kann das nichts daran ändern, dass wir gemeinsam viele gute Vorschläge im Konsens erarbeiten konnten. Dazu, um einen Konsens zu erreichen, gehört, jenseits der Tagespolitik aufeinander zuzugehen und manche Formulierung zu verändern. Die Ziele waren meistens dieselben, bei den Wegen waren wir hingegen manchmal unterschiedlicher Ansicht.
Das war auch der Fall bei den von Ihnen erwähnten Infrastrukturfonds, wenn es um die ÖPPs geht; wir hatten das gestern schon in der Haushaltsdebatte. Sie wissen auch, dass es bei Ihrem Weg Diskussionsbedarf gibt, weil uns die Wissenschaft und der Bundesrechnungshof eindeutig sagen: Bei den Infrastrukturmaßnahmen, bei denen wir privates Kapital mit hineingenommen haben, hat am Ende die öffentliche Hand immer mehr gezahlt. Hier müssen wir vorsichtig sein. Das können wir so nicht eins zu eins machen, und deswegen haben wir das auch im Analyseteil und in der Handlungsempfehlung klargestellt. Wir haben hier dasselbe Ziel, indem wir glauben, dass ein solcher Infrastrukturfonds richtig ist, aber einen anderen Weg.
Das ist nur eines von vielen Beispielen, das ich aufgrund der Kürze der Zeit aus zwei Jahren Kommissionsarbeit erwähnen möchte.
Ich bin den Kolleginnen und Kollegen und vor allen Dingen den Sachverständigen sehr dankbar, dass wir so gut zusammenarbeiten konnten. Viele der Vorschläge wären hervorzuheben. Ich will mich aber auf zwei Aspekte kurz konzentrieren; Frau Kollegin Velte wird weitere im zweiten Block erwähnen.
Mir sind besonders die Handlungsempfehlungen im Bereich des öffentlichen Dienstes wichtig. Der demografische Wandel verlangt auch von unserer Verwaltung Anpassung: Wir haben steigende Pensionierungszahlen, und wir werden einen Wiederbesetzungsbedarf in der Dekade 2020 bis 2030 haben, der so noch nie dagewesen ist. Deshalb empfehlen wir als Enquetekommission die Förderung und Stärkung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes in vielen konkreten Punkten – 25 Handlungsempfehlungen allein für diesen Bereich. Zu den Empfehlungen gehören neben der Modernisierung und der Digitalisierung, die Bürgerbüros, die Flexibilisierung des öffentlichen Dienstes sowie der Zugang zur Wirtschaft und der Austausch mit der Wirtschaft.
Bei den finanzpolitischen Aspekten haben wir festgestellt, dass wir in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu allen anderen Bundesländern besonders große Herausforderungen verzeichnen, weil wir erst sehr spät anfangen können, zu tilgen, und wir durch unsere Industriegeschichte besonders viele Großstädte haben, die durch den Strukturwandel besonders hohe Finanzbedarfe und besonders hohe Verschuldungsraten haben. Dadurch haben wir auch einen besonders hohen Bedarf bezüglich des Erhalts der Infrastruktur und setzen deshalb auf eine präventive wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, die Einrichtung des Sondervermögens, des sogenannten Infrastrukturfonds, und die Gesetzesfolgenabschätzung um den Bestandteil des demografischen Wandels.
Mitten in der Kommission haben wir dann die aktuelle Prognose bekommen, und einige Kollegen haben auf dem Flur schon gefrotzelt: „Ja, jetzt könnt ihr das Ganze im Grunde sein lassen, das hat sich erledigt.“ – Nein, es gilt nach wie vor: Wir werden bunter, wir werden älter, wir werden weniger.
Auch wenn wir in diesen Tagen die Frage der Flüchtlingszahlen, die uns alle beschäftigt, und darüber diskutieren, was das für uns bedeutet – wie viele bleiben hier, und wie integrieren wir sie? –, kann ich den Kolleginnen und Kollegen sagen: Diese Handlungsempfehlungen, dieser Bericht ist so aktuell wie nie. Die ersten Handlungsempfehlungen drehen sich genau um diesen Bereich: Es geht um Anerkennung von im Ausland erworbener Abschlüsse, um den Arbeitsmarktzugang und um Integrationsmaßnahmen. Ich kann Ihnen diesen Bericht nur empfehlen.
Einen herzlichen Dank nochmals an die Sachverständigen, an die Kolleginnen und besonders an die wissenschaftlichen Referentinnen. Zwei Jahre intensive inhaltliche Arbeit sind auch eine persönliche Zusammenarbeit, und ich habe mich auf die Sitzungen immer gefreut.
