Übrigens ging es letzte Woche in Davos fast immer um die Digitalisierung. Es ging aber auch um die Frage, welche neuen rechtlichen Rahmenbedingungen wir als Politik eigentlich setzen müssen. Mit solchen Fragen beschäftigt sich der nächste Juristentag, der 2016 in Essen stattfinden wird. Der Titel eines Forums lautet „Digitale Wirtschaft – analoges
Recht. Braucht das BGB ein Update?“. Das klingt banal, aber in Davos wurden zum Beispiel folgende Fragen gestellt: Wer haftet dafür, wenn der Fahrer beim autonomen Fahren im Grunde gar keinen Einfluss mehr nimmt und ein Unfall passiert? Wer ist verantwortlich? Was ist mit Maschinen, die selbstständig lernen und selbstständig Entscheidungen treffen? Wie wird das in solchen Fällen geregelt? – Wir stehen im Bereich der Justiz vor einer Menge Herausforderungen. Ich bin froh, dass sich der Juristentag mit diesen Themen intensiv auseinandersetzen wird.
Meine Damen und Herren, eine der wichtigsten Aufgaben wird es sein, den digitalen Wandel so zu gestalten, dass er möglichst vielen Menschen zugutekommt. Das bedeutet zum Beispiel auch, dass es in der digitalen Welt faire und gute Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben muss. Smartphone und Laptop können neue Formen der Zeitsouveränität schaffen und neue Möglichkeiten bieten, Beruf und Familie miteinander zu verbinden. Viele Menschen nutzen und schätzen diese neuen Möglichkeiten.
Zugleich wissen wir, dass auch neue Herausforderungen entstehen, dass es zur Arbeitsverdichtung kommen kann, zu dem Gefühl, andauernd erreichbar sein zu müssen, oder dazu, tatsächlich andauernd erreichbar sein zu müssen, online kontrolliert zu werden.
Ja. Ich halte es auch für ein Menschenrecht, nicht erreichbar zu sein, Herr Lindner. Da mag ich mich von Ihnen unterscheiden. Das ist wohl wahr. Sie reden ja immer nur von Freiheit.
Das alles bedarf, wie wir feststellen, einer intensiven gesellschaftlichen Diskussion und politischen Begleitung. In vielen Branchen sehen wir zudem eine …
Dass Ihnen die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt nicht am Herzen liegen, das wissen wir schon länger. Mir und uns liegen sie aber am Herzen. Vielleicht geben Sie uns die Gelegenheit.
Reden wir doch miteinander darüber, was denn gerade auf dem Arbeitsmarkt in manchen Bereichen passiert. Reden wir doch mal über die wachsende Zahl von freiberuflichen Dienstleistungen. Da geht es nicht nur um Taxifahren, sondern unter anderem
auch um Softwareexperten. Das Netzwerk TopCoder vermittelt inzwischen in 200 Ländern die Dienste von 30.000 freiberuflichen Programmierern. Wie ist es eigentlich in einer solchen Welt? Welche Arbeitsrechte gelten dort? Wie schaffen wir es, dass das menschenwürdige Arbeitsverhältnisse auf Dauer sind? – Mit diesen Fragen muss sich auch der Landtag Nordrhein-Westfalen beschäftigen. Das sind wichtige Themen.
Die neuen Gestaltungsräume nutzen und zugleich Regeln finden, damit digitale Arbeit auch „Gute Arbeit“ ist, daran müssen wir – davon bin ich überzeugt – gemeinsam arbeiten. Soziale Sicherheit und digitale Teilhabe zu verbinden – das ist eine zentrale Zukunftsaufgabe von Politik, Gewerkschaften und Unternehmen.
Auch wenn wir uns bewusst sind, dass wir diese Aufgabe in einer sich global vernetzenden Arbeitswelt als Land gewiss nicht allein lösen können, werden wir unseren Beitrag leisten. Dazu gehört insbesondere das Wissen um den Wert von Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft. Das wollen wir gerne auch mit den Betriebsräten in einer großen Konferenz diskutieren. Wir wissen: Auch ein NRW 4.0 muss Mitbestimmungsland Nummer eins sein. Das ist und bleibt unsere Zielsetzung.
Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen hat für den digitalen Zukunftsdialog bereits jetzt eine Reihe von Diskussionsplattformen. Einige habe ich bereits erwähnt. Noch hinzuzufügen sind das Medienforum NRW sowie viele Veranstaltungsformate und runde Tische, die wir organisiert haben: ANGA COM, Interactive Cologne, VideoDays usw. Vieles ist da wichtig. NRW ist der Ort für den Diskurs über alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen im Netz.
Wir wollen zudem eine Einrichtung schaffen, die sich unabhängig, praxisnah und wissenschaftlich fundiert mit den komplexen Fragen auseinandersetzt. Gemeinsam mit den Gesellschaftern des Grimme-Instituts und der Universität zu Köln haben wir das Grimme-Forschungskolleg gegründet.
Durch die Verbindung des Praxiswissens des Grimme-Instituts mit der Exzellenz-Universität zu Köln sollen die drängenden Fragen der Digitalisierung der Gesellschaft bearbeitet werden.
Eines ist mir besonders wichtig: Die Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen wird in diesem Jahr ein Projekt beginnen, das die Möglichkeiten und Risiken von Big Data für die Demokratie zum Thema hat. Auch damit müssen wir uns in diesem Haus intensiv auseinandersetzen, finde ich.
des digitalen Aufbruchs nutzen – für unsere Wirtschaft und für die Bürgerinnen und Bürger. Dabei werden wir die Herausforderungen und Risiken nicht ausblenden. Wir gehen selbstbewusst in die digitale Zeit. Für uns bleibt es aber dabei: Bei allen Herausforderungen und Veränderungen und bei aller Faszination von technologischen Entwicklungen steht auch weiterhin der Mensch im Mittelpunkt unserer Politik.
Diese zusätzliche Redezeit wird den Fraktionen in der Aussprache selbstverständlich ebenfalls zur Verfügung gestellt.
Zweitens. Ich will daran erinnern, dass das Fotografieren und erst recht das Telefonieren im Plenarsaal nach wie vor verboten sind. Das gilt auch bei einer Debatte über die Digitalisierung. In einem Fall handelte es sich um eine grüne Smartphonehülle, die sehr weit geleuchtet hat, und im anderen Fall um eine rote Smartphonehülle. Das kann man von hier vorne sehr schön sehen.