Protokoll der Sitzung vom 03.12.2014

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch zum Bereich „Internationale Angelegenheiten – Eine Welt“ möchte ich einige wenige Bemerkungen machen; leider lässt die begrenzte Zeit nicht mehr zu.

Wir wollen an unserer europapolitischen Arbeit festhalten und einerseits die breit angelegte und konstruktive Debatte über Europa und die Zukunft der Europäischen Union in allen Teilen der Gesellschaft intensiv fortsetzen. Wir werden aber andererseits die Arbeit der neuen Kommission in ihrer neuen Clusterstruktur, die viele Chancen bietet, kritischkonstruktiv begleiten und nordrhein-westfälische Interessen frühzeitig einbringen. Das werden wir mit verschiedenen Veranstaltungen und Formaten tun. Insofern bin ich gespannt auf das Arbeitsprogramm der Kommission, das sie voraussichtlich am 16. Dezember vorlegen wird. Wir werden gemäß der Informationsvereinbarung zu Beginn des Jahres eine Bewertung des Programms vorlegen und daraus europapolitische Prioritäten der Landesregierung ableiten.

Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass einige Themen, wie beispielsweise die Stärkung der sozialen Dimension oder die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion, auch in 2015 von grundlegender Bedeutung sein werden. Das werden wir in unserer Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen, mit Multiplikatoren, mit den Kommunen und mit den Zielgruppen der Europaarbeit gemeinsam voranzubringen versuchen.

Ich möchte auch die wesentlichen Ziele unserer Arbeit im Bereich der internationalen Beziehungen und der Eine-Welt-Politik noch einmal unterstreichen. Sie wissen es: Im Zuge der stetig fortschreitenden Globalisierung nimmt die Pflege und Weiterentwicklung der Beziehungen zu unseren internati

onalen Partnern einen immer größeren Stellenwert ein. Zuletzt konnten wir das sehr deutlich auch beim Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping Ende März 2014 feststellen. China ist inzwischen zum zweitgrößten Handelspartner NordrheinWestfalens aufgestiegen.

Dass unsere besonders enge Verbindung zu Israel auch 70 Jahre nach dem Ende der Shoah weiter gepflegt wird, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Auch hier müssen wir dazu beitragen, dass das Kennenlernen und die Beziehungen gepflegt werden, ganz im Sinne von Johannes Rau: Einen Fremden zu hassen, fällt allemal leichter, wenn man ihn nicht kennt.

Aber auch alle übrigen Beziehungen zu unseren Partnerländern werden wir auch in Zukunft pflegen.

Dass das Jahr 2015 für die Eine-Welt-Politik eine besondere Rolle spielt, wissen die Eingeweihten. Die Europäische Union hat das Jahr als das Jahr der Entwicklungszusammenarbeit ausgerufen, und auch die Ziele der Post-2015-Agenda müssen in diesem Bereich vorangebracht werden. Wir werden diese Prozesse unter anderem dadurch begleiten, indem wir Projekte in der Europawoche, die sich mit diesem Themenfeld auseinandersetzen, unterstützen werden.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss noch ein paar wenige Sätze zum Bereich „Medien“. Die Digitalisierung verändert unsere Medien und unsere Kommunikation nachhaltig. Darauf müssen und wollen wir reagieren, und daher setzen wir auch mit der Film- und Medienstiftung hier neue Akzente.

Die Kürzung, die in diesem Bereich jetzt nur noch mit 250.000 € vorgenommen wird, ist schon angesprochen worden. Sie wissen, dass ich mich damit schwergetan habe. Wir haben allerdings gesagt, dass wir ein Zeichen setzen müssen. Deshalb wollen wir auch in diesem Bereich Haushaltskonsolidierung betreiben; schließlich können wir in den nächsten Jahren mit Überschüssen aus den Rundfunkbeiträgen rechnen.

