Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Wir werden die Förderung jetzt nach den sozialen Umständen der Kitas ausrichten. Allein diese Umstellung kommt bei allen im Land schon sehr gut an. Wir werden „Delfin 4“ abschaffen und die Sprachförderung auf neue Füße stellen. Wir werden eine Planungsgarantie über zwei Jahre vergeben, und wir werden eine Personalpauschale von 2.000 € pro Jahr pro Gruppe geben.

In allen inhaltlichen Punkten gibt es in der Szene in ganz Nordrhein-Westfalen große Übereinstimmung, dass dieser neue Weg, dieser sozial ausgerichtete Weg der richtige Weg ist. Das ist zweifelsfrei als Ergebnis aus den Veranstaltungen mitzunehmen.

Die inhaltliche Kurskorrektur wird also sehr breit begrüßt – wenngleich ich hier nicht verheimlichen möchte, dass natürlich in den Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen auch immer der Wunsch geäußert wird, dass noch mehr kommen müsste. Aber das wissen wir auch.

Wir haben also die inhaltliche Kurskorrektur in Richtung mehr Chancengleichheit ausgerichtet. Das ist gut für Nordrhein-Westfalen. Das ist gut für die Kinder. Das ist ein weiterer Schritt, damit unsere Gesellschaft gerechter wird und damit auch die Kinder, die aus sozial benachteiligten Elternhäusern kommen, ein Stück mehr Chancen haben, ein selbstbestimmtes Leben mit einer guten Ausbildung zu führen. Darauf ist diese zweite Revisionsstufe ausgerichtet. Sie wird mehr Personal in die Einrichtungen bringen und mehr Qualität sicherstellen. Gerade dort, wo die sozialen Lasten am höchsten sind, wird es besonders viel mehr geben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Landesregierung hatte einen Vorschlag gemacht. Wir haben ihn breit und sehr detailreich diskutiert. Bei dieser Diskussion haben wir einige Förderhinweise bekommen, die wir auch umgesetzt haben, weil wir Argumentationen nachvollziehen konnten und gesehen haben: Ja, das war im ersten Schritt nicht ganz 100%ig. – Deshalb haben wir dort nachkorrigiert.

Beispielsweise konnte uns der Landeselternbeirat glaubhaft versichern, dass er mit dem Etat, den wir bislang zur Verfügung gestellt haben, nicht auskommt. Wir werden diesen Ansatz um 50 % erhöhen, weil wir die Elternmitwirkung und die Elternver

antwortung in den Einrichtungen stärken wollen. Das haben wir in unseren Änderungsantrag aufgenommen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist für die Eltern ganz wichtig. Ich finde es großartig, dass sich im ganzen Land die Elternbeiräte bilden. Dies war im ersten Revisionsprozess schon ein großer Schritt. Das trägt wirklich Früchte. Es ist wirklich schön, zu sehen, dass Eltern mit anpacken und versuchen, ihre Kita nach vorne zu bringen. Wunderbar! Dafür geben wir noch einmal 50 % mehr.

Wir wollen – das war nicht ganz deutlich; deshalb verdeutlichen wir es jetzt noch einmal – die Kinderrechte und den Kinderschutz besonders hervorheben. Das können Sie unseren Änderungsanträgen entnehmen. Darauf werden wir als Rot-Grün einen besonderen Schwerpunkt setzen. Deshalb haben wir das noch einmal herausgearbeitet.

Wir nehmen den Begriff „interkulturelle Kompetenz“ noch einmal auf, weil wir wissen, dass in den Einrichtungen natürlich der Grundstein für Respekt und Akzeptanz der verschiedenen Kulturen und den Umgang damit gelegt wird. Deshalb ist es für uns ganz wichtig, dass der Begriff „interkulturelle Kompetenz“ gefüllt wird. Das beginnt im Kindergarten. Es beginnt mit der Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen. Ich glaube, dass es aller Ehren wert ist, das auch ausführlich in einem Gesetz zu beschreiben. Das tun wir auch im Sinne des Änderungsantrags.

Wir werden die Personalausstattung in Wald-Kitas besser absichern. Auch das ist wichtig. In der Diskussion haben wir gesehen, dass sie strukturell mit dem zweiten Revisionsschritt benachteiligt wären. Das hat man uns gut und glaubhaft erklären können. Wir können es nachvollziehen. Daher werden sie jetzt noch einmal personell gestärkt. Ich glaube, dass das auch ein guter Weg ist.

