Protokoll der Sitzung vom 28.03.2014

(Zurufe von der CDU: Das stimmt! Das ist ja auch richtig!)

Da kann man zunächst sagen: Das ist das normale oppositionelle Gerede.

(Zurufe von der CDU)

Das wird noch deutlicher, wenn man einmal den Faktencheck macht und sich anschaut, was zwischen 2005 und 2010 passiert ist. Bei Frau Thoben hatte der Breitbandausbau überhaupt keine Priorität.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir baden heute noch die Fehler aus, die Sie damals gemacht haben. Das darf man nicht vergessen, Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe von Josef Hovenjürgen [CDU] und Ralph Bombis [FDP])

Herr Bombis, weil Sie sich jetzt so laut erregen, frage ich Sie: Warum haben Sie denn eben in Ihrer Rede Hessen und Bayern als Beispiele für ach so tolle schwarz-gelbe Landesregierungen, die das so großartig gemacht haben, genannt? Natürlich deshalb, weil Sie es in NRW vergeigt haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Dietmar Brockes [FDP]: Wie lange sind Sie denn hier?)

Wie lange ich hier bin? – Länger als Sie, Kollege.

(Dietmar Brockes [FDP]: Das meinen Sie aber auch nur!)

Ich seit 2010.

(Dietmar Brockes [FDP]: Ich seit 2000! – Christian Lindner [FDP]: Eindeutig länger!)

Sorry; ich dachte, Kollege Bombis hätte mich gefragt. Ich kann Ihre Stimmen bei den Zwischenrufen noch nicht so genau auseinanderhalten.

(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, jetzt glauben Sie, Sie könnten uns hier den Stein der Weisen präsentieren. Sie wollen zwar nicht den Menschen, die in unterversorgten Gebieten leben und arbeiten, schnelles Internet ermöglichen, wohl aber den Versuch unternehmen, die CDU ein klein wenig piratiger erscheinen zu lassen.

Da stört es Sie auch nicht – das fand ich heute Morgen wirklich beeindruckend –, dass von den Vertretern der Europäischen Kommission im Ziel-2Begleitausschuss bis zu den von Ihnen benannten Sachverständigen im Wirtschaftsausschuss alle sagen, dass das, was Sie sich vorstellen, nämlich eine flächendeckende Breitbandförderung aus dem

EFRE, nicht geht.

Sie zitieren den Sachverständigen Kaack hier völlig zu Recht. Er hat viel Richtiges gesagt. Vor allem hat er genau das gesagt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Genau!)

Er hat erklärt, die Europäische Kommission habe klar und eindeutig gesagt: Ein flächendeckender Ausbau aus dem EFRE geht so nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Da werfen Sie hier die Nebelkerzen. Sie tun so, als sei EFRE-Förderung die Lösung aller Probleme. Die Milliarden aus Brüssel würden vom Himmel regnen, und Sie müssten sie nur in Sterntaler-Manier einsammeln. Herr Kollege Schwerd, Herr Kollege Schick, ich kann Ihnen sagen: Das Kleidchen vom Sterntaler-Mädel steht Ihnen nicht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Packen Sie es wieder ein, und lassen Sie uns über das debattieren, was wirklich wichtig ist! Natürlich steht das Thema „Breitband“ ganz oben auf unserer politischen Agenda als rot-grüner Koalition. Da gehört es auch hin, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Sicherung der digitalen Teilhabe ist natürlich eine Aufgabe, die uns seit Jahren begleitet und noch Jahre begleiten wird. Dabei kommt es aber nicht allein auf die Länder an. Das blenden Sie immer aus.

Für diese Aufgabe brauchen wir das Geld vom Bund.

Ich darf Sie noch einmal an die Sachverständigenanhörung im Wirtschaftsausschuss am 11. September 2013 erinnern. Daran hat ein Sachverständiger aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium teilgenommen. Angesichts des bayerischen Förderprogramms hätte er keinen Grund gehabt, sich zu beklagen. Er hätte locker empfehlen können: Macht es doch einfach genauso wie wir in Bayern. – Aber auch dieser Sachverständige aus Bayern hat eindeutig gesagt: Das Geld muss vom Bund kommen. Dahin gehört die Aufgabe.

Dass auch Herr Dobrindt jetzt weder plant noch Geld hat, um diese Aufgabe anzugehen, ist ein großes Versäumnis der Bundesregierung.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Unterstützung bei der strategischen Steuerung der bestehenden Programme macht Sinn. Ich habe hier und im Ausschuss mehrfach gesagt, dass wir darüber reden sollten. Lassen Sie uns darüber reden.

(Ralph Bombis [FDP]: Tun Sie endlich et- was!)

Lassen Sie uns darüber reden, wo wir noch vor Ort Überzeugungsarbeit für Breitbandausbau leisten müssen und wie wir die Koordination vor Ort verbessern können. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir die Förderprogramme der NRW.BANK noch weiter öffnen können, damit sie noch stärker abgerufen werden können. Lassen Sie uns über einen Universaldienst reden. Lassen Sie uns über Regulierungsdesigns reden. Lassen Sie uns über innovative Ausbauwege vor Ort reden.

