Diese 700.000 jungen Menschen sind ein großes Potenzial für zukünftige Innovationen in unserem Land und damit auch für Investitionen, für Fortschritt und auch für die wirtschaftliche Prosperität. Eine Schlüsselrolle spielen hier – das wurde heute Morgen sehr intensiv diskutiert – die MINT
Studiengänge. Auch und gerade an dieser entscheidenden Stelle verzeichnen wir ein deutliches Wachstum bei der Zahl der Studienanfänger. Waren es in 2010 50.000 Studenten, haben wir mittlerweile 85.000. Auch bei den Absolventenzahlen liegt Nordrhein-Westfalen vorn.
Erstens die Verknüpfung zwischen Hochschule, also der Wissenschaft, auf der einen Seite und der Wirtschaft auf der anderen Seite. Die Frage, die dahintersteckt, ist doch: Wie wird aus Forschung Produktivität, Produktion und Wertschöpfung? Hier werden, wie Anfang der Woche die Wissenschaftsministerin und auch der Wirtschaftsminister dargelegt haben, 70 Millionen € bis 2020 zielgerichtet eingesetzt.
Wichtig sind neben dem Transfer in bestehende Unternehmen aber auch die Gründer. Auch hier ist das Land gut aufgestellt. Bei 56 Startercentern landesweit werden flächendeckend auch an vielen Hochschulstandorten in NRW die Gründer unterstützt.
Wichtig, meine Damen und Herren, ist aber auch die gesellschaftliche Akzeptanz für Gründung. Auch das wurde hier schon gesagt. Wichtig ist auch der Gründergeist. Gründergeist erfordert Mut, einen positiven, einen offenen Blick auf die Zukunft, Chancen zu erkennen und diese zu nutzen. Diesen positiven offenen mutigen Geist kann ich in den Ausführungen der FDP und auch in dem Entschließungsantrag leider nicht einmal im Ansatz erkennen. Sie ergehen sich lieber wie so oft in der Beschreibung des Negativen.
Meine Damen und Herren von der FDP, Ihr Entschließungsantrag zeigt aus meiner Sicht einmal mehr, dass Sie nicht bereit sind, sich seriös mit der wirtschaftlichen Situation in NRW und auch nicht mit der Politik der Landesregierung auseinanderzusetzen.
Sie stellen 286 Fragen an die Landesregierung, und heraus kommt ein solcher Entschließungsantrag, ein Gebräu aus Altbekanntem, nur neu aufgesetzt. Steuerliche Entfesselungsimpulse dürfen hier natürlich genauso wenig fehlen wie das unvermeidliche Verweisen auf das Tariftreue- und Vergabegesetz. Meine Damen und Herren, kreativ und seriös ist sicherlich anders.
Meine Damen und Herren von der FDP, ich gestehe Ihnen zu, an die Zukunft eines Landes zu glauben. Wenn man aber so sehr an der eigenen Zukunft zweifelt, ist das sicherlich schwer. Aber, meine Damen und Herren, Sie haben hier in den nächsten anderthalb Jahren noch die Chance mitzuarbeiten. Die Große Anfrage war doch ein guter Aufschlag. Wir als SPD-Fraktion – ich glaube, ich kann für die ganze Koalition sprechen – sind an einem kritischen Dialog und dem Ringen um die besseren Lösungen sicherlich jederzeit interessiert.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Sundermann! Über die Verdienste von Johannes Rau in verschiedenen Politikfeldern kann man trefflich streiten.
Aber wenn ich noch einmal auf unsere Digitalisierungsdebatte heute Morgen zurückkomme, dann ist mir bei Ihrem Hinweis auf Rau das Lachen im Hals steckengeblieben. Es war die Regierung Rau, die auf Druck der Gewerkschaft in den 80er-Jahren das technikfreie Büro propagiert und in einem späteren Aufholschritt gesagt hat: Wir sind so speziell. Mit SAP und IBM tun wir es nicht, wir entwickeln es alles selbst. Beide Strategien sind jämmerlich gescheitert, und unsere Verwaltung ist heute noch dabei, das aufzuholen.
Sie können Johannes Rau bestimmt aus Ihrer Sicht für vieles Gute in Anspruch nehmen, aber an der Stelle definitiv nicht, und für Wirtschaftspolitik im Allgemeinen wahrscheinlich auch nicht.
