Protokoll der Sitzung vom 03.12.2014

Viele Städte sehen sich – da sind wir wohl fraktionsübergreifend einer Meinung – einem Dilemma ausgesetzt: deutlich veränderte gesellschaftliche Strukturen, eine Bevölkerung, die weniger und älter wird und andere Bedürfnisse an Stadtinfrastrukturen hat als frühere Generationen. Gleichzeitig haben wir in diesen Städten und Gemeinden eine schwierige wirtschaftliche Situation. In einem nächsten Schritt haben genau diese Städte und Gemeinden nicht den nötigen finanziellen Spielraum, um ihre Städte an diese geänderten Bedürfnisse anzupassen.

Deswegen kommen Sie als SPD und Grüne einer Aufgabe, die dieser Landtag hat, nicht nach. Denn dieser Landtag muss auch für gleichwertige Lebensverhältnisse im Land Nordrhein-Westfalen sorgen. Wenn Sie in das Land gucken, sehen Sie, dass wir heute dort, wo die Bedingungen am schlechtesten sind, die höchsten Grund- und Gewerbesteuern haben.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

So eine Ungerechtigkeit kann doch nicht ernsthaft das Ziel von Politik sein, ohne diese Ungerechtigkeit am Ende über ein Gemeindefinanzierungsgesetz auszugleichen.

(Beifall von der CDU)

Genau vor diesem Hintergrund haben wir dafür geworben, den Demografiefaktor im Gemeindefinanzierungsgesetz anzupassen. Denn die Städte und Gemeinden, die vor diesen immensen Herausforderungen stehen, kommen mit den üblichen Mechanismen, die wir im Gemeindefinanzierungsgesetz

haben, nicht zurecht. Deshalb war es der Ansatz der CDU, eine Veränderung herbeizuführen, um diesen Städten und Gemeinden beizuspringen und deutlich zu machen, wir lassen sie mit diesen Anpassungserfordernissen am Ende nicht alleine.

Wir haben einen weiteren Vorschlag unterbreitet, wie der stetige Anstieg der kommunalen Steuersätze zumindest gedämpft werden kann. Aber Sie lehnen diesen Weg ab. Gleichzeitig zeigen Sie aber auch keine Alternative auf, in welche Richtung es gehen soll. Denn mit der Politik, die Sie mittelbar durch den Stärkungspakt ausgelöst haben, steigen Mieten und Preise weiter, und zwar immer schneller, und am Ende trifft es insbesondere Bürgerinnen und Bürger, Familien und Alte im unteren und mittleren Einkommenssegment. Das sind doch eigentlich die, für die Sie zumindest immer lautstark versuchen, Politik zu machen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Sie haben in der Tat mit dem GFG einige der im FiFoGutachten vorgeschlagenen Änderungen umgesetzt. Aber es bleibt bei den strukturellen Schwächen dieses Gemeindefinanzierungsgesetzes. Vor diesem Hintergrund werden wir es ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Körfges.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war nicht ungeschickt von der CDU, Kollegin Scharrenbach nach vorne zu schicken, weil sie als Person mit den Lasten der Vergangenheit nicht besonders viel zu tun hat. Aber es ist trotzdem schon ein dreistes Stück, was die CDU hier insbesondere im Hinblick auf die finanzschwachen Kommunen in unserem Land aufführt, um ihren Irrweg auch noch mit den Änderungsanträgen zum GFG zu begründen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich kann Ihnen nur sagen: Da bleibt einem die Spucke weg. Wir haben Gott sei Dank mit 9,6 Milliarden € die höchste Masse im Gesetz, und – erster Unterschied zu Ihrer alten Politik – wir lassen den Kommunen das Geld und befrachten dieses GFG nicht mit einem Stabilisierungsbeitrag zugunsten des Landeshaushalts. Das ist noch nicht so lange her, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Darüber hinaus haben wir seinerzeit den Kommunen die Grunderwerbsteueranteile zurückgegeben. Auch das hat bei Ihnen offensichtlich irgendwo in Ihrem Langzeitgedächtnis nicht so stattgefunden. Denn die heute selbsternannten besten Freunde der Kommunen hatten seinerzeit den Kommunen

gegenüber nicht weniger, aber auch nicht mehr als Steine statt Brot.

(Kai Abruszat [FDP]: Och!)

