Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Wir haben – ich orientiere mich jetzt an dem Antrag – den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages umfänglich unterstützt. Wir haben ihn priorisiert. Mein Haus hat allein diesem Ausschuss im Rahmen seiner Arbeit 13.000 Blatt Akten zur Verfügung gestellt.

Ich kann Folgendes feststellen: Im Zuge dessen, was wir mit unserem Acht-Punkte-Programm „Bekämpfung rechts“ und was wir mit der Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes in Nordrhein

Westfalen getan haben, haben wir faktisch die Mehrzahl der Empfehlungen des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages bereits umgesetzt.

Es gibt eine noch ausstehende Empfehlung – daran arbeiten wir in der Innenministerkonferenz –, nämlich tatsächlich die sogenannte PMK und den Themenfeldkatalog dazu umfänglich zu überarbeiten. Denn natürlich verändert sich eine Gesellschaft, und entsprechend müssen sich auch die statistischen

Erfassungen von Kriminalität verändern. Demzufolge müssen Themen wie antimuslimische und antisemitische Straftaten auch in geeigneter Form in diese Statistik einfließen. Daran arbeiten wir bereits längst in der Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz. Am 11. Juni werden wir das ebenfalls auf der Tagesordnung haben. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung.

Die antragstellende Fraktion der Piraten hat eine direkte Abstimmung beantragt. Diese führen wir jetzt auch durch, und zwar über den Inhalt des Antrages Drucksache 16/5748. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Piraten. Wer stimmt dagegen? – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die CDU und der fraktionslose Abgeordnete Stein. Wer möchte sich der Stimme enthalten? – Das ist die FDP-Fraktion. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist der Antrag Drucksache 16/5748 der Piratenfraktion abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und rufe auf:

16 Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

darf die kulturelle Vielfalt in NRW nicht gefährden!

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5742

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Lamla das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen zu Hause und – einige wenige – auf der Tribüne! NRW ist ein wichtiger Standort für Webvideos. Webvideos sind Videoproduktionen, die online veröffentlicht werden und dort ihre Verbreitung finden. Die Film- und Medienstiftung NRW unterstützt die European Web Video Academy hier in Düsseldorf darin, den Nachwuchs an jungen Webvideo-Produzenten effektiv zu fördern. Die Oscars der „Generation You Tube“, der Webvideopreis, wird übrigens in Düsseldorf vergeben.

Diese kreative Energie vieler kleiner und mittlerer Akteure, aber auch von professionalisierten Laien, den „Prosumenten“, ist das, was unseren Kreativ

standort so spannend und lebendig macht, meine Damen und Herren.

Der Kreativstandort NRW ist aber auch auf Rahmenbedingungen angewiesen, die innovationsfördernd sind. Die Bedürfnisse von vielen kleinen und mittleren Akteuren in diesem Feld müssen unserer Meinung nach viel stärker berücksichtigt werden. Diese Leute machen nämlich das kreative NRW aus.

Der Deutsche Kulturrat und auch der Landesmusikrat NRW sprechen sich vehement für eine Herausnahme des Kultur- und Mediensektors aus dem Geltungsbereich von TTIP aus. Und das ist auch gut so.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Herausnahme des Kultur- und Medienbereichs ist vor allem als ein Schutz vor Deregulierung gedacht. Dem Abbau von Handelshemmnissen zwischen der EU und den USA soll regulatorischer Schutz für Kultur und Medien entgegengesetzt werden – allein deshalb, weil die USA die UNESCOKonvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen noch nicht ratifiziert hat.

So weit stimmen dem, was bisher geschah, also zu. Aber diese Forderungen gehen uns Piraten noch nicht weit genug in die Materie hinein, um einen effektiven Schutz für den Kreativstandort NRW zu gewährleisten. Wir müssen die Situation, auf der das Problem existiert, etwas breiter betrachten.

Da kristallisieren sich zwei große Bereiche heraus: das Immaterialgüterrecht mit dem Urheberrecht und die Telekommunikation. Eine lebendige Kreativ- und Kulturlandschaft, wie wir sie hier in NRW haben, lebt nun mal von Spielräumen. Das sind nicht nur Spielräume in Form von Theatern, Studios und Proberäumen, sondern es ist auch urheberrechtlicher, fair gestalteter Spielraum, der im Sinne der Kreativen und nicht im Sinne der Verwerter und Medienkonzerne besteht. Hiermit meine ich zum Beispiel einen sicheren Rechtsrahmen für Remixe und für Zitate.

Lösungsmöglichkeiten gibt es bereits, zum Beispiel durch die Verwendung von freien Lizenzen wie etwa Creative Commons. Deren Verwertung ist jedoch beispielsweise bei der Verwertungsgesellschaft GEMA nicht ohne Weiteres möglich. Gerade aus diesem Grund hat sich beispielsweise die europäische Verwertungsgesellschaft C3S gegründet, die – übrigens mit NRW-Landesmitteln bezuschusst – ihren Hauptsitz in: Düsseldorf jüngst eröffnet hat.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie sehen: NRW hat ein bedeutendes, zukunftsträchtiges Potenzial, was Kultur und Medien betrifft. Dies wollen wir auch effektiv schützen.

