Der Bund ist prioritär für die Integrationskurse zuständig. Ich bin sehr froh darüber, dass er sich bereit erklärt hat, die Integrationskurse auch für Asylsuchende und Geduldete mit guter Bleibeperspektive zu öffnen. Er bietet jetzt Sprachkurse in einem Umfang von 300 Stunden an. Wenn die Anerkennung vorliegt, sind es die üblichen 600 Stunden. Ich
mache kein Hehl daraus: Wir hätten uns etwas mehr gewünscht. Ich bin aber froh, dass dieser wichtige Einstiegsschritt jetzt erst einmal getan wurde.
Eine weitere Forderung der Länder ist bisher noch nicht erfüllt. Wir werden hier aber weiter kämpfen. Dabei handelt es um eine Öffnung der Sprachkurse auch im berufsbezogenen Bereich. Das sind die sogenannten ESF-BAMF-Kurse sowie die Kurse im Bereich Hochschule. Hier konnten wir den Bund noch nicht bewegen, sich stärker zu engagieren. Ich hoffe, dass uns das in den anstehenden Verhandlungsrunden noch gelingen wird.
Wichtig ist aber auch – das war ebenfalls Thema in unseren Flüchtlingsrunden – die Anerkennung der Bildungsabschlüsse. Hier haben die Länder zugesagt, dass sie mehr Stellen für die länderübergreifende Gutachterstelle einsetzen werden. Hier gibt es auf den unterschiedlichen politischen Ebenen einiges zu tun. Auch hier werden wir als Länder unsere Hausaufgaben machen.
Bund und Länder werden sich gemeinsam dafür einsetzen, dass junge Asylsuchende und Geduldete mit guter Bleibeperspektive, die sich in einer Ausbildung befinden, endlich einen rechtsicheren Aufenthaltsstatus für die Dauer der Ausbildung bekommen.
Auch das Thema „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ hat eine große Rolle gespielt. Der Bund hat inzwischen dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt, der unter anderem eine bundesweite Aufnahmepflicht der Länder durch ein bundesweites und landesinternes Verteilungsverfahren vorsieht. Dieses Gesetz soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Wir sind uns aber mit dem Bund einig, dass wir hier schnellstmöglich ein Übergangskonzept brauchen. Hier geht es ebenfalls um finanzielle Belastungen. Auch das werden wir noch einmal aufs Tableau legen.
Meine Damen und Herren, es stellt sich die wichtige Frage des Wohnraums. Unser Wohnungsbauminister hat jetzt ein Programm zum Ausbau von Unterkünften bzw. Wohnungen für Flüchtlinge vorgestellt. Wir sind uns mit dem Bund darüber einig, dass auch dies noch konkretisiert werden muss. Hier brauchen wir mehr bezahlbaren Wohnraum. Das wird – darüber sind sich alle im Klaren – ein zunehmender Engpass werden. Wir sind auf einem guten Weg, über die bestehenden Programme eine weitere Ausweitung der Finanzierungsmöglichkeiten sicherzustellen. Auch dafür müssen wir noch kämpfen. Über den Umfang werden wir reden. Dass das
Ich komme zu einem weiteren Punkt, der uns ebenfalls am Herzen liegt und immer wieder auch hier Thema ist: Das ist die Gesundheitsversorgung. Dabei geht es darum, wie man das organisiert. Der Bund wird im Einvernehmen mit den Ländern – das hat er zugesagt – die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass ärztliche Behandlungen von Asylsuchenden mit den gesetzlichen Krankenversicherungen abgerechnet werden können. Diese Regelung soll für die Länder optional, für die Krankenkassen aber verpflichtend sein. Sie soll deshalb optional sein, weil beispielsweise Bayern das nicht in Angriff nehmen möchte.
Dies ermöglicht es, die Kommunen von den Verwaltungskosten bei der Abrechnung von Gesundheitsleistungen zu entlasten. Die Leistungen werden vom Umfang her allerdings wie bisher analog dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt werden. Hier geht es um eine organisatorische und damit auch indirekt finanzielle Entlastung der Kommunen. Auch das ist eine wichtige Aufgabe, der wir uns stellen müssen.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bei diesem Thema viel erreicht. Schon jetzt verbessern wir ein Stückchen weit die Lebenssituation von Flüchtlingen. Wir entlasten unsere Städte und Gemeinden, und wir tragen außerdem zum Erhalt der Willkommenskultur in Nordrhein-Westfalen bei.
