Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

Die SPD-Fraktion in Nordrhein-Westfalen hatte immer eine klare Position, sie war immer dagegen.

Die spannende Frage ist: Nutzt sie jetzt auch alle Möglichkeiten in Berlin, um die Pkw-Maut zu verhindern?

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, der Entschließungsantrag von SPD und Grünen zu unserem Eilantrag ist schwammig. Er weicht der eigentlichen Frage aus: Wird im Bundesrat der Widerstand organisiert, und das konsequent? Hinter verschlossenen Türen in Berlin wird davon geredet, dass womöglich schon wieder ein Deal dahintersteckt. Die SPD lässt die Maut laufen, und Ministerin Schwesig bekommt endlich ihr Kindergeld, für das sie seit einigen Monaten kämpft.

Das ist schon wieder so ein fauler Kompromiss wie bei „Rente mit 63“ und bei „Mütterrente“.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, eines organisiert man dadurch, und zwar Politikverdrossenheit im ganzen Land. Die FDP ist klar aufgestellt, hat das im Eilantrag formuliert. Es kann jetzt nur eine Aufgabe mit Blick auf die Pkw-Maut der Landesregierung geben, nämlich durchzusetzen, dass die Zustimmungspflicht des Bundesrats zum Tragen kommt. Wir werden Sie an Ihren Versprechen messen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Der Jubel will kein Ende nehmen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Breuer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Christof Rasche, es wäre doch besser gewesen, wenn der Kollege Rasche von der FDP heute nach Berlin gefahren wäre, denn in Berlin finden heute die wichtigen Anhörungen statt. Vielleicht wäre er als Sachverständiger anerkannt worden und hätte er dort seine Kritik, die er hier zu Recht teilweise vorträgt, vortragen können. In Berlin wäre sie richtig aufgehoben, aber nicht hier im Landtag in Düsseldorf, lieber Christof Rasche.

(Beifall von der SPD Nichtsdestotrotz stellen wir uns erneut der Diskussi- on zu dem Eilantrag auch hier im Plenum und ma- chen es kurz, aber schmerzhaft, lieber Christof Ra- sche. Der Eilantrag der FDP zum Stopp der Pkw- Maut für Ausländer ist hinsichtlich der geäußerten Kritik in der Tat berechtigt. Der Antrag ist jedoch in seinen Schlussfolgerungen und in seinen Forderun- gen an die Landesregierung vollkommen überflüs- sig und lässt natürlich wieder einmal jegliche Vor- schläge vermissen, wie die FDP überhaupt die ge- samtstaatliche Finanzierung des Verkehrs ermögli- chen will. (Beifall von Arndt Klocke [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, die Kritik an der sogenannten Infrastrukturabgabe, die in Wirklichkeit eine Pkw-Maut für Ausländer ist und bleibt, ist nicht neu und wird von der SPD und der Landesregierung weiterhin aktiv vorangetrieben. Die Murksmaut bleibt eine Murksmaut, weil sie erstens keinen substanziellen Beitrag zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur leisten wird, sie zweitens entgegen aller Versprechungen – das ist unsere Befürchtung – die Bürgerinnen und Bürger doch zusätzlich belasten wird und drittens Einzelhandel, Gastronomie und auch Tourismus in Nordrhein-Westfalen schaden wird.

Wir haben dies anlässlich einer Aktuellen Stunde im November und auch schon im September diskutiert. Der Sachverhalt ist nicht neu, aber die Kritik bleibt, vor allem die Kernkritik, dass der Erhebungsaufwand für die Murksmaut so hoch sein wird, dass netto unter dem Strich nicht viel für die Finanzierung unserer Infrastruktur übrig bleiben wird. Die Anhörungen heute Morgen, wenn man die Ergebnisse sieht, scheinen das auch zu bestätigen. Es deuten sich sogar peinliche Rechenfehler bei Herrn Dobrindt an,

(Christof Rasche [FDP]: Vorsatz!)

die die Substanz weiter schrumpfen lassen. Wir sind sehr gespannt, was letztlich übrig bleibt.

