Protokoll der Sitzung vom 10.09.2014

(Beifall von der CDU)

Es kann doch nicht sein, dass Sie jeden Bezug zur Basis schon verloren haben, dass jetzt jeder Handwerker, der sich um einen Auftrag in irgendeiner Stadt bewirbt, das alles verstanden haben muss. Er soll ein guter Handwerker sein, aber doch kein Jurist. Das, was Sie denen alles abverlangen, kann sich ein kleiner mittelständischer Betrieb gar nicht mehr leisten.

(Beifall von der CDU)

Dann sitzen in den Kommunen – in der Stadt Essen sind es 2.000 Ausschreibungen im Jahr – städtische Beamte, die dann wieder schauen müssen, ob diese ganzen Seiten bei dem, was an Angeboten eingeht, eingehalten sind. Am Ende kommt man zur Vergabe. Und wenn Sie mit den Leuten reden, sagen die: Die Aufträge bekommen die gleichen Leute, die sie vorher auch bekommen haben.

Das ist der Unterschied zu uns. Wir würden das alles nicht machen. Wir haben klare Bundesgesetze. Das entlastet die Landesverwaltung, das entlastet die Unternehmen, und das führt zu mehr Produktivität in unserem Land. Das ist der Kernunterschied.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Stefan Zim- keit [SPD])

Erinnern Sie sich noch einmal kurz an die Grünen. Jede neue Planstelle umfasst eine Sollaktivenzeit von circa. 35 Jahren und eine anschließende Versorgungsphase von 22 Jahren. Alle diejenigen Leute, die das auf Planstellen in den Kommunen, in der Landesverwaltung machen, könnten sich auf andere Kernaufgaben konzentrieren. Dann könnten Sie locker 1,5 % in dieser Verwaltung abbauen, und das wäre ein wesentlicher Schritt zu geringeren Kosten in diesem Land.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Nächstes Beispiel! Ich könnte jetzt stundenlang Beispiele nennen.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Bitte nicht!)

Morgen verabschieden wir hier ein Hochschulgesetz. Das aktuelle Gesetz hat funktioniert. In den Hochschulen arbeiten die Leute; das wird parteiübergreifend anerkannt.

(Zuruf von Ministerin Barbara Steffens)

Unter Riesenprotesten der Rektoren und der Studierenden haben, wenigstens in den letzten Wochen, Veränderungen stattgefunden. Jetzt sagt Frau Schulze: Jetzt wird wieder Kompetenz in das Ministerium rückübertragen;

(Zuruf von Marc Herter [SPD])

denn man will die Leine wieder anziehen. Das ist die Absicht. Man will wieder steuern.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Das ist ja in Ordnung; das ist Ihr Politikmodell. Wir sind eigentlich zufrieden wie die Hochschulen im Land mit den Rektoren und mit den Studierenden arbeiten. Aber Ihr Modell ist, das zurückzuziehen. Jetzt sagen Sie: Aber dazu brauche ich keine neuen Beamten.

(Zuruf von Ministerin Barbara Steffens)

Was haben denn die gemacht, die das demnächst alles machen sollen.

(Heiterkeit von der CDU)

Sie werden doch nicht sagen, in Ihrem Ministerium sitzen Leute nutzlos herum. Wenn das so ist, hätten sie die abbauen können, dann hätte man einen freiwilligen Kürzungsvorschlag an den Finanzminister machen können.

Nein, Sie beschreiben wieder neue Aufgaben. Das Ministerium soll Rechtsverordnungen für die Anerkennung von Prüfungsleistungen und Studienabschlüssen machen, die Zahl der Module, Teilnahmevoraussetzungen, Anzahl und Dauer von Prüfungen regeln, Qualitätsanforderungen machen und, und, und. Wenn Sie das alles wieder zentral machen, brauchen Sie wieder Beamte.

Ich kann den schönen Spruch der Grünen wieder vorlesen: Jede neue Planstelle

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

umfasst eine Sollaktivenzeit von 35 Jahren. Der Vorschlag ist: Ziehen Sie das Gesetz zurück, dann läuft es in den Hochschulen besser.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie produzieren doch, Herr Mostofizadeh, an dem Beispiel der Zentralverwaltung wieder mehr Aufgaben.

