Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Wunderbar! Ich darf schon mal ankündigen, dass der Kollege Marsching eine Kurzintervention angemeldet hat.

Na wunderbar!

Zunächst aber die Zwischenfrage des Kollegen Biesenbach.

Meine Redezeit wäre ohnehin zu Ende gewesen. Ich danke dem Kollegen.

Genau.

Frau Kollegin Beer, für uns hat Herr Spiecker bereits mitgeteilt, dass wir uns natürlich gerne an der Suche nach einer Lösung beteiligen wollen. Lediglich Ihre Diktion provoziert mich, eine Frage zu stellen. Sie haben gesagt, Ihre Geduld sei zu Ende; jetzt müsse eine Lösung gefunden werden.

Zu meiner Frage: Nach meiner Erinnerung hat der Bundestag alle diesbezüglichen Regelungen immer zu Beginn einer neuen Periode eingeführt. Haben Sie mal verfassungsrechtlich klären lassen, ob das auch während einer laufenden Periode zulässig ist? Bisher hat sich dazu kein Gericht geäußert.

Wenn wir gemeinsam diesen Entwurf vorlegen, sehe ich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das ist im Übrigen auch in der Anhörung nicht in dieser Weise vorgetragen worden. Wir werden es prüfen, Herr Biesenbach. Ich sehe diese Gefahr aber absolut nicht. Wir werden den Entwurf jetzt auch vorlegen.

Sie haben gefragt, warum ich mit dieser Diktion gesprochen habe. In der Tat muss sich in diesem gesamten Prozess jetzt etwas tun. Wir haben uns das auch gemeinsam vorgenommen. Es sind immer wieder Austausche vorgenommen und Einzelgespräche geführt worden. Nun nehme ich nicht zu jedem Gespräch Herrn Marsching mit. Trotzdem haben wir an vielen Punkten miteinander darüber geredet, wie die Entwicklungslinien gezogen werden können.

Deswegen sollten wir unseres Erachtens den Versuch unternehmen, eine gemeinsame Lösung hinzubekommen, in die alle Aspekte mit einfließen. Daher haben wir unseren Vorschlag vorgelegt. Wir sind gegen ein Verschieben auf den SanktNimmerleins-Tag. Vor der Sommerpause werden wir hier einen Gesetzentwurf vorliegen haben.

Dann hatte sich noch der Kollege Marsching gemeldet.

Genau. – Herr Kollege Marsching, bitte drücken Sie sich einmal ein. Dann kann ich Ihnen das Wort erteilen. – Bitte schön. Sie haben 90 Sekunden Redezeit für Ihre Kurzintervention.

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Am Ende haben Sie ja quasi meine Rede gehalten. Das fand ich schon beeindruckend.

Ich möchte natürlich nicht unkommentiert stehen lassen, dass Sie mir gerade vorgeworfen haben – Ihnen war aber auch klar, dass ich mich dazu äußern würde –, meine Angaben auf der Webseite der Piratenfraktion entsprächen nicht dem, was ich hier äußere. Ich kann das kurz vorlesen. Es sind vier Punkte.

Erstens habe ich geschrieben, dass die selbstständige Tätigkeit, die ich vor dem Landtagsmandat ausgeübt habe, seit dem 14. März 2012 ruht. Das entspricht den Tatsachen.

Zweitens. Die Gewinnanteile aus der selbstständigen Tätigkeit für 2012 stehen nach wie vor noch nicht fest. Die Unterlagen sind beim Steuerberater. Daran kann ich nichts machen. Okay; das ist eine komplizierte Situation, die da im Moment herrscht. Sobald ich die Zahlen habe, werde ich sie veröffentlichen.

Drittens: die Einnahmen aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage. Diese Angabe ist jetzt einen halben Monat alt. Das habe ich gerade erst aktualisieren lassen. Dort steht sogar die Größe der Anlage. Daher kann man sich ausrechnen, wie viel ich ungefähr verdienen könnte.

Viertens. Dass ich außer den Zinsen, die es auf Rücklagenkonten gibt, keine weiteren Kapitalerträge habe, stimmt auch.

Ich bin in einem Verein Mitglied. Das kann man nachlesen.

Mein regelmäßiger zeitlicher Aufwand für Nebentätigkeiten beträgt ca. vier Stunden pro Monat.

Ich weiß nicht, an welcher Stelle meine Angaben unvollständig sein sollen. Das können Sie mir aber gerne in Ihren 90 Sekunden erklären. – Danke schön.

Herr Marsching, das ist der Unterschied. Ich war auch Selbstständige. Mit der Übernahme des Mandats habe ich meine Selbstständigkeit auslaufen lassen. Bezogen auf das Jahr der Mandatsübernahme habe ich meine Einkünfte, die ich bis dahin hatte, auf Euro und Cent auf unserer Homepage veröffentlicht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Mi- chele Marsching [PIRATEN]: Das mache ich auch, sobald die Zahlen vorliegen! Danke schön! – Simone Brand [PIRATEN]: Dann war Ihr Steuerberater eben schneller, Frau Beer! Meine Güte!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Stamp.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Marsching, mir sind Ihre Einkommensverhältnisse ehrlich gesagt ziemlich schnuppe. Ich weiß auch nicht, warum Sie das Haus jetzt damit belästigen müssen.

(Beifall von der FDP – Michele Marsching [PIRATEN]: Weil danach gefragt worden ist!)

Meine Damen und Herren, als gewählte und damit unmittelbar demokratisch legitimierte Vertreter des gesamten Volkes nehmen Abgeordnete eine für das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie entscheidende Rolle ein.