Meine Damen und Herren, meine Zeit ist um; das war ein Schnelldurchritt. Ich möchte Ihnen danken im Ringen um den besten Weg für unser Land; das zeigt sich auch in der Auseinandersetzung um den Haushalt. Ich bedanke mich für die sachliche Arbeitsatmosphäre; das ist schließlich nicht selbstverständlich. Insofern hoffe ich, dass wir auch die dritte Lesung in dieser sachlichen Atmosphäre hier im Landtag halten werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Die Landesregierung hat ihre Redezeit um 1:24 Minuten überschritten. Das wird den anderen Fraktionen natürlich entsprechend positiv angerechnet.

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin von Boeselager.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Haushaltsrede auch über Europa und die Eine-Welt-Politik gesprochen. Die Haushaltsansätze sind sozusagen bei null. Ich kann überhaupt keine neuen Ansätze erkennen. Aus diesem Grund ist es aus unserer Sicht tieftraurig, was dazu geliefert wurde.

Wenn ich mir überlege, dass Sie 1,42 Millionen €, die für die Eine-Welt-Arbeit vorgesehen waren, in den Wissenschaftsbereich überführen, dann frage ich mich, welchen sachlichen Grund es dafür gibt. Bisher habe ich keinen erkennen können. Das ist eine Schwächung des internationalen Engagements der Landesregierung, und das kritisieren wir.

Unsere Zuarbeit in Mpumalanga – Mpumalanga ist eine südafrikanische Provinz und Partnerregion von Nordrhein-Westfalen – ist faktisch zum Erliegen gekommen. Wir haben vor Kurzem eine Besuchergruppe von Ehrenamtlichen empfangen – der deutsche Botschafter befindet sich derzeit wohl auch in Gesprächen –, um Kontakte wieder aufzufrischen. Ich bitte Sie herzlich: Nutzen Sie diese Kontakte. Lassen Sie sie nicht einschlafen.

Das Gleiche gilt für unser Partnerland Ghana. Vor Kurzem hatten wir hier einen Partner der Steyler Mission zu Besuch. Ich bin einmal gespannt, ob Sie diese positiven Entwicklungen, die dort zu verzeichnen sind – das könnte man für das Land vertiefen –, aufgreifen.

Gleichzeitig haben Sie die Förderung von Projekten im Ausland von 220.000 € auf 50.000 € gekürzt und dafür das Promotorenmodell gestärkt. In diesem Promotorenmodell sind Leute angestellt, um ehrenamtliches Engagement – das Gott sei Dank bei vielen Menschen in NRW vorhanden ist – zu stärken.

Grundsätzlich sagen wir Ja zu diesem Promotorenmodell. Wir haben bisher aber noch keine Evaluierung des Programms erhalten. Was die Promotoren insgesamt leisten, muss regelmäßig auf den Prüfstand. Man kann nicht immer nur weiter Geld geben, sondern man muss dem Ausschuss auch einmal im Jahr vorlegen, was in diesem Promotorenmodell überhaupt passiert. Das haben wir eingefordert, da ist aber bisher nichts gekommen.

Die Arbeit für Europa und Eine Welt ist faktisch eingefroren. Das ist, denke ich, keine gute Zukunft. Sie haben es eben erwähnt: Im nächsten Jahr – und das ist ja schon bald – gibt es das Europäische Jahr der Entwicklung. In diesem Zusammenhang haben sich alle Bundesländer verabredet, – ich zitiere – „an den Durchführungen eines umfassenden Europäischen Jahres mitzuwirken und mit eigenen Überlegungen und Initiativen zu dem von der Kommission vorgeschlagenen nationalen Arbeitsprogramm

beizutragen“. Da warten wir doch mal auf Ihre Ansätze. Bisher haben wir noch nichts gehört.

