Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

„Willkommen im selbsternannten Armenhaus der Republik!“

Dann lässt man sich in der „Bild“-Zeitung als Sieger des Tages feiern. Wenn dann ein anderer Ministerpräsident einer erfolgreichen Koalition aus Hessen sagt:

(Zuruf: Sachsen!)

„Der Patient liegt auf der Intensivstation“, ist man beleidigt und fragt: Wie kommt er dazu, unser Land zu kritisieren? – Sie selbst haben dieses Bild von einem insolventen Land gemalt. Lassen Sie solche PR-Gags, die unserem Land schaden und unser Land schlechtreden!

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Zweites Beispiel: Man erlässt eine Haushaltssperre. Wann erlässt man normalerweise eine Haushaltssperre?

(Zuruf von der SPD)

Eine Haushaltssperre erlässt man nach einem Regierungswechsel, wenn die neue Regierung einige Ausgaben überprüfen will, oder dann, wenn man in einer Notlage ist. Aber keine Regierung dieser Erde erlässt eine Haushaltssperre bei blühendem

Wachstum und sprudelnden Steuereinnahmen.

(Beifall von der CDU)

Also haben Sie mit dieser Haushaltssperre erneut belegt, dass Sie am Ende sind.

Vieles hat in der Haushaltssperre stattgefunden, worüber es längst Verträge gab. Ich bin ein großer Fan der Kölner Stunksitzung. Aber man fragt sich in der Tat: Warum muss in Zeiten einer Haushaltssperre für 14.000 € mitten im September vor halbleeren Rängen in Brüssel eine Stunksitzung stattfinden, während andere Maßnahmen, ehrenamtliche Maßnahmen, plötzlich nicht mehr möglich sind? Das verstehen die Menschen nicht.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

In der „Neuen Westfälischen“ war Ende November nachzulesen:

(Zuruf von der SPD: Haben Sie auch eine ei- gene Meinung?)

Seit 1998 ist Martin Fels ehrenamtlicher Helfer beim Kreis 74, der Straffälligenhilfe Bielefeld. In seiner Freizeit besucht er Gefangene, erledigt Behördengänge, unterstützt Unternehmen, Familien. Weit mehr als 1.000 km verfährt er mit seinem eigenen Auto zwischen den unterschiedlichen Hafthäusern der JVA Senne.

Er hat die Kosten dafür in Höhe von 350 € immer erstattet bekommen, und nun teilt man ihm ohne jede Vorwarnung mit: Wegen der Haushaltssperre kriegst du das Geld nicht mehr. Die Bitte um eine Ausnahmegenehmigung, die das Justizministerium an den Finanzminister gerichtet hat, wurde abgelehnt. Und das Justizministerium sagt dann:

„Das ist ein Problem … Denn die Ehrenamtlichen sind ein sehr wichtiger Bestandteil der Justiz.“

Meine Damen und Herren, wie schon bei anderen Fällen: Bedauern ersetzt keine Verantwortung. Haushaltssperre trifft die Falschen.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Dieser Mensch will jetzt die Urkunde, die ihm der Minister 2013 feierlich übergeben hat, öffentlich versteigern, weil er sagt: Ich lege keinen Wert mehr auf Urkunden, ich will anerkannt bekommen, was ich in meinem Ehrenamt mache.

Das betrifft Tausende im Land, wo Haushaltssperre exakt die getroffen hat, die nicht rechtzeitig Verträge für Events, für Kongresse und anderes hatten, sondern sich darauf verlassen haben, dass das Land ihnen wenigstens die Kosten ersetzt, die sie durch ihr Ehrenamt haben.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Da fragt man sich: Wer erzeugt denn dieses Bild im Land – nicht nur nach außen, nicht nur in den anderen Bundesländern, sondern hinein in das eigene Bundesland, bei den Menschen, die in diesem Land leben und sich einbringen wollen?

Das dritte Beispiel, wo Sie in den letzten 100 Tagen, gar nicht seit vier Jahren, sondern seit unserer letzten Debatte zum Haushalt ein schlechtes Bild erzeugt haben, sind die Bilder aus Burbach. Diese Bilder sind um die Welt gegangen. Die Menschen sehen Not und Elend in Syrien, im Irak, im Libanon, und dann wird aus Nordrhein-Westfalen übertragen, wie Menschen in Flüchtlingseinrichtungen behandelt worden sind. Solche Bilder reden unser Land schlecht, nicht eine Opposition, die das kritisiert!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann haben wir gemeinsam einen Flüchtlingsgipfel abgehalten. Wir haben Maßnahmen beschlossen,

wir haben als Opposition viele Vorschläge gemacht, was denn besser werden kann. Und jetzt erfahren wir in diesen Tagen: Alles das, was wir da beschlossen haben, zahlt Wolfgang Schäuble.