An den Hochschulen kann man inzwischen kaufmännische Buchhaltung belegen. Zum Teil, sagen mir die Direktoren, müssen wir das immer in Kameralistik rückübersetzen, damit das im Ministerium überhaupt einer lesen kann. Dort können zwei Leute eine kaufmännische Buchführung lesen.

Die Hochschulen sind heute wesentlich weiter, und Sie haben die Idee: Wir müssen steuern, wir müssen regulieren, wir brauchen Beamte, Verordnungen. – Lasst die Leute vor Ort wirken! Dann kommt unser Land voran. Das ist die Kernbotschaft, die uns unterscheidet.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Die Rede hat Herr Lindner schon vor zwei Jahren gehalten! – Heiterkeit – Christian Lindner [FDP]: Das stimmt alles noch! – Unruhe)

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Herr Lindner hier vor zwei Jahren den Mindestlohn verteidigt hat. Das ist, glaube ich, eher der Versuch, Herrn Lindner jetzt endgültig den Todesstoß zu versetzen,

wenn Sie sagen, das seien Lindner-Reden, die hier gehalten würden.

(Zurufe: Oh! – Nein, nein! – Er muss noch mindestens zwei Jahre weiterarbeiten! – Aber eine gute Replik!)

Das hat überhaupt nichts mit FDP oder CDU zu tun, vielmehr lautet die Frage: Will man Kernbereiche haben, oder traut man den Menschen im Lande etwas zu? Und wir trauen den Hochschulen etwas zu. Wir trauen den sozialdemokratischen Rektoren und den grünen Kanzlerinnen mehr zu als jedem Beamten in dieser Landesverwaltung, in diesem Ministerium. Deshalb lassen wir die Rektoren und Kanzlerinnen wirken.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Oho! – Weitere Zurufe: Unverschämtheit! Das gibt es doch gar nicht!)

Da sagt die Ministerpräsidentin: Oho! – Trauen Sie das der Rektorin der Universität Münster nicht zu?

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Ich traue aber auch den Beamten etwas zu in unserem Land! – Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mehr oder weniger. Ich traue einem, der in der Hochschule aktiv ist, der die Akteure kennt, mehr zu als jedem, der fern aus Düsseldorf Ratschläge gibt, worüber geforscht werden soll. Ihre Vorstellung ist doch absurd!

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Fangen Sie ernsthaft Debatten darüber an, ob der Regierungsrat im Ministerium eine höhere Kompetenz hat als die Rektorin der Universität Münster? Sollen wir uns ernsthaft auf diese Frage konzentrieren?

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft – Zurufe von der CDU – Gegenrufe von der SPD)

Daran erkennen Sie den politischen Unterschied, und es ist ja auch gut, dass es diese Unterschiede gibt.

Frau Ministerpräsident, weiterhin kommt es darauf an, für die Interessen dieses Landes einzutreten. Ich denke, es gibt Themen, bei denen wir das gemeinsam machen können und auch in Zukunft machen werden. Zum Beispiel benötigen wir bei der Energiepolitik jetzt dringend ein Strommarktdesign, damit die Energieunternehmen, die eben beschrieben worden sind, die entsprechenden Perspektiven haben.

Bei dieser Frage sind wir uns einig. Dann dürfen wir aber jetzt, nachdem das EEG verabschiedet ist, nicht darüber nachdenken, ob Kohleverstromung in

Ballungsräumen noch opportun ist, sondern darüber, wie wir Druck in Berlin machen können.

Ich nenne Ihnen noch ein weiteres Thema: In den letzten Wochen hat uns die Maut sehr beschäftigt.

(Zuruf von der SPD: Oh je! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wissen Sie, ich habe mich die ganze Zeit eine Sache gefragt: 15 unserer Kollegen aus den Grenzräumen haben sich engagiert, haben ihre Ideen aufgeschrieben in einem Konzept, das zur Diskussion herumgeschickt worden ist.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Gibt es eigentlich bei den Sozialdemokraten keine Abgeordneten in den Grenzkreisen, die das genauso auf den Punkt bringen, wie unsere Kollegen das gemacht haben?

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Natürlich! Lesen Sie mal die Zeitung! – Wei- tere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)