Problem. Das können Sie, Herr Finanzminister, sehr schön an den Steuereinnahmen ablesen, die Sie selbst bis April erzielt haben.
Sie erzählen lieber Geschichten über die Ungerechtigkeiten des Länderfinanzausgleichs, als sich mit den Ursachen der Wachstumsprobleme in Nordrhein-Westfalen zu beschäftigen.
Man kann das an den Tendenzen seit 1995 – seitdem besteht der Länderfinanzausgleich in seiner heutigen Fassung – sehr schön ablesen. 1995 ist der Länderfinanzausgleich in der Fassung in Kraft getreten, wie Johannes Rau ihn im Jahr 1994 verhandelt hatte. Damals betrug der Anteil NordrheinWestfalens am Länderfinanzausgleich, wenn man alle Ebenen des Länderfinanzausgleichs zusammennimmt, umgerechnet 3,4 Milliarden €. Das waren 14 % des Volumens dieses Ausgleichs. Heute, in 2013, sind es im Ist nur noch 1,3 Milliarden €, was 5 % dieses Volumens entspricht.
Das hat etwas mit verfehlter Politik zu tun. Das hat nichts mit nichtbewältigtem Strukturwandel zu tun, sondern damit, dass Sie das Strukturproblem dieses Landes sind, weil Sie die Innovation verweigern.
Nordrhein-Westfalen hat deshalb immer weniger Geld, um solidarisch zu sein. Deshalb rufen Sie immer lauter danach, ob nicht andere solidarisch mit uns sein könnten. Es kommt aber nicht darauf an, dass wir kommunikativ Geberland bleiben, sondern dass wir eine gute Zukunft für die Menschen und die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen schaffen. Das ist die Aufgabe, der Sie sich seit vier Jahren wieder konsequent verweigern. Das Problem ist nicht der Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen, sondern die Zukunftsverweigerung der Regierung Kraft.
Sie sind in der digitalen Welt nicht angekommen, und Sie wollen es auch gar nicht. Den Preis bezahlen die Menschen im Lande durch weniger Arbeit, weniger Wirtschaftswachstum, weniger Steuereinnahmen und damit weniger Zukunftsfähigkeit.
Wenn Sie das einmal ernsthaft angehen würden, wären wir einen entscheidenden Schritt weiter. Stattdessen filibustern Sie über irgendwelche Zahlen, und Sie sagen,
wir als Opposition würden all das komisch sehen. Beschäftigen Sie sich mit der Zukunft des Landes und verweigern Sie sich ihr nicht ständig! Die Menschen haben eine bessere Regierung verdient.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Optendrenk. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, bin ich durchaus ein Freund von Zwischenrufen. Deswegen genieße ich das auch, dass sich Kollege Schmeltzer so in die Debatte eingebracht hat.
Ich fand es außerordentlich erstaunlich, wie Kollege Optendrenk, der sich sonst auch nicht immer zurückhält, darauf reagiert hat: mit schlichter Beleidigung des Kollegen, wirtschaftspolitisch keine Ahnung zu haben.
Ich schlage vor, sich nicht gegenseitig zu fragen, woher wir unsere Kompetenzen haben, sondern sich mit Sachargumenten auseinanderzusetzen, Herr Kollege Dr. Optendrenk.
Wir kommen direkt zu dem Zitat, mit dem die Aktuelle Stunde überschrieben ist. Ich lese es noch mal vor, weil es so schön ist:
„Zwei Wirtschaftsforschungsinstitute aus Nordrhein-Westfalen rügen Finanzplanung der Landesregierung –“
„Finanzminister Dr. Walter-Borjans riskiert erneut einen Verfassungsbruch durch Nichteinhaltung der Schuldenbremse und schlägt Warnungen der Institute in den Wind“
„Laut aktuellen Stellungnahmen des RheinischWestfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln), deren Ergebnisse in der heutigen (2. Juni 2014) Ausgabe der Rheinischen Post veröffentlicht werden, wird Nordrhein-Westfalen die Null-Verschuldung in 2020 verfehlen und die
„Um einen strukturell ausgeglichenen Landeshaushalt im Jahr 2020 erzielen zu können, muss die Landesregierung den Anstieg der Landesausgaben in den kommenden Jahren so eng begrenzen, dass er merklich hinter der Zunahme der Einnahmen zurückbleibt.“
Das ist nahezu eine Binsenweisheit, angesichts der Zahlen, die der Finanzminister selbst vorgelegt hat. Und es ist eben nicht ausgeführt worden, dass er die Schuldenbremse nicht einhalten wird, sondern er wird von den sehr kritischen Instituten aufgefordert, seinen Abbaupfad konsequent einzuhalten und auszubauen. Sie interpretieren aus meiner Sicht auf ziemlich merkwürdige Art und Weise.
