Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Doch der Antrag ist in Wirklichkeit ein recht träges „Weiter so“ in der Europapolitik. Er geht leider an der Lebensrealität vor allem der jungen Menschen in Europa vorbei.

Ebenso ist es bei Rot-Grün. In einfühlsamer Prosa beklagen Sie sich in Ihrem Antrag über sinkende Wahlbeteiligungen und warnen vor der Gefahr von Rechts, aber ohne dabei Lösungen aufzuzeigen. Herr Töns, Sie fordern noch nicht einmal etwas.

Ihren Hinweis zur Sozialunion habe ich zur Kenntnis genommen. Aber setzen Sie sich doch einfach in Berlin in der Großen Koalition als SPD dafür ein. Das ist, glaube ich, wirksamer als hier.

(Beifall von den PIRATEN)

Die FDP behauptet in ihrem ansonsten seicht gehaltenen Antrag doch allen Ernstes – Zitat –: „Die europäische Verschuldenskrise hat Europa stärker zusammengebracht …“ – Das, Herr Dr. Wolf, ist ungefähr so, als wenn man bei einem Banküberfall mit Geiselnahme sagen würde, dies hätte die Bankkunden jetzt zusammengeschweißt.

(Beifall von den PIRATEN)

Das ist schon zynisch.

Das ist alles Showpolitik, die hier keinem wehtun und zu nichts verpflichten soll. Es sind aber eben nicht nur Worte, die zählen, sondern Taten. Denn es sind die gleichen etablierten Parteien, die das europäische Projekt einer jungen Generation zu vermitteln versuchen, die deren Perspektivlosigkeit und Europamüdigkeit mit verursacht haben.

Nur einige Beispiele: Sie beschweren sich über das Erstarken der Rechtspopulisten in ganz Europa. Gleichzeitig treibt die verheerende Austeritätspolitik die jungen Menschen genau denen massenhaft in die Arme.

Sie alle stellen die Wahl des Kommissionspräsidenten als demokratische Direktwahl dar. Dabei wurden die Nominierungen Schulz und Junckers wieder in

Hinterzimmern zwischen den Staatschefs ausgeklüngelt.

Sie sprechen davon, die Menschen zur Stimmabgabe motivieren zu wollen, während Ihre Wahlplakate, liebe CDU, den Wählern suggerieren, dass Angela Merkel für das Präsidentenamt zur Wahl steht. Das ist nicht besonders seriös.

Wir Piraten wissen: Wenn die Sinnhaftigkeit der EU vermittelt werden soll, bedarf es eben auch einer Neuausrichtung der europäischen Politik vor allem auf die Belange der jungen Menschen in Europa.

Wir fordern eine funktionierende europäische Bildungs- und Ausbildungspolitik, eine starke, spürbare soziale Komponente in der EU und vor allem echte Mitbestimmungsmöglichkeiten.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir haben in unseren Antrag konkrete Forderungen aufgenommen, von der Direktwahl des Kommissionspräsidenten bis zum Initiativrecht für das Europaparlament.

Jetzt noch ein Wort zu der hier eben stattgefundenen Debatte, dass der TOP hier recht spät angesetzt wurde. Ja, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig. Da wurde jetzt auf die CDU gezeigt und gesagt, dass sie hätte beantragen können, den TOP früher zu behandeln. Aber das ist etwas heuchlerisch, da allein auf die CDU zu zeigen.

Denn der Grund dafür, dass wir hier so spät darüber diskutieren, liegt darin, dass wir nicht drei Plenartage vereinbart haben, sondern – das wurde von Ihnen bzw. von Ihren Parlamentarischen Geschäftsführern so gewünscht – das auf zwei Tage reduziert haben. Daher die Zeitnot und der ungünstige Zeitpunkt. Da können Sie sich an die eigene Nase fassen.

(Beifall von den PIRATEN)

Frau von Boeselager, ich befürchte, so gut der Antrag auch gemeint war, wir überschätzen Wirkung und Wirksamkeit unseres Tuns im Parlament, wenn wir glauben, dass so ein Antrag tatsächlich Einfluss auf die Wahlbeteiligung hat. Viel wichtiger wäre es, in Europa bürgernahe Politik zu machen und die Menschen mitzunehmen. Dann braucht man sich keine Gedanken über die Wahlbeteiligung zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kern. – Für die Landesregierung spricht Minister Schneider in Vertretung von Frau Ministerin Dr. Angelica Schwall-Düren.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau von Boeselager, eine Bemer

kung. Die Europaministerin schwänzt nicht; sie ist dienstlich unterwegs. Wir sollten niemandem unterstellen, seine Arbeitskraft nicht einzubringen, um das Land NRW voranzubringen.

Mit dem vorliegenden Antrag unterstreicht die CDUFraktion die Bedeutung Europas für NRW. Zudem weist sie auf die Bedeutung Nordrhein-Westfalens für Europa hin. So weit, so gut. All das ist zu begrüßen. Auch dass der Antrag auf die partnerschaftliche Verbundenheit mit unseren Nachbarstaaten Belgien, den Niederlanden und Luxemburg eingeht, ist lobenswert. Damit habe ich aber auch schon alle positiven Aspekte des Antrags genannt.

