Westfalen ist, wie auch schon betont worden ist – da wird gern dem einen und dem anderen mal wieder etwas von den schon seit langem in diesem Hause vertretenen Parteien vorgeworfen –, eine Geschichte des jahrzehntelangen Versagens.
Eine Geschichte des Versagens insbesondere insofern, als die Rücklagen nicht gebildet wurden, die eben die Landesregierung heute in die Lage versetzen könnte, auch tatsächlich die Brückensanierung anzupacken.
Es ist auch unverantwortlich, erst auf die in Aussicht gestellten Bundesmittel zu warten, bevor man den Auftrag zur Überprüfung der vorrangig nachzurechnenden Brückenwerke erteilt, denn auch das ist bis heute, wie wir ebenfalls schon vom Kollegen Rasche hören konnte, noch nicht einmal der Fall. Es ist noch gar nicht alles nachgerechnet von den Tausenden von Brücken, noch gar nichts überprüft. Ohne die Überprüfung läuft eine Brückenertüchtigungs- und Neubaustrategie in Nordrhein-Westfalen jedenfalls nicht.
Es bleibt dabei: Seit 2010 haben Sie immerhin die Gelegenheit. Wenn Sie sagen, von 2005 bis 2010 sei die Gelegenheit nicht gewesen, hätten Sie dann die Sache anpacken können, und zwar mit einem Masterplan, mit einer Strategie.
Diese Strategie fehlt aus unserer Sicht bis heute. Der Verkehrsminister des Landes sagt zwar, wir stünden vor einem Jahrzehnt der Brückensanierung. Aber wie will er das ohne die Mittel, die er im Moment noch gar nicht in vollem Umfang hat, machen? Der Verkehrsetat muss unter Rot-Grün leider einzig und allein zur Sanierung des Haushalts herhalten. Wie will Minister Groschek ohne Finanzmittel die Brücken sanieren? Ich sage es Ihnen: Es geht nicht. Es funktioniert nicht.
Der Verkehrsminister ist zu geizig, allein die Prüfung der Brücken zu beauftragen. Das ließe sich im Rahmen einer Nachfrage beim Landesbetrieb Straßen.NRW durchaus einmal nachprüfen. Da beißt sich die Katze doch in den Schwanz: Ohne Prüfung und ohne Bestandsaufnahme kann weder in Berlin das nötige Sanierungsgeld glaubhaft eingefordert noch eine intelligente Strategie erarbeitet werden.
Ein bereits jetzt wirkendes – wir brauchen ja nur täglich die Verkehrsnachrichten, die Verkehrshinweise zu hören – generelles Tempolimit auf den maroden Brücken wäre möglicherweise die Chance, diejenigen Brücken, und das sind Tausende, zu sanieren bzw. in ihrem jetzigen ohnehin schon maroden Bestand etwas länger zu erhalten, als das Verkehrsministerium, als diese Landesregierung möglicherweise brauchen wird, um Dinge in Gang zu
Stückwerk bleibt es. Es sind nur Notreparaturen an Brücken. Deswegen sehen wir heute auch das, was die Politik dieser Landesregierung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ausmacht. Wir haben bereits ein Tempolimit, ein personifiziertes Tempolimit, und dieses personifizierte Tempolimit heißt Groschek.
Ihr Motto bei den Brücken lautet: Ich bezahle und zücke die Krücke für die Brücke, aber erst dann, wenn die Vollsperrung droht. Und auch hier wieder totale Sparflamme: Die Landesregierung setzt auf Materialverstärkungen und Notinstandhaltungen, und damit zieht sie dann auch noch die ohnehin knappen Ressourcen von den notwendigen Neubauten ab. Das passt doch hinten und vorne nicht. Dabei gilt als Maxime dieser Landesregierung offenbar: große Worte, keine Taten, kein Erhalt, kein Neubau, sondern nur Notreparatur auf der einen Seite und im Übrigen Untätigkeit. Darunter leiden die Pendler und Pendlerinnen in NordrheinWestfalen. Darunter leiden die Menschen. Darunter leidet auch die Wirtschaft.
