Protokoll der Sitzung vom 10.09.2014

Den Gesetzentwurf der Piraten lehnen wir ebenfalls ab, wiewohl da an der einen oder anderen Stelle etwas Vernünftiges steht. Aber es ist insgesamt kein schlüssiges Konzept.

Meine Damen und Herren, das Hochschulzukunftsgesetz setzt gute Voraussetzungen für eine gute Entwicklung unserer Hochschulen. Wir haben aus guten Gründen entschieden, es so zu entwickeln und so zur Beschlussfassung vorzulegen. Das ist aus unserer Sicht ein Standortvorteil für die Wissenschaftslandschaft in Nordrhein-Westfalen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Genau! Die Rahmenbedingungen, die ich eben genannt habe, sind wichtig für die Vorgabe, wie Forschung und Lehre in unseren Hochschulen gelebt werden und schlussendlich auch gesellschaftlich verantwortet werden.

Ich sage Dank an diesem Tag an alle, die sich am Gesetzgebungsprozess beteiligt haben, im Parlament und außerhalb des Parlaments, auch an die Kritiker des Gesetzes, denn es schärft die Argumentation, wenn man auch die Kritik ernst nimmt. Eine ganze Reihe derjenigen, die sich an diesem Prozess beteiligt haben, sitzen heute auf der Tribüne. Ein herzliches Dankeschön fürs Mitmachen!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Nun geht es darum, im Rahmen einer einjährigen Übergangsfrist das Gesetz umzusetzen und die Hochschulentwicklungsplanung – da sind wir hier als Landtag ganz besonders gefragt – auf den Weg zu bringen.

Ich sage hier für meine Fraktion zu: Wir werden auch die Umsetzung dieses Gesetzes begleiten und unsere Hochschulen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben weiter unterstützen. Das ist unser Wunsch, und das ist auch unsere Zusage an unsere Hochschulen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Berger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Betrachtet man die Personen, die in den vergangenen Jahrzehnten das Amt des Wissenschaftsministers innehatten, von Frau Brunn

über Frau Kraft bis hin zu Andreas Pinkwart, dann stellt man fest:

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Jede dieser Personen hat dazu beigetragen, dass die Situation der Wissenschaft in NordrheinWestfalen besser geworden ist. Aber mit Ihnen, Frau Schulze, befindet sich nun eine Person an der Spitze des Ministeriums, die erstmals an einer Degeneration des Wissenschaftssystems arbeitet.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Schon der Name „Hochschulzukunftsgesetz“ ist zynisch: weil es positive Entwicklungen hemmt, weil es die Steuerung von Hochschulen erschwert und weil überhaupt keine sachlichen Gründe dafür existieren, dass das erfolgreiche Hochschulfreiheitsgesetz von Andreas Pinkwart abgeschafft werden soll.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Nach Aussagen der Hochschulen ist das Hochschulfreiheitsgesetz die Grundlage für die erfolgreiche Handhabung des doppelten Abiturjahrgangs, für die beeindruckende Verdoppelung der Drittmittelquote und für die hervorragenden Leistungen und Erfolge unserer Hochschulen bei der Exzellenzinitiative.

Stellvertretend dafür steht die Aussage von Herrn Prof. Schmachtenberg, dem Rektor der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule in Aachen, der 2013 feststellte, dass die Siege der RWTH in der Exzellenzinitiative ohne die Autonomierechte des Hochschulfreiheitsgesetzes genauso wenig möglich gewesen wären wie die Verdopplung der Drittmitteleinnahmen.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Frau Schulze, Sie haben die gesetzlich vorgeschriebene Evaluation des Hochschulfreiheitsgesetzes verhindert, damit die positiven Wirkungen der Hochschulfreiheit gar nicht erst Teil dieser parlamentarischen Debatte werden konnten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie haben jetzt ein sogenanntes Hochschulzukunftsgesetz auf den Weg gebracht. Sie legen Hochschulen an die ministerielle Kette, Sie öffnen dem politischen Diktat Tür und Tor. Denn das Leitmotiv Ihres Gesetzes besteht darin, die Hochschulen im ersten Schritt zu entmündigen, um sie dann im zweiten Schritt zu bevormunden.

Sie führen einen Landeshochschulentwicklungsplan ein, über den politischer Einfluss auf die strategische Ausrichtung jeder einzelnen Hochschule ausgeübt wird. Selbst Fragen der Forschung werden als Gegenstand in diese Pläne aufgenommen. Und der Landtag soll dann als eine Art Feigenblatt die Eckpunkte des Landeshochschulentwicklungsplanes im Benehmen begleiten. Weigert sich eine

Hochschule, so wird von Ihnen der universitäre eigene Hochschulplan verpflichtend verordnet.