Haupt- und Kernziel dieses Vorhabens, dass mehr Geld aus der Nutzerfinanzierung für die Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt wird, wird jedenfalls auf diesem Weg verfehlt. Es bleibt auch bei der Kritik, dass womöglich nachher die Bürgerinnen und Bürger mehr als vorher zahlen. Denn wenn sich wirklich herausstellt, dass die Pkw-Maut europarechtswidrig bzw. die Erhebung als solche rechtmäßig ist, aber die Entlastung über die Kfz-Steuer mittelbare Diskriminierung darstellt, wie die Juristen auch heute im Ausschuss im Bundestag behauptet haben, dann zerplatzt die Gegenfinanzierung, und am Ende zahlen die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland weiter drauf.

Es wird auch nicht ohne Reaktion in den Beneluxstaaten bleiben, wenn wir hier eine Maut einführen. Natürlich werden die eine Art „Rachemaut“ oder wie man es benennen will einführen, und sie stehen schon ante portas. Es ist sicherlich kein gutes Mautwettrüsten, das wir dann in Europa hätten, und es würde sicherlich auch den Zielen unseres gemeinsamen Europas schaden und die Kleinstaaterei befördern.

Hinsichtlich des Schadens für Gastronomie, Tourismus und Einzelhandel ist schon viel gesagt worden. Es bleibt dabei – ich habe das Beispiel schon einmal genannt –, es werden nicht viele

Familien bereit sein, ein Zehn-Euro-Tagesticket oder ein 130-€-Jahresticket zu bezahlen, um einmal im CentrO in Oberhausen oder beim Weihnachtsmarkt in Dortmund vorbeizuschauen. Das wird wahrscheinlich ausbleiben. Deswegen habe ich große Zweifel, ob der 30-km-Korridor, der von einigen vorgeschlagen wird, wirklich ein probates Mittel ist, dagegen zu arbeiten und ob dadurch nicht weiter die Grenze heruntergezogen wird und dann der kleine bzw. große Grenzverkehr in diesen Städten und Gemeinden beginnt.

Es gibt also viele Gründe, die nach wie vor deutlich dagegensprechen, eine derartige Pkw-Maut für Ausländer nach dem Vorbild Herrn Dobrindt einzuführen. Die Landesregierung hat – das wissen Sie auch – bisher sehr aktiv – ich gehe davon aus, sie will es auch weiterhin tun – dagegen gearbeitet. Es bedarf deshalb keiner Aufforderung, lieber Herr Kollege Rasche, dass die Landesregierung hier tätig wird.

In ganzen 23 Punkten hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 6. Februar 2015 sehr dezidiert die Pläne von Herrn Dobrindt, die auch die Pläne von Herrn Laschet sind, förmlich in der Luft zerrissen. Man kann das alles in Drucksache 648/14 nachlesen. Ich empfehle es insbesondere der CDU zur ausführlichen Lektüre.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die hier vorgetragen worden sind, sollte man in aller Ruhe prüfen. Aber ich halte sie nicht für so evident, dass sie durchschlagen können. Man muss die Erfolgsaussichten einer verfassungsrechtlichen Klage sicherlich prüfen. Aber ich meine, sehr viel vordringlicher ist es, sich weiter über die Inhalte zu unterhalten. Wie können wir eine verlässliche dauerhafte Finanzierung für die Infrastruktur in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen schaffen?

Wir haben hier im September des letzten Jahres einen klaren Beschluss mit den Stimmen der Koalition getroffen und deutlich gemacht, dass wir natürlich mehr Mittel aus dem Steuersäckel brauchen, aber auch eine Nutzerfinanzierungsausweitung haben müssen, die verursachergerecht ist und deswegen insbesondere die Lkw-Verkehre stärker in den Blick nimmt. Diesen Antrag wollen wir heute bekräftigen.