Große Anfragen machen viel Arbeit und verdienen Dank an Fragesteller und insbesondere an die Beantworter für die akribische Arbeit, aber auch für die intellektuelle kreative Arbeit, die Ergebnisse einer solchen Anfrage gelegentlich auch zu kaschieren, zu verschleiern oder mindestens umzudeuten. Auch das ist eine Leistung, die im politischen Geschäft Anerkennung verdient. In dieser Hinsicht hat man sich im Ministerium offensichtlich auch besondere Verdienste erworben.
Am Anfang wird dick aufgetragen, man sei doch die 19. Wirtschaftskraft der Welt. Das klingt beeindruckend. Man möchte „wow“ ausrufen oder, um es mit den Piraten zu sagen, „Supergeil“. Das ist es aber wiederum nicht, wenn man uns beispielsweise mit den Niederlanden vergleicht. Vergleiche hinken. Aber in dem Fall fällt er sogar positiv aus, weil NRW sogar noch ein wenig größer ist. Die Wirtschaftsleistung der Niederlande liegt um ein Drittel höher als die des Landes Nordrhein-Westfalen. Also so herausragend ist das mit dem 19. Platz nicht.
Dann suchen Sie andere Rankings und Vergleiche, in denen man oben angesiedelt ist: Bei den ausländischen Kapitalanlegern ist man die Nummer eins – noch. Rechnet man es herunter auf die Pro-KopfInvestitionen, ist Hessen in der Rubrik der ausländischen Kapitalanleger schon wieder vor uns. Bayern holt kräftig auf. Ernst & Young hat ermittelt, dass 22 % der potenziellen ausländischen Investoren Bayern für einen attraktiven Standort halten. Nordrhein-Westfalen nennt in Wahrheit nämlich niemand, kein ausländischer Investor nennt NRW als attraktiven Standort.
Wenn man dann zu den einzelnen Fragen der Großen Anfrage kommt, wird es schon etwas detaillierter, etwas finsterer. Sie beschreiben, dass zwischen 1991 und 2000 die Wirtschaft jedes Jahr um 0,5 Prozentpunkte langsamer gewachsen ist als im westdeutschen Schnitt. Das sind in Summe fünf Prozentpunkte.
In den Jahren von 2000 bis 2013 waren es dann nur noch 0,3 % Abstand beim Wirtschaftswachstum von NRW auf die anderen westdeutschen Flächenländer, in Summe immer noch 4,2 %. Mit anderen Worten: Seit 1991 beträgt der Wachstumsrückstand auf die westdeutschen Flächenländer mehr als neun Prozentpunkte – 3,6 Milliarden € Steuermehreinnahmen Jahr für Jahr.
Da fragt man sich natürlich, woran das liegt. Liegt das an anderen landespolitischen Rahmenbedingungen? –Ihre Antwortet lautet recht kess: Nein! Ich zitiere:
„Die grundlegenden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden auf europäischer und bundespolitischer Ebene gestaltet. Auf dieser Ebene gibt es annähernd gleiche Rahmenbedingungen in allen Bundesländern.“
Wenn das so ist, warum haben wir dann das Wachstumsproblem? Warum gibt es dann Jahre, wie in dem Zeitraum von 2007 bis 2009, in denen wir überdurchschnittlich im Vergleich zu den westdeutschen Flächenländern wachsen? Auch zu dieser Zeit waren die EU-weiten und bundesweiten Rahmenbedingungen gleich. Auch zu dieser Zeit war die historische Hypothek, der Strukturwandel, auf den Sie gerne verweisen, genauso wie nachher und vorher.
Da liegt es auf der Hand, dass es an einer anderen landespolitischen Kultur in diesen Jahren der Regierung Rüttgers und Pinkwart lag. Sie sagen: Nein, in gar keinem Fall – Zitat:
„Das steht offensichtlich in keiner kausalen Beziehung zu Aktivitäten der damaligen Landesregierung.“
Der Einfluss wäre da: bei der Erhöhung der Grunderwerbsteuer, bei der flächendeckenden Gewerbesteuererhöhung, beim Bürokratieabbau statt Bürokratieaufbau. Das ist alles gemacht worden. Das gilt auch für die Rücknahme von vielen Widerspruchsmöglichkeiten im Planungsverfahren. Im zweiten Staatsexamen für Juristen wird in NordrheinWestfalen das Widerspruchsverfahren gar nicht mehr geprüft, weil es in vielen Bereichen abgeschafft worden ist. Sie packen Bürokratie drauf: das Tariftreue- und Vergabegesetzt sei hier noch einmal genannt.
