Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Darüber hinaus gibt es im Kinder- und Jugendförderplan des Landes Nordrhein-Westfalen eine Förderposition mit Mitteln für die Qualifizierung der Jugendfreiwilligendienste durch Bildungsarbeit. Hierbei sollten die Träger spezielle Angebote für junge Menschen entwickeln, deren Integration als gefährdet gilt. Diese geförderten Maßnahmen tragen dazu bei, benachteiligten jungen Menschen den Zugang zum Freiwilligen Ökologischen Jahr und zum Freiwilligen Sozialen Jahr zu ermöglichen.

Sie sehen: Das sind viele interessante Themen. Wir sollten das differenziert in der weiteren Ausschussberatung miteinander vertiefen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und Dagmar Hanses [GRÜNE])

Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind damit am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/8294 an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend – federführend – sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

8 Mütter wertschätzen – individuelle Lebens

entwürfe respektieren

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/8459

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der FDP Frau Kollegin Schneider das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 10. Mai ist Muttertag, ein Gedenktag, der in der heutigen Form erstmals 1907 in den USA begangen wurde und der in vielen Ländern dieser Welt am zweiten Sonntag im Mai gefeiert wird.

(Lachen von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh! Ui! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Blümchen für Mutti!)

Aber wie ist es in Deutschland und in NordrheinWestfalen im Jahr 2015 um die Mütter bestellt? Alles bestens? – Sicher nicht.

Mütter müssen sich heute permanent rechtfertigen und ihre Lebensentwürfe verteidigen. Die Mutter, die relativ schnell nach der Geburt ihres Kindes wieder in den Beruf zurückkehrt und Vollzeit arbeitet, wird gern als „Rabenmutter“ bezeichnet, die nur an ihre Karriere denkt. Ob sie einfach gerne berufstätig ist oder auf dieses Einkommen angewiesen ist, interessiert oft nur am Rande.

Auch Mütter, die in Teilzeit oder auf 450-€-Basis arbeiten, werden oft belächelt und kritisiert, sie trauten sich zu wenig zu. Das sei ja alles nichts Halbes und nichts Ganzes.

Und die Vollzeitmutter, die Frau, die sich einfach dafür entschieden hat, für ihre Familie da zu sein und den Beruf aufgegeben hat, wird besonders kritisch beäugt. Sie sie ja „nur“ Hausfrau und Mutter und wolle nicht arbeiten. Nicht arbeiten? Diese Frauen haben sich dafür entschieden, ohne Gehalt zu arbeiten. Denn wer Kinder erzieht und eine Familie managt, arbeitet sehr wohl – nur eben nicht für Geld.

(Beifall von der FDP – Karin Schmitt-Promny [GRÜNE]: Was ist denn mit den Vätern?)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, vor Kurzem wurde die Studie „Regretting Motherhood“ aus Israel veröffentlicht, in der Mütter aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Altersgruppen erklärten, sie bereuten es, Mutter zu sein – nicht, weil sie ihre Kinder nicht liebten, sondern weil diesen Frauen auch andere Dinge wichtig sind, die sie nun nicht mehr ausleben können. Die Berichterstattung darüber war umfangreich. Die „Süddeutsche“ schrieb vorgestern noch von einem überfrachteten Mutterbild und davon, dass die Mütter auch bei uns in Deutschland und hier in NordrheinWestfalen unter immensem Druck stünden – von außen und auch selbstgemacht.

Mit der Geburt eines Kindes kommt es zu einer einschneidenden Veränderung der Lebensumstände der Eltern, vor allem der Frauen. Wer Kinder hat, weiß, dass Muttersein mit wenig Schlaf, Erschöpfung, körperlichen Veränderungen und gleichzeitig mit einer großen Verantwortung verbunden ist: 24 Stunden am Tag von Montag bis Sonntag.

Außerdem belastet die Mütter, dass sie sich für ihr gewähltes Lebensmodell gegenüber der Gesellschaft legitimieren müssen. Die Frauen hoffen auf Wertschätzung für ihr Engagement und auf ein besseres Ansehen in der Gesellschaft.

Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf fehlen häufig flexible Betreuungszeiten. Außerdem legen Eltern auch immer mehr Wert auf eine qualitativ gute und liebevolle Betreuung.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Jetzt doch „Eltern“!)

Häufig stellt sich auch die Frage: Wie komme ich im Alter finanziell zurecht? Hierbei ist auch die Politik gefragt, aber nicht, um mit dem großen, aber leider leerem Füllhorn Wohltaten zu vollbringen, sondern die Frauen über die verschiedenen Möglichkeiten der individuellen Altersvorsorge zu informieren.

