Herr Lindner, Sie würden das auch heute noch sagen, wenn Sie nicht außerparlamentarische Opposition im Bund und hier parlamentarische Opposition wären. Sobald Sie nicht Regierungsverantwortung haben, sind Sie ganz geschmeidig.
Aber so lange Sie Regierungsverantwortung haben, erzählen Sie einfach unverantwortlichen Kram in die Welt hinein. Das finde ich nicht in Ordnung.
Wie ist die Aktuelle Stunde hierher gekommen? – Ich habe ja eben fast schon meinen Ohren nicht getraut, als mir auf dem Gang zugerufen wurde, die FDP möchte jetzt dem Antrag, den SPD und Grüne
ausgehandelt haben, beitreten. Da habe ich mich gefragt: Warum haben die am Montag diesen Antrag geschrieben, wenn die jetzt diesem Antrag von SPD und Grünen und jetzt eben von SPD, Grünen und FDP zustimmen können?
Damit habe ich intellektuelle Probleme. Aber natürlich habe ich keine Schwierigkeiten damit, die FDP auf einen vernünftigen Antrag der Koalition mit drauf zu nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Kollege Laschet, weil Sie sich gerade so freuen, möchte ich natürlich diese Freude nicht allzu lange währen lassen. Ich finde, dass es nicht in Ordnung ist, dass Herr Dr. Schäuble eine Finanzplanung vorlegt, die die Entlastung für diese Legislaturperiode nicht vorsieht.
Bitte setzen Sie sich auch im Interesse von Nordrhein-Westfalen dafür ein, dass die volle Entlastung noch in dieser Legislaturperiode möglichst früh kommt und dass nicht nur Nordrhein-Westfalen, sondern alle Kommunen von einem vernünftigen Bundesteilhabegesetz profitieren können. Da sind auch Sie als stellvertretender Bundesvorsitzender und als Vorsitzender im größten Bundesland massiv in der Verantwortung.
Wir als Koalition haben uns hier klar positioniert. Wir Grünen sind der Auffassung, dass wir sehr schnell handeln müssen, dass das Versprechen, das Sie und Sie von der FDP in der alten Legislaturperiode noch abgegeben haben, schnellstmöglich umzusetzen ist. Wir brauchen finanzpolitische Verlässlichkeit und kein parteipolitisches Geplänkel, liebe Kollegen von der FDP, sondern Fakten, die den Kommunen und den Menschen, die davon betroffen sind, unmittelbar helfen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und zu Hause am Stream! Haben Sie auch die Ausführungen der Vertreter von SPD und CDU hier im Plenum gehört? Sind Sie genauso verwundert, mit welchem Wortreichtum man das eigene Unterlassen an Hilfeleistungen beschreiben und beschwichtigen kann?
Ich wusste, was Sie sagen würden, Herr Körfges, und muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich möchte es fast als Sternstunde bezeichnen, dass Sie eben – das können Sie im Protokoll nachlesen – im Prinzip den Stärkungspakt infrage gestellt haben.
Weil Sie von den Bedingungen gesprochen haben. Das hatten Sie noch vor einiger Zeit im Ausschuss abgestritten.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2012 hat sich die Piratenfraktion hier im Landtag NRW für eine Erhöhung der Verbundquote um einen mageren Prozentpunkt ausgesprochen. Sie wurde für diese Forderung regelrecht ausgelacht. Auch die Presse ist über uns hergefallen und hat gefragt: Wer soll denn das bezahlen? – Heute stehen wir vor der Situation, dass es an allen Ecken und Enden fehlt. Der Deutsche Städtetag beklagte schon seinerzeit, dass er das immer noch – immer und immer wieder – fordert. Der Landkreistag forderte just in 2012 noch mehr, nämlich eine Erhöhung um 4,5 % auf 28,5 %. Nun gut, das ist Schnee von gestern.
