Verzeihung! – Ich möchte darauf hinweisen, dass Sie uns in den letzten Plenarwochen jedes Mal kritisiert haben, wenn wir ein Thema vorgebracht haben, das nicht nur im Land, sondern auch im Bund relevant gewesen ist. Sie haben uns dann in teilweise arger Polemik vorgeworfen, wir wollten hier Ersatzbundespolitik machen. Und jetzt kommen Sie selber mit einem solchen Showantrag zur Bundespolitik! Das finde ich nicht in Ordnung.
Gucken wir uns die Genese des Themas insgesamt an! Wir hatten hier einen Antrag der Piraten, der ungefähr das widerspiegelte, was Sie jetzt vorgelegt haben. Der ist von der SPD abgelehnt worden. Dazu hat Herr von Grünberg gesprochen. Und dazu hat der Innenminister gesagt: Bitte nicht im Wahlkampf, wir machen das gemeinsam, und wir wollen es auch gemeinsam mit der CDU machen, und das nach der Bundestagswahl. – Frau Güler hat das eben auch angesprochen.
Dann kam urplötzlich der Antrag von SPD und Grünen. Dieses Vorgehen scheint mittlerweile bei Ihnen Prinzip zu sein; wir finden das in dieser Plenarwoche an anderer Stelle ja auch. Dann kam also der Antrag von Ihnen, nun sollte es die doppelte Staatsbürgerschaft sein, und danach war das Ihr Wahlkampfthema.
Dem folgte die Bundesratsinitiative, die unbedingt noch vor der Bundestagswahl gestartet werden sollte. Danach dann die Bundestagswahl selber. Und dann hat sich Ihr Parteivorsitzender breitbeinig hingestellt und erklärt: Ohne doppelte Staatsbürgerschaft gibt es keine Große Koalition!
Letztendlich sind wir wieder da angekommen, wo wir hier im Parlament bereits vor weit über einem Jahr waren.
Das ist aus meiner Sicht keine seriöse Politik für die Gruppen, für die Bürgerinnen und Bürger – Sie haben es gerade selber erwähnt –, für die Menschen, um die es hier geht.
Wir als FDP haben uns überlegt, dass wir Mehrstaatigkeit zulassen wollen, vor allem aus zwei Gründen:
Wir sind auf der einen Seite als im Wettbewerb stehendes Land um die weltweit besten Kräfte darauf angewiesen, eine Willkommenskultur zu schaffen und den Menschen eine Perspektive zu geben, unsere Staatsbürgerschaft anzunehmen, ohne dass sie sich zwingend für immer entscheiden müssen, für immer hier zu sein, gerade wenn man an die vielen, um die wir werben, denken. Da brauchen wir kein kleinliches Staatsbürgerschaftsrecht; an der Stelle wollen wir großzügiger sein.
Es geht zum Zweiten um die Deutschtürken, die schon lange in diesem Land leben und die, wie ich es aus vielen persönlichen Gesprächen weiß, sagen, dass sie im Grunde genommen zwei Identitäten haben: dass sie sich zu Deutschland bekennen, dass sie aber nicht, auch nicht symbolisch, ihre Wurzeln kappen wollen. Ihre Identifikation mit Deutschland wollen wir weiter stärken. Das ist auch
Wir hätten das gerne gemeinsam mit Ihnen gemacht. Sie haben immer erzählt, Sie seien die Koalition der Einladung. Mittlerweile kann ich zu dieser Bezeichnung nur sagen: 3 € ins Phrasenschwein! – Sie haben „kleines Karo“ bevorzugt.
Darum können wir diesem Antrag nicht zustimmen, auch wenn die Abschaffung der Optionspflicht als solche in die richtige Richtung geht. Wir werden uns daher der Stimme enthalten.
Lassen Sie mich noch einen letzten Satz an die Adresse des Vorsitzenden der CDU richten. – Lieber Herr Laschet, auf der einen Seite die doppelte Staatsbürgerschaft auf Symposien wie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf zu fordern und auf der anderen Seite diesen Entschließungsantrag mitzuzeichnen, das passt nicht so richtig zusammen. Volkspartei heißt nach meiner Interpretation nicht, jedem das zu erzählen, was er gerade hören möchte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Herr Dr. Stamp hat den zeitlichen Ablauf geschildert. Ich werde das aus unserer Sicht aber noch einmal tun, denn ich schätze ihn etwas positiver ein.
