Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

Ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP jetzt die Fraktion der Rächer der Enterbten, der Witwen und Waisen und der Kommunen ist.

(Heiterkeit – Zurufe: Oh!)

Ach, hätten Sie diese Haltung doch auch einmal gehabt, als Sie Regierungsverantwortung hatten, meine Damen und Herren von der FDP!

(Beifall von der SPD)

Das wäre viel besser gewesen. Ich erinnere an Befrachtungen für die Kommunen im GFG und all das, was Sie zulasten der Kommunen in Ihrer Regierungsverantwortung veranlasst haben.

Ich möchte gerne einen Punkt streifen, der hier mehrfach zur Sprache gekommen ist und bei dem eine gewisse Legendenbildung stattfindet. Das ist die Entlastung bei der Grundsicherung durch den Bund. Man muss schon die Geschichte zurate ziehen, wenn man ein solches Thema umfassend verstehen will.

(Zurufe von der FDP)

Richtig ist, Herr Abruszat: Seinerzeit hat die Große Koalition eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 % auf 19 % beschlossen

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

und 1 Prozentpunkt davon der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellt. Das heißt, diese 1 Milliarde € oder dieser eine Prozentpunkt wurde nicht – wie üblich bei der Mehrwertsteuer – 47 % zu 53 % geteilt, sondern hat der Bund behalten und alleine der Bundesagentur zur Verfügung gestellt. Tatsache ist auch: Mit der Vereinbarung der Übernahme der Grundsicherung hat der Bund diese 1 Milliarde € bzw. diesen einen Prozentpunkt der Bundesagentur wieder entnommen.

Um es deutlich zu sagen: Ohne Nordrhein-Westfalen hätte es keine Entlastung bei der Grundsicherung gegeben. Fakt ist auch: Das ist eine Finanzierung, die zur Hälfte von den Ländern getragen worden ist, meine Damen und Herren von der FDP. Deshalb unterlassen Sie bitte diese Legendenbildung. Wichtig ist: Wir haben das Ganze gemeinsam beschlossen, Bund und Länder, zugunsten der Kommunen.

(Beifall von der SPD)

Ich glaube, zu Recht sagen zu dürfen, dass die Beteiligung des Bundes bei der Eingliederungshilfe richtig ist. Denn ich glaube, dass es immer richtig ist, dass, wenn eine staatliche Ebene die Leistungsgesetze beschließt, sie auch die Dynamik im eigenen Haushalt spüren muss. Deshalb war es gut, dass auf den Druck von Nordrhein-Westfalen diese Entlastung, diese Beteiligung in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, eines ist auch klar: Wir haben es hineinverhandelt, und wir werden darauf achten, dass es auch umgesetzt wird.

(Beifall von der SPD)

Wenn man sich den Internetauftritt des Bundesfinanzministeriums anschaut und dort die Pressemitteilungen der letzten Tage durchstöbert, wird man feststellen, dass der Bundesfinanzminister angekündigt hat, dass 2018 die vollständige Entlastung für die Kommunen in der Größenordnung von 5 Milliarden € wirken soll: 2015, 2016, 2017 jeweils 1 Milliarde €, ab 2018 5 Milliarden €.

Um es deutlich zu sagen: Das ist uns zu spät. Wir werden in den Verhandlungen mit dem Bund sehr konstruktive, sachliche Gespräche führen mit dem Ziel, dass diese Entlastungen früher wirken, damit sie früher bei den nordrhein-westfälischen Kommunen ankommen; denn sie werden benötigt. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Biesenbach.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bedeutung dieser heutigen Aktuellen Stunde erkennen Sie schon daran, dass die Rednerliste bereits zusammengestrichen wird und einige Redner, die noch auf der Liste standen, schon verzichtet haben.

Lieber Herr Abruszat, das sollte der FDP doch wirklich zu denken geben. Sie sollten sich überlegen, ob das denn heute der große Aufschlag ist, den Sie sich vorgenommen und den Sie uns versprochen hatten.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Wir machen das doch nicht von Ihnen abhängig!)

Sie sollten es nicht von uns abhängig machen. Sie sollten es nur davon abhängig machen, ob sich diese Fragestunde lohnt.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Natürlich lohnt die sich!)

Sie sagen, natürlich, aber das Tempo, mit dem Sie die Kurve kriegten, ist schon erstaunlich. Am 13. März 2014 ist der Kollege Abruszat noch pressemäßig zu vernehmen, indem er der Bundesregierung offenen Wortbruch vorwirft, was die kommunale Unterstützung angeht.