Der Eilantrag, der eigentlich keiner Eile bedarf, ist aus unserer Sicht überflüssig und zu oberflächlich. Wir wollen jedenfalls unseren Beschluss bekräftigen und bitten deshalb um Unterstützung des Entschließungsantrags. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Breuer. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Voussem.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten den Bundestagsabgeordneten Sören Bartol aus seiner Rede im Deutschen Bundestag vom 26. Februar 2015:

„Wer eine Koalition eingeht, muss Kompromisse schließen. Für die SPD gehört die Pkw-Maut dazu. Jeder in diesem Hause weiß, dass es das zentrale Vorhaben der CSU ist. Wir haben sie jetzt im Koalitionsvertrag mit der CDU und CSU vereinbart. Damit wird sie kommen.“

Das heißt: Die SPD-Bundestagsfraktion steht zu ihrem Koalitionsvertrag, die nordrhein-westfälische SPD-Landtagsfraktion stellt ihn infrage. Sie singen weiterhin Ihre alten Lieder gegen den Bund

(Jochen Ott [SPD]: Die alten Lieder sind wunderschön!)

und vergessen dabei, dass sie seit 2013 in Berlin mitregieren. Oder sehen Sie etwa eine Alternative zu der Großen Koalition in Berlin?

(Heiterkeit von der SPD – Zurufe von der SPD: Oh ja! Coole Frage!)

Sehr schön! Wir sehen sie jedenfalls derzeit nicht, obwohl auch wir gegen die Pkw-Maut sind. Leider ist die Pkw-Maut wie manche Themen, die wir für falsch halten, im Koalitionsvertrag verankert. Dazu gehört auch die Rente mit 63. CDU und CSU haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt, die SPD sogar in einem Mitgliederentscheid, wenn Sie sich noch daran entsinnen.

(Jochen Ott [SPD]: Super Laden, was!?)

Der Koalitionsvertrag gilt!

Meine Damen und Herren, im heute vorliegenden Entschließungsantrag von SPD und Grünen steht sehr Zweifelhaftes zur Pkw-Maut. Das SPDArgument, die Pkw-Maut sei – ich zitiere – „höchst bürokratisch“ verwundert doch jeden, der weiß, was die rot-grüne Landesregierung hier in NordrheinWestfalen macht.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Rot-Grün hat unser Land seit 2010 alleine im Baubereich mit einer Vorschriftenschwemme überflutet.

(Jochen Ott [SPD]: Oh!)

Wer im bürokratischen Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall von der CDU – Jochen Ott [SPD]: Was ist das denn? Sonnenfinsternis vorge- zogen?)

Dann steht im SPD-Grünen-Entschließungsantrag auch noch die Forderung, dass die Lkw-Maut im Bund ausgeweitet werden soll. Hat die SPD-NRW denn nicht gelesen, dass diese Ausweitung ebenfalls im Koalitionsvertrag steht und noch in diesem Jahr umgesetzt wird? Ab 1. Juli 2015 wird die Lkw

Maut auf weitere 1.000 km autobahnähnliche Bundesstraßen ausgeweitet, und ab dem 1. Oktober 2015 gilt sie auch für Lkw ab 7,5 t zulässigen Gesamtgewichts. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, bitte informieren Sie sich künftig zeitnah, und kürzen Sie dann Ihre im Übrigen noch einmal aufgegossenen Anträge aus dem letzten Jahr entsprechend ein.

Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag steht zur Pkw-Maut Folgendes an Bedingungen – Herr Kollege Rasche hat es dankenswerterweise bereits aufgeführt –: erstens europarechtskonform, zweitens nur auf Autobahnen, drittens darf kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet werden, und viertens soll sie zusätzliche Finanzmittel bringen. Leider wird dabei viel zu wenig beachtet, wie hoch dieser Anspruch ist.

Wir werden sehr genau darauf achten, dass diesem Anspruch Genüge getan wird. Eine Maut kann nur dann kommen, wenn sie rechtssicher ist.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Sollte auch nur eine der vorgenannten Bedingungen nicht erfüllt sein, werden wir dagegen vorgehen. Dass wir es ernst meinen, haben wir im letzten Jahr bewiesen.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Wir haben Vertragstreue zum Koalitionsvertrag angemahnt; denn eine Maut auf Stadt-, Land- und Kreisstraßen war zu keiner Zeit verabredet.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Das hätte den Einzelhandel und Tourismus erheblich geschädigt. Dagegen haben wir im Interesse Nordrhein-Westfalens und der Grenzregionen gekämpft.