen, die – auch darauf ist schon hingewiesen worden – viele Stoffe herstellen, die direkt in die industrielle Weiterverarbeitung gehen. Der Slogan „Das ist die Industrie der Industrie“ hat durchaus seine Berechtigung.
Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen die Grundstoffchemie genauso wie das Spezialprodukt. Das ist es, woran wir festhalten wollen. Wir wollen die gesamte Wertschöpfungskette hier im Land behalten und nicht tatenlos zusehen, wie gerade in den energieintensiven Bereichen die Unternehmen oder die Produktionsstandorte langsam bzw. sukzessive abwandern, sondern wir wollen Rahmenbedingungen dafür stellen, dass die hier in unserem Land eine Perspektive haben.
Diese Landesregierung und ich ganz persönlich, wir werden alles dafür tun, dass sich diese heimische Produktion entwickeln kann und gute Rahmenbedingungen vorfindet. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eben die Realwirtschaft, auf die es ankommt. Wenn wir etwas aus den letzten Jahren gelernt haben müssen, dann ist es doch, dass wir die Realwirtschaft stärken müssen und nicht, wie in anderen europäischen Ländern geschehen, irgendwelchen Träumereien nachhängen dürfen. Vielmehr müssen wir die Realwirtschaft in unserem Lande – explizit in Nordrhein-Westfalen – stützen.
Gerade die Chemieindustrie besitzt das Potenzial, Innovationen und technologischen Fortschritt zu bringen. Was muss man tun, damit man dieses Potenzial tatsächlich nutzen kann?
In dieser neuen Landesregierung bin ich für das Thema „Energiepolitik“ zuständig. Darauf wird es in den nächsten Jahren natürlich ganz besonders ankommen. Es wird darauf ankommen, die Energiepolitik so zu gestalten, dass die Unternehmen hier eine Perspektive haben. Aber nicht nur darum geht es, sondern es geht genauso um die Themen „Fachkräfte“ und „Rohstoffe“. Und es geht um zwei weitere Dinge, die Sie durch diesen Tagesordnungspunkt, betreffend die CO-Pipeline, mit aufgerufen haben und die ich deswegen auch ausdrücklich betonen will.
Erstens geht es um Investitionen in Infrastruktur in unserem Land. Die CO-Pipeline ist dafür ein Beispiel. Gemeinsam – auch darauf hat Herr Brockes hingewiesen – ist hier im Landtag mit großer Mehrheit – soweit ich weiß einstimmig – das Rohrleitungsgesetz verabschiedet worden. Das ist grundsätzlich schon einmal ein gutes Zeichen für solche Investitionen, dass man bei solch wichtigen Ent
scheidungen gemeinsam agiert und sagt: Das wollen wir ermöglichen. Denn es geht nicht darum, dass man irgendetwas verhindert, sondern darum, dass die Politik dafür sorgt, Dinge an diesem Standort zu ermöglichen. – Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt aber ist, dass wir ein gesellschaftliches Klima brauchen, in dem Akzeptanz wachsen kann.
Herr Wüst, Sie haben darauf Bezug genommen. Wir waren zusammen auf der Veranstaltung der IHK Nord Westfalen. Dort ging es darum, Akzeptanz für Industrie in unserem Land zu schaffen. Das macht aber die Industrie nicht alleine, sondern es sitzt, wie Sie gesehen haben, zum Beispiel der BUND mit auf dem Podium. Ich hatte gerade sowohl bei der Argumentation von Herrn Brockes als auch von Herrn Wüst den Eindruck, dass sie im Rahmen dieser Diskussion noch nicht so weit sind wie eine IHK Nord Westfalen, wie die Industrie insgesamt in unserem Land, die inzwischen alle begriffen haben, wie man einen Dialog führen muss.
Man muss diesen Dialog organisieren. Man muss mit offenen Karten spielen. Dazu dient auch ein solches Gutachten. Wenn man etwas befürwortet, muss man nicht die Augen-zu-und-durch-Strategie wählen und irgendwie versuchen, das durchzuprügeln, sondern wenn man überzeugt ist, kämpft man im Gegenteil mit offenem Visier. Man darf über den Dialog auf Augenhöhe eben nicht nur am Sonntag sprechen, sondern muss man ihn dann werktags auch Realität werden lassen.
Diese Landesregierung will diesen Dialog zwischen Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern nicht nur beobachten, sondern ihn aktiv mitgestalten. Deswegen sind solche Maßnahmen notwendig.
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass der Chemiestandort Nordrhein-Westfalen nicht durch den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern gefährdet wird, sondern er wird dann gefährdet, wenn Sie wie hier durch die Beantragung einer Aktuellen Stunde und entsprechenden Äußerungen in den Presseorganen dafür sorgen, dass aus Kleinigkeiten etwas heraufbeschworen wird, was als Gefahr für den gesamten Standort beschrieben wird. Das ist nicht redlich.
