Herr Präsident! Dieses Instrument habe ich selber noch gar nicht ausprobiert. Daher bin ich jetzt natürlich ganz aufgeregt, insbesondere nach der Rede der hochgeschätzten Kollegin Beer.
Wir beide kommen ja durchaus aus dem ländlichen Raum und wissen, was Stammtische sind. Deshalb wissen wir natürlich auch, dass wir die politische Zukunft nicht an Stammtischen bestimmen können.
Wenn ich von Rot-Grün oder von grüner Schulpolitik eines gelernt habe, dann, dass man sagt: Es geht um eine Verantwortungsgemeinschaft kommunalstaatlicher Zusammenarbeit. – Deshalb sehe ich überhaupt kein Problem, in der Zusammenarbeit mit den Schulträgern und den kommunalen Spitzenverbänden – egal, wer welche Software angeschafft hat – zu dem Ergebnis zu kommen, bei den 2.200 Schulen, die heute schon mit der Software arbeiten, auf die Daten zuzugreifen. Ich billige auch gerne zu, dass man vielleicht einen Stufenplan entwickelt, bis eine Vollversorgung aller Schulen gegeben ist. Es geht um eine Gesamtinvestition von 3.000 € pro
Wichtig ist – das hat auch die Intervention des Kollegen Stein eben deutlich gemacht –: Wir haben offensichtlich gar keine verlässlichen Informationen darüber, ob die Vertretungsbudgets ausreichend sind. Mit der Software können wir feststellen: Wird Unterricht fachfremd erteilt? Wie ist die Planung? Können wir Fachunterricht vorziehen? Wie hat sich das im Einzelnen ergeben? Denn wir können für jedes einzelne Fach ein Stundensoll festlegen. Es ist also kein Problem, wenn aufgrund von Skifreizeiten oder Wandertagen eine Englischstunde vorgezogen oder eine Deutschstunde nachgeschoben wird.
Der ist, ehrlich gesagt, schon erreicht. Sollen wir versuchen, dass sie antwortet? Sonst wird es zeitlich schwierig. Wir sind schon 30 Sekunden drüber.
Danke schön, Herr Präsident. – Danke schön für die Frage, Herr Kollege. Dann müssen wir uns ja erst mal darüber unterhalten – ich habe es eben gesagt –: Was bringt uns das an Steuerungswissen? – Das ist das Erste. Die Frage des Kollegen Stein wird dadurch immer noch nicht beantwortet. Daher müssen wir uns das angucken.
Mittelstandsprogramm für Softwarefirmen, das jetzt plötzlich ausgelobt wird; das hat gar nichts mit der richtigen Sache zu tun.
Welche Module haben die Schulen, und was muss dann dazu organisiert werden? Und dann ist es leicht, von Verantwortungsgemeinschaft, Konnexität und all den Dingen, die Sie doch eigentlich am besten wissen müssten, zu reden. Sonst müssen wir uns in der Sache mal mit Herrn Bürgermeister Vogel zusammensetzen.
Also: Welche qualitativen Ergebnisse gibt es? Das ist wichtig. Was macht die Qualität von Unterricht aus? Wie bekommen wir die Steuerungsprobleme, die Herr Stein angesprochen hat, anders in den Griff? Wenn wir uns dazu mal zum sachorientierten Dialog zusammensetzen würden, würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Als nächste Rednerin spricht für die Piratenfraktion Frau Pieper.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Alle Jahre wieder: der Unterrichtsausfall.
Es gibt ein natürliches Interesse des Parlaments, über das Ausmaß von Unterrichtsausfall informiert zu werden. Es ist wichtig, zu wissen, ob die Versorgung mit Lehrern ausreicht, um einen planmäßigen Unterricht zu gewährleisten. Schließlich sind wir es, die jedes Jahr entscheiden: Wie viel Geld wollen wir im Bildungsetat für die Versorgung mit Unterricht ausgeben? Deshalb möchten wir alle selbstverständlich gerne wissen: Ist das ausreichend oder nicht?
Aus Sicht jeder Opposition ist das Thema „Unterrichtsausfall“ dankbar. Man muss nicht lange erklären, dass Unterrichtsausfall unerfreulich ist – Empörung garantiert! Man kann der Regierung ohne große Mühe Versäumnisse vorwerfen, so wie wir es auch heute erleben. Aber man muss auch sagen: Das wäre im umgekehrten Fall genau das Gleiche. Das Spiel kennen wir nicht erst seit drei oder vier Jahren, das gehört zum Theater hier dazu.