Als Inhaber eines öffentlichen Amtes hat der Abgeordnete aus eigenem Recht, also kraft seines Mandats, Anteil an den Aufgaben des Parlaments. Der Amtscharakter des Mandats besagt, dass dessen Inhaber seine Aufgaben und Zuständigkeiten nicht im eigenen Interesse oder in sonstigen partikularen Sonderinteressen, sondern als Dienst am Gemeinwohl wahrzunehmen hat. Die Freiheit des Mandats ist somit eben nicht eine Freiheit zur Beliebigkeit, sondern die Verbürgung von Selbstständigkeit in der Wahrnehmung öffentlicher Verantwortung.

(Beifall von der FDP)

Indem die Verfassung den Abgeordneten von jeder Bindung an Aufträge und Weisungen freistellt, setzt sie ihn in den Stand, kraft eigener, durch die Wahl erworbener Legitimation am Prozess der parlamentarischen Willensbildung teilzunehmen und dadurch zugleich an der Integration der einzelnen Bürgerinnen und Bürger als Staatsvolk mitzuwirken, ihre Vorstellungen zum überindividuellen Gesamtwillen hinzuführen und zu verbinden.

Diese Freiheit des Mandats benötigt indes auch Rahmenbedingungen, innerhalb deren sie sich entfalten kann. Ziel muss es dabei sein, Interessenkonflikte in der Person des Abgeordneten zu vermeiden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem sogenannten Diätenurteil aus dem Jahre 1975 gesetzliche Vorkehrungen dagegen gefordert, dass – Zitat –

„Abgeordnete Bezüge aus einem Angestelltenverhältnis, aus einem sogenannten Beratervertrag oder ähnlichem … nur deshalb erhalten, weil von ihnen im Hinblick auf ihr Mandat erwartet wird, sie würden im Parlament die Interessen des zahlenden Arbeitsgebers, Unternehmers oder der zahlenden Großorganisation vertreten und nach Möglichkeit durchzusetzen versuchen.“

Weiter hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung ausgeführt:

„Einkünfte dieser Art sind mit dem unabhängigen Status der Abgeordneten und ihrem Anspruch auf gleichmäßige finanzielle Ausstattung in ihrem Mandat unvereinbar.“

Dies war Gegenstand der Lage im Jahr 1975 und besitzt bis heute Gültigkeit.

Meine Damen und Herren, der potenzielle Interessenkonflikt, der sich dem Grunde nach aus jeder Erwerbs- oder sonstigen Tätigkeit neben dem Mandat ergeben kann, soll vermieden werden. Auch – das ist für uns alle wichtig, denke ich – der bloße Anschein einer Orientierung an anderen Interessen als denjenigen des Gemeinwohls kann das Anse

hen der Politik insgesamt und das Ansehen des Parlaments nachhaltig schädigen.

Auf der anderen Seite – der Kollege hat das hier eben sehr gut ausgeführt und auch mit einer persönlichen Anekdote verdeutlicht – muss es Angehörigen sämtlicher Berufe und Berufsgruppen möglich sein, ein Mandat anzustreben und auszufüllen, ohne dadurch Gefahr zu laufen, die eigene Berufstätigkeit gänzlich aufgeben zu müssen. Abgeordnete sind schließlich nicht nur Vertreter des Volkes; sie kommen aus dem Volk und gehören diesem an.

In dieser Gemengelage – ich habe jetzt bewusst ein bisschen grundsätzlicher ausgeführt – gilt es, vernünftige und ausgewogene Regelungen für die Veröffentlichung von Abgeordnetentätigkeiten neben dem Mandat und den daraus resultierenden Einkünften zu finden.

Es existieren einige Modelle dazu – das ist hier schon angesprochen worden –: vom Stufenmodell bis hin zur centgenauen Abrechnung.

In Nordrhein-Westfalen fehlt es bisher an einer Pflicht zur Veröffentlichung der Nebeneinkünfte. Ich gehe aber davon aus, dass wir darin übereinstimmen, diesen Zustand zu beenden und zu einer Regelung zu kommen.

Wir sollten dies allerdings auch mit der gebotenen Sorgfalt tun und über die hier angesprochenen notwendigen juristischen Fragestellungen in Ruhe sprechen. Denn diese Fragen berühren nicht mehr oder weniger als unser essenzielles Verständnis vom Aufbau und Funktionieren der parlamentarischen Demokratie.

Meine Fraktion wird deshalb in den kommenden Wochen zusammen mit den anderen Fraktionen die Gespräche fortsetzen und ein ambitioniertes Ziel verfolgen. Wir möchten die Einführung einer sachgerechten Transparenzregelung noch vor Beginn der Sommerpause ermöglichen.

Ich möchte deshalb heute an alle hier im Hause appellieren, sich diesen Gesprächen konstruktiv zu widmen und vielleicht auch an der einen oder anderen Stelle weniger Unterstellungen zu machen. Das ist für das gemeinsame Arbeiten und auch für das Klima und das Niveau dieses Hauses sehr wertvoll. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP, der SPD und der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Damit sind wir am Schluss der Aussprache angekommen.

Wir stimmen ab. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache 16/5745 an den Hauptausschuss. Ich darf fragen, wer für diese Überweisungsempfehlung stimmen möchte? – Ist jemand dagegen oder enthält sich? –

Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt

5 Kremser Erklärung mit Leben füllen: Transpa

renz herstellen, Bürgerbeteiligung einführen, Open Data und Open Government vorleben