Manche Maßnahmen werden Zeit brauchen. Wenn das Bundesamt für Migration neue Stellen schafft, müssen die erst besetzt werden. Die Leute müssen eingearbeitet werden. Auch wenn wir alle ungeduldig sind: Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass nicht schon morgen eine Verbesserung eintreten wird. Einig sind wir uns aber, dass wir keine Zeit verlieren dürfen. Wir werden darauf achten, dass die Vorarbeiten zügig durchgeführt werden, damit wir, wie geplant, auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Herbst über die genauen Details dieser dauerhaften strukturellen und dynamischen Kostenbeteiligung des Bundes beschließen können. Die entscheidenden Fragen, die jetzt in der Arbeitsgruppe zu klären sein werden, sind: Wie erfolgt dieser Ausgleich? Wie hilft der Bund konkret den Kommunen?
Die Länder haben vorgeschlagen, das über eine Pauschale zu organisieren. Der Bund scheint eher dahin zu tendieren, im Rahmen einer Entflechtung bestimmte Aufgabengruppen zu übernehmen. Ehrlich gesagt, in welcher Form das kommen wird, darüber lassen wir mit uns reden. Wichtig ist, dass sich die Finanzierung und die Hilfen für die Kommunen an der tatsächlichen Zahl der Flüchtlinge orientieren. Wenn sie steigt, muss der Bund mehr geben,
Ein zweites Thema, das ich ansprechen möchte, ist der Länderfinanzausgleich. Obwohl die Gespräche zwischen den Ländern und mit der Bundeskanzlerin über die Zukunft der Bund-Länder-Finanzbeziehungen intensiv waren, gab es noch kein konkretes Ergebnis. Immerhin waren sich alle Länder einig, dass wir endlich sobald wie möglich zur Einigung kommen sollten; und es gibt sie, die kleinen Schritte der Annäherung.
Ich bin überzeugt davon: Wir könnten eine Lösung finden, mit der erstens am Ende alle Länder finanziell besser dastehen und zweitens die besonderen finanziellen Probleme Einzelner angemessen berücksichtigt werden. Das gilt zum einen für Bremen und das Saarland mit ihrer prekären Haushaltssituation, es gilt aber auch für die ostdeutschen Länder.
Ja, wenn Sie sich diese Dimensionen anschauen, dann können Sie froh sein, dass Sie dort nicht im Parlament sitzen. Das sage ich ganz deutlich.
Wir bleiben da solidarisch. Dass Solidarität in dieser Hinsicht ein Fremdwort für Sie ist, das wissen wir.
Ich sage hier deutlich: Auch die ostdeutschen Länder brauchen noch unsere Solidarität. Ja, wir wissen, es sieht nicht überall so aus, wie wir uns das gerne vorstellen. Da gibt es noch eine Menge zu tun. Aber wir sind uns auch darin einig – hier im Land und Gott sei Dank auch hier im Parlament –, dass mehr Klarheit, mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit geschaffen werden muss. Der Bund muss seinen Beitrag zu einer fairen Lösung leisten, und die Bereitschaft dazu ist erkennbar.
Klar ist, dass es keine Lösung gegen die Interessen Nordrhein-Westfalens geben kann. Deshalb wird insbesondere der für unser Land besonders ungerechte Umsatzsteuervorwegausgleich abgeschafft werden müssen. Denn er verwischt, dass Nordrhein-Westfalen ein starkes Zahlerland ist.
Wir brauchen weiterhin einen Ausgleich. Wir bleiben solidarisch, aber dieser Ausgleich ist kein Ausgleich mehr. Es findet vielmehr eine Überkompensation statt. Deshalb sagen wir: mehr Klarheit, mehr Transparenz. Wir wollen mehr von dem behalten, was in diesem Land von den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet wird.
In diesen Punkten stimmen wir mit dem Bundesfinanzminister überein, dessen Vorschlag ebenfalls die Abschaffung des Umsatzsteuervorwegaus
gleichs beinhaltet. Das ist erfreulich, aber das ist nicht ohne Grund so. Denn auch die Wissenschaft fordert, dass endlich mehr Klarheit darüber besteht, welcher Ausgleich tatsächlich in Deutschland stattfinden muss und wie er dann auch im Einzelnen stattfindet.