Ich will die Zahlen, die Kollege Börschel eben angeführt hat, nicht unnötig wiederholen. Aber nehmen wir einmal Ihre These „Nordrhein-Westfalen strengt sich nicht genug an, die Schulden abzubauen, strengt sich nicht genug an, den Haushalt zu konsolidieren“ als wahr an. Dann müssten ja Vorschläge von FDP und CDU kommen, wie es besser geht.
Ich nenne Ihnen nun die Vorschläge, die Sie zur Verbesserung der Konsolidierung des Landeshaushalts vorgebracht haben.
Sie fordern 800 Millionen € Mehrausgaben bei der Besoldung. Sie fordern 90 Millionen € Mehrausgaben beim Stärkungspakt. Sie fordern mindestens 250 Millionen € Mehrausgaben bei der Inklusion; Herr Kaiser hatte das vorgetragen.
Sie fordern Mindereinnahmen von 500 Millionen € bezogen auf die kalte Progression – Laumann, Optendrenk, Krückel. Gestern hat Herr Hausmann hier noch vorgetragen, dass er gerne 450 Millionen € Mindereinnahmen bei der Grunderwerbsteuer hätte. Die 150 Millionen € Kürzung, die wir mit den Förderprogrammen verabschiedet haben, haben Sie abgelehnt.
Herr Tenhumberg hat gestern in der Plenarsitzung – er hat die Zahlen zwar nicht genannt, aber wenn man es hochrechnet, kommt man auf die Zahl – mindestens 450 Millionen € Mehrausgaben beim KiBiz gefordert. Herr Schemmer hat in Plenarsitzungen mehrfach 200 Millionen € für die Wohnraumförderung gefordert. – Schon das ergibt eine Verschlechterung von 2,9 Milliarden € für diesen Landeshaushalt.
Wenn man eine Stufe tiefer in die Ausschussberatungen geht, kommt noch Folgendes hinzu: Dr. Dr. Sternberg fordert im Kulturausschuss eine Verdoppelung des Kulturetats – weitere 182 Millionen € Mehrausgaben für das Land. Herr Müller fordert, wir müssten eigentlich mehr Geld für den Sport ausgeben. Herr Dr. Berger fordert Mehrausgaben für die Hochschulen. – Im Übrigen steht die FDP dem in nichts nach.
Die gleichen Wirtschaftsforschungsinstitute, die uns das ins Stammbuch geschrieben haben – dass die Verbände, Vereine und Interessengruppen ihre Interessen vertreten, ist ja völlig in Ordnung –, also RWI und das Institut für Wirtschaft in Köln im Verbund mit der IHK, fordern dreistellige bis vierstellige Millionenbeträge für die Infrastruktur in NordrheinWestfalen, insbesondere für Brücken und Straßenbau, sowie Mehrausgaben – man höre und staune! – bei der Bildung. Sie haben ausdrücklich unterstrichen und gelobt, was unsere Landesregierung im Schul- und Hochschulbereich bis jetzt geleistet hat. Sie fordern eigentlich ein konsequentes Weitergehen auf diesem Weg.
Also auch diese Institute, die Sie eben zitiert haben – dafür müssen Sie mal zwei Seiten weiter lesen und bei der Enquetekommission den Demografiebericht einsehen –, fordern Mehrausgaben. Das ergibt dann ein Gesamtbild.
Die Landesregierung zieht daraus Schlüsse und setzt Schwerpunkte. Diese Schwerpunkte haben wir hier beschrieben. Die liegen eindeutig in der Verbesserung des Bildungssystems, der Förderung der Kommunen und der Sicherung der Zukunftsaufgaben dieses Landes.
Dieser Aufgabe unterziehen Sie sich nicht. Sie fordern immer mehr Ausgaben, bewegen sich mittlerweile bei einem Betrag von über 3 Milliarden € und beschimpfen diejenigen, die sagen: „Nein, diese Mehrausgaben gibt es nicht“ oder „Ihr müsst eigentlich noch mehr sparen“. Das ist schizophren oder mindestens unehrlich, Rosstäuscherei und passt auch nicht zu der aktuellen Politik, die Sie bisher abgeliefert haben.