Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben in den Debatten der letzten Zeit häufig festgestellt, dass die Ge
staltung des digitalen Wandels eine Jahrhundertaufgabe ist. Ein Stück weit fügt sich der vorliegende Antrag in dieses Thema ein, weil er natürlich ein richtiges Ziel herausgreift, nämlich das, die digitale Teilhabe zu erhöhen. Insofern kann ich mich dem Dank des Kollegen Schneider anschließen, dass wir dieses Thema heute auf der Tagesordnung haben. Denn das Ziel, die digitale Teilhabe zu erhöhen, ist ein Ziel, dem sich die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen mit Nachdruck verschrieben hat.
Auch deswegen hat die Landesregierung im Oktober 2012 eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Störerhaftung unterstützt. Deshalb haben wir hier im Haus – es ist gerade schon angesprochen worden – vor knapp einem Jahr der neuen Bundesregierung genau dieses Thema der Abschaffung der Störerhaftung als einem langjährigen Hemmschuh des Ausbaues offener Zugänge zum Internet ins Stammbuch geschrieben. Das ist gut gewesen. Es ist auch gut gewesen, dass wir das so adressiert haben.
Im Moment – das hat der Kollege Schick gerade tatsächlich nicht unzutreffend beschrieben – gibt es die Diskussion darüber, wie die Bundesregierung das konkret macht. Nicht alle Signale in dem Zusammenhang sind ausschließlich positiv. Ich habe von dieser Stelle aus mehrfach angekündigt – darüber haben wir einen Konsens –, dass die Lösung dieses Problems sich natürlich an Kriterien messen lassen muss, dass die Abschaffung der Störerhaftung dem Zweck, die digitale Teilhabe zu fördern, dienen muss und dienlich sein muss.
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Förderung des Freifunks ist aber mehr als die Abschaffung der Störerhaftung.
Es geht auch um die Anerkennung des Engagements vieler Bürgerinnen und Bürger, vieler Initiativen vor Ort in unserem Land. Ich kann für meine Fraktion diese Anerkennung aussprechen und mich bei denjenigen bedanken, die durch ihre Arbeit in den Freifunkinitiativen dafür sorgen, dass es mehr Zugangsmöglichkeiten zum Internet gibt.
Schauen wir uns die Lage an, erkennen wir: Es gibt eine große Zahl lokaler Initiativen, die die Freifunkphilosophie vorantreiben. Freifunk ist eine Initiative aus der Zivilgesellschaft mit dem Ziel, dezentrale und selbstverwaltete Funknetze aufzubauen, diskriminierungsfreie Zugänge zu schaffen und anonymisiertes und unzensiertes Surfen zu ermöglichen.
Ich fand, dass das Beispiel, das der Kollege Schneider gerade schon angesprochen hat, im Hinblick auf kreative Lösungen, die das zum Teil auch hervorbringt, sehr interessant ist. Sie haben das
Projekt von Freifunkern aus Berlin angesprochen, mit sogenannten Freedom-Fighter-Boxen gegen die Störerhaftung vorzugehen und den Umweg über Schweden zu wählen, das heißt über einen schwedischen VPN-Anbieter Daten zu leiten. Das war sicherlich ein ganz spannendes Projekt. Wenn man auf solche Lösungen kommen muss, zeigt das aber nur, wie groß eigentlich der Handlungsbedarf tatsächlich ist, das Thema „Störerhaftung“ endlich in den Griff zu kriegen.
Denn: Wir brauchen – das ist ein Gedanke, der uns alle eint – mehr Zugänge zum Internet. Wir müssen nicht nur mit einem insgesamt sehr positiven Wachstum der Zahl der Nutzerinnen und Nutzer des mobilen Internets fertig werden. Auch gibt es einen steigenden Datentransfer. Wenn wir uns die Zahlen angucken: Bis 2018 wird mit einer Verzehnfachung mobiler Datenverkehre gerechnet. Auch da zeigt sich sicherlich eine Herausforderung.
Wir haben – auch um die Bemühungen von Freifunkinitiativen anzuerkennen – auf der Internetseite des landeseigenen BreitbandConsultings bereits Informationen und Best Practices veröffentlicht. Auch das ist im Übrigen eine Umsetzung des Koalitionsvertrages. Ich könnte mir vorstellen, dass wir darüber noch mal diskutieren werden, wenn Sie da konkreten Änderungsbedarf haben.