Was Überkompensation bedeutet, kann man an vielen Beispielen aufzeigen. Wenn östliche Bundesländer, die insgesamt ungefähr die Größe Nordrhein-Westfalens haben, bereits ihre Schulden zurückzahlen können, wir aber noch nicht dazu in der Lage sind,
dann muss man sich die Details genau anschauen. Ich empfehle das sehr. Auf den Haushalt 2016 bezogen, um es einmal plakativ zu machen, bedeutet das, dass wir für jeden Euro, den wir ausgeben, noch 2,5 Cent an neuen Schulden aufnehmen müssen. 2010 waren das übrigens noch 11 Cent.
Ostdeutschland, annähernd so groß wie wir, fehlt eigentlich an jedem Euro 30 Cent. Über die Ausgleichssysteme bekommen die ostdeutschen Länder allerdings 32 Cent zurück, sodass sie am Ende noch einen Überschuss haben. Diese Ungerechtigkeit werden wir im Länderfinanzausgleichssystem nicht belassen können, meine Damen und Herren. Das wird so nicht gehen!
Da meine Redezeit zu Ende geht, kann ich leider nichts mehr zu den Streitigkeiten mit Bayern zum Thema „Netz“ ausführen. Das ist allerdings ein separates Thema, über das wir sicherlich in Zukunft noch einmal intensiv diskutieren können. – Vielen Dank.
Damit steigen wir in die Aussprache zur Unterrichtung der Landesregierung ein. Als erster Redner hat vonseiten der CDU-Fraktion deren Fraktionsvorsitzender, Herr Kollege Armin Laschet, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In welcher Stimmung wir diese Debatte führen, kann man sich vor Augen führen, wenn man die Meldungen von Montagabend aus Freital bei Dresden liest: 100 aggressive Demonstranten pöbeln und schimpfen gegen Flüchtlinge vor einem Hotel. – Sie werfen Böller. Mittendrin Lutz Bachmann, der PEGIDA-Gründer, wegen
Drogenhandels und Einbrüchen vorbestraft. Die Zeitungen schreiben, es gab eine pogromartige Stimmung. Einige twitterten und schrieben auf Facebook: „Friedliche Spaziergänge wie bisher helfen nicht mehr“, und die „Rheinische Post“ titelt heute: „Mehr Straftaten gegen Flüchtlinge“.
Wir in Nordrhein-Westfalen haben ein anderes Signal gesetzt. Der Erzbischof von Köln hat am letzten Freitag mit 23.000 Glockenschlägen im ganzen Erzbistum Köln an die Toten im Mittelmeer erinnert. Das war ein Signal, das weit über Köln hinausgeht. Wir danken dem Erzbischof von Köln für dieses starke Signal.
Deshalb ist es gut, dass wir in diesen Fragen auch in diesem Landtag über die Parteigrenzen hinweg auch bei Nuancenunterschieden immer zusammengestanden haben. Deshalb ist es auch gut, dass der Flüchtlingsgipfel in der letzten Woche diese Verantwortungsgemeinschaft – Sie haben das Wort ebenfalls gebraucht, Frau Ministerpräsidentin – zwischen Bund, Ländern und Kommunen unterstrichen hat.
Der Bund hat erkannt: Flüchtlinge kommen nicht nach Köln oder Dortmund, Flüchtlinge kommen nicht nach Bayern oder Nordrhein-Westfalen, sondern Flüchtlinge kommen nach Europa, kommen nach Deutschland, und deshalb ist das eine Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen – so, wie der Gipfel gesagt hat – strukturell, dauerhaft und dynamisch gesamtdeutsch tragen müssen. Das ist das Gute bei diesem Gipfel, und in dieser Frage haben Sie auch die volle Unterstützung der CDU.
Nun gibt es ein paar Maßnahmen, die auf diesem Gipfel beschlossen worden sind. Wichtig ist, dass wir den Blick nicht nur nach Berlin richten – da ist jetzt einiges passiert –, denn es gibt auch Hausaufgaben, die man in Nordrhein-Westfalen machen muss.