Heute bleibt davon weiß Gott nicht viel übrig, nicht einmal ein Säuseln. Ich kann gar nicht verstehen, wie schnell man auf diesen Entschließungsantrag springen konnte,

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Weil der gut ist!)

den SPD und Grüne für den kommunalpolitischen Ausschuss angekündigt haben.

(Zuruf von der SPD)

Ich komme gleich darauf. – Das hätten Sie deutlich billiger haben können, indem Sie gar nicht erst groß versucht hätten, hier etwas zu konstruieren, was es gar nicht gibt.

(Zuruf: Na ja!)

Ich hätte so gerne von Ihnen gehört, Herr Abruszat, wo denn der Wortbruch vorgelegen haben soll – aber keine einzige Quelle, wo etwas versprochen wurde, das nicht gehalten wird! Sie versuchen hier einen Popanz aufzubauen – Herr Mostofizadeh, daran sind auch die Grünen nicht ganz unbeteiligt –, der aber nur aus heißer Luft besteht.

Denn alles das, was zugesagt worden ist, wird auch umgesetzt. Es gibt jemanden, der das belegt und der aus Unionssicht unverdächtig ist. Ich darf den Oberbürgermeister aus Gelsenkirchen zitieren,

Herrn Baranowski,

(Zuruf von der SPD: Guter Mann!)

der sich am 9. Dezember 2013, kurze Zeit nach Abschluss des Koalitionsvertrags, in einer Presseerklärung Folgendermaßen vernehmen ließ – ich zitiere –:

„Die Unterstützung für die Kommunen bringt endlich die lange notwendige Entlastung von den Sozialausgaben und hilft, die Investitionskraft der Städte und Gemeinden wieder zu stärken.“

Und ein Stückchen weiter:

„Die Zusage im Koalitionsvertrag, jährlich 1 Mrd. aufzubringen, um den Kommunen schon ab 2015 zu helfen,“

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Haben Sie auch gelesen, was der heute sagt? – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] hält ein DIN A4-Blatt in die Höhe.)

„werten die Kommunen allerdings als Zeichen des guten Willens.“

Da ist die Zahl, genannt von Frank Baranowski. Wir könnten ihn fragen, ob er es heute vergessen hat. Dafür wiederholt am 3. März 2014 der Duisburger Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir das Kompliment:

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU enthält seit Langem erstmals wieder einen kommunalfreundlichen bundespolitischen Konsens. Das ist die Wirklichkeit, und das sind die Fakten.

Und wenn Sie dem Kollegen Kuper zugehört haben, dann können Sie nur bestätigen, dass der Bund die Kommunen bereits in der vergangenen Legislaturperiode so stark entlastet hat wie noch nie zuvor. Und dieser Weg wird gemeinsam weitergegangen.

Also frage ich Sie: Wo sind Ihre Ansätze zur Kritik? Und wenn Sie meinen, Herr Kollege Abruszat, die 1 Milliarde € ab 2015 sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, dann will ich gerne festhalten, dass das deutlich mehr ist, als der von Ihnen mitgetragene Stärkungspakt. Wo sind denn die großen Aktionen? Wo sind denn die Aktivitäten? Die hätte ich heute gerne gesehen. Darum kann ich mich der Feststellung, diese Aktuelle Stunde hätten wir weiß Gott nicht gebraucht, nur voll und ganz anschließen.

Herr Hübner, ich möchte noch Folgendes zum Entschließungsantrag sagen. Ich kann dafür deutliche Sympathie unsererseits erklären, weil dort nichts Neues drinsteht. Wir haben das im Oktober 2010 beschlossen. Wir waren dabei, und wir können uns gut vorstellen, auch diesem Antrag im Ausschuss beizutreten, allerdings nur, wenn Sie die Lobhudelei für den Stärkungspakt herausnehmen,

(Marc Herter [SPD]: Ach!)

denn der ist nun wirklich kein Grund zum Jubeln. Was haben Sie denn da gemacht? – Sie haben die Befrachtung herausgenommen. Okay, aber das war auch schon 2010.

(Lachen von Hans-Willi Körfges [SPD])

Das Einheitslastenausgleichsgesetz wurde auch nicht freiwillig gemacht. Dafür hat der Verfassungsgerichtshof gesorgt. Was haben Sie gemacht? –

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])