Protokoll der Sitzung vom 04.12.2014

Insofern ist inzwischen auch bei der CDU angekommen, dass auf dem Wohnungsmarkt etwas ins Ungleichgewicht geraten ist und dass es richtig ist, das zu tun.

Ich will, wenn Sie mir gestatten, noch zwei Sätze zum Thema Denkmalschutz sagen. Ich glaube, dass das ein wirkliches Erfolgsmodell geworden ist. Wir haben uns entschlossen, Kredite für den Bereich des selbst genutzten denkmalgeschützten Eigentums zur Verfügung zu stellen. Das ist ein wirkliches Erfolgsprogramm. Es ist im Land hervorragend angenommen worden. Der Titel ist bereits überbucht. Das läuft ausgezeichnet. Sie können sich gern bei Ihren Kollegen und Kolleginnen über den Beirat der Wohnraumförderung informieren. Da wird man Ihnen das auch noch einmal zahlenmäßig belegen können. Ich glaube, das zeigt, dass Nordrhein-Westfalen hier auf dem richtigen Weg ist: ein vernünftiger Einsatz der Mittel, ein vernünftiger Mix mit Ordnungspolitik im Interesse der Menschen und im Interesse des guten Lebens in diesem Land. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Schneckenburger. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Bayer.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Besucher hier und im Stream in den Quartieren!

(Beifall von Minister Michael Groschek)

Ich könnte jetzt die Rede vom letzten Mal halten. Es hat sich nicht viel verändert. Aber das tue ich nicht; denn genau das ist bei diesem Einzelplan leider das Problem. Wir haben lange Geduld gehabt und gewartet. Wir haben den schönen Worten des Ministers zugehört und gewartet, bis Handlungen folgen. Wir haben eine neue Priorisierung in der Verkehrs-, Siedlungsentwickungs- und Wohnungspolitik, die auch tatsächlich im Haushalt sichtbar wird, erwartet und nicht nur Lippenbekenntnisse – eine lange Linie, Herr Becker.

Aber ich habe bisher umsonst gewartet. Die bisherige Priorisierung hat die Infrastruktur vor die Wand gefahren und die Wohnungsprobleme verschärft. Nichts sind Sie angegangen: keine Verkehrswende, nur ein Placebo für die Nahmobilität, Radschnellwege im Haushalt: Fehlanzeige, bei der Quartiersentwicklung nur alter Wein in neuen Schläuchen.

Zum Bejubeln bleibt die Wohnungsaufsicht. Sie ist so kostenneutral, dass sie ohne Personal auskommen muss – Personal, das in Städten anderer Bun

desländer für den Erfolg dieser Wohnungsaufsicht verantwortlich ist. Es bleibt also bei Symbolpolitik, und da jubele ich nicht mit. Ich verlange weder Phantasie noch Kreativität, sondern nur, dass getan wird, was jede Verkehrswissenschaftsstudentin oder jeder Geographiestudent im ersten Semester referieren kann.

Ja, es gibt einen Mittelzuwachs im Einzelplan, aber überwiegend nur, weil es sich dort um Bundesmittel handelt, die erhöht wurden, obwohl wesentliche von Minister Groschek angekündigte Bundesmittel dabei noch fehlen. Sie hatten so etwas wie einen persönlichen Blitzmarathon und sind beim Bund gleich mehrfach abgeblitzt – zuletzt mit Regionalisierungsmitteln –, und zwar nicht beim Finanzminister, sondern bei Ihren Ex-Arbeitskollegen im Bundestag. Sie haben den Bundeskoalitionsvertrag selbst mit ausgehandelt, aber dabei für NRW nichts erreicht.

Dennoch zeigen Sie auf den Bund, wenn zu wenig Geld da ist. Aber wenn es wie bei der Städtebauförderung um ein neues bundesweites Programm geht, ist es plötzlich das Verdienst des Landes. Das Land übernimmt seinen Anteil, ja, aber eine Initiative des Landes ist es nicht. Natürlich freuen wir uns, dass die Städtebauförderung wieder eine etwas größere Rolle in der Bundespolitik spielt und das Land davon profitiert.