Vielen Dank auch der Vorsitzenden, die mit ihrer besonnenen und weisen Art und Weise, Sitzungen zu leiten, dazu beigetragen hat, dass wir den einen oder anderen schrillen Ton, den wir in der Kommission hatten, konsensual auflösen konnten. Dafür mein herzliches Dankeschön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit ist eines der zentralen Themen oder sogar das zentrale Thema für die nächsten Jahre. Es geht darum, wie wir Spielräume für die nächsten Generationen wieder zurückgewinnen können und das in einem Land, das mit über 140 Milliarden € enorm verschuldet ist. Wenn man eine Besuchergruppe fragt, wissen die manchmal gar nicht, wie viele Nullen das noch sind. Deswegen ist es umso wichtiger, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Das Land befindet sich in einer wichtigen Phase. Die verfassungsrechtlich bindende und gesellschaftlich richtige Schuldenbremse gilt auch für Nordrhein-Westfalen. 2020 greift das Verbot der Nettokreditaufnahme für die Länder, und die Haushalte müssen ohne die Aufnahme neuer Schulden ausgeglichen werden. Davon sind wir in NordrheinWestfalen jedoch noch weit entfernt.
Es reicht nicht aus, sich nur darauf zu verlassen, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung und Steuereinnahmerekorde es schon richten werden. Es müssen jetzt Maßnahmen ergriffen werden, um den Landeshaushalt für die kommenden Jahre zukunftsfähig aufzustellen.
Ein erster Schritt ist eine ehrliche und konsequente Aufgabenkritik. Welche der bisherigen Leistungen der öffentlichen Hand müssen Land und Kommunen tatsächlich anbieten? Gibt es die Möglichkeit, Aufgaben an private Anbieter auszulagern oder durch Kooperationen Einsparungen zu erzielen? Wie kann für die finanzielle Belastung beispielsweise durch die Versorgungsaufwendungen für die Beamtinnen und Beamten oder dringend notwendige Infrastrukturprojekte Vorsorge getroffen werden? Hier sehen
Die Enquetekommission hat nach zwei Jahren intensiver Arbeit und Beratung einen umfangreichen Katalog von Handlungsempfehlungen vorgelegt. Weil ich jemand bin, der immer versucht, ehrliche und deutliche Worte zu sprechen, muss ich sagen: Wir hätten die eine oder andere Handlungsempfehlung vielleicht noch dazugewinnen können, wenn sich die Piraten an manchen Debatten intensiver beteiligt hätten und wenn insbesondere der Kollege Prof. Bontrup, der von den Piraten benannt wurde, nicht die Zeit damit verschwendet hätte, uns in den Diskussionen zu beschimpfen, sondern sein Fachwissen eingebracht und klar und deutlich gesagt hätte, wofür er steht. Ich glaube, dann wäre sein Wissen hier auch konstruktiv und sicher wichtig gewesen.
Dank für die fachlich gute Zusammenarbeit und den konstruktiven Dialog möchte ich insbesondere an die anderen Fraktionen richten, an die Experten und an die anderen Kollegen.
Auch wenn wir uns bei unserer Arbeit bei den meisten Punkten in der Zielsetzung einig waren, konnten wir uns an einigen Stellen doch nicht auf einen gemeinsamen Weg dorthin verständigen. Wir haben daher einige Sondervoten erarbeitet, mit denen wir unsere abweichenden Haltungen deutlich machen wollen:
Anders, als es der Abschlussbericht nahelegt, der grundsätzlich davon ausgeht, dass die verfassungsrechtlich bindende Schuldenbremse eingehalten wird, ist meine Fraktion hier eher skeptisch. Ausgehend vom Jahr 2010 müsste das strukturelle Defizit des Landeshaushaltes jedes Jahr um ein Zehntel reduziert werden, um die Schuldenbremse einhalten zu können.
Die Landesregierung muss endlich damit anfangen, ernsthafte Konsolidierungsbemühungen voranzutreiben. Immerhin sprechen wir von 5 bis 10 % des gegenwärtigen Ausgabevolumens, die eingespart werden müssen. Auch die Personalausgaben – ihr Anteil an den Gesamtausgaben betrug im Landeshaushalt 2012 immerhin 43 % – dürfen hier nicht ausgenommen werden.
Die Kommission ist sich einig, dass wir einen öffentlichen Dienst brauchen, der seine Aufgaben zügig und qualifiziert erledigen kann. Dafür muss es wieder attraktiver werden, im öffentlichen Dienst zu arbeiten – sowohl für Berufseinsteiger als auch für an einem Jobwechsel interessierte Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft.
Das Land steht aber auch noch vor einer anderen Herausforderung: Für die Pensionen der Beamtinnen und Beamten muss Vorsorge getroffen werden.
