Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Jetzt beschwören Sie sogar eine Monopolbildung auf dem Kultursektor als Folge von TTIP. Bezeichnend ist, wie oft Sie in Ihrem Antrag ausführen: „es gebe Befürchtungen“, „es könne nicht ausgeschlossen werden“, „möglicherweise würden Rechte eingeschränkt“ und so weiter und so fort.

(Zuruf von den PIRATEN: Der Verhandlungs- stand ist ja nicht öffentlich!)

Lassen Sie uns doch abwarten, worauf sich die Verhandlungsführer auf Basis der ihnen erteilten Verhandlungsmandate verständigen werden. Im Anschluss daran können wir immer noch darüber diskutieren, ob uns TTIP als Gesamtpaket mehr Nutzen oder mehr Schaden bringt. Dann wird auch der Bundesrat damit befasst und sich eine endgültige Meinung bilden.

Sie beklagen zu Recht, dass die Verhandlungen zu TTIP zu wenig transparent geführt werden und

Ihnen zu wenig über den Verhandlungsstand bekannt ist. Aber Sie wissen schon jetzt, dass Sie dagegen sind. Das passt alles nicht so richtig zusammen.

Ich bin Bundeswirtschaftsminister Gabriel im Übrigen sehr dankbar dafür, dass er zu einer Versachlichung der Debatte beigetragen hat.

Herr Minister, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lamla zulassen?

Bitte schön.

Bitte schön.

Herr Minister, vielen Dank dafür, dass Sie die Frage zulassen. Ich weiß, es ist eigentlich nicht Ihr Ressort, sondern Sie sprechen in Vertretung. Dennoch ist Ihr Redebeitrag ziemlich scharf. Deshalb muss ich Ihnen einfach eine Frage stellen. Bekannt ist die Tatsache, dass bei den Verhandlungen über den Begriff des geistigen Eigentums gesprochen wird. Mich würde interessieren, was Sie im Bereich Kultur und Medien unter dem Begriff des geistigen Eigentums verstehen.

Das ist ein weitreichendes Feld, das wir sicher nicht am heutigen Abend behandeln dürfen und können. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen wird sich in einem umfassenden Sinne dafür einsetzen, dass geistiges Eigentum geschützt wird. Ich sage gleich auch noch etwas zu diesem Thema, weil es sehr wichtig ist.

Wie eben schon ausgeführt, bin ich Herrn Gabriel sehr dankbar dafür, dass er zur Sachlichkeit in der Debatte beigetragen hat. Vor einer Woche hatte er die Fachöffentlichkeit und Vertreter aus allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft zu einer hochkarätigen Informationsveranstaltung mit den beiden Verhandlungsführern der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten nach Berlin eingeladen. Dort konnten auch die Nichtregierungsorganisationen, die sich kritisch zu TTIP äußern, mit den maßgeblichen Akteuren der Verhandlungen diskutieren.

Besonders erfreulich ist, dass Herr Gabriel gestern in der „Rheinischen Post“ die Gründung eines Beirats bekanntgegeben hat, der die Verhandlungen zum Handelsabkommen begleiten wird. Neben Kulturvertretern und Verbraucherschützern werden auch Nichtregierungsorganisationen, Arbeitgeber und Gewerkschaften sowie andere gesellschaftliche Kräfte vertreten sein.

Die ganze Diskussion ist dadurch belastet, dass Offenheit und Transparenz als wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein solch weitreichendes Abkommen gesellschaftliche Akzeptanz findet, nur unzulänglich und unzureichend vorhanden sind. Daran muss gearbeitet werden.

TTIP ist kein Deregulierungsprojekt und kein Projekt zur umfassenden Absenkung von Standards. Es ist der Versuch, technische Standards einander anzupassen oder aufeinander abzustimmen, und zwar so, dass die berechtigten Schutzinteressen der beiden Wirtschaftsräume respektiert werden, auch unterschiedlich hohe, wenn das politisch gewollt ist.

Wenn sich die Verhandlungsführer an ihre Verhandlungsmandate halten, wird es keine Herabsetzung bestehender Standards geben. Darauf werden wir auch in Nordrhein-Westfalen besonders achten. Natürlich gehört der Schutz des geistigen Eigentums zu den Themen, die in einem Handelsabkommen behandelt werden müssen, aber eben nicht im Sinne einer Absenkung von Standards. Das ist ja Ihre große Sorge.

Ich sehe nicht, dass TTIP die kulturelle Vielfalt in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland oder in Europa gefährden kann, wenn sich die Verhandlungsführer an das ihnen erteilte Mandat halten. Wir werden dies kontrollieren und begleiten. Dann kann TTIP auch im Bereich von Kultur etwas sehr Wertvolles und Vernünftiges für Europa, für Deutschland und NRW beinhalten. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich muss darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um 2:39 Minuten überzogen hat. – Ich sehe aber bei den Fraktionen keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir sind damit am Schluss der Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags der Fraktion der Piraten Drucksache 16/5742 an den Ausschuss für Kultur und Medien – federführend – sowie an den Ausschuss für Europa und Eine Welt. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

17 Auf jede Stimme kommt es an: Europawahl

am 25. Mai 2014 nutzen, um die gemeinsame Zukunft zu gestalten

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/5775

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5864

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/5852

Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/5875

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Abgeordneten Frau von Boeselager für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist leider schon sehr spät, und dennoch muss ich feststellen, dass wir elf Tage vor der politischsten Wahl zum Europäischen Parlament stehen, die diese Gemeinschaft bislang erlebt hat. Es ist sehr schade, dass dieser Antrag erst um 21:07 Uhr diskutiert wird. Es wäre wichtig gewesen, wenn wir uns schon viel früher mit diesem Antrag auseinandergesetzt hätten.