Liebe Frau Ministerin Schwall-Düren, die Landesregierung bleibt auf ganzer Linie weit hinter unseren Erwartungen zurück. Der Haushaltsansatz 030 und 040 ist sozusagen ohne jede Kreativität; Verständnis und Impulse können wir nicht finden. Ich bin der Meinung, dass man auch mit knappen Mitteln vieles bewirken kann, wenn man sich für neue Ideen einsetzt. Das haben wir jedoch nicht feststellen können. Darüber sind wir sehr traurig und nehmen es zur Kenntnis.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau von Boeselager. – Für die SPD-Fraktion spricht nun der Herr Kollege Münchow.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau von Boeselager, Sie haben wahrscheinlich der Ministerin nicht richtig zugehört, als sie vorhin ausgeführt hat, was wir gerade angesichts der knappen Haushaltslage in diesem Etat sowohl für Internationales, für EineWelt-Politik als auch für Europa tun.

Natürlich wäre es wünschenswert, dass wir einen wesentlich größeren Etat hätten. Darin sind wir uns durchaus einig. Das Problem besteht darin, dass der Landeshaushalt auf Kante genäht ist. Ich glaube daher nicht, dass wir für diesen Bereich mehr Geld erhalten können. Dennoch denke ich, dass wir eine gute Arbeit machen.

Wir reden heute über den Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2015, hier zum Thema „Europa und Eine Welt“. Blicken wir einmal genau 100 Jahre zurück: Da war der Erste Weltkrieg schon im Gange. Es tobte der Große Krieg – so sagen unsere Nachbarn –, die erste FlandernSchlacht, die im November stattfand, war gerade vorbei. Es gab Abertausende Tote – Deutsche, Belgier, Franzosen, Briten –, und das Töten und Sterben ging dann noch vier Jahre weiter.

Rund 20 Jahre später folgte ein noch viel schlimmerer Krieg: ein Massenmord mit toten Soldaten und Zivilisten, der Shoah, der Ermordung von Sinti und Roma, von Kommunisten, Sozialdemokraten, Theologen und Widerstandskämpfern und vielen anderen.

1945 war damit Schluss, und der europäische Kontinent hat scheinbar aus den jahrhundertelangen Konflikten zwischen den Nationen Europas gelernt. Deutschland und Frankreich werden dank des Einsatzes von verschiedenen Politikern – ich erinnere an Robert Schuman, an Jean Monnet, aber auch an Bundeskanzler Konrad Adenauer und Charles de Gaulle – zu Freunden und zum Motor des neuen

Europa, wie es schon Victor Hugo 1849 gefordert hat.

Europa ist heute ein zentraler Bestandteil unseres Lebens. Ohne Europa gäbe es diese lange Friedenszeit auf unserem Kontinent nicht. Europa ist das größte Friedensprojekt aller Zeiten, und das muss es auch bleiben.

Rund 2,8 Millionen € im Haushalt für Europa sind nicht viel; das habe ich gerade schon angedeutet. Daraus wird aber ein breites Angebot betreut: die Jugendarbeit, die Europaschulen, die Europawoche, vor allem aber auch die Vertiefung der Arbeit mit Benelux, mit Frankreich und mit Polen im Rahmen des Weimarer Dreiecks.

NRW wird weiterhin europaaktive Kommunen unterstützen und Veranstaltungen mit der Europäischen Kommission durchführen. NRW liegt mitten in diesem Europa und hat vielfältigste Beziehungen zu unseren Nachbarn: wirtschaftliche, aber vor allem auch persönliche Beziehungen der Menschen in NRW zu den Niederlanden, zu Belgien, aber auch zu Luxemburg und natürlich Frankreich. Deswegen ist NRW weiterhin an einer engen Zusammenarbeit interessiert.

Ich bin stolz, dass unsere Ministerpräsidentin im November dieses Jahres als Gast zur Einweihung des Memorial de Notre-Dame de Lorette eingeladen war. Hier wird an 580.000 Gefallene des Ersten Weltkriegs erinnert. Jetzt sind die Namen auf einem einzigen langen, ellipitischen Ring der Erinnerung vereint – 580.000 Einträge von A bis Z, französische, deutsche und britische Namen.

Diese Einladung an unsere Ministerpräsidentin bedeutet eine große Geste für unser Land, zugleich ist es eine große Geste seitens der République française, wichtig für diesen Frieden und diesen europäischen Prozess.