Die geburtenstarken Jahrgänge werden im nächsten Jahrzehnt nach und nach in Pension gehen. Verbunden mit der erfreulicherweise immer höheren Lebenserwartung wird das Problem der auskömmlichen Vorsorge also immer dringender. Zwar bildet das Land Rücklagen in Form der Sondervermögen „Versorgungsfonds“ und „Versorgungsrücklage“, allerdings wird bis 2018 nur eine Summe von 13,1 Milliarden € angespart worden sein. Dem stehen Versorgungsaufwendungen von 87,7 Milliarden € bis zum Jahr 2030 gegenüber. Die Differenz von 74,6 Milliarden € muss weiterhin aus dem Haushalt finanziert werden.
Auch bei der praktischen Umsetzung sehen wir einen Verbesserungsbedarf. Die Ausschüttungsbedingungen der Sondervermögen müssen sich an den tatsächlichen Bedarfen orientieren, und eine Ausschüttung darf nicht linear erfolgen; denn eine Belastungsspitze wird ganz klar für das Jahr 2026 erwartet.
Wir schlagen außerdem ein professionelles Kapitalanlagemanagement vor, das Liquiditätsanforderungen, Risiko- und Renditeaspekte berücksichtigt. Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass die Finanzierung der Versorgungskosten in Zukunft ausreichend und transparent gestaltet wird.
Eine der Handlungsempfehlungen im Abschlussbericht lautet, ein Sondervermögen „Infrastrukturfonds zum Wiederaufbau und zur Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur“ einzurichten, um daraus neben öffentlichen Infrastrukturprojekten auch die Beamtenversorgung zu finanzieren. Dagegen wenden wir uns ganz entschieden; denn ein solches Sondervermögen würde dem Grundsatz der Einheit und Vollständigkeit des Haushaltsplanes widersprechen.
Auch die sachfremde Einbringung der Beiträge zur Pensionsvorsorge für neue Beamtenverhältnisse sehen wir kritisch. Es sollen hier ganz klar Umgehungstatbestände für die Schuldenbremse geschaffen werden.
Stattdessen schlagen wir gemeinsam mit der CDUFraktion und unseren Sachverständigen, Herrn Dr. Hans-Peter Klös und Herrn Helmut Stahl, vor, dass die Landesregierung die Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft für Kommunen sowie landeseigener netzbezogener Infrastrukturgesellschaften prüfen möge. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob und unter welcher Bedingung auch private Investoren an der Finanzierung landeseigener Infrastrukturprojekte beteiligt werden können.
Wir können tragfähige Haushalte erreichen, aber wir müssen es auch wollen. Der Ball liegt nun im Spielfeld der Landesregierung. Wir werden auch nach
dem offiziellen Ende der Enquetekommission ein wachsames Auge darauf haben, ob jetzt schnell die Maßnahmen ergriffen werden, die dringend nötig sind, um unser Land zukunftsfest zu machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Raum und zu Hause! Ich bin heute in friedvoller Stimmung, und als Erstes möchte ich mich ganz ausdrücklich bei den Kommissionsmitarbeitern des Landtags bedanken, die der Enquetekommission effizient und geräuschlos zugearbeitet haben. – Vielen Dank.
Mein Dank gilt bei allem Dissens auch den Sachverständigen und den Kommissionskollegen der anderen Fraktionen. Ich habe in den zwei Jahren viel von euch gelernt – manchmal sogar, wie man es nicht macht. – Danke.
Besonders hervorheben möchte ich aber Ihre Kommissionsleitung, sehr geehrte Frau Birkhahn, liebe Astrid.
Ich weiß, Sie hatten es nicht leicht mit uns Piraten. Ihre Moderationskompetenz wurde durch ein zugegeben immer wieder insistierendes Verhalten dann und wann auf eine sehr harte Probe gestellt – zum einen von mir, zum anderen von unserem sehr geschätzten Piraten-Sachverständigen, Herrn Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup. Was bleibt einem Wissenschaftler, einem gestandenen Volkswirt, angesichts eklatanter, selbstauferlegter Denkverbote aber auch anderes übrig, als renitent zu werden?
Sie haben es in Ihren einführenden Worten selber gesagt, Frau Birkhahn: Die Kommission hat eine Best-case-Annahme gemacht, nämlich die, die Schuldenbremse einzuhalten. Ich würde von einer Enquetekommission, in der sich Politik und Wissenschaft treffen, erwarten, dass man die Randbedingungen, die für die Behandlung eines Sachverhaltes wichtig sind, auch ein Stück weit variiert. Sonst wird der Zusammenhang – die Kurve dazwischen – irgendwie beliebig. Ich bin nur ein kleiner dummer Naturwissenschaftler, aber ich habe es so gelernt, dass man die Randbedingungen mit diskutiert.