Heute stehen wir hier und diskutieren auf Wunsch der FDP, die sich damals übrigens ebenfalls gegen unseren Vorstoß verwahrt hatte, über die Finanznot der Kommunen in NRW. Wolfgang Schäuble preist seine schwarze Null und zieht damit durch jede Fernsehsendung, die ihn ranlässt, zuletzt am 23. März in „Berlin direkt“. Das waren eine bemerkenswerte Sendung und auch ein bemerkenswertes Interview. Sehr verehrte Damen und Herren, ich muss festhalten, dass auch ich schwarzsehe, aber keine schwarze Null, sondern schwarz für die Kommunen in NRW.
Die Diskussion um die Einhaltung der Schuldenbremse, die auch Herr Schäuble immer so gerne mitführt, gibt allen Kritikern recht, die diese Ausrichtung bemängelt haben. Die Kommunen sind dabei das schwächste Glied in dieser Konstruktion. Gleichzeitig wurden ihnen nämlich immer mehr Steuerquellen weggenommen und in den Verantwortungsbereich des Bundes verlegt.
Sollte sich also Schwarz-Rot im Bund weiterhin auf Kosten der Kommunen in NRW sanieren wollen, stellt sich ernsthaft die Frage, welche Rolle Sie, Frau Ministerpräsidentin, in der SPD überhaupt noch spielen. Ich erinnere daran, dass Sie, Frau Ministerpräsidentin, nebst Gefolgschaft – im Tross befanden sich zahlreiche Bürgermeister – während der Koalitionsverhandlungen nach Berlin gezogen sind, um das Beste für NRW herauszuholen. Heute zeigt sich, dass das wohl nichts anderes als eine Schwarze-Null-Nummer war; denn, um es ganz klar zu sagen, vom Bundesteilhabegesetz, dessen Umsetzung wir in den nächsten Jahren noch erwarten, und von den Eingliederungshilfen, die heute auch
Das Bundesteilhabegesetz wird erst noch verabschiedet. Aber wann? – Irgendwann im Laufe der Legislaturperiode, und es wird sich keine Auswirkung zugunsten der Kommunen zeigen, die sich im Laufe der Legislaturperiode des Bundes bis 2017 genauso wie in der des Landes bis 2017 ergeben wird.
Ja, aber das hat nichts mit den zusätzlich versprochenen Hilfen – von den 5 Milliarden €, von denen hier die Rede ist – zu tun. Schließlich ist ein Koalitionsvertrag im Bund kein Testament, welches erst dann in Kraft tritt bzw. seine Auswirkungen zeigt, wenn die Koalitionslegislatur beendet ist. Stattdessen blutet das Ruhrgebiet aus, und die CDU, aber auch die SPD gucken zu. Meine Damen und Herren, das sollte hier jedem klar sein. Das ist die Realität. Wir Piraten fordern eine sofortige Entlastung aller Kommunen, wie im Koalitionsvertrag beschrieben.
Der GroKo-Vertrag verspricht eine Entlastung der Kommunen bei Deckung der Grundsicherung in Höhe von 5 Milliarden €. Das verspricht der Vertrag aber eben, wie gesagt, lediglich ab 2018. Während der Legislatur im Bund wird bestenfalls lediglich ein Betrag von 3 Milliarden € herauskommen. Ich sagte gerade: „kein Testament“. Die Hilfen sollten während der laufenden Legislaturperiode, nämlich bereits ab 2014, greifen.
Auch wenn sich der Bundesfinanzminister bei „Berlin direkt“ weiterhin dreht und wendet: Die beschriebenen Maßnahmen sind eben sofort notwendig, und da werden Sie wohl mit allem, was Ihnen zur Verfügung steht, Frau Ministerpräsidentin, handeln müssen. Der Bund profiliert sich nämlich hier auf Kosten der Kommunen in NRW. Ich will da ausnahmsweise der Argumentation der FDP gemäß der Beantragung dieser Aktuellen Stunde folgen. Sie, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen der CDU und auch der SPD, applaudieren diesem Treiben und reden das heute hier im Hause weiterhin schön.