Ich darf Ihnen ein paar Beispiele nennen – unvergessen –: Aufgabenverlagerung zulasten der Kommunen oder Aktionen wie „Politik der klebrigen Hände beim KiföG“ oder Einheitslasten oder Schädigung der Kommunalwirtschaft nach der Melodie „Privat vor Staat“.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Heute den Kommunalfreundlichen zu geben, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist schon sehr mutig.

Gekrönt wurde das seinerzeit – ich habe das Wort noch gut im Ohr – von der Aufforderung, einen sogenannten Mentalitätswechsel nach dem Motto „Ihr seid an eurem Elend selber schuld“ vorzunehmen. Sie haben damals die kommunalen Finanznöte nicht nur nicht ernst genommen, sondern die Kommunen veralbert. Ich stelle mit Anerkennung fest: Der Mentalitätswechsel hat stattgefunden. Zumindest räumen CDU und FDP heute ein, dass es bei unseren Kommunen ein strukturelles Problem gibt.

Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen: Manch einer wird dann Ihre Ankündigung, sich um die Kommunalfinanzen mehr kümmern zu wollen, eher als Drohung denn als Versprechen verstehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Von daher ein paar Fakten: Bei der Regierungsübernahme durch Rot-Grün waren 138 Kommunen im Nothaushalt. Im vergangenen Jahr waren es noch vier.

(Zuruf von Kai Abruszat [FDP])

Ach, Herr Abruszat, zu Ihnen komme ich gleich noch. Ihnen erspare ich gleich ein bisschen Ihrer eigenen Redezeit.

Wir haben den Kommunen bis heute 3,15 Milliarden zusätzlich zur Verfügung gestellt.

Herr Kollege, entschuldigen Sie. Würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kuper zulassen?

Ja, mit großer Freude. Das verlängert meine Redezeit.

So würde ich es nicht ausdrücken. Sie kennen die Regeln.

Herr Kollege Körfges, Sie hatten gerade auf die Veränderung in der Zahl der Nothaushaltskommunen hingewiesen. Ist es richtig, dass diese Veränderung nicht darauf zurückzuführen ist, dass man den Kommunen strukturell einen

Euro mehr gegeben hat, sondern dadurch, dass Sie die entsprechenden Paragrafen geändert haben?

(Kai Abruszat [FDP]: Bilanztrick!)

“Bilanztrick“ war hier angesprochen. Dadurch hat sich die Zahl der Nothaushaltskommunen deklaratorisch verändert. Aber durch die Abnahme der Zahl der Nothaushaltskommunen ist es bei der Zahl der Haushaltssicherungskommunen zu einem entsprechenden Anstieg gekommen.

Herr Kollege, wenn Sie auf die Änderung des § 76 der Gemeindeordnung anspielen, kann ich Ihnen nur sagen: Uns ist es gelungen – im Gegensatz zu Ihnen seinerzeit –, den Kommunen Handlungsfähigkeit zurückzugeben und

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der FDP: Oh!)

in den Kommunen die Entscheidungen über eigene Anstrengungen wieder möglich zu machen. An der Stelle sind Sie doch gerade durch die Zwischenfrage übelst enttarnt worden. Sie haben seinerzeit nichts unternommen, um den Kommunen zu helfen. Nein, Sie haben Wegelagerei und Taschendiebstahl bei unseren Kommunen veranstaltet

(Zurufe von der FDP: Oh!)

und machen hier heute Folgendes: Statt sich der Verantwortung für vergangenes Tun zu stellen, unterbreiten Sie völlig untaugliche Vorschläge.

Der Kollege Abruszat weist ja immer auf die Vergangenheit hin und meint, dass die Absenkung – das ist ein Mantra, das Sie hier regelmäßig aufsagen –

(Zuruf von Kai Abruszat [FDP])

der Verbundquote ein Sündenfall gewesen sei.

(Kai Abruszat [FDP]: Absolut richtig!)

Das ist intellektuell unredlich, Herr Kollege, und unsauber argumentiert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn das denn aus Ihrer Sicht so war, dann frage ich mich: Warum haben Sie von 2005 bis 2010 da nichts geändert?

(Kai Abruszat [FDP]: Finanzkrise!)

Warum stellen Sie heute keine entsprechenden Haushaltsanträge?

(Beifall von den GRÜNEN)

Wer Dreisatz kann, Herr Kollege, ist im Vorteil.