Protokoll der Sitzung vom 04.12.2014

Sehr geehrte Damen und Herren, eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Gesundheits-, Alten- und Pflegepolitik bedarf einer starken menschlichen Zuwendung, welche durch politische Maßnahmen gefördert und finanziert werden muss. Die stetige Re

formierung der Strukturen und Prozesse unseres Gesundheitswesens ist daher essentiell. Dementsprechend sind die Mehrausgaben von 35 Millionen € des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter nur zu begrüßen. Die nordrhein-westfälische Landespolitik steht klar für ein leistungsfähiges und sozial gerechtes Gesundheits- und Altenpflegewesen.

Um die hier skizzierten Veränderungen und Herausforderungen zu bewältigen, baue ich weiterhin auf die gute Arbeitsatmosphäre, Herr Preuß, zwischen den Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales, insbesondere mit dem Vorsitzenden Günter Garbrecht, sowie in der Zusammenarbeit mit Frau Ministerin Steffens. Ganz besonders ein Lob an die nicht mehr so neue Frau Staatssekretärin Hoffmann-Badache.

Gemeinsam machen wir den Gesundheitsstandort Nordrhein-Westfalen stärker und attraktiver, um der Bedeutung der Gesundheitswirtschaft und den Menschen in unserem Land gerecht zu werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Yüksel. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Schneider das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch beim Gesundheitsetat bleibt die Landesregierung hinter ihren Möglichkeiten zurück und schiebt die Probleme vor sich her. Zunehmend fehlen Ärzte auf dem Land, es gibt ungelöste Herausforderungen in der Altenpflege, ungeklärte Finanzierungsfragen bei den Krankenhäusern. Die rot-grüne Gesundheitspolitik verzettelt sich in Hunderten von Projekten und Programmen, liefert aber keine wirklichen Antworten auf die dringendsten Probleme in NordrheinWestfalen.

(Daniela Jansen [SPD]: Das ist die Rede von Herrn Alda!)

In meinen zwei Jahren als Landtagsabgeordnete und Gesundheitspolitikerin habe ich 31 nordrheinwestfälische Krankenhäuser besucht. Auf ein Thema werde ich immer wieder angesprochen, das ungeklärte Problem der Krankenhausfinanzierung. Vereinfacht gesprochen sind die Krankenkassen für den laufenden Betrieb zuständig, die Bundesländer für die Bereitstellung von Investitionsmitteln.

Seit Jahren sind die NRW-Kliniken chronisch unterfinanziert, die Investitionsmittel auf gleichbleibendem Niveau gedeckelt. Es fehlen jährlich rund 700 Millionen € für die Modernisierung von Gebäuden und Geräten. Um weiterhin eine gute medizinische Versorgung für die Bevölkerung zu gewährleisten, haben Krankenhäuser in den vergangenen

Jahren dringend notwendige Investitionen eigenhändig aus ihren DRG-Einnahmen realisiert. Das kann so nicht weitergehen.

(Beifall von der FDP)

Die dauerhaft mangelhafte Finanzierung muss schnell, umfassend und nachhaltig beseitigt werden. Da hilft es auch nicht, dass im Haushalt 2015 die Investitionen für kurzfristige Anlagegüter um 24 Millionen € erhöht wurden. Bei allem Verständnis für die Haushaltslage und für die Schuldenbremse: Wenn Krankenhausversorgung auf einem guten Niveau geleistet werden soll, dann muss auch die Finanzierung stimmen.

(Zuruf von der SPD: Sagen Sie das Herrn Lindner!)

Es ist in den letzten Jahren nicht einmal ein Inflationsausgleich einbezogen worden.

(Ministerin Barbara Steffens: Das haben Sie mit Schwarz-Gelb so schön gemacht!)

Bundesweit gibt es aber erhebliche Unterschiede bei der Ausstattung der Kliniken mit Landesmitteln. Einen guten Ländervergleich bietet die Krankenhausinvestitionsquote, die die Krankenhausfördermittel in Beziehung zu den bereinigten Krankenhauskosten setzt. Danach liegt Nordrhein-Westfalen mit 2,8 % im letzten Drittel der Bundesländer. Vergleichbare Länder wie Bayern oder Baden

Württemberg haben mit 3,6 % bzw. 4,1 % eine deutlich höhere Investitionsquote.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, auch im Gesundheitsetat gibt es Doppelstrukturen oder unnötige Prestigeobjekte, deren Finanzierung in Zeiten einer eklatanten Finanzlage eigentlich keine Grundlage mehr hat. Zu nennen ist hier wieder einmal der NRW-Patientenbeauftragte. Die Stelle kostet immerhin 400.000 € pro Jahr. Dafür hat der Patientenbeauftragte Kontakt zu rund 1.000 Patienten – aber nicht im Quartal, wie ein Hausarzt, sondern im Jahr. Es handelt sich hierbei auch nicht um einen persönlichen Kontakt wie beim Hausarzt, sondern um Telefonate, E-Mails oder Briefe. Das heißt: Ein jeder Kontakt kostet die Menschen in diesem Land 400 € – eine ziemliche teure Hotline, wie ich meine,

(Beifall von der FDP)

zumal es ja reichlich Patientenberatungsstellen gibt.

