Was die Entfristung des Rechtsextremismus-DateiGesetzes angeht, sind wir weitestgehend auf einer Linie mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte.
Das haben wir im Bundesrat auch deutlich gemacht. Das Gleiche gilt für eine erweiterte projektbezogene Nutzung der Datei. Auch daran haben wir deutlich Kritik geäußert. Die Mehrheit der Länder hat diese Kritik allerdings nicht mitgetragen. Deshalb hat der Gesetzentwurf das Bundesratsverfahren bereits durchlaufen.
Was die übrigen Teile des Gesetzentwurfs betrifft, sind wir als Landesregierung allerdings der Meinung, dass sie mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vereinbar sind. Wie Sie sicherlich selbst erkannt haben, hat das Gericht festgestellt, dass die Antiterrordatei nicht das Trennungsgebot verletzt und dass die Datei in ihren Grundstrukturen mit der Verfassung vereinbar ist.
Deshalb besteht für mich auch kein Anlass – Herr Herrmann, das mag Sie enttäuschen –, eine Speicherung in der Antiterrordatei zu untersagen. – Herzlichen Dank.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/6117 an den Rechtsausschuss; abschließende Abstimmung dort in öffentlicher Sitzung. Wer stimmt dem zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist beides nicht der Fall. Damit ist die Empfehlung einstimmig so angenommen.
Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Europäische Binnenmarkt gehört zu den weltweit größten Wirtschaftsräumen. Nordrhein-Westfalen profitiert davon wie kaum eine andere europäische Region. Alleine im Jahre 2013 wurden Waren im Wert von 112 Milliarden € in die Europäische Union exportiert, wenn man überhaupt noch von „Export“ sprechen kann. 60 % der Gesamtexporte gehen in den Europäischen Binnenmarkt. 2012 exportierten nordrheinwestfälische Firmen in die Niederlande mehr als in die Vereinigten Staaten von Amerika und China zusammen. Nach den Niederlanden kommen dann erst Frankreich, Belgien und Großbritannien.
Deshalb ist eins völlig klar und ziemlich unstreitig: Ein funktionierender EU-Binnenmarkt ist im Interesse der Wirtschaft unseres Landes und im Interesse des Landes selber. Schaut man aber genauer hin, sieht man, dass speziell das produzierende Gewerbe in besonderem Maße vom EU-Binnenmarkt profitiert, während das bei den Dienstleistungen noch lange nicht in dem Maße der Fall ist. Erst 10 % der Dienstleistungen werden in der Europäischen Union grenzüberschreitend erbracht.
Deshalb ist es auch richtig, dass sich die Europäische Union bemüht, in diesem Bereich mehr Möglichkeiten zu schaffen, grenzüberschreitende
Auch die Landesregierung sieht das so. Auf der Internetseite des Wirtschaftsministeriums steht der richtige Satz, dass es Ziel sei, Unternehmen und Dienstleistern die Teilnahme am Wirtschaftsleben eines oder mehrerer Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu erleichtern.
Allerdings gilt es auch, Kollateralschäden zu vermeiden. Deutschland wird in der EU für seine Wirtschaftskraft bewundert, teilweise auch kritisiert. Wir kennen das alle. Deshalb muss man bei aller Bescheidenheit auch sagen dürfen, dass man von einander lernen muss. Wir können von anderen lernen, und andere können eben auch von uns etwas lernen, auch von speziellen deutschen Strukturen. Es darf uns nicht gleichgültig sein, wenn in den länderspezifischen Empfehlungen für das europäische Semester beschrieben wird, dass man in der Europäischen Union viele Eigenheiten der freien Berufe in Deutschland als Marktzugangshemmnis sieht und insofern versucht zu schleifen.
Die freien Berufe stehen für 10 % aller Erwerbstätigen in Nordrhein-Westfalen. Die Zahl der Selbstständigen hat sich in den letzten 40 Jahren vervierfacht, und die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter in den freien Berufen hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt.