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Ehevertrag, Riesterrente, Aktienversicherungen,

Fonds – es gibt unzählige Möglichkeiten, für das Alter vorzusorgen. Darauf kann neben den klassischen Tipps auch auf einer zentralen Homepage hingewiesen werden.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag äußert die FDPLandtagsfraktion drei Wünsche.

Erstens. Wir wollen, dass jede werdende Mutter Wahlfreiheit ohne Diskriminierung für ihr individuelles Mutterbild erhält.

Zweitens. Alle Mütter sollen in unserer Gesellschaft Respekt erfahren, egal, für welchen Lebensentwurf sie sich entschieden haben.

Drittens möchten wir, dass Mütter mehr Akzeptanz und Wertschätzung bekommen. Sie kümmern sich um unsere Kinder und damit um die Zukunft unseres Landes.

Wenn uns das gelänge, hätten wir schon viel erreicht. Der Rollenkonflikt von Müttern würde ausgehebelt und damit auch dieses unsägliche Negativimage abgestreift.

Das Ergebnis der oben erwähnten Studie „Regretting Motherhood“ entsetzt, macht nachdenklich und auch traurig. Sie zeigt auch, dass hier Handlungsbedarf besteht. Ich hoffe sehr, dass sich solche Ergebnisse nicht häufen und dass unsere Mütter Perspektiven haben.

Im Namen der FDP-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen danke ich allen Müttern für ihren großartigen Dienst in unserer Gesellschaft.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen –

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

für mehr Wertschätzung und Respekt für die Mütter, und zwar nicht nur ein Mal im Jahr am Muttertag. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Kopp-Herr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich mache es für meine Fraktion ganz kurz: Wir werden den Antrag ablehnen. Wir wollen keine rückwärtsgewandte Familienpolitik. Wir erkennen die veränderten, vielfältigen Familienformen an und wollen mit unserer Politik dieser Vielfalt gerecht werden und dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen gestalten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wichtige Maßnahmen sind hier bereits angestoßen worden, wie der Ausbau der Kindertagesbetreuung oder das Elterngeld. Gerade beim Elterngeld finde ich erfreulich festzustellen, dass es junge Väter erreicht, da sie selbiges in Anspruch nehmen.

(Beifall von Walter Kern [CDU] – Das Licht im Plenarsaal geht aus. – Heiterkeit)

Das ist ein Indiz dafür, dass junge Eltern auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Aufgabenverteilung zwischen Fürsorgearbeit – ich hoffe, der Strom reicht für das Mikro aus – und Berufstätigkeit sind.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Das Mikrofon funktioniert.

Selbst, wenn es nicht funktioniert: Ich glaube, ich spreche laut genug. – Diesen Weg gilt es konsequent mit den entsprechenden Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln und zu begleiten. Hier ist noch ein weites Feld zu beackern. Daran arbeiten wir, beispielsweise in der Enquetekommission „Familie“ seit Anfang des Jahres oder, mit anderen Worten gesagt: Wir wollen die Zukunft gestalten, und wir wollen keine rückwärtsgewandte Familienpolitik. Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kopp-Herr. Der Stromausfall wird sicherlich eher im Zusammenhang mit einer Energiedebatte diskutiert werden können als ausgerechnet bei diesem Tagesordnungspunkt. Vielen Dank für Ihren Beitrag. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin van Dinther.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, die Mütter! Lasst sie doch bitte einfach in Ruhe ihren Job machen, würde ich hier am liebsten einleiten. Aber natürlich ist schon einiges skurril in der deutschen Mütterdebatte. Ich glaube, die Wörtchen Rabenmutter und Karrierefrau gibt es nur im Deutschen.

Leider habe ich in den vielen Jahren, in denen ich unterwegs war, festgestellt, dass oft die Geschlechtsgenossinnen den Druck erzeugen, der in dem Antrag beschrieben wird. Ich habe sehr häufig erlebt, dass viele Frauen ihr Lebensmodell, das sie für sich gewählt haben, immens verteidigen und andere Varianten, die andere Frauen für sich wählen, nicht so recht akzeptieren.

Meine Damen und Herren, ich muss auch immer über Berichte schmunzeln, in denen solche Leidensgenossinnen berichten, wie sie an den Rand der Erschöpfung geraten, und zwar durch Hürden, die sie sich meistens selbst setzen. Denn in keiner Generation vor uns hatten Frauen eine größere Auswahl an Möglichkeiten.