Groscheks „Krückenbrücken“ brauchen jetzt eine neue Landesstrategie. Wo bleibt sie? Wir sehen sie nicht. Wo bleibt der Masterplan der Landesregierung? Fehlanzeige. Außerdem ist eine weitere dauerhafte Instandsetzung bei vielen Bauwerken länger gar nicht möglich, weil sie nämlich gesperrt werden müssen, da sie so marode sind, dass sie drohen, zusammenzubrechen. Das ist doch der entscheidende Punkt, und da setzt auch die Notwendigkeit an, hier die Menschen im Straßenverkehr schützen zu müssen. Das ist der entscheidende Punkt.
Gaukeln Sie den Menschen in diesem Lande bitte nicht vor, mit Stückwerk würden Meisterwerke vollbracht. Sorgen Sie dafür, dass die Brücken im Lande Nordrhein-Westfalen bzw. die Infrastruktur auf einen zukunftsfähigen Weg gebracht wird. Dazu brauchen wir auch nicht viele Worte, sondern Taten. – Danke schön.
ren Abgeordnete! Manches ist in der Tat eine fast übermenschliche Geduldsprobe. Jetzt komme ich aber zum Thema. Ich sehe gerade den Parlamentarischen Staatssekretär Becker. Ihm ist zu verdanken, dass 2011 zum ersten Mal eine funktionstüchtige Projektgruppe „Brückennachrechnung und -ertüchtigung“ eingerichtet wurde.
Der damalige Brückenpapst des Landes NordrheinWestfalen, Dr. Marzahn, hat nämlich dem damaligen Parlamentarischen Staatssekretär 2011 erläutert, was die neue Bundesrichtlinie zur Nachrechnung der bundesdeutschen Brücken für das Land Nordrhein-Westfalen bedeutet. Daraufhin hat der Parlamentarische Staatssekretär Becker die erste funktionstüchtige Projektgruppe eingerichtet.
Eine weitere Anmerkung: Es sind einige Rheinbrücken zu Mahnmalen der deutschen Infrastruktur geworden. Warum? In einer Exportnation wie Deutschland hätte unvorstellbar bleiben müssen, dass Brücken mit einer Magistralenfunktion teilweise oder ganz gesperrt werden müssen, weil sie baulich die Verkehre nicht mehr verkraften.
Das ist den Brücken der 60er- und 70er-Jahre und Fehlberechnungen sowie neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen geschuldet. Das ist aber auch einer politischen Desorientierung in der Vergangenheit geschuldet, die auf dem Parteitag beschlossen hat „Wir schaffen die Güter von der Straße auf die Schiene“ und nach der bejubelten Parteitagsrede nichts, aber auch gar nichts dafür gemacht hat, dass die Schiene ertüchtigt wurde. Daran müssen wir dringlich etwas ändern. Das ist die eigentliche Herausforderung.
Deshalb geht es nicht um einen Blick zurück im Zorn. Deshalb geht es nicht darum, zu lamentieren, wie es hier teilweise wieder der Fall war, sondern darum, endlich in Zukunft zu investieren. Was heißt das? Das heißt, dass wir die Spartenseparierung der Bundesverkehrswegepläne endlich überwinden müssen. Wir haben doch Planungsruinen bei Betuwe vorgefunden, beim Eisernem Rhein, beim Regionalexpress. Wir sind doch jetzt dabei, die zu vollenden und die Schiene so leistungsfähig zu machen, dass die Straße überhaupt entlastet werden kann.
Deshalb habe ich mich auch aktuell zu dem Streik zu Wort gemeldet; denn er trägt natürlich strukturell dazu bei, dass sich Chemieunternehmen von der Schiene wieder verabschieden und auf die Straße gehen. Das ist unverantwortlich.
Jetzt noch einmal: Wir haben in Nordrhein-Westfalen, mit dem Bund abgesprochen, 375 Autobahnbrücken als vorrangig nachzurechnen definiert. 250 davon sind nachgerechnet. Wir haben dann gesagt: Das reicht uns in NRW nicht. Wir müssen nicht die einzelne Brücke, sondern den gesamten Autobahnzug betrachten. Deshalb müssen wir zusätzlich 433 Autobahnbrücken des Bundes nachrechnen, damit Mobilität nicht nur von Ufer zu Ufer, sondern auf dem gesamten Straßenzug sichergestellt ist.