Die größte Gefahr – wenn Sie mich das aus meiner bisherigen Tätigkeit noch hinzufügen lassen – für den Standort Nordrhein-Westfalen, insbesondere für den Chemiestandort Nordrhein-Westfalen, ist eine schwarz-gelbe Bundesregierung, die gar nicht begriffen hat, wie man das Wort „Industriepolitik“ überhaupt schreibt,
die nicht in der Lage ist, eine Konzeption vorzulegen, was wir mit diesem Standort machen wollen und wie wir ihn auf der Grundlage von Dialog auf
Augenhöhe weiterentwickeln wollen, die bis heute keinen Masterplan für die Energiewende vorgelegt hat usw. Das ist keine Industriepolitik.
Wenn Sie im Titel dieser Aktuellen Stunde industriepolitische Verlässlichkeit einfordern, kann ich Ihnen nur sagen: Da haben Sie bisher überhaupt nichts zu bieten gehabt. Industriepolitische Verlässlichkeit, insbesondere in NRW, steht an diesem Pult und sitzt links und rechts von mir. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich grüße auch die Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne. Wenn ich die Reden, die wir gehört haben, Revue passieren lasse, besteht hier eigentlich große Einigkeit jenseits politischen Schlechtredens vonseiten der Opposition, dass die chemische Industrie von wesentlicher Bedeutung für den Standort Nordrhein-Westfalen ist. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Daran will auch niemand hier im Hause etwas ändern – im Gegenteil.
Wir wissen aus den letzten Jahren, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen die letzte Finanzkrise erfolgreich bewältigt haben, weil Nordrhein-Westfalen einen starken industriellen Kern hat. Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist nicht überwiegend von der Finanzwirtschaft geprägt, sondern von der Realwirtschaft. Dabei ist die Chemieindustrie ein herausragender Faktor.
Gerade die aktuelle Diskussion über die Eurokrise, die schlechte Stimmung auf den Finanzmärkten, die Befürchtungen über eine drohende Rezession bestätigen unsere Einschätzung, dass für eine Region oder ein Land ein stabiler industrieller Kern von eminenter Bedeutung ist. In Nordrhein-Westfalen haben die Unternehmen und Gewerkschaften immer bewiesen, dass der Unternehmensstandort mit Augenmaß und Verantwortung gestärkt wird. Das Ergebnis ist: Nordrhein-Westfalen ist innovativ; Wirtschaft und Forschung bringen hier immer wieder Neues und immer wieder Wegweisendes hervor.
Die Regierungsparteien wollen, dass diese Krisenfestigkeit des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen erhalten bleibt.
Herr Brockes, in Ihre Richtung möchte ich sagen: Bei dieser Landesregierung ist die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen in sehr guten Händen. Das letzte Wahlergebnis – dieser Hinweis sei erlaubt – zeigt ganz deutlich, dass die überwiegende Mehr
Für uns spielt die chemische Industrie in NordrheinWestfalen eine wesentliche Rolle. Sie ist einer der bedeutendsten Standortfaktoren, weil sie innovativ ist und Neues entwickelt. Gemessen am Umsatz mit über 36,6 Milliarden € nimmt der Chemiestandort NRW europaweit Rang 6 ein. Weltweit liegen wir auf Rang 11. Das drückt sich auch in der Bedeutung für den Arbeitsmarkt aus. Fast 30 % aller Beschäftigten der deutschen Chemieindustrie arbeiten in NRW. 2010 waren das fast 90.000 Menschen. Das wollen wir erhalten und stärken.
Für uns als SPD ist aber auch klar: Die Entscheidungen bei industriellen Zukunftsprojekten dürfen nicht heimlich, still und leise getroffen werden. Vielmehr wird es immer wichtiger, die Menschen zu überzeugen und mitzunehmen. Wir müssen den Sinn und Zweck und den Nutzen von Investitionen deutlich machen. Ängste und Sorgen müssen und wollen wir ernst nehmen, um uns intensiv damit auseinanderzusetzen.
Das gilt auch für die chemische Industrie. Denn für unseren Industriestandort, wenn er zukunftssicher sein will, wird Offenheit und Transparenz immer wichtiger, weil wir in naher Zukunft – das wissen wir alle – neue Infrastrukturen aufbauen müssen. Nur mit gleichberechtigter, frühzeitiger Information und weitgehender Transparenz über Projekte und Politikziele, nur über Beteiligung können Vertrauen und Akzeptanz für Projekte erzielt werden. Der Verweis auf eine neue Technologie wird alleine nicht ausreichen. Auch das hochspezialisierte ingenieurwissenschaftliche Gutachten wird nicht immer überzeugen.