Frau Ministerin Steffens, im Rahmen der

87. Gesundheitsministerkonferenz haben Sie dem Ausbau der Beratungsangebote der UPD – der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland – zugestimmt. Hier sind rund 80.000 Beratungen und steigende Fallzahlen zu verzeichnen. Von allen Seiten wird die Arbeit der UPD gelobt. Wieso benötigt das Land Nordrhein-Westfalen dann noch einen eigenen Patientenbeauftragten, der vielfach auch noch an die UPD weitervermittelt? Für solche Lot

sen- und Weitervermittlungsstellen haben wir schlichtweg kein Geld.

(Beifall von der FDP)

Und Argumente wie „wichtige Netzwerkfunktion“, „nachhaltiges Netzwerken“, „intelligentes Vernetzen“ sind zwar Modefloskeln dieser Landesregierung, sie müssen aber auch den Nutzen für die Menschen steigern. Beim Patientenbeauftragten besteht dieser Zusatznutzen, auch mit Blick auf die vielen Alternativen, sicher nicht.

Zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum und in städtischen Problemgebieten sieht der Haushaltsansatz 2,5 Millionen € vor. Hiervon wurden im Jahr 2013 nur 780.000 € ausgegeben. Das entspricht nur knapp einem Drittel der eingeplanten Mittel. Wie kann das in Zeiten des sich immer stärker abzeichnenden Ärztemangels sein?

Auch in der Titelgruppe „Psychiatrische Versorgung“ wurde der Haushaltsansatz in 2013 nicht erreicht. Geplanten Ausgaben von 2,2 Millionen € stehen lediglich Ausgaben von 33.000 € entgegen. Oder die Versorgungsforschung: Dort waren in den letzten beiden Jahren regelmäßig 2 Millionen € vorgesehen, die jedoch nicht ausgegeben wurden. Wie kann das sein? – Eine verlässliche und transparente Haushaltsführung sieht anders aus.

(Beifall von der FDP)

Nordrhein-Westfalen muss raus aus seiner Lethargie. Dieses Land braucht neue Ideen. Gesundheit und Pflege müssen zukunftssicher gestaltet werden. Das bedeutet: mehr Ausgabendisziplin und keine neuen Zusatzausgaben. Maßnahmen für das Gesundheits- und Pflegewesen müssen absolute Priorität bekommen.

Nordrhein-Westfalen soll wieder Chancen ermöglichen für ältere Menschen, die zu Recht eine gute Pflege von uns erwarten; für die stationäre Versorgung, die mehr Investitionen benötigt; für Patientinnen und Patienten, die eine ambulante Versorgung in ihrer Nähe vorfinden wollen. Dann könnte die FDP diesem Haushalt auch zustimmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich nun Herrn Kollegen Ünal das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn jetzt jemand der Debatte folgt, ist er wahrscheinlich irritiert und fragt sich, ob wir über den gleichen Haushalt reden. Ich kann Ihnen versichern, dass wir über den gleichen Haushaltstitel sprechen,

(Beifall von den GRÜNEN)

hier gibt es jedoch eine sehr selektive Wahrnehmung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz knapper Haushaltskassen und höherer Sparanforderungen werden wir auch im Jahr 2015 in eine präventive, vom Menschen her gedachte Gesundheitspolitik investieren. Mit der Einführung der Altenpflegeumlage hat die rot-grüne Landesregierung bereits zu Beginn ihrer Regierungszeit wichtige Impulse gesetzt, um den Herausforderungen in der Pflege und dem personellen Notstand in den Pflegeeinrichtungen zu begegnen.

Mit der massiven Aufstockung für die Fachseminare haben wir in den letzten Jahren in NRW insgesamt bis zu 7.000 zusätzliche Plätze geschaffen. In diesem Jahr stehen 16.500 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Mit weiteren zusätzlichen Mitteln werden wir auch in diesem Jahr noch einmal auf rund 17.800 Ausbildungsplätze aufstocken. Damit haben wir doppelt so viele Plätze geschaffen, als zuzeiten der CDU-geführten Koalition 2010 zur Verfügung standen.