Ich möchte erst mal feststellen: Wir haben uns da auf den Weg – ich glaube, auf einen guten – gemacht. Natürlich sind wir aber auch da nicht immun gegen Verbesserungsvorschläge; denn es ist immer sinnvoll zu schauen, wo wir – auch als Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker – Initiativen auch vor Ort unterstützen können. Ich erlebe, dass immer mehr kommunale Akteure fragen: Wie können wir das machen? Wie können wir da Infrastrukturen vor Ort ausbauen? Es gibt eine breite Öffentlichkeit, die den Wunsch nach vorne bringt, mehr Zugänge zum Internet zu schaffen. Da gibt es viele Akteure, die wir vor Ort stärken müssen.
Natürlich sind wir – auch das kann ich an dieser Stelle schon sagen – für weitere gute Ideen offen und gehen einfach mit einer ehrlichen Offenheit in diesen Prozess hinein. Ich kann für mich sagen: Ich freue mich sehr auf die Beratungen in den Ausschüssen. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Motto könnte heute auch sein: Lasst 1.000 Freifunkblumen blühen! – Überall entstehen viele Freifunkinitiativen. Sie benötigen
Kollege Lamla ist gerade in die Geschichte zurückgegangen. Ich habe überlegt: Wann bist du eigentlich selber mal damit in Berührung gekommen?
Mir ist eingefallen, dass es vor 2005/2006 schon mal eine Initiative des Vereins „pro Ruhrgebiet“ gab, das sogar fürs Ruhrgebiet zu machen. Ich bin damals eingestiegen. Wir haben das damals für Vereine im Kulturbereich, für die ich verantwortlich zeichnete, übernommen. Bis heute haben wir damit keine Probleme gehabt. Interessanterweise funktionieren ein paar der alten Schätzchen sogar noch. Insofern ist es zu begrüßen, dass viele kleinere Betriebe – auch Geschäfte in den Innenstädten – und Vereine das in ihren Räumen und außerhalb kostenlos zur Verfügung stellen und sich auch zu Netzwerken zusammenschließen.
Der Appell an die Landesregierung, Freifunkinitiativen zu begrüßen und zu loben, wird jetzt zwar keine unmittelbaren, konkreten Folgen haben; aber schaden kann es natürlich auch nicht.
Der Antrag der Piraten beinhaltet einige interessante Anknüpfungspunkte. Eine stärkere Verpflichtung von Institutionen im öffentlichen Bereich ist in der Tat ein wichtiger Punkt, über den wir mit dem Land sprechen sollten. Politik sollte natürlich darauf hinwirken, dass öffentliche Liegenschaften oder Ähnliches für Freifunkinitiativen mit zur Verfügung gestellt werden, wo immer das möglich und zweckdienlich ist, und dass in ihrem Verantwortungsbereich, im öffentlichen Bereich, auch darauf hingewirkt wird, dass möglichst viele offene WirelessLAN-Zugänge angeboten werden, etwa bei der Vermietung von Flächen und Gebäuden an Dritte, was auch immer.
Man muss prüfen, wie mit Internetzugängen von Behörden ebenfalls ein Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort geschaffen werden kann. – Herr Kollege Schneider, Sie gaben den konkreten Tipp, das vielleicht auch für Mitteilungen über Staus und dergleichen zu nutzen. Okay, das kann man tun. Allerdings sollte es dann bitte nicht als Sprachrohr für die Mitteilungen der Pressestelle der Stadt benutzt werden. Ich glaube, das wäre nicht so zweckdienlich.
Wichtig wäre es natürlich ferner, dass die Politik auch mit geeigneten Rahmenbedingungen dafür sorgt, das Engagement weiter zu ermöglichen und zu unterstützen. Dazu gehört natürlich das Telemediengesetz. Nicht zuletzt dort werden die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten geregelt.
Es hat durchaus etwas für sich, Freifunkanbieter genauso wie kommerzielle Access-Provider zu verstehen und sie mit den entsprechenden Privilegien auszustatten. Dieser Gedanke findet sich ja nicht
Ich glaube, dass wir bei der Störerhaftung eine leicht andere Auffassung haben. Sie ist schon ein aus der Rechtsprechung heraus entwickeltes Konzept. Ich finde, das muss man ein bisschen berücksichtigen. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, sich sozusagen drum herum zu organisieren. Wir haben dieses Problem – ich spreche jetzt von meinem eigenen Bereich – nie gehabt. Zwar gab es Versuche von Kanzleien und Abmahnvereinen. Aber gut, vielleicht haben wir auch nur Glück oder wohlmeinende Richter gehabt; das kann sein.
