Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

Wir wollen deshalb Ungleiches nicht länger gleich behandeln. Tageseinrichtungen, die in ihrem sozialen Umfeld viele Kinder besonders intensiv bei der Entwicklung unterstützen und Benachteiligungen ausgleichen müssen, brauchen zusätzliches Personal.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen für diese Einrichtungen zusätzliche Landesmittel zur Verfügung stellen. Dafür haben wir rund 45 Millionen € pro Jahr eingeplant. Diese plusKITAs sollen davon mindestens fünf Jahre lang mit einem Festbetrag in Höhe von mindestens 25.000 € profitieren. Das ist mindestens eine halbe Stelle mehr pro plusKITA.

Wir wollen aber gleichzeitig alle Einrichtungen zusätzlich unterstützen und das Personal insgesamt entlasten. Auch das ist uns sehr wichtig. Denn die Kinder kommen immer jünger in den Kindergarten, ihre familiären Hintergründe sind vielfältiger geworden, und mehr Kinder – das zeichnet sich ab – nehmen zum Beispiel am Mittagessen teil.

Zur weiteren Entlastung sollen deshalb alle Einrichtungen eine Verfügungspauschale erhalten. Wir wollen damit die Teams durch mehr Personal unterstützen. Dafür werden wir jährlich 55 Millionen € zusätzlich einsetzen.

Darüber hinaus haben wir weitere wichtige Verbesserungen vorgesehen, zum Beispiel ein einheitliches Bedarfsanzeigeverfahren, das mehr Transparenz und mehr Rechtssicherheit bei der Anmeldung und bei der Platzsuche schafft, eine Planungsgarantie, die Sicherheit für Träger und Personal schafft, eine Schärfung des Profils der Kindertagespflege und mehr Unterstützung für diesen wichtigen Bereich.

Ich freue mich im Übrigen auch sehr darüber, dass der Referentenentwurf bei der Verbändeanhörung eine durchaus breite Zustimmung gefunden hat und dass auch das finanzielle Engagement des Landes anerkannt wird.

Für diesen Schritt in der KiBiz-Revision werden wir ab dem kommenden Kindergartenjahr, also ab dem 1. August 2014, weitere insgesamt rund 100 Millionen € zur Verfügung stellen. Damit ergibt sich für das gesamte KiBiz-Revisionspaket ein Gesamtvolumen von jährlich zusätzlich 390 Millionen € an Landesmitteln.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ein Hinweis sei erlaubt: Die vorgeschlagenen Verbesserungen, die in dieser KiBiz-Revisionsstufe von uns vorgesehen sind, werden ausschließlich durch Landesmittel finanziert. Das üblicherweise im Kinderbildungsgesetz angelegte System, sozusagen eine paritätische Finanzierung durch Kommunen, Träger und das Land, ist seit vier Jahren nicht mehr umgesetzt worden.

Mein Appell geht an die Kommunen. Wir bleiben im Dialog, dass wir auch in Zukunft gemeinsam unsere Positionen weiterentwickeln; denn das brauchen die Kindertageseinrichtungen, das brauchen die jungen Familien in Nordrhein-Westfalen. Wir wissen, dass Kinder- und Familienfreundlichkeit für die Kommunen inzwischen ganz harte Standortfaktoren sind.

Meine Damen und Herren, die qualitativen Verbesserungen dieser Revisionsstufe, die wir im engen Dialog – auch das ist für mich sehr wichtig – mit allen Beteiligten erarbeitet haben, werden die frühe Bildung in Nordrhein-Westfalen weiter deutlich stärken; davon bin ich fest überzeugt. Das kommt allen zugute: den Kommunen, den Trägern, den Beschäftigten in den Einrichtungen und in der Kindertagespflege. Vor allem aber kommt es den Eltern und den Kindern in unserem Land zugute. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Jörg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen hat seit 2010 den Etat im Elementarbereich verdoppelt. Kein anderes Land in der Bundesrepublik hat eine derartige Dynamik in diesem Bereich entfaltet wie Nordrhein-Westfalen. Darauf sind die koalitionstragenden Fraktionen besonders stolz. Da macht uns in ganz Deutschland keiner etwas vor.

(Beifall von der SPD)

Die Ministerin hat es gerade schon gesagt: Auch mit dem zweiten Revisionsschritt, den wir wieder alleine finanzieren müssen, gehen wir einen großen Schritt hin zu mehr Chancengerechtigkeit in NordrheinWestfalen. Das hat meiner Fraktion besonders am Herzen gelegen. Wir wissen, dass wir in einer sozialen Immobilität leben; das heißt, der soziale Stand der Eltern entscheidet darüber, welche Bildung ein Kind bekommt. Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die wir mit diesem Gesetz ein Stück weit aufheben wollen.

(Beifall von der SPD)

Es ist für mich, der selber aus einfachen sozialen Verhältnissen kommt, unerträglich, dass junge Menschen, egal welche Begabung sie haben, keine Aufstiegschancen haben. Dagegen müssen wir doch alle gemeinsam, gleich von welcher Partei, etwas unternehmen. Von daher hoffe ich, dass wir in diesem Bereich auch die Zustimmung der Opposition bekommen.