Das ist im Kern ein diktatorischer Wissenschaftsplan, der massiv in die universitäre Freiheit eingreift und der politische Steuerung zum Ziel hat.

An dem Gesetz insgesamt wird auch klar, dass Sie Hochschulen nicht als Orte von Forschung und Lehre betrachten, sondern als Stätten zur Realisierung Ihrer gesellschaftspolitischen Vorstellungen.

(Beifall von der CDU)

Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis die ersten Lehrstühle zur Erforschung der 150-jährigen Geschichte der Sozialdemokratie von Ihnen eingerichtet werden.

Vorgestern schrieb die „Süddeutsche Zeitung“:

„Beklagenswert an den gegenwärtigen ‚Reform‘Vorhaben ist ihr eklatanter Mangel an visionärer Kraft.“

Das ist ohnehin ein Grundsatzproblem dieser Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Weiter heißt es in der „Süddeutschen“:

„Anstatt das Bemühen der Universitäten nach unverwechselbarem Profil und selbständiger Lenkung zu unterstützen …, verheddert sich hier landesherrliche Hochschulpolitik in provinziellem KleinkIein.“

Laut „Süddeutscher“ „ein Rückgriff in die Klamottenkiste der Hochschulpolitik der Siebzigerjahre“. – So vorgestern die „Süddeutsche Zeitung“. Recht hat sie!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Rot-Grün hat jetzt einen Entschließungsantrag vorgelegt. Allein die Vorlage eines Entschließungsantrags zeigt, wie sehr Sie sich in der intellektuellen Defensive befinden – wenn Sie einen Entschließungsantrag zum besseren Verständnis eines Gesetzes vorlegen müssen.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Ziehen Sie doch Ihren Antrag zurück!)

Die Begründungen in Ihrem Entschließungsantrag, warum Sie denn ein neues Gesetz brauchen, heißen: Demokratie, Mitbestimmung, Transparenz und gute Arbeit.

(Zuruf von der SPD)

Ich sage Ihnen nur so nebenbei: Die CDU glaubt, dass die wichtigsten Punkte im Hochschulbereich Forschung und Lehre sind. Aber Qualität der Lehre und Verbesserung von Forschungsbedingungen werden von Ihnen in der wichtigsten Gesetzgebungsdebatte im Hochschulbereich völlig ignoriert.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von Karl Schultheis [SPD] und Nadja Lüders [SPD])

Betrachten wir doch mal den Punkt „Demokratisierung“! Ich stelle mal fest, was im Gesetz steht: Der Rektor der Hochschule wird abschließend vom Ministerium bestellt. Neue Dienstvorgesetzte Stelle ist das Ministerium. Der Landeshochschulentwicklungsplan legt die Planungen der Hochschulen fest. – All das hat mit Demokratisierung und Demokratie genauso wenig zu tun, wie der Parlamentarismus in der DDR mit Demokratie zu tun hatte.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Es geht noch weiter, Herr Schultheis. Das Hauptinstrument zur Abschaffung der Hochschulfreiheit, das Sie sich haben einfallen lassen, sind die Rahmenvorgaben.

(Karl Schultheis [SPD]: So ein Schwachsinn!)

Damit schafft sich jetzt die Ministerialbürokratie eine Blankovollmacht für politisch motivierte Eingriffe im Bereich der Personalverwaltung, in Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten, im Gebühren-, des Kassen-, Rechnungswesen, in Aufgaben der Berufsbildung – also irgendwie bei allen Themen, die eine Rolle spielen.

Und all das passiert ohne parlamentarische Kontrolle; denn – da können Sie jetzt sagen, was Sie wollen – zwar muss die Verordnung einmal durch den Landtag, aber eben auch nur einmal; danach hat der Landtag nichts mehr zu sagen, das Ministerium kann schalten und walten, wie es will. Frau Schulze, Demokratie sieht definitiv anders aus.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Eine zweite Begründung Ihres Entschließungsantrags, Ihres Erklärungsversuchs für das Gesetz, ist das Ziel „Gute Arbeit“. Das Ziel „Gute Arbeit“ ist doch ganz einfach, und dazu brauchen Sie auch kein neues Gesetz: Wenn Sie es mit Guter Arbeit an den Hochschulen ernst meinen, dann erhöhen Sie die Grundfinanzierung; dann können die Hochschulen ihren Mitarbeitern langfristig gute Verträge anbieten.