Es ist bekannt, dass TTIP sich zum ACTAWiedergänger entwickeln könnte. ACTA, meine Damen und Herren – wir erinnern uns –, wurde zum Glück vom EU-Parlament abgeschmettert, mithilfe vieler, vieler Akteure, Aktivisten, Menschen, die auf die Straße gegangen sind. An dieser Stelle auch noch mal vielen Dank!

(Beifall von den PIRATEN)

ACTA wurde unter anderem deswegen abgeschmettert, weil die dort vorgesehene Harmonisierung der Immaterialgüterrechte auch der kulturellen Vielfalt erheblichen Schaden zufügen könnte. Die rechtliche Bevorzugung der Situation der großen Medien– und Unterhaltungskonzerne mag zwar innerhalb dieser Monopole für Wachstum und Geldströme sorgen; die vielen, vielen kleinen und mittleren Kreativakteure bleiben in diesem Verlauf jedoch immer stärker zurück.

Im Bereich der Telekommunikation geht es vor allem um die Netzneutralität. Meine Damen und Herren, wir haben letzte Woche im Ausschuss für Kultur und Medien zusammen mit Rot-Grün nach einem Jahr politischer Arbeit und Verhandlungen einen gemeinsamen Antrag verabschiedet.

Die Redezeit.

Das zeigt, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Gerade Netzneutralität ist für Kreative ein lebenswichtiger Faktor, wenn es um die Selbstvermarktung im Internet geht.

Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Ende. –

Meine Damen und Herren, wir müssen bei der Gestaltung genau darauf achten, welche anderen Bereiche den Schutz für unsere Kultur und den Kreativstandort NRW bei den Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen beein

trächtigen oder unterwandern könnten. Mit diesen mahnenden Worten möchte ich abschließen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Bialas.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe großes Verständnis dafür, dass immenses Misstrauen im Hinblick auf die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU besteht. Warum? Und warum auch gerade im Kultursektor?

Erstens. Es war nicht die schwarz-gelb geführte Bundesregierung, die eine Ausnahme, die Sonder

regeln für Kunst und Kultur forderte. Zum Glück waren es die Franzosen.

Zweitens. Es gibt im Grunde genommen keine Positivliste, keine Verständigung über den Inhalt des zu Verhandelnden, also kein klar umrissenes, begrenztes Mandat, sondern Negativlisten, in denen aufgeführt ist, was nicht verhandelt werden soll, wobei im Grunde alles andere zur Disposition steht. Genau da fragt man sich natürlich mit einer gewissen Unruhe, ob auch alle Facetten des schützenswerten Gutes erfasst sind, ob alle Begrifflichkeiten stimmen, ob nicht möglicherweise unterschiedlich interpretiert wird.

Drittens. Die gesamten Verhandlungen finden abgeschieden und im Geheimen statt. Die derzeitige Intransparenz gerade auch hinsichtlich des Verhandlungsmandates lässt für viele nicht zwingend einen gradlinigen Weg erkennen, der dazu führt, dass das Abkommen ab einem gewissen Zeitpunkt völlig offen in der Zivilgesellschaft und auch im politischen Rahmen debattiert wird.

Viertens. Die Absicht einer Investitionsschutzklausel verunsichert zutiefst; denn es darf kein Klagerecht gegenüber demokratisch legitimierten und gesetzlich normierten Schutzräumen für Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge und von öffentlichen Dienstleistungen geben. Dies unterminiert unsere Demokratie, unterminiert unsere Grundrechte.

(Beifall von den PIRATEN)

Fünftens. Sogenannte kulturelle Dienstleistungen sind der zweitgrößte Exportmarkt der USA. Wenn hier eine weitere Expansion nach anderen Rechtsgrundlagen beabsichtigt ist, sind unsere derzeitige Kulturlandschaft und unsere Kulturförderung in höchstem Maße betroffen.

In den USA regiert weitgehend der Markt. 13 % der Kunst- und Kulturförderung werden dort vom Staat getragen – im Gegensatz zu fast 87 % in Deutschland. Damit regiert der Markt in den USA auch bei den Inhalten. Nicht Qualität, sondern aktueller Geschmack eines breiten Publikums ist primäres Kriterium der Orientierung bei der Werkförderung und der Werkschaffung. Der kreative schöpferische Akt wird mehr und mehr aufgegeben. Produziert werden gängige und profitable Formate.

Das Ansehen von Kulturgütern als Handelsware wäre das Ende unseres heutigen Verständnisses von Kultur und ihren Aufgaben.

Natürlich fallen hierunter die Themen „Urheberschutz“, „Buchpreisbindung“, „Kunst- und Kulturförderung“, „öffentlich-rechtlicher Rundfunk und öffentlich-rechtliches Fernsehen“, „Filmförderung“ und „Steuervergünstigungen“, aber auch „freier Zugang zu den Fördertöpfen für alle als einklagbares Recht“.

Das alte Europa ist eine Kulturregion allererster und besonders qualitativer Güte. Europa identifiziert sich

hierüber. Nicht nur aus dem kulturellen Erbe, sondern auch aus der weiteren kulturellen Produktivität bezieht Europa seinen Reichtum. Wir verstehen Kultur in erster Linie nicht als Ware, sondern als Grundrecht und Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Auf Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 7. Mai 2013, also vor etwa einem Jahr, haben wir hier im Landtag bereits Folgendes beschlossen – ich darf zitieren –:

„Der Landtag appelliert an die Bundesregierung, insbesondere an das federführende Wirt