Insofern sind diese freien Berufe eine Erfolgsstory, die es zu verteidigen gilt. Nehmen wir als Beispiel einmal Kosten- und Honorarordnungen, die ja auch dafür stehen, dass man hochqualitative Leistungen bei Freiberuflern zu transparenten Preisen bekommt, die auch nur deshalb einen geschützten Beruf ausüben können, weil sie eine nachgewiesenerweise dafür ausreichende Qualifikation mitbringen:
Von Ärzten erwarten wir, dass sie Patienten unabhängig vom Geldbeutel ordentlich und hochqualitativ behandeln. Von Notaren erwarten wir, dass sie neutrale Sachwalter sind und nicht parteiisch. Wer ein Haus baut, erwartet, nicht nur ein schönes Haus geplant zu bekommen, sondern dass es dabei auch nach Recht und Gesetz zugeht. Rechtsanwälte werden ja auch als Organe der Rechtspflege bezeichnet.
Deshalb hängen Qualifikation, Qualität und eben auch die standardisierte Vergütung miteinander zusammen.
Mein zweites Thema ist das Fremdkapitalverbot. Der Freiberufler ist ein Freiberufler und soll unabhängig von externen Kapitalgebern sein, weil er schon zwei Interessen zu berücksichtigen hat, nämlich die seines Auftraggebers, Kunden, Patienten oder Mandanten auf der einen Seite und eben auch öffentliche Interessen. Auch dieses Thema ist in der EU etwas schwierig.
Drittes Thema: „Selbstverwaltung“. Wir kennen es alle von kritischen IHK-Mitgliedern. Die Pflichtmitgliedschaft in Kammern ist auch in Deutschland umstritten, hat aber eine Funktion. Selbstverwaltung entlastet Bürokratie. Selbstverwaltung entlastet Steuerzahler. Auch dieses System der Selbstverwaltung ist in der EU erklärungsbedürftig.
Wir haben – im vergangenen Herbst beginnend – einen Antrag zum Thema „Meisterbrief“ gemeinsam erarbeitet. Auch dabei ging es darum, eine ziemlich typisch deutsche Sache gemeinsam gegenüber der EU zu vertreten. Ich würde mich sehr freuen, wenn es gelingen würde, das auch mit Blick auf die freien Berufe zu tun.
Deswegen will ich ganz ausdrücklich sagen: Wir haben einen CDU-Antrag eingebracht. Ich bestehe nicht darauf, dass dort am Ende nur „CDU“ draufsteht. Ich bestehe überhaupt nicht darauf, dass nicht jede Fraktion hier im Plenum gute Vorschläge einbringen kann, um diesen Antrag zu verbessern. Ich lade deshalb ganz herzlich dazu ein, die Debatte im Ausschuss dazu zu nutzen, diesen guten Antrag vielleicht sogar noch besser zu machen, und bin dafür offen. – Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den letzten Sätzen hat der Kollege Wüst meine vorher beim Lesen des Antrags ein bisschen aufgekommene Befürchtung entkräftet, es solle mit dem Antrag deutlich gemacht werden, dass es in Fragen der freien Berufe im Gegensatz zur Frage des Meisterbriefs im Handwerk bei den regierungstragenden Fraktionen und der Landesregierung geschlossene Türen gäbe.
Das ist nämlich definitiv nicht der Fall. Sowohl die regierungstragenden Fraktionen als auch die Landesregierung haben bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass wir glauben, dass – durchaus ähnlich wie beim Meisterbrief – die deutschen Spezifika, die den Wettbewerb durch Qualität an der einen oder anderen Stelle gerade im Bereich der freien Berufe in den Vordergrund stellen, einer besonderen Betrachtung bedürfen.
Insofern noch einmal ganz klar: Das, was der Mittelstandsbeirat bereits veröffentlicht hat und der Verband der freien Berufe erklärt, zeigt, dass es bei diesen schon lange angekommen ist, dass Rot, Grün und die Landesregierung bereit sind, entsprechend mitzutun.