Weder das Land NRW noch der Bund stecken in den Klauen des Stärkungspaktes Stadtfinanzen. Der Fiskalpakt ist die nächste Zwickmühle, in der wiederum das Land NRW und die Kommunen stecken. Mit diesem Koalitionsvertrag auf Bundesebene werden die Kommunen hinten runterfallen. Da nützt es nichts, wenn Herr Schäuble im Bund die schwarze Null für sakrosankt hält. Ich kann Ihnen versichern: Wir Piraten werden im Kommunalwahlkampf den Bürgerinnen und Bürgern klarmachen, dass all die Versprechen, die ihnen gemacht werden, bloße Lippenbekenntnisse, Nullnummern, sind.
Das sind aber eben keine schwarzen Nullen, sondern Nullen, die kraftlos hier ins Hohe Haus gepustet werden. In Wahrheit lässt das Land die Kommunen mit ihren Aufgaben strukturell und individuell im Regen stehen.
Noch einmal: Der Bund saniert sich. Weder das Land NRW noch die Kommunen in NRW können dies. Der Bund will und wird die Schuldenbremse erreichen. Aber um welchen Preis? – Um den Preis der Kommunen. Es wird allgemein verkannt, dass die Kommunen nicht aus diesem Schuldensumpf herauskommen werden – nicht bis 2017 und höchstwahrscheinlich auch nicht bis 2020. Stattdessen wird versucht, den Kommunen Sand in die Augen zu streuen und ihnen zu versichern, dass zum Beispiel so etwas wie der Kommunal-Soli für sie die Rettung bedeutet. Stattdessen wird es bei der Mangelverwaltung – wie in über 60 Kommunen, wie in Nideggen und Altena – bleiben, und der Horror wird größer und nicht kleiner.
Schauen wir in den Haushalt des Bundes für 2014: Nichts davon, was hier versprochen worden ist, steht darin. Wer aber will diese schwarze Null, wenn das Land wie die Kommunen weiterhin mit Schuldenhaushalten aufwartet, wenn weiterhin keine strukturellen Verbesserungen der Landesfinanzen präsentiert werden, wodurch die Menschen entlastet werden, wenn in Wuppertal die Schwebebahn in die Wupper fällt, …
… wenn in Essen die U-Bahn stillsteht oder wenn – egal wo in NRW – Kitas geschlossen, Schwimmbäder dichtgemacht oder Turnhallen wegen Baufälligkeit stillgelegt werden?
Abgesehen davon müssen wir auch noch berücksichtigen, dass – betrachten wir die Nothaushalte und die Sparkommissare in den Gemeinden Nideggen und Altena; weitere werden dazu kommen – im Prinzip auch noch ein Verfassungsbruch …
… in Bezug darauf ansteht, dass hier die Selbstverwaltung geopfert wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde hat einen ernsten und wichtigen Hintergrund. Ich glaube, dass bei der Debatte heute ein Thema viel zu sehr in den Hintergrund geraten ist. Es ist nämlich die Aufgabe dieses Jahrzehnts, Menschen mit Behinderungen eine Teilhabe in allen gesellschaftspolitischen Bereichen zu gewährleisten.
Bei der politischen Debatte um die Umsetzung der UN-Konvention wird manchmal aus dem Auge verloren, dass dies eine Aufgabe aller staatlichen Ebenen ist – des Bundes, des Landes und der Kommunen. Wir sollten bei allem Streit um Konnexität und Beteiligung des Bundes an den Eingliederungshilfen nicht vergessen, dass es dabei um Teilhabe von Menschen geht, die zurzeit eben nicht in allen gesellschaftspolitischen Bereichen unserer Zeit teilhaben können. Das sollten wir bei der Debatte um Finanzen und dergleichen nicht aus den Augen verlieren.
Ich gebe gerne zu: Als ich gerade auf meinem Platz sitzend erfahren habe, dass die FDP dem Entschließungsantrag der regierungstragenden Fraktionen beitreten will, war ich ein wenig verwundert. Das führt dann dazu, dass Redekonzepte in großen Teilen zu streichen sind. Aber das ist ja gut.
Ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP jetzt die Fraktion der Rächer der Enterbten, der Witwen und Waisen und der Kommunen ist.