Warum ist es eigentlich sinnvoll, Unterrichtsausfall zu erheben? – Zum einen – das wurde in dem Gutachten von Frau Prof. Bellenberg deutlich gemacht – möchten wir gerne einen Ländervergleich
haben. Wir möchten wissen: Wo stehen wir in Nordrhein-Westfalen? Das ist ein sehr wichtiges Thema. Dafür brauchen wir aber einen gemeinsamen Kriterienkatalog; denn ohne sind die Zahlen Blendwerk. Dann gibt es nichts zu vergleichen. Man sollte also fordern, auf KMK-Ebene endlich einen gemeinsamen Kriterienkatalog aufzustellen: Was verstehen wir unter Unterrichtsausfall?
Der zweite Grund für die Erhebung von Unterrichtsausfall ist die Notwendigkeit, zu schauen, wo es Defizite in der Unterrichtsversorgung gibt. Jetzt haben wir die Ergebnisse einer Stichprobe, deren Aussagekraft fragwürdig ist. Sie entsprechen nicht den Eindrücken vieler Eltern. Über die Gründe für die niedrigen Werte wird hier munter spekuliert. Aber das ist Kaffeesatzleserei und dient nicht der sachlichen Auseinandersetzung. Das war absehbar, und eigentlich hätte man sich die Erhebung auch sparen können. Es wäre gut, wenn wir eine verlässliche Erhebung hätten. Ich erkenne aber an, dass es nicht so leicht ist, wie CDU und FDP hier tun. Eine elektronische Abfrage geht nicht so auf die Schnelle.
In der Plenardebatte vor einem Jahr habe ich gesagt: Es ist weiter an einer aussagekräftigen Erhebung von Unterrichtsausfall zu arbeiten. Vor allem aber müssen wir die Versorgung unserer Schulen mit Lehrern verbessern, um Kolleginnen und Kollegen zu entlasten. Das gilt heute genauso wie vor einem Jahr. Denn wichtiger als die Erhebung von Unterrichtsausfall ist die Vermeidung von Unterrichtsausfall.
Es wird nicht zu verhindern sein, dass hier und da eine einzelne Stunde ausfällt. Das ist auch nicht weiter schlimm.
Genauer müssen wir dorthin schauen, wo Kollegen für längere Zeit nicht an der Schule sind, wo sie für längere Zeit ausfallen. Dort muss verlässlich für Vertretung gesorgt werden; es muss ein kontinuierlicher Unterricht stattfinden. Das ist das, was Herr Stein gerade anhand des Falles schilderte. Dazu hätte ich gerne die Antwort: Die Vertretungsreserve reicht nicht. – Das ist uns doch allen klar; dafür muss ich gar nicht diese Unterrichtsausfallstatistik erheben.
Fragen wir doch einfach einmal beim Grundschulverband nach. Dieser wird antworten, dass die Vertretungsreserven der Grundschulen ganz regulär in einer Schule unterwegs sind, und wenn es zu einem längerfristigen Ausfall kommt wie zum Beispiel in Hamm stehen diese Leute gar nicht zur Verfügung.
Was wir stärker in den Fokus nehmen müssen, ist der strukturelle Unterrichtsausfall, wenn also Schulen gar nicht in der Lage sind, den Unterricht anzubieten, den die Bildungsgänge vorsehen, wenn zum Beispiel ein ganzes Jahr der Musik- oder der Sport
unterricht ausfallen. Dieser Ausfall, den ich sehr viel schlimmer finde, als wenn eine Kollegin einen Schnupfen hat, wird aber mit keiner dieser Statistiken abgefragt.
Die FDP fordert in ihrem Antrag, eine schulscharfe Ausfallstatistik einzuführen. Auch die CDU – Herr Kaiser hat es gerade noch einmal bestätigt – möchte das für jede Schule im Einzelnen unternehmen. Das lehnen wir ab. Eine Schule ist kein Wirtschaftsunternehmen.
Hier wird wieder einmal versucht, die eine Schule gegen die andere auszuspielen. Hier wird wieder versucht, Druck auf die Schulen, auf die Schulleiter und auf die Kollegen auszuüben.
Die CDU stellt in ihrem Antrag weiter fest, dass ausfallender Unterricht besonders zulasten benachteiligter Schülerinnen und Schüler geht. – Das stimmt. Herr Kaiser hat es gerade noch einmal gesagt. Aber das Wissen darum macht für diese Schüler die Situation vor Ort nicht besser.
Wir brauchen endlich einen Sozialindex, der diese Schulen mit ausreichenden Ressourcen versorgt. Nur das hilft unseren Schülern.
Einen letzten Satz kann ich mir nicht verkneifen, liebe Kollegen von CDU und FDP. Wenn die elektronische Erhebung von Unterrichtsausfall jetzt ihre Stoßrichtung Richtung „Digitale Schule“ ist, dann kann ich nur müde darüber lachen. – Vielen Dank.