(Lachen und Zurufe von der SPD)

Alles, was auf diesem Flüchtlingsgipfel beschlossen worden ist, wird jetzt vom Bund bezahlt. Wir hatten es eigentlich so verabredet, dass wir vom Bund Zusatzgelder für die Kommunen benötigen, da diese in Nordrhein-Westfalen mehr als in anderen Ländern bezahlen müssen. So haben wir unseren Einsatz in Berlin verstanden. Aber von den 108 Millionen € landen nur 54 Millionen € bei den Kommunen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Falsch!)

Das ist erneut die klebrige Hand Ihrer schlechten Finanzpolitik.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Aber wir kennen das. Wir haben zum Teil gemeinsam in der Großen Koalition dafür gestritten, dass die BAföG-Mittel übernommen werden. Wir haben hart dafür gerungen, dass diese 23 Milliarden €, die die Große Koalition in den nächsten Jahren ausgibt, für Schwerpunkte in Bildung und Wissenschaft eingesetzt werden.

Anschließend haben sich die Minister der Fachkonferenzen zusammengesetzt. Die Familienminister haben gesagt: Wir wollen auch, dass das Geld für Kitas mitverwandt wird. Dann ist aber am Ende entschieden worden: Nein, der Schwerpunkt soll Bildung und Wissenschaft sein. 278 Millionen € sollten dafür bereitstehen. Was ist das Ergebnis in Nordrhein-Westfalen? – Diese 278 Millionen € finden Sie in diesem Haushalt nicht ausgewiesen. Sie sind versickert, Sie haben nicht die Prioritäten gesetzt, die wir in Berlin gemeinsam verabredet haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann fangen Sie einen theoretischen Streit über die Frage an – es hilft den Menschen übrigens nicht weiter, wenn man über Kompetenzen streitet –: Wer ist zuständig für die Schulsozialarbeit? – Da muss Andrea Nahles, Sozialdemokratin, Herrn Priggen, Grüner, in einem Brief, der jetzt bekannt geworden ist, erklären, dass die Zuständigkeit für Schulsozialarbeit nicht beim Bund liegt,

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

sondern eine Schnittstelle zwischen Schulen, Familien und Jugendhilfe ist. Das wird alles im Detail erläutert. Der Bund hat trotzdem 278 Millionen € durch die Übernahme der BAföG-Mittel gegeben, obwohl er dafür nicht zuständig ist. Aber unser Antrag, 100 Millionen € von diesen 278 Millionen € den Kommunen für Schulsozialarbeit zu geben, haben Sie abgelehnt. 49 Millionen € landen da. Sie haben sich auf Kosten der Kommunen bei dieser Haushaltsfrage bereichert!

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Das sind die Dinge, die unserem Land schaden, weil man in Berlin nicht mehr glaubt, dass das Geld, das der Bund den Ländern für die Kommunen gibt, auch tatsächlich bei denen landet. Sie verspielen Vertrauen für unser Land, indem Sie bei jeder einzelnen Maßnahme

(Widerspruch von den GRÜNEN)

immer das Geld für Ihre schlechte Haushaltspolitik nutzen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Unfassbar! – Weite- re Zurufe)

Ich weiß, dass Sie das ärgert, insbesondere die Grünen. Nur, wir verabreden in Berlin etwas mit Sozialdemokraten. Und ich erwarte dann auch, dass es den Menschen in Nordrhein-Westfalen zugutekommt, wenn wir in Berlin für unsere Interessen kämpfen.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Fünftes Beispiel zu der Frage: Wer schadet eigentlich durch seine Politik dem Bild NordrheinWestfalens in Deutschland? – Wir haben die Demonstration von Hooligans und Neonazis in Köln erlebt. Wie reagieren andere Länder? – Hamburg und Berlin haben direkt gedroht, das unterbinden zu wollen. Und die, die demonstrieren wollten, haben die Demonstration abgesagt. In Bayern wagen Hooligans gar nicht erst, Demonstrationen zu beantragen.

(Lachen und Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

In Bayern wagt keiner, solche Gewaltdemonstrationen zu beantragen.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

In Niedersachsen hat das Land zusammen mit der Stadt direkt reagiert, hat ein Verbot erlassen. Das ist dann, wie so häufig, von den Gerichten wieder aufgehoben worden. Dann ist es unter strengsten Auflagen auf einem ganz kleinen Platz mit Alkoholverbot und allem zu einer Demonstration gekommen, die weniger Teilnehmer hatte als die in NordrheinWestfalen.