Wir haben geklärt, dass die Zuschüsse für Personal, die wir jetzt gewähren, auch ausschließlich für Personal eingesetzt werden dürfen und nicht der Rücklage zugeführt werden dürfen, was einige findige Träger offenbar schon beabsichtigt hatten. Wir garantieren den Kolleginnen und Kollegen vor Ort also, dass das gesamte Geld, das wir jetzt in die Hand nehmen, auch tatsächlich in den Einrichtungen ankommt, und zwar für mehr Personal und damit verbunden hoffentlich auch für mehr Qualität und Entlastung der Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben die zuerst geplante Nivellierung der zusätzlichen U3-Pauschale wieder gestrichen. Wir werden wieder zu der alten Fassung zurückkehren, sodass für Betreuungszeiten von 25, 35 und 45 Stunden auch unterschiedliche Beiträge zur Förderung bereitstehen, weil wir gemerkt haben, dass die

Einrichtungen, die besonders viele 45-StundenAnteile haben, dadurch strukturell benachteiligt wären. Das wollen wir natürlich nicht. Wir wollen, dass gerade die Einrichtungen, die diese Angebote haben, nach wie vor finanziell so ausgestattet sind, dass sie ihre Aufgaben auch bewältigen können. Daher glaube ich, dass diese Korrektur auch im Sinne der Einrichtungen und im Sinne der Träger ist.

Wir haben lange über ein Thema diskutiert, das wir schon beim letzten Tagesordnungspunkt behandelt haben, nämlich die Inklusion, und zwar hier bezogen auf behinderte Kinder in der Tagespflege. Wie sieht es da aus? Wie sind sie verankert? Wie sind die Zuschüsse?

Wir sind nach längeren Diskussionen mit den Betroffenen zu dem Entschluss gekommen, dass wir bei der Tagespflege die gleichen Zuschüsse zahlen müssen wie bei den Kitas. Wir werden jetzt die 3,5-fache Pauschale für Kinder mit Behinderungen auch in der Kindertagespflege durchsetzen. Es ist ein wichtiges Zeichen und ein wichtiger Schritt, dass wir das im Dialog verstanden haben und dass wir das auch umsetzen, damit die Kinder mit Behinderungen in der Kindertagespflege genauso behandelt werden wie in den Kindertageseinrichtungen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben sehr viele Hinweise aufgenommen. Ich kann heute auf jeden Fall für die gesamte SPDFraktion, aber sicherlich auch für Rot-Grün insgesamt sagen, dass der zweite Schritt eine Kurskorrektur in eine inhaltlich richtige Richtung ist. Die wollen wir gemeinsam. Wir wollen Ungleiches ungleich fördern. Das haben wir hinbekommen. Wir haben es sehr dialogisch in der Reflexion mit den Betroffenen gemacht und haben viele Hinweise in die Gesetzgebung eingebaut.

Nun kommen wir zum zweiten Schritt mit noch einmal 100 Millionen € für die Kitas. Das wird eine Menge an Entlastung für die Einrichtungen bedeuten – gerade für diejenigen, die unter sehr schwierigen sozialen Bedingungen arbeiten müssen. Meine Damen und Herren, das ist aller Ehren wert, glaube ich. Das ist ein weiterer großer Schritt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen aber nicht aufhören, sondern werden perspektivisch weiter die Situation in den Einrichtungen verbessern. Wir brauchen jetzt noch einmal Luft.

Ich will durchaus darauf hinweisen – denn das ist an dieser Stelle doch erwähnenswert –, dass seit 2010 die Landesregierung die einzige Institution ist, die überhaupt noch Geld in dieses System steckt – bzw. der Landtag Nordrhein-Westfalen mit RotGrün. Die Landesebene investiert seit 2010 alleine. Die Träger ziehen sich mit dem Argument zurück: Wir haben kein Geld mehr; wir können nicht inves

tieren. – Die Kommunen haben sich mit dem Argument zurückgezogen: Wir haben kein Geld mehr; wir können nicht investieren. – Mit dem gleichen Recht könnte auch das Land argumentieren: Wir haben kein Geld mehr; wir können nicht investieren.

Wir haben aber gesagt: Das geht nicht. Wir müssen jetzt handeln. Wir müssen jetzt die Chancen der Kinder in unserem Land bewahren. Denn jeder Euro, den wir in diesem Bereich investieren, ist gut angelegtes Geld. Er wird sich drei- bis vierfach für unser Land rentieren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Von daher rufe ich die Kommunen auch von dieser Stelle aus auf, sich auf ihre Verantwortung zu besinnen, sich wieder mit uns an den Tisch zu setzen und noch einmal grundsätzlich über die Struktur des sogenannten Kinderbildungsgesetzes nachzudenken. Das ist von ganz entscheidender Bedeutung. Kein Akteur – weder die Träger, weder die Kommunen noch das Land – wird die Situation allein grundständig verbessern können. Das können wir nur zusammen.