Ein weiterer Schwerpunkt, den wir in den vergangen Jahren auch verfolgt haben, ist die altersgerechte Quartiersentwicklung. Hier schaffen wir einen Perspektivwechsel – weg von den stationären Großeinrichtungen hin zu kleineren, überschaubaren Einrichtungen. Das sind Wohn- und Pflegeformen, wo die Menschen weiterhin leben wollen, sogar wenn sie pflegebedürftig sind und einer Unterstützung bedürfen. Ziel ist es, eine umfassende Versorgungssicherheit im gewohnten Umfeld zu gewährleisten.

Nach langjähriger parlamentarischer Beratung haben wir in diesem Jahr gemeinsam das neue Pflegegesetz GEPA NRW verabschiedet. Es bietet eine Grundlage zur Stärkung von Selbstbestimmung und Teilhabe für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf sowie für deren Angehörige. Mit dem „Masterplan altengerechte Quartiere.NRW“ wird dieser Perspektivwechsel unterstützt.

Für die Förderung der Quartierskonzepte und der modellhaften Angebote für ältere und pflegebedürftige Personen werden in den kommenden Jahren rund 8,7 Millionen € investiert. Hierzu gehören die Stärkung der ambulanten Versorgung in der eigenen Häuslichkeit, der Aufbau alternativer Wohn- und Pflegeformen im Quartier, die Einbeziehung und Unterstützung der pflegenden Angehörigen sowie die Verbesserung der kommunalen Pflegeplanung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden die patienten- und patientinnenorientierte Gesundheitspolitik weiter ausbauen. Hierzu gehören der Wiederaufbau des „Kompetenzzentrums Frauen und Gesundheit NRW“, die Verbesserung der psychiatrischen Versorgung sowie der Bereich „Drogen und Sucht“. Für deren Unterstützung haben wir in den letzten Jahren erhebliche Mittel zur Verfügung ge

stellt. Das Gleiche gilt für die Aidshilfe und die zielgruppenspezifische Präventionsarbeit, um nur einige Schwerpunkte zu nennen. Die Mittel für die Gesundheitshilfe haben wir seit 2010 um ein Drittel erhöhen können. Im Moment stehen für diesen Arbeitsbereich 42,7 Millionen € zur Verfügung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, über die Krankenhausversorgung haben wir lange und ausführlich diskutiert. Wir haben die Investitionen in diesem Jahr um rund 24 Millionen € auf rund 515 Millionen € gesteigert. Das ist ein guter Erfolg, den auch die Krankenhausträger anerkennen, wenngleich wir uns natürlich dessen bewusst sind, dass es hier noch weit höherer Investitionen bedarf.

Über die finanzielle Unterstützung der Krankenhäuser hinaus haben wir die Krankenhausrahmenplanung 2015 verabschiedet. Mit dieser Planung berücksichtigen wir demografische und medizinischqualitative Entwicklungen sowie das Zusammenspiel der ambulanten und teilstationären Angebote. Obwohl die Rahmenplanung in vielen Fächern eine Reduzierung der Betten vorsieht, haben wir in der Geriatrie, der Neurologie, der Psychiatrie, in der psychosomatischen Medizin und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie die Zahl der Betten und Therapieplätze aufgestockt.

Ein weiterer Punkt der patientinnen- und patientenorientierten Gesundheitsversorgung ist die Hygiene. Mit 1 Million € wollen wir die Hygienebeauftragten in den Einrichtungen der ambulanten und pflegerischen Versorgung weiterhin unterstützen.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Gesundheitspolitik wird die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in ländlichen Bereichen und in städtischen Problemgebieten sein. Neben der Förderung mit 2,5 Millionen € werden unterschiedliche Maßnahmen mit den Betroffenen entwickelt: Modellprojekte zur sektorenübergreifenden Versorgung, Ärztinnen- und Ärztenetzwerke, Jobbörsen für Ärztinnen und Ärzte usw. usf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erwarten immer von der Opposition, dass sie die Leistungen der Regierung und Regierungsparteien lobt. Heute möchte ich es umgekehrt machen und die Opposition ein bisschen loben.

(Heiterkeit von Ministerin Barbara Steffens)

Obwohl Sie natürlich sehr viel kritisiert haben, haben wir in den letzten Jahren dennoch große Gesetzesprojekte verabschiedet und dabei sehr eng zusammengearbeitet. Das ist eine gute Leistung unserer Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsausschuss. Dafür danke ich Ihnen und hoffe, dass wir diese Zusammenarbeit mit Blick auf die Interessen der Bevölkerung und eine flächendeckende sowie qualitativ gute medizinische Versorgung auch in der Zukunft weiterführen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)