Deswegen nutze ich meine Redezeit nur sehr wenig aus und sage Ihnen: Betreffend die Meisterbriefe waren wir alle bereit, etwas ganz Neues und Gemeinsames zu entwickeln, was dann auch von uns gemeinsam seinen Titel bekommen hat. Das kann durchaus eine Möglichkeit sein, damit umzugehen. Es kann aber auch sein, dass wir etwas andere Akzente setzen wollen.
Aber wir sollten auf jeden Fall heute schon vereinbaren, dass wir ähnlich wie beim letzten Mal nicht nur im Ausschuss miteinander diskutieren, sondern uns in einer anderen Gesprächsatmosphäre zusammenzusetzen, um konstruktiv zu schauen, wie man zu möglichst breiter Übereinstimmung bei einer solchen Fragen kommen kann. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank für die Rede. – Als nächste Rednerin spricht Frau Schneckenburger für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht immer einfach, das richtige Maß zu finden. Wir begrüßen einerseits das Bestreben der EU-Kommission, unverhältnismäßige Hürden beim Berufszugang in den Mitgliedstaaten zu beseitigen. Andererseits ist es aber auch zum Erhalt bestimmter Berufsbilder notwendig, bestimmte Regulierungen in den Mitgliedstaaten zu erhalten. Wir haben das bei der Debatte um den Meisterbrief – das ist eben erwähnt worden – gemeinsam so gesehen und gemeinsam so betont.
Gleichzeitig – darüber sind wir uns alle einig – gibt es sinnvolle Beschränkungen, die speziell der Qualitätssicherung dienen, zum Beispiel zum Verbraucherschutz oder zum Ausbildungsniveau – Stichwort, wie gesagt: Meisterbrief –, die ihre positive Wirkung entfalten.
Politik muss klassischerweise abwägen, wie man mit konkurrierenden Zielen umgeht, wenn es einerseits darum geht, Barrieren abzubauen, und andererseits darum, Gutes zu schützen.
Für uns sind die freien Berufe eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft. Ihre Erfolgsgeschichte wollen wir respektieren und vor allen Dingen für die Zukunft der Wirtschaftsstruktur in Nordrhein
Gleichzeitig muss man aber auch die Grundfreiheiten in der EU anerkennen. Beispielsweise darf die Dienstleistungsfreiheit nicht einseitig zulasten von Gemeinwohlinteressen ausgelegt werden. Die
Kommission hat an verschiedenen Stellen, zum Beispiel im Rahmen der Revision der Richtlinie für gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen, allerdings einseitig auf die Öffnung des Sektors gesetzt.
Gleichzeitig muss man feststellen, dass auch der demografische Wandel und die hohen Arbeitslosenzahlen Europa in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen stellen. Wir haben eine bedrü
Vielerorts in Deutschland fehlen Fachkräfte. Auch darum ist es sinnvoll, gegenseitig Berufsabschlüsse anzuerkennen und dafür zu sorgen, dass junge Menschen, die zurzeit keinen Zugang zum Arbeitsmarkt in ihren südeuropäischen Ländern finden, jedenfalls vorübergehend Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten. Das darf wiederum nicht zulasten von Ausbildungsstandards gehen.
Das heißt, dass wir uns mit Blick auf die gute Diskussionskultur beim Meisterbrief, zu dem wir einen gemeinsamen Antrag formuliert haben, vorstellen können, zu einem gemeinsamen Diskussionsprozess zum Thema „freie Berufe“ zu kommen.
Der Mittelstandsbeirat hat im Februar dieses Jahres gerade mit Bezug auf den Meisterbrief betont, wie wichtig es ist, nicht nur den Meisterbrief im Handwerk zu schützen, sondern auch die Berufszugangsregelung für die freien Berufe. Auch dabei ist das Thema aufgerufen worden. Daher ist es ein Stück auf der nordrhein-westfälischen Tagesordnung.
Die Kommission selbst – das als letzte Bemerkung – ist etwas zurückgerudert. Sie hat selbst gesagt, sie wolle den Meisterbrief in Deutschland weder schleifen noch infrage stellen. Die Verantwortung bleibt bei den Mitgliedstaaten.