Völlig falsch ist der Vorwurf der CDU, das Engagement der Landesregierung hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Beneluxstaaten erscheine derzeit als unambitioniert oder lustlos.

Tatsache ist: Die Zusammenarbeit sowohl mit den Beneluxstaaten als auch mit der Beneluxunion hat unter dieser Landesregierung erheblich an Dynamik gewonnen. Mit unserer im letzten Jahr beschlossenen Beneluxstrategie wurde zum ersten Mal überhaupt die Zusammenarbeit mit Nachbarländern mit einem strategischen Ansatz versehen.

Wie vielfältig die politischen Austausche sind, lässt sich an den zahlreichen Terminen auf politischer Ebene ablesen und bei den entsprechenden Gesprächen nachzeichnen. So hat die Ministerpräsidentin ihre ersten Auslandsreisen nach der Regierungsneubildung nach Belgien, in die Niederlande sowie nach Luxemburg unternommen. Das unterstreicht die politische Bedeutung, die die Landesregierung der Zusammenarbeit mit unseren unmittelbaren Nachbarn beimisst.

Dass unsere Nachbarn das auch so sehen, zeigen die Gegenbesuche auf höchster Ebene. So war erst kürzlich – Mitte Januar – der niederländische Ministerpräsident in Düsseldorf zu Gast. Dass das niederländische Königspaar am 27. Mai zu einem Besuch in NRW weilen wird, unterstreicht unsere Beziehungen auf höchster Ebene.

Zudem werden wir zum Tag der Deutschen Einheit im Jahr 2014 unser Land in Den Haag präsentieren und dort gemeinsam mit dem deutschen Botschafter Niederländerinnen und Niederländer empfangen.

Im Antrag fehlt gänzlich – darauf ist schon hingewiesen worden – die Sozialpolitik. Ein Hinweis auf einen notwendigen gemeinsamen europäischen Rahmen in der Sozialpolitik und dessen Umsetzung auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene hätte dem Antrag tatsächlich gutgetan, auch weil die Zustimmung der Menschen zur europäischen Integration daran hängt, dass Europa in den Köpfen der Menschen nicht allein mit Liberalisierungspolitik und dem Rückbau des Sozialstaates verbunden wird, wie er zuletzt in den Krisenstaaten erfolgt ist.

Deshalb kann die Landesregierung den Antrag der CDU nicht unterstützen. Auch dem Änderungsantrag der Piraten und dem Entschließungsantrag der FDP können wir unsere Unterstützung nicht geben. Die FDP schürt nur die Angst vor einer möglichen Vergemeinschaftung von Schulden.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Der Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen konzentriert sich auf die Trias, die vor den Europawahlen wirklich wichtig sind: hohe Wahlbeteiligung, starkes Parlament, klare Absage an alle europafeindlichen Strömungen. Dies beinhaltet die Bekämpfung aller Formen des Nationalismus, des Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit.

Mit diesen klaren Positionen können wir vielleicht noch in den nächsten Tagen vor allem auf die Wahlbeteiligung Einfluss nehmen. Wir müssen uns gemeinsam bemühen, die Wahlbeteiligung zu erhöhen, damit die Wahlen auch weiterhin ein Beispiel dafür bieten, dass Europa demokratisiert und über demokratische Institutionen vorangebracht wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von den GRÜNEN: Bra- vo!)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich bedanke mich auch für die Begeisterung im Saal beim Thema „Europa“.

Wir kommen zur Abstimmung über vier Anträge.

Ich rufe zunächst den Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/5864 auf. Wer dem seine Zustimmung geben kann, bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag Drucksache 16/5864 mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen und FDP gegen die Stimmen der Piraten abgelehnt.

Zweitens. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/5775. Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt dieses Antrages. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/5775 der CDU mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Zustimmung der CDU-Fraktion, bei Enthaltung der FDPFraktion und der Fraktion der Piraten abgelehnt.

Drittens. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/5852. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/5852 mit den Stimmen

von SPD, Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der CDU, der FDP und der Fraktion der Piraten angenommen.

Viertens. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/5875. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/5875 mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion der CDU und der Fraktion der Piraten bei Zustimmung der FDP-Fraktion abgelehnt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den nächsten Tagesordnungspunkt auf:

18 Zweites Gesetz zur Änderung der gesetzli

chen Befristungen im Zuständigkeitsbereich der Ministerpräsidentin

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/5411

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses Drucksache 16/5779

zweite Lesung

Die Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, die Reden zu Protokoll zu geben. (Siehe Anlage 2)

Wir kommen somit direkt zur Abstimmung. Der Hauptausschuss empfiehlt in Drucksache 16/5779, den Gesetzentwurf Drucksache 16/5411 unverändert anzunehmen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 16/5411 mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen und Piraten bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion in zweiter Lesung verabschiedet.