Man muss sich aber schon die Frage stellen, wenn es um die Stichworte „Datensicherheit“ oder „Integrität von Infrastrukturen“ geht, ob eine vollständige Freistellung von jedweder Verantwortung – die in der Praxis übrigens gar nicht existiert – tatsächlich gewollt ist. Wer kümmert sich darum? Und wenn niemand verantwortlich ist: Wie läuft das dann?
Viele umgehen das Risiko der Störerhaftung, indem sie professionelle Dienstleister engagieren. Sie haben völlig recht, dass im Entwurf der Digitalen Agenda – die ja keine ist, wie wir schon vor ein paar Wochen hier festgestellt haben – plötzlich nur noch Beispiele von gewerblichen Wireless-LAN genannt werden.
Das Problem der Regierung mit der Gesetzesänderung – das ist mittlerweile ja zäh wie Kaugummi – liegt wohl eher darin, dass das Gesetzesvorhaben von der Rechtsprechung überholt worden ist und man die Gesetzesänderung vielleicht auch gar nicht mehr braucht. Das BGH hat ja entschieden, dass sich ein Betreiber von der Störerhaftung befreien kann, indem er einfach nur formal beweist, dass sein Teilnehmeranschluss als öffentliches WirelessLAN betrieben wurde.
Das alles ist guter Stoff für unsere Beratungen im Ausschuss. Die werden bestimmt sehr interessant sein. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Nun spricht für die Landesregierung die zuständige Ministerin, Frau Dr. SchwallDüren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ja, es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass engagierte Menschen dezentrale, nicht kommerzielle Computernetze aufbauen. Die Freifunkidee ist gut. Von erfahrenen Bürgerinnen und Bürgern selbstverwaltete Infrastruktur für freien Zugang zum Netz – das vernetzt im besten Fall nicht nur Computer, sondern auch Menschen vor Ort, zum
Beispiel beim Freifunk-Jugendprojekt des Chaos Computer Clubs – das ist schon genannt worden –, das an diesem Sonntag in Köln startet.
Die Landesregierung sieht Handlungsbedarf vor allen Dingen bei der von vielen von Ihnen schon angesprochenen Haftungsfrage für Betreiber von WLAN-Hotspots. Es kann nicht sein, dass Privatleute, gemeinnützige Vereine, Hotels, Cafés oder andere Gewerbetreibende vor Ort das Risiko der Störerhaftung tragen, Access-Provider davon hingegen ausgenommen sind. Kein Betreiber öffentlicher Hotspots sollte das Haftungsrisiko für den Missbrauch anderer Nutzerinnen und Nutzer tragen.
Deshalb, meine Damen und Herrn, hat sich die Landesregierung bereits auf Bundesebene für die Haftungsprivilegierung aller Betreiberinnen und Betreiber öffentlicher WLAN-Hotspots eingesetzt.
Mit Unterstützung dieser Landesregierung – Sie wissen das – hat der Bundesrat am 21. Oktober 2012 die Bundesregierung gebeten, eine entsprechende Änderung der bisherigen Gesetzeslage zu prüfen. Das muss sicher auch angesichts der neueren Rechtsprechung erfolgen.
Ein entsprechender Entwurf der Bundesregierung ist angekündigt. Sobald er vorliegt, kann er analysiert und können gegebenenfalls weitere konkrete Schritte der Landesregierung abgewogen werden. Es ist sachgerecht, über Schritte zur Erleichterung des Hotspot-Ausbaus zu entscheiden, und wichtig, nachdem diese rechtliche Grundlage für die Neuregelung der Störerhaftung vorliegt und bewertet ist.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung vertrat 2012 im Bundesrat und vertritt heute dasselbe übergeordnete Ziel wie der Antrag: Betreiberinnen und Betreiber öffentlicher WLAN-Hotspots sind bei der Haftung zu privilegieren wie Provider. Das soll den Ausbau freier öffentlicher Netzzugänge fördern.
Ich wünsche mir, dass wir Initiativen ergreifen, nachdem der Entwurf der Bundesregierung zur Überarbeitung der Störerhaftung vorliegt und geprüft wurde, und bin gespannt auf Ihre Ideen, die Sie in der Ausschussberatung weiterentwickeln werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Minister Dr. Schwall-Düren. – Damit sind wir am Ende der Beratungen über diesen Antrag.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/6850 an den Ausschuss für Kultur und Medien – federführend –, an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und