Dazu kommen 707 Landesbrücken, die wir nicht so prioritär nachrechnen müssen. Warum? Weil die Landesbrücken in der Regel viel schmalere Spannweiten als die Bundesautobahnbrücken haben und deshalb aufgrund der konstruktiven Merkmale in der Regel viel belastbarer sind.
Daneben gibt es noch die restlichen Brücken, die vor 1985 errichtet wurden. Das sind aber Ewigkeitslasten, die wir in Deutschland insgesamt zu bewältigen haben, weil das Rechenwerk des Bundes uns diese pflichtige Aufgabe für immer und ewig anheimstellt.
Keine Panik, sondern Priorisierung und sachgerechtes Handeln – das ist unser Kurs. Diesen Kurs behalten wir auch bei. Was sind die Prioritäten? Sie wurden im Ausschuss immer wieder schriftlich und mündlich dargestellt.
Die erste Priorität: Wegen der Wirtschaft müssen wir die Schwerlastverkehre auf den Magistralen A1, A2, A3 und A4 funktionstüchtig halten. Es muss möglich sein, aus dem Siegerland Produkte des Anlagen- und Maschinenbaus in den nächsten Hafen zu transportieren. Deshalb erfolgt hier vorrangig Brückenertüchtigung.
Deshalb gibt es hier auch die Sonderperspektive, mit Hessen zusammen die A45 praktisch neu zu bauen. Weil dort alle Großbrücken abgängig sind und durch Neubauten ersetzt werden müssten, kann man auch sagen: Wir müssen die A45 komplett neu bauen. Erst müssen wir den alten Schamott abreißen und dann neu bauen.
Ich hoffe, dass das sehr vollmundige Versprechen aus Berlin – „bis 2028 finanzieren wir alles“ – auch schwarz auf weiß eingehalten wird. Die Rede beim Scherenschnitt ist das eine. Der Scheck, der gedeckt sein muss, ist das andere. Auf diesen Scheck warten wir, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die zweite Priorität: Wir haben die Projektgruppenarbeit fortgesetzt. Trotz Haushaltssperre haben wir 20 Planungsingenieure für den Brückenbau und die Begleitung eingesetzt. Wir sind DEGES-Mitglied geworden.
Jetzt werden wir auch etwas Neues tun, und zwar in Abstimmung mit dem Bund, mit dem wir im Übrigen bei der Brückensanierung sehr gut zusammenarbeiten. Von der ministeriellen Ebene – Dobrindt/Groschek – bis zur Arbeitsebene gibt es ein Ziehen an einem Strang. Wir werden jetzt abgestimmt mit dem Bund zum ersten Mal ganze Paketlösungen vergeben. Planung und Bau werden dort als ein Paket an Private vergeben. Das ist auch ein Hinweis auf mögliche Denkblockaden in Richtung PPP. Wir sind da nicht ideologisch festgelegt. Aufgrund des Amtseids sind wir nur in der Pflicht, zu verhindern, dass der Steuerzahler unter dieser Überschrift zur Melkkuh gemacht wird.
Die dritte Priorität: Wir haben ein regionalisiertes Baustellenmanagement, das national einmalig ist. Es gibt kein vergleichbares Baustellenmanagement unter Einbeziehung der gesamten Wirtschaftsverbände, die betroffen sind. An dieser Stelle danke ich beiden Regierungspräsidentinnen, Frau Walsken in Köln und Frau Lütkes in Düsseldorf, ausdrücklich. Sie leisten beide herausragend gute Managementarbeit. Bei ihnen an den runden Tischen werden die Alltagsprobleme angesprochen. Ein wenig mehr Ernsthaftigkeit wie an diesen Tischen täte auch manch anderer Diskussion gut. Dann kämen wir in der Verkehrspolitik schneller einen Schritt weiter.
Noch eine letzte Anmerkung: Lieber Christof Rasche, wir bemühen uns ja, alle, auch wirklich alle auf die Höhe der Zeit zu bringen. Deshalb sage ich noch einmal in dem neuen liberalen Denglisch: Ja, wir wollen endlich Schluss machen mit dem „German Kraut und Rüben“ in der Verkehrspolitik.