Ich will noch einmal deutlich sagen, dass ich mich sehr darüber freue – die Ministerin hat es schon angesprochen –, dass wir das Ganze sehr kommunikativ gestalten. Ich kann mich an Schwarz-Gelb erinnern: Als sie damals das KiBiz gemacht haben, da saßen sie untereinander am Tisch und haben weder mit Eltern, noch mit Erzieherinnen oder mit sonst jemandem geredet.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Wir hingegen gehen höchst kommunikativ vor. Allein Rot-Grün macht über 150 Veranstaltungen im Land. Wir versuchen, dialogisch mit den Betroffenen zu diskutieren und zu reflektieren.

Lieber Marcel, die Menschen, mit denen wir uns da treffen – die Erzieherinnen, die Eltern, die Träger –, können uns sagen – auch zu Recht –, wo noch etwas fehlt und was wir besser machen sollten.

Aber nicht Gelb oder Schwarz! Ihr könnt uns da nichts vormachen bei dem, was ihr nach fünf Jahren hier hinterlassen habt. Das war unter aller Kanone!

(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])

Man sieht am KiBiz, wie schwierig es manchmal ist, Strukturen, die einmal zerstört worden sind, wiederaufzubauen. Beim KiBiz wird das besonders deutlich. Wir strengen uns an, wie wir können.

(Zuruf von der CDU: Zu wenig!)

Auch angesichts der Schuldenbremse ist es eine außerordentliche Leistung, innerhalb von vier Jahren den Etat verdoppelt zu haben. Trotzdem sind noch viele Spuren der schwarz-gelben Landesregierung vorhanden, die wir mit diesem Schritt noch nicht verschwinden lassen können.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Es ist dramaturgisch immer etwas problematisch, wenn zunächst die Ministerin spricht und danach die größte Fraktion. Sie hat inhaltlich sicherlich schon alles gesagt.

Ich freue mich jedenfalls, diesen dialogischen Prozess jetzt auch im Parlament und im Ausschuss zu führen, ich freue mich auf die Anhörungen, weil ich der felsenfesten Überzeugung bin – ich habe es bei allen Veranstaltungen bisher auch nur so gehört –, dass die Schritte, die wir machen, in die richtige Richtung gehen.

(Zuruf von der CDU: Eigenlob!)

Wir sind inhaltlich gut aufgestellt. Wir beschreiten einen neuen Weg. Der kommt vor allen Dingen den Kindern in unserem Lande zugute. Und dafür lohnt es sich zu streiten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Jörg. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Tenhumberg.

Guten Morgen, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ob dieser Morgen auch ein guter Morgen für unsere Kinder in Nordrhein-Westfalen wird, darf nach Vorlage des neuen Gesetzentwurfes zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes bezweifelt werden.

(Beifall von der CDU)

Frau Ministerin ist wieder mal angefangen mit Zahlen, die ich schon in der Ausschusssitzung massiv kritisiert habe, weil sie eine Schönfärberei darstellen. Man übersieht, dass Quantität nicht gleich Qualität ist.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir reden aber gerade beim Kinderbildungsgesetz über Qualität. Das vergessen die Regierenden anscheinend immer wieder.

Herr Kollege Jörg, ich gehe davon aus, dass man mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Erzieherinnen spricht.

(Wolfgang Jörg [SPD]: Das haben Sie aber nicht gemacht!)

Ich lese auch Ihre Zeitungsartikel. Da lese ich etwas ganz anderes. Wovon reden Sie hier im Parlament? Das ist doch nicht die Wirklichkeit, die Sie im Lande erfahren. Sprechen Sie doch mal mit den Erzieherinnen und Erziehern! Dann werden Ihnen auch die Argumente der Ministerin widerlegt.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Sie haben den Personalaufbau abgekoppelt vom Platzaufbau. Der Platzaufbau ist höher als der Personalaufbau. Die Ausbildungskapazitäten kommen nicht mehr nach. Wo können Sie denn neue Gruppen mit weniger Kindern in den Gruppen einrichten? Das ist doch eine Illusion, das entspricht doch gar nicht der Wirklichkeit. Kommen Sie mal wieder auf die Tatsachen zurück.

Meine Damen und Herren, wir von der CDUFraktion müssen leider feststellen: Das seit Langem versprochene grundlegend und umfassend geänderte Kinderbildungsgesetz von Rot-Grün kommt nicht. Es gibt wieder einmal nur eine Miniaturausgabe. Rot-Grün praktiziert das von der schwarz-gelben Regierung 2007 verabschiedete und 2008 in Kraft getretene Kinderbildungsgesetz nun schon länger, als wir es in unserer Regierungszeit von 2008 bis 2010 getan haben. Unsere Reform war anscheinend sehr, sehr gut.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Oh! Oh! Oh!)

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie hätten es doch eigentlich schon längst ändern wollen. Ich höre noch Ihre Reden, Frau Altenkamp und Herr Jörg, in denen Sie gesagt haben: Wenn wir die Regierung übernehmen, werden wir das Kinderbildungsgesetz sofort abschaffen. – Sie haben vier Jahre nichts getan. Sie behalten es.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie verschlechtern dieses gute Werk allerdings durch Untätigkeit und durch Nichtkenntnisnahme der Herausforderungen

seit Ihrer Regierungsübernahme von Monat zu Monat. Das können Sie einfach nicht mehr machen.