Keine andere Landesregierung, egal welcher politischen Couleur, hat das geltende Hochschulrecht in Nordrhein-Westfalen kopiert. Keine einzige!
Das Hochschulzukunftsgesetz bringt Freiheit und staatliche Verantwortung wieder zusammen. Ich bin davon überzeugt, dass wir einen guten Gesetzentwurf vorgelegt haben. Wir sorgen dafür, dass die Hochschulen in NRW auch in Zukunft stark bleiben.
Das ist es nämlich, was ich bisher vermisse. Mit einem bequemen „Alles soll so bleiben, wie es ist“ werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen jedenfalls nicht bewältigen können. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze. – Als nächster Redner spricht für die Fraktion der Piraten der Fraktionsvorsitzende, Herr Dr. Paul.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Da ist er endlich, der lang ersehnte Hochschulgesetzentwurf. Zum Glück, kann man sagen, nur ein Entwurf; denn das, was wir da lesen müssen, hat mit Hochschulzukunft leider nicht wirklich viel zu tun.
Ach! Warten Sie mal ab! – Zaghafte Anstrengungen zur Demokratisierung der Hochschulen sind zwar zu erkennen, werden allerdings nicht klar formuliert, sondern eher auf die Grundordnungen der Hochschulen abgewälzt.
Sie, Frau Ministerin Schulze, haben immer betont, Leitplanken einziehen zu wollen. Dem wird nach unserer Auffassung dieser Gesetzentwurf nicht gerecht.
Wir müssen aber das bisherige sogenannte Hochschulfreiheitsgesetz durch ein modernes Gesetz ersetzen, das den Ansprüchen von Demokratie und Transparenz wirklich gerecht wird. Dabei sind folgende auch in den bisherigen Zuschriften als wichtig angesehene Grundsätze zu beachten:
Erstens. Der Senat nimmt anstelle des abzuschaffenden Hochschulrates die Kontrollfunktion gegenüber der Hochschulleitung wahr. Hochschulräte sind, wie von mehreren Gerichten schon bestätigt, demokratisch nicht legitimiert und auch aus Sicht der grundgesetzlichen Freiheit von Forschung und Lehre nicht sachdienlich.
Zweitens. Im viertelparitätisch besetzten Senat werden alle Entscheidungen über die Ausrichtung und Wirtschaftsführung der Hochschulen getroffen; denn genau da gehören sie demokratisch auch hin.
Drittens. Die akademische und die studentische Selbstverwaltung bleiben erhalten. Ihre Strukturen werden gestärkt. Demokratie kann nur funktionieren, wenn sie auch gelebt wird. Dafür sind akademische und studentische Selbstverwaltungen ein Garant.
Viertens. Ein neues, modernes und transparentes Finanzberichtswesen muss etabliert werden, damit Politik und Gesellschaft nachvollziehbar wissen, was mit den öffentlichen Geldern in Milliardenhöhe an den Hochschulen geschieht. Das wollen die Hochschulen auch. Aber dieser Gesetzentwurf ist da nicht konkreter geworden.
Fünftens. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ihr Bestreben der Erforschung, Vermehrung und Vermittlung von Wissen und Informationen werden in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Hochschulen sind immer nur Orte der Wissenschaft und nicht die Wissenschaft selbst.
Sechstens. Die Arbeitsverhältnisse an den NRWHochschulen müssen überprüft und die Anzahl von Befristungen und prekären Beschäftigungsverhältnissen muss minimiert werden, damit der Arbeitsplatz Hochschule wieder an Attraktivität gewinnt, auch in dem Sinne, dass den dort Beteiligten so etwas wie eine Lebensplanung ermöglicht wird. Hier reichen Freiwilligkeit und das Hoffen auf die Einsicht der Hochschulen nicht aus.
Es war ein Fehler, den Hochschulen die Personalhoheit anzuvertrauen; denn für die Beschäftigten ist das ein Nachteil. Auch das gehört zu den bisher ungenannten Wahrheiten des Hochschulfreiheitsgesetzes.
Siebtens. Die Offenlegung der Zahlen und Verträge aller Drittmittelprojekte der NRW-Hochschulen muss garantiert werden. Hier haben Sie, Frau Ministerin, der aufgebauten Drohkulisse der Abwanderung von Unternehmen vom Forschungsstandort NRW nicht standhalten können. Die Abschwächung im Regierungsentwurf ist nicht zu rechtfertigen. Wir wollen doch nicht, dass, wie an der Universität zu Köln, weiterhin Prozesse zur Informationsveröffentlichung geführt werden. Auch hier sieht man, dass die Interessen der Wirtschaft höher bewertet werden als die der Bürgerinnen und Bürger.