Leider ist, wie wir alle wissen, dieser Friede in Europa brüchig. Wir haben es zu tun mit den Konflikten im Osten und der dramatischen Zunahme der Flüchtlingszahlen aus Kriegs- und Hungergebieten in Richtung Europa. Die Herausforderungen für Europa sind sehr groß.

Ich appelliere von hier aus – das ist zwar nicht unser Job als Landtagsabgeordnete, aber dennoch –, dass man diesen Konflikt in Osteuropa nicht noch aus West oder Ost anheizt. Ich denke, es wäre sinnvoll, mit ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl an die Sache heranzugehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass demnächst deutsche Soldaten in Polen stehen sollen, um womöglich für eine schnelle Eingreiftruppe der NATO zu agieren.

(Beifall von der SPD)

Unser Bundesland hat eine besondere Verantwortung für Europa. Es hat zugleich eine besondere Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen in unserem Land. Das ist kein regionales Problem von

Spanien, Italien oder Griechenland – das Ganze geht vielmehr auch die Slowakei an, genauso wie Finnland oder Deutschland. Es muss eine Lösung für Europa geben.

NRW ist ein Land, das immer offen für den Zuzug war. Blicken wir einmal zurück: Es gab Zuzug aus Polen und dem Osten, als das Ruhrgebiet im Zuge der industriellen Revolution zum Wirtschaftsgiganten in Europa wurde. Nach dem Krieg kamen Flüchtlinge aus dem Osten Deutschlands. In den 60er- und 70er-Jahren gab es die Zuwanderung von Gastarbeitern aus Italien, Jugoslawien, Griechenland und der Türkei.

Nordrhein-Westfalen hat diese Herausforderung immer gut gemeistert und die Menschen integriert. Dies wollen wir auch weiter tun und erwarten das Gleiche von unseren Partnern. NRW sorgt mit seinen Partnerschaften außerhalb Europas und mit der Eine-Welt-Strategie aus 2012 – die Ministerin hat darauf hingewiesen – dafür, dass in unseren Partnerländern und -regionen positive Entwicklungen entstehen.

NRW kann aber nicht das Bundesland sein, das – wie ein Nationalstaat – humanitäre Unterstützung für andere leistet. NRW ist ein Bundesland. Für diese Aufgaben ist in unserem föderalen System der Bund zuständig. Wir werden allerdings im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten zum weiteren Gelingen beitragen. Angesichts der Größe des Haushalts kann es sich dabei nur um einen kleinen Teil der Gesamtausgaben handeln; aber das, was wir tun, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir intensiv.

4,6 Millionen € gehen in den Bereich „Internationale Angelegenheiten und Eine Welt“. Das sind zwar weniger Haushaltsmittel als für 2014, Frau von Boeselager. Jedoch befinden sich 1,4 Millionen €, die da herausgenommen wurden, in einem anderen Etat. Das heißt nicht, dass das DIE jetzt eingespart wird. Vor vierzehn Tagen konnte ich mich bei einem Besuch beim DIE davon überzeugen, dass man da eigentlich ganz zufrieden ist und dass das Thema ganz gut abgewickelt wird.

Bonn wird als Standort für internationale Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit weiter gestärkt. Die Unterstützung für unsere befreundeten Kommunen und Länder setzen wir – mit dem Kontakt nach Ghana, Südafrika, China, Japan und Nordamerika, Israel und Palästina – weiter fort. Die internationale und Eine-Welt-Politik spielt für NRW eine wichtige Rolle, um neue Akzente zu setzen. Für ein Exportland wie NRW ist das von zentraler Bedeutung.

Ich möchte – das ist mir ganz wichtig – mit einem Zitat des Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, zum Thema „Europa“ abschließen:

„Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen.“

In jedem Jahr findet Anfang der Sommerferien eine wunderbare Fahrt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge statt. Einige haben daran schon teilgenommen. Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag auffordern, daran teilzunehmen. Ich kann es wirklich nur jedem ans Herz legen, dieses Thema einmal aufzugreifen und mitzufahren. Anschließend werden Sie das Thema „Europa“ durch eine ganz andere Brille sehen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)