Über alles das wollen Sie aber nicht reden. Sie werfen hier die Nebelkerzen. Sie haben sich längst aus dieser Debatte verabschiedet.

Damit sind Sie auch nicht allein; denn Deutschland hat im Jahr 2014 eine Kanzlerin, die sich nicht für Digitalpolitik interessiert, und einen Digitalminister, der keine Zuständigkeit fürs Digitale hat. So macht man keine zukunftsfähige Standortpolitik. Das muss sich dringend ändern. Dabei hilft diese Aktuelle Stunde nun wirklich nicht. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Jetzt spricht der fraktionslose Abgeordnete Stein.

Werte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bolte, ich habe Verständnis dafür, dass Sie eine solche Rede gehalten haben. In dieser für Sie schwierigen Konstellation angesichts der Tatsache, wie die Netzpolitik und die Infrastruktur

politik in diesem Zusammenhang von den regierungstragenden Fraktionen gestaltet werden, kann ich das durchaus nachvollziehen. Das macht es aber nicht besser oder richtiger. Die Nebelkerzen haben hier eindeutig Sie geworfen.

(Beifall von der CDU, der FDP und Dietmar Schulz [PIRATEN])

Der Breitbandausbau ist elementar für das Wirtschaftswachstum in NRW. Er wird zur Bedingung für die Wahrung des Wohlstandes für uns alle. Von einem einer solidarischen Partei angehörigen Wirtschaftsminister, Herr Duin, müsste man eigentlich erwarten, dass er diesen Wohlstand für das Gemeinwohl auch fördern möchte.

Das wollen Sie aber anscheinend nicht, wie man sieht, wenn man die Taten für sich sprechen lässt. Im Dezember-Plenum haben Sie die rechtliche Möglichkeit eines flächendeckenden Breitbandausbaus mit EFRE-Mitteln bestritten. Wiederholt haben Sie diese Aussage im Januar dieses Jahres im Ausschuss.

Dann kam der 19. März 2014. Dieser Tag wurde zu Ihrer persönlichen Niederlage, wie wir hier feststellen müssen. Im Expertengespräch wurden Sie belehrt. Immerhin haben Sie dann wohl auch einsehen müssen, dass EFRE-Mittel eben doch flächendeckend einsetzbar sind.

(Stefan Engstfeld [GRÜNE]: Nein und noch- mals nein! Es wird nicht besser!)

Sie täten gut daran, sie auch so einzusetzen. Stattdessen ist das, was Sie hier machen, bestenfalls als „stets bemüht“ zu bewerten.

Da Sie die Mittel anscheinend großzügig anderweitig verteilt haben, ohne den Breitbandausbau zu berücksichtigen, muss ich feststellen: Es gab bei Ihnen da keine Nacht der langen Messer, sondern eine Nacht des unsolidarischen Verteilungswahns, bei dem Sie die Bürgerinnen und Bürger, vor allem aber auch die kleineren und mittleren Unternehmen im Internetzeitalter zurückgelassen haben. Sie lassen NRW damit im Regen stehen.

Wir können festhalten: Ein netzpolitischer Sprecher im Bund macht noch keine netzpolitische Partei aus. Da kann sich Herr Klingbeil noch so sehr anstrengen. Wenn Sie in NRW als dem bevölkerungsreichsten Bundesland weiter auf Politik aus dem letzten Jahrtausend setzen wollen, helfen einige wenige fähige Leute aus der Netzpolitik auch nicht weiter.

(Beifall von der CDU, der FDP und Dietmar Schulz [PIRATEN])

Herr Duin und Herr Schmeltzer, auch Sie sollten sich klarmachen, dass gerade in diesem Zeitalter von Internet und E-Commerce jeder Haushalt gewerblich werden kann. Neue Entwicklungen in der Arbeitswelt dürfen Sie nicht fahrlässig ignorieren.

Eine flächendeckende Versorgung aller Haushalte ist meiner Ansicht nach absolut alternativlos. Doch Sie lassen viele Haushalte zurück. In diesem Zusammenhang lassen Sie sich auch immer viele Ausreden einfallen.

Circa 70 % sind in NRW vielleicht hinreichend versorgt; aber das reicht nicht aus. Gut ein Drittel ist abgehängt und im Hintertreffen.

Sie generieren mit Ihrer Politik Standortnachteile, und diese Standortnachteile sind fatal. Andere Regierungen schlafen da eben nicht; als Beispiele sind Bayern und Hessen genannt worden. Sie sollten einen Blick auf diejenigen richten, die es besser machen, und auch eingestehen, dass man davon lernen kann, statt einfach in den Abgrund zu schauen und sehenden Auges diesem Fatalismus zu folgen.