Achtens. Die Implementierung von Open Access in den Hochschul- und Forschungsalltag wird festgeschrieben. Dazu wird mein geschätzter Kollege Bayer nachher noch horizonterweiternd für Sie tätig werden.
Neuntens. Die Grundprinzipien eines offenen, innovativen Netzwerks der akademischen Bildung in Nordrhein-Westfalen, in denen sowohl Wettbewerbs- als auch Kooperationserfordernisse in ausbalancierter Weise zur Geltung kommen, werden durch die Hochschulen selbst erarbeitet.
Der aktuelle Gesetzentwurf schneidet zwar viele Dinge an – das ist erfreulich –, aber er bleibt auf halber Strecke stehen. Wir bleiben bei unserer Bewertung, dass der Landesregierung der Gestaltungswille und der nötige Mut fehlen, auch unpopuläre Entscheidungen gegen Lobbyinteressen der Wirtschaft und der Hochschulleitungen zu treffen. Das zu ändern liegt jetzt an uns im Parlament. Aber wenn wir uns anschauen, in welche Reflexhaltungen SPD und Grüne verfallen, wenn der Wind entgegenbläst, erkennen wir, dass wir da leider nicht so viel erwarten können.
Diskutieren Sie in der Sache, und diskutieren Sie vor allem mit den Betroffenen auf Augenhöhe, und zwar mit allen Betroffenen, nämlich den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Der sogenannte offene Dialogprozess hat anscheinend zu einer breiten Ablehnung der Pläne geführt. Aber wir freuen uns auf die Debatten im Ausschuss. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zu der Aussage, reflexartig zu reagieren – um bei dem Bild von Herrn Kollegen Paul zu bleiben –, fällt mir ein Beispiel ein, das mir kürzlich eine kluge Frau an die Hand gegeben hat. Sie hat mir nämlich gesagt: Wenn man in den Rückspiegel schaut, sieht man sich vielleicht noch selbst, aber nicht, wohin man fährt.
Das ist Ihre Haltung, wenn es darum geht, das Hochschulrecht in Nordrhein-Westfalen zu novellieren. Das sollten Sie sich wirklich zu Herzen nehmen.
Meine Damen und Herren, die Einbringung des Entwurfs für das Hochschulzukunftsgesetz ist in der Tat ein Meilenstein in der weiteren Entwicklung des
Hochschulrechts in Nordrhein-Westfalen. Ich darf sagen, dass wir uns damit auf der Zielgeraden befinden. Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung und die Landesregierung haben den Gesetzentwurf auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen auf den Weg gebracht.
Ich lese Ihnen die Punkte einmal vor. Vielleicht ist das auch ganz gut, um Ihnen in Erinnerung zu bringen, die dort vereinbart worden sind. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Koalitionsvertrag von SPD und Grünen. Dort heißt es nämlich:
„Mehr demokratische Beteiligung aller Gruppen innerhalb der Hochschulen durch die deutliche Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Studierenden und des Mittelbaus, unter anderem durch die Einführung einer Viertelparität.
Die Zuständigkeiten und die Zusammensetzung der Hochschulorgane werden neu aufeinander abgestimmt. Das gilt insbesondere für die bisherigen Hochschulräte und die Senate.
„Der Landtag beschließt auf Vorlage der Landesregierung künftig in regelmäßigen Abständen einen Landeshochschulentwicklungsplan, in dem die strategischen Ziele für die gesamte Wissenschaftslandschaft in NRW festgelegt werden.“
Es tut mir schrecklich leid – aber das sind Vorgaben, die der demokratischen Kultur entsprechen und auf dem geltenden Recht unserer Hochschulen aufbauen.
Nein, nein, sehr geehrter Herr Dr. Berger. – Dazu muss ich jetzt sagen: Bei den Anhörungen ist die Anwesenheit der Mitglieder der CDU-Fraktion immer sehr gering. Meistens sind Sie allein dort. Aber gut, es ist die Entscheidung der CDU-Fraktion, wenn sie meint, dass das reichen soll. – Das sei nur am Rande bemerkt.
Wir befinden uns also auf der Zielgerade, was die Beratung dieses Gesetzentwurfs angeht. Jetzt müssen die Entscheidungen getroffen werden. Wir gehen davon aus, dass das Hochschulzukunftsgesetz zum Wintersemester 2014/2015 in Kraft treten kann.