Doch wir vermissen im Land einen intelligenten Ansatz, mit dem die sehr unterschiedlichen Problemlagen und Aufgaben in den Regionen und Städten angegangen werden. Die Wohnungsmärkte der wachsenden Städte brauchen eine ganz andere Begleitung als die scheinbar entspannten Wohnungsmärkte. Vor allem dürfen wir letztere nicht einfach vergessen.

Ihre Politik, nur der Logik von Angebot und Nachfrage hinterherzuhinken, führt dort nicht zu einer nachhaltigen Flächen- und Siedlungsentwicklung. Was nutzt ein prosperierendes Düsseldorf – oder mittlerweile nur noch ein halbwegs prosperierendes Düsseldorf –, wenn gleich nebenan Duisburg abgerissen wird, außer an den S-Bahnhöfen. Ihre Politik bedeutet letztlich: Stadtteile mit öffentlichem Geld abreißen, lokal sich konzentrierende Problemlagen nur dort mit entsprechenden Programmen bearbeiten und auf der anderen Seite verzweifelt versuchen, Investoren in den prosperierenden Lagen davon zu überzeugen, dass sie öffentliche Mittel annehmen, sich langfristig binden und auf Margen verzichten, die der Markt allerdings locker hergibt. All das ist in der Form nicht besonders vielversprechend, aber bewährt – halt ein klassisches „Weiter so“. Das ist schlecht.

Der Gesamthaushalt des Landes ist gewachsen,

(Jochen Ott [SPD]: Kein einziger Vorschlag!)

gerade der Einzelplan 09 für Infrastruktur und Wohnungsbau jedoch nicht. Dabei haben wir doch gerade hier mit Problemen der Unterfinanzierung zu

kämpfen, weil über Jahre hinweg wenig weitsichtig gehandelt wurde. Minister Groschek trägt zum Sparen bei. Das Kabinett nimmt das sicherlich gerne. Aber damit verschläft NRW mal wieder die Entwicklung und bröselt einfach weg.

Ich verlange hier eine neue Prioritätensetzung, eine Änderung der Verkehrs-, Siedlungsentwicklungs- und Wohnungspolitik. Doch wer so spart,

(Jochen Ott [SPD]: Wo wird denn im Haus- halt gespart?)

dass zwar beim Landesstraßenbau gestrichen wird, aber gleichzeitig keine neuen Perspektiven eröffnet werden, setzt keine neuen Prioritäten und passt die Politik nicht den Anforderungen an. Die Landeregierung findet Gründe, „Weiter so“ mit Sparzwang zu verbinden. Das kann nicht gut gehen. Denn „Weiter so“ ohne Sparzwang hat bereits in die Sackgasse geführt: siehe Grunderwerbsteuer. Auch bei ihr gibt es keine gewollte Lenkungswirkung, keine Investitionen in den Bereich, der die Nachteile zu tragen hat.

Keine Maßnahme des Ministers zeigt, dass er eine Wende aus dieser Gasse versucht. Die kreativste Maßnahme war wohl die Umstellung der Denkmalförderung, aber auch das sind Einsparungen zu hohen Kosten. Und Überbuchen, Frau Schneckenburger, ist kein Erfolgsindikator.

Die Landesregierung kürzt 2015 ein weiteres Mal das Wohngeld. Von 415 Millionen € in 2012 bleiben dann nur noch 250 Millionen € übrig, 40 % weniger.

(Jochen Ott [SPD]: Was ist das denn? Das ist doch Schwachsinn! Was erzählen Sie denn da?)

Der Minister vermeidet wie bei der Ausbildungspauschale selbst dynamische Anpassungen an die Teuerungsrate. Beim Bund fordert er dies ständig.

(Jochen Ott [SPD]: Erklären Sie mir das unter vier Augen!)

Es gibt aber eine auffällige Mittelerhöhung um 6,7 Millionen € oder 24 % für das Ministerium selbst. Genau das ist ein Hoffnungsschimmer. Denn diese Ressourcen sollten Sie nutzen. In Ihrem Ministerium, Herr Groschek, arbeiten ja auch fähige und kreative Menschen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN – Jochen Ott [SPD]: Ganz schwach!)

Vielen Dank, Herr Bayer. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Groschek das Wort.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Junge, Junge.