(Beifall von der CDU und den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Anti-Europäer und Europa-Skeptiker haben sich aus unterschiedlichen Richtungen in Stellung gebracht, leider auch bei uns in Nordrhein-Westfalen. Neu ist, dass das Europäische Parlament jetzt auch anders gestaltet werden kann, und zwar insofern, als dass die Wahl, die am 25. Mai 2014 stattfindet, auch darüber entscheidet, wer demnächst Kommissionspräsident werden wird. Insofern haben die Bürgerinnen und Bürger zum ersten Mal ein wesentlich größeres Mitspracherecht.

Der Wahlausgang am 25. Mai hat auch für uns in Nordrhein-Westfalen schicksalhafte Bedeutungen. Das Wohlergehen unseres Bundeslandes und die Partnerschaft in Europa sind zwei Seiten einer Medaille. Dieses Bewusstsein hat das landespolitische Handeln in Nordrhein-Westfalen von Beginn an geprägt. Ich darf an Karl Arnold erinnern, der in seiner Neujahrsansprache 1949 den Vorschlag machte, mit unseren Nachbarn aus Frankreich, Belgien und Luxemburg ein völkerrechtliches Abkommen zu schaffen, eine Kooperation im Montanbereich auf den Weg zu bringen.

Das war zur damaligen Zeit eine tollkühne Initiative, die für den Schumann-Plan und alles Weitere den Weg bereitet hat. Die EU wurde in NordrheinWestfalen geboren; das muss man immer wieder deutlich erwähnen. Der Kreißsaal war das Ruhrgebiet, so hat es Ulrich von Alemann einmal ausgedrückt.

Darauf aufbauend sind die europäischen Einbindungen in Nordrhein-Westfalen und die Euro

pafreundlichkeit der Politik fraktionsübergreifend weiterentwickelt und intensiviert worden, in Zusammenarbeit und Freundschaft mit den BeneluxLändern, ebenfalls mit Frankreich, mit Polen und weiteren Nachbarn.

Dass wir auf die Zusammenarbeit und Kooperation in Europa angewiesen sind, gilt im globalen Zeitalter einmal mehr. Nordrhein-Westfalen braucht Europa, und Europa braucht auch uns in NordrheinWestfalen. Ich denke, in dieser Bewertung sind wir uns grundsätzlich einig.

Die Landesregierung hat kurz vor der Europawahl am 9. Mai 2014 eine Veranstaltung hierzu durchgeführt. Wir fanden es nicht sehr gut, dass erst nach großen Protesten auch die Opposition daran teilnehmen durfte.

Wir finden es schade, dass insgesamt so wenig von dem umgesetzt worden ist, was sich die Landesregierung praktisch selbst auf die Flagge oder auf ihr Papier geschrieben hat. Das bedauern wir sehr. Das Ganze ist zwar am 9. Dezember 2008 in einer Absichtserklärung gemündet, aber danach gab es keinen politischen Fahrplan mehr.

Man sieht auch, wie wenig die Ministerin für Europa hier in Düsseldorf präsent ist. Herr Schneider, Sie sind heute wirklich ein Multitalent.

(Zurufe: Das ist er wirklich!)

Sie sind Wirtschaftsminister, Sie sind Europaminister. À la bonne heure, das ist schon eine besondere Leistung.

Was wollen wir mit unserem Antrag heute eigentlich deutlich machen?

(Zuruf von den PIRATEN: Das würde uns auch interessieren!)

Das will ich Ihnen jetzt sagen. Es ist sehr wichtig, im ureigenen Interesse konstruktiv an unserer Zukunft in Europa mitzuarbeiten und mitzugestalten und dafür zu sorgen, dass das Erstarken der links- und rechtspopulistischen Parteien …

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende!

… verhindert wird, und gleichzeitig auch dazu beizutragen, dass der Negativtrend am 25. Mai 2014 wieder eine Umkehr erfährt. Wir müssen Europa sehr viel mehr in den Mittelpunkt stellen. Hier ist vor allen Dingen die Landesregierung gefordert, denn letztlich haben Sie die Mehrheit.

Frau Kollegin, die Redezeit ist deutlich überschritten.

Wir wollen gerne dazu beitragen. – Danke.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin von Boeselager. – Für die SPDFraktion spricht der Kollege Töns.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU: „Auf jede Stimme kommt es an: Europawahl am 25. Mai 2014 nutzen, um die gemeinsame Zukunft zu gestalten“ ist löblich. Aber das ist es auch schon.

Wir alle kennen die Situation: Die Europäische Union und das Europäische Parlament werden immer wieder – in den letzten Monaten besonders intensiv – mit Kritik überschüttet. Viele stellen sich die Frage: Wozu dient diese Wahl eigentlich? Wir hören das auch an den Infoständen, die wir alle bedienen. Die Leute wollen wissen, worum wir uns auf europäischer Ebene kümmern und warum wir die Menschen davon überzeugen wollen, zur Europawahl zu gehen.