Von daher ist es auch ein Appell an die CDU: Wirken Sie auf Ihre Kommunalpolitiker ein! Üben Sie Druck aus! – Sie müssen sich mit uns wieder an einen Tisch setzen. Wir wollen das gerne auch mit der Bundesregierung machen, weil auch die mit an diesen Tisch gehört. Wenn alle Akteure bereit sind, einen Beitrag zu leisten, dann werden wir im nächsten Schritt eine grundständige Revision des Kinderbildungsgesetzes hinbekommen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich, dass wir heute einen so großen Schritt für die Kinder in unserem Land machen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Jörg. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Tenhumberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wolfgang Jörg, ich bin schon etwas verwundert, dass Sie sich mit so wenig Erkenntnisgewinn hier ans Podium stellen, wenn Sie so viele Veranstaltungen im Lande Nordrhein-Westfalen besucht haben. Dann sagen Sie auch noch, Sie hätten die Hinweise aufgenommen. Das haut einen um.

(Beifall von der CDU)

Aufgrund der vielen von Ihnen geführten Gespräche beziffern Sie den Änderungsbedarf auf 5.000 €. Das definieren Sie mit 50 % mehr für den Landeselternrat und mit einigen anderen kleineren Korrekturen. Das soll der große Wurf sein? Das ist bitter wenig.

Sie sollten die beteiligten Personen in den Veranstaltungen etwas ernster nehmen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Da schließe ich auch die Experten ein, die hier im Landtag mit Ihnen und uns diskutiert haben.

(Zuruf von der SPD: Wie viele Änderungsvor- schläge haben Sie denn gemacht?)

Sie haben gerade gesagt, Sie wollen nicht in Ihrem Bestreben aufhören, die Situation zu verbessern. Ich weiß aus gemeinsamen Sitzungen – insbesondere aus der Erfahrung in der Enquetekommission -, dass wir mit diesem Gesetzentwurf keinen großen Schritt nach vorne machen, wie wir ihn eigentlich erreichen wollen. Es ist ein Minimalschritt – und das auch noch mit der falschen Prioritätensetzung. Dazu werde ich gleich noch etwas sagen.

(Ingrid Hack [SPD]: Dann wissen wir ja jetzt, was für die CDU minimal ist!)

Herr Jörg, es ist anmaßend, wenn Sie sich hinstellen und sagen, das Land Nordrhein-Westfalen sei seit 2010 das Einzige, das noch investiv und konsumtiv im Kitabereich etwas täte.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Frau Beer, das ist eine Verkennung der Realität. Entschuldigen Sie bitte, aber die Grünen sind in dieser Hinsicht ganz weit von den Realitäten weg. Sie führen auch nicht die Gespräche; das macht anscheinend nur Herr Wolfgang Jörg.

(Beifall von der CDU)

Lieber Kollege Wolfgang Jörg, bei uns funktioniert das nicht mit Druck. Das will ich Ihnen sagen. Wir brauchen keinen Druck auf unsere Kommunalpolitiker auszuüben. Wir machen das mit unserer Überzeugungskraft.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, im Gegensatz zu Ihnen brauchen wir diesen Druck nicht, weil wir überzeugende Argumente dafür haben, damit die kommunale Gemeinschaft ebenso wie die Träger – insbesondere die großen Kirchen – erhebliche Anstrengungen im Kitabereich übernimmt. Sehen Sie sich die freiwilligen Leistungen von Trägern und Kommunen doch einmal in der Realität an! Hätten sie den Bund nicht, würden sie gar nichts zustande bekommen.

Ich möchte eines vorweg nehmen. Nach Aussagen der Experten in der Anhörung ist der vorgelegte Gesetzentwurf nicht geeignet, die Situation der Träger von Kindertageseinrichtungen zu verbessern, nicht geeignet, die Zukunftschancen von Kindern zu verbessern und nicht geeignet, für mehr Bildungsgerechtigkeit zu sorgen. Im Gegenteil! Sie schaffen den Anspruch auf individuelle Bildung im Kitabereich ab. Vor diesem Hintergrund ist der Spruch der

Ministerpräsidentin „Kein Kind zurücklassen“ nur eine PR-Aktion ohne Inhalt und Substanz.