(Vereinzelt Lachen und Beifall von der SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion und der Haushalt bestätigen: Wir sind mit der richtigen Prioritätensetzung in einem großen Bündnis für Wohnen und Stadtentwicklung. Oder wenn Sie es anders formulieren wollen: Wir in Nordrhein-Westfalen fördern und stärken soziale Vielfalt, Herr Ellerbrock, keine Ghettoisierung – weder links noch rechts noch oben noch unten. Vielfalt ist das Stichwort.

Wir fördern und stärken Heimat, Heimat vor der Haustür, in den Quartieren, Heimat regional durch eine Stärkung des Formats der Regionalen. Superergebnis: Westmünsterland, Herr Kollege

Schemmer – Regionale 2016.

Und wir fördern urbane Kraftwerke. Denn Nordrhein-Westfalen ist nicht das Land der armen Kirchenmäuse – kommunal –, sondern wir haben auch einen urbanen Reichtum, den wir stolzer präsentieren und weiterentwickeln sollten. Das werden wir tun. Dazu bietet der Haushalt eine ausgezeichnete Grundlage.

(Beifall von der SPD)

Ich möchte mich bei allen Akteuren des Bündnisses für Wohnen bedanken, die gemeinsam mit unserem Ministerium eine richtige Akzentuierung hinbekommen, 15 Bundesländer neidisch gemacht und den Bund zum Nachahmen gebracht haben. 15 Länder gucken nämlich auf vier Mal 800 Millionen € Förderspielraum, kontinuierlich abgesichert bis ans Ende der Wahlperiode. Das hat kein anderes Bundesland. Das Bündnis hat es geschafft. Deshalb: Danke, Bündnis für Wohnen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn Sie den Mittelabfluss vergleichen, vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Gerade von Ihnen hätte ich erwartet, dass Sie auf Herrn Draghi eingehen.

Das ist jetzt nicht mein Thema. Aber die systematisierte Enteignung von Sparvermögen ist eigentlich eine Diskussion wert. Denn spiegelbildlich führt dieser Enteignungsprozess dazu, dass es kaum noch Anreize im finanziellen Kreditbereich gibt. Deshalb haben wir intelligenterweise keine Bargeldförderung neu aufgenommen, gegen die Konsolidierung, sondern Tilgungsnachlässe implantiert, gegen den Willen der CDU.

(Beifall von Jochen Ott [SPD])

Die CDU hat es bekämpft, hat den Untergang der Bank an die Wand gemalt. Andere waren schlauer, haben mitgemacht. Vielen Dank denen, die mitgemacht haben, Herr Kollege Ellerbrock.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Jetzt kommen wir zu der Frage: Eigentumsförderung und Grunderwerbsteuer. Ja klar, die Grunderwerbsteueranpassung nach oben ist kein Instru

ment der sozialen Wohnraumförderung, sondern ein Instrument der Haushaltskonsolidierung. Deshalb werden wir das Instrumentarium der sozialen Wohnraumförderung nutzen, um sozial auf keinen Fall gewollte Ausreißer zu korrigieren. Das kann sein, jetzt den Prüfvorgang einer Bundesratsinitiative zu starten. Das wird aber auch eine deutliche Neuakzentuierung der Fördertatbestände bei der Förderkulisse 2015 sein. Das werden wir gemeinsam zu Jahresbeginn erörtern.

Ein Hinweis: Wir brauchen neben der finanziellen Förderung zusätzlich Grundstücksmobilisierung.

Das ist und bleibt richtig. Deshalb müssen wir das Bündnis für Wohnen kommunalisieren. Nur wenn die kommunalen Akteure mit einsteigen und die Kommunen sich bemühen, Bauland zu mobilisieren, werden wir die gewünschten Angebotseffekte haben, wo eine überbordende Nachfrage auf einen Engpass trifft.

Gagfah und Annington: Es geht nicht darum, im Wahlkampfmodus Klischees an die Wand zu nageln, sondern es geht darum, Chancen einzuräumen. Die jetzigen Geschäftsführungen der Deutschen Annington und der Gagfah sagen selbst: Wir sind nicht mehr so. Deshalb sage ich: Jeder hat natürlich die Möglichkeit, vom Saulus zum Paulus zu werden. Dafür muss er noch nicht einmal katholisch sein.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Eben. Nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Deshalb freue ich mich auf viel Tatkraft bei den neuen Geschäftsführern der neu integrierten Annington/Gagfah oder wie immer die dann heißen wird.