Hochschulfreiheitsgesetz statt Hochschulentmündigungsgesetz! An all diesen Stellschrauben kann man drehen wie bei der Verkehrsinfrastruktur: Planungen vorhalten statt Planung zu blockieren. Die Ministerpräsidentin hat heute Geld für die Brücke in Leverkusen gefordert. Warum dauert das acht Jahre? – Weil die neue Brücke hundert Meter über der alten gebaut werden soll und man neue Planungen erstellen muss. Wo ist die Planung? – Sie gibt es nicht. Das ist Landesaufgabe; alles Landespolitik, mit der man andere Rahmensetzungen vornehmen kann.
Ich danke ganz herzlich für die von der FDP mit dieser Anfrage gegebenen Möglichkeit, dazu zu sprechen. Wir werden uns an den Daten aus dieser Großen Anfrage noch sattsam bedienen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, dass ich mich bei der Landesregierung und den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diese Große Anfrage beantwortet haben, bedanke. Denn in der Tat: 286 Fragen sind kein Pappenstiel!
Insofern möchte ich mich an der Stelle bei der FDP bedanken, dass Sie ein sehr umfängliches Material für die wirtschaftspolitische Analyse und für die Debatte liefern, die man auch in der eigenen Fraktion führt.
Nicht ganz so euphorisch würde ich mich, sehr geehrter Herr Brockes, für den Entschließungsantrag bedanken, den Sie uns auf den Tisch gelegt haben, und für die kleine Rede, die Sie dazu gehalten haben, die die üblichen ideologischen Versatzstücke enthält. Inzwischen fragt man sich, ehrlich gesagt, ob Sie jedes Mal, wenn Sie das Wort „Tariftreue- und Vergabegesetz“ in einer Ihrer Reden unterbringen, vielleicht fünf Euro aus der Fraktionskasse ausgezahlt bekommen.
Lassen Sie uns nun zu Ihrem Entschließungsantrag kommen und lassen Sie uns einen ganz kleinen Faktencheck zu diesem Entschließungsantrag machen.
Sie sprechen von einem schlechten Gründerklima in Nordrhein-Westfalen. Tatsächlich, und das könnten Sie ja der Großen Anfrage entnehmen, hat sich die Gründerquote seit Mitte der 90er-Jahre bis heute von 8,8 % auf 10,3 % erhöht. Damit ist der Abstand zum Bundesdurchschnitt – erklärbar aus der Struktur der Wirtschaft Nordrhein-Westfalens – in den letzten Jahren deutlich verkürzt worden. Das ist ein Ergebnis guter Politik. Was machen Sie daraus? – Sie machen daraus, dass sich das schlechte Gründungsklima in einer Selbstständigenquote von 10,3 % manifestiere; der Bundesdurchschnitt liegt bei 11 %. Bravo! Das nenne ich wirklich kreative Interpretation von Zahlen. Da braucht man auch keine Große Anfrage mehr, da braucht man auch keinen Faktencheck mehr!
Zweitens. Sie sprechen von der zweithöchsten Arbeitslosenquote im Westen Deutschlands. Die Antwort der Landesregierung auf Ihre Große Anfrage zeigt, dass die Zahl der Erwerbstätigen in Jahr 2013 auf den höchsten bisher je in NRW erreichen Wert gestiegen ist, nämlich auf 8,9 Millionen Menschen. Im letzten vollständigen Regierungsjahr von
Schwarz-Gelb, 2009, betrug die Arbeitslosenquote 9,2 %; heute beträgt sie 7,8 %. Ergebnis guter Politik, auch Ergebnis einer gesunden Wirtschaft, die das aus sich heraus geschafft hat!
Was machen Sie daraus? Sie machen daraus ein Standortproblem, indem Sie ständig die Behauptung aufstellen, dass ein bürokratisches Monster in Nordrhein-Westfalen namens Tariftreue- und Vergabegesetz die Nordrhein-westfälische Wirtschaft stranguliere.