Zur Abschaffung der Optionspflicht gehe ich jetzt nicht bis 1998 zurück, frage aber, wie es hier damit anfing. Unser erster Antrag dazu wurde im Oktober 2012 eingebracht. Damit haben wir die Debatte angestoßen. Ich bin mir sehr sicher, dass es sehr viel länger als bis Mai 2013 gedauert hätte, wenn wir da nicht die treibende Kraft gewesen wären.
So gab es bereits im Frühjahr letzten Jahres den gemeinsamen Antrag mit SPD und Grünen zu einer Bundesratsinitiative. Das Thema war also rechtzeitig vor der Bundestagswahl platziert.
Nach der Wahl im September kamen die Koalitionsverhandlungen. Nicht zuletzt aufgrund der vorliegenden Initiative war die Optionspflicht dabei ein großes Thema. Die mediale Berichterstattung vermittelte teilweise den Eindruck, dass es sich in der Politik nur noch um Maut, Mindestlohn und eben um die Optionspflicht dreht. Der Doppelpass wurde
darüber hinaus von führenden SPD-Politikern wie Herrn Pistorius zur Bedingung für das Zustandekommen einer Großen Koalition erklärt.
Was ist der aktuelle Stand? –Ich kann mich nur sehr wundern, was bei den Koalitionsverhandlungen von der Abschaffung der Optionspflicht übrig geblieben ist. Bedingung für die Große Koalition war der Doppelpass. Nun gibt es die Große Koalition, aber den umfassenden Doppelpass gibt es immer noch nicht.
Herr Minister Jäger, ich möchte nicht von Betrug sprechen, wie das im Ausschuss äußerst unglücklich Frau Güler in Richtung Minister Schneider getan hat. Aber vielleicht sollte Ihr werter Kollege Pistorius sein Verhältnis zu den Begriffen „Bedingung“ und „Zustandekommen“ klären.
Oder hält man es in Berlin mit dem oft zitierten Halbsatz von Konrad Adenauer: Was stört mich mein Geschwätz von gestern?
Wir finden es unerträglich, dass den jungen Menschen zugemutet wird, den Nachweis zu erbringen, dass sie in Deutschland rechtssicher aufgewachsen sind. Das ist keine Wertschätzung, die den jungen Leuten entgegengebracht wird, sondern ein generelles Misstrauen.
Solch ein Misstrauen sollte man eher gegenüber blumigen Wahlversprechen der etablierten Parteien haben. Sagte nicht Peer Steinbrück, es sei unfair, Parteien an ihren Wahlversprechen zu messen?
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Debatte verfolgt, stellt man fest, dass hinter dem Bekenntnis zu Mehrstaatigkeit dem Grunde nach eine deutliche Mehrheit dieses Hauses steht.
Ich finde, das ist eine gute, eine moderne Voraussetzung für eine Diskussion. Denn diese Haltung orientiert sich an der Lebenswirklichkeit der hier lebenden Menschen. Zu dieser Lebenswirklichkeit gehört auch die Tatsache: Für viele junge Menschen mit ausländischem und deutschem Pass ist die Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit nicht leicht.
Zu dieser Lebenswirklichkeit gehört auch, dass jedem bewusst ist – das sollten wir uns vergegenwärtigen –, dass sich 1.000 junge Menschen allein in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr entscheiden müssen, ob sie ihre deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben oder nicht. Neben allen sachlich
rhetorischen Argumenten, die vorgetragen worden sind, muss man sehen: Das ist für die betroffenen Menschen eine hochemotionale Entscheidung. Wir müssen ihnen hierfür eine Lösung bieten.
Die Emotionalität der betroffenen Menschen macht diese Diskussion nicht unnütz oder gar unsachlich, sondern wir müssen uns diesen 1.000 Menschen, die in Nordrhein-Westfalen betroffen sind, nähern. Wir als Politik müssen die klare Botschaft formulieren: Wir suchen für euch eine vernünftige Lösung. – Meine Damen und Herren, das sollte unser gemeinsames Ziel in dieser heutigen Debatte sein.
Wenn Sie mich persönlich fragen: Es gibt sehr viele und sehr gute Argumente für die Hinnahme der Mehrstaatigkeit. Die Debatte heute hat gezeigt: Es gibt wenige, eigentlich gar keine sachlichen Argumente gegen die Hinnahme der Mehrstaatigkeit.
Den Wegfall der Optionspflicht an Integrationsnachweise wie Mindestaufenthalt, Schulbesuch oder gar Schulabschluss zu koppeln, ist selbst dem sehr antiquierten deutschen Staatsbürgerrecht völlig systemfremd.