Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

vielleicht auch aus Unkenntnis. Das vermag ich an der Stelle nicht zu bewerten.

Übertragen auf den vorliegenden Gesetzentwurf bedeutet dies: Viele Konzepte können entwickelt werden. Entscheidend ist, dass sich am Ende des Tages die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung positiv ändert.

(Beifall von allen Fraktionen)

Ich denke, mit dem vorliegenden Entwurf sind wir hier auf der richtigen Seite.

Meine Damen und Herren, ich wünsche den Beratungen zum Inklusionsstärkungsgesetz in diesem Parlament einen konstruktiven Verlauf und verabschiede mich gleichzeitig als Sozialminister des Landes von Ihnen mit einem herzlichen Glückauf. Sorgen Sie weiter dafür, dass NRW das soziale Gewissen der Republik bleibt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Langanhaltender Beifall von allen Fraktionen und der Regierungsbank)

Nun klatschen Sie nicht zu viel. In Preußen ist Schweigen das höchste Lob. Aber man freut sich dennoch.

(Heiterkeit)

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister Schneider, ich möchte diese Gelegenheit nutzen, mich im Namen des Präsidiums und sicherlich auch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich bei Ihnen für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren zu bedanken. Wir wünschen Ihnen für den neuen Lebensabschnitt alles Gute, persönliches Wohlergehen, eine stabile Gesundheit und hoffen, dass Ihr Knie wieder wird.

(Heiterkeit)

Das haben Sie selber angesprochen. In dem Sinne vielen Dank insbesondere für die gute Zusammenarbeit hier in unserem nordrhein-westfälischen Parlament! Alles Gute für die Zukunft!

(Beifall von allen Fraktionen und der Regie- rungsbank)

Vielen Dank, Herr Präsident, für die

guten Wünsche. Aber es ist schon bemerkenswert, wie man mit einem Knie in die meinungsbildende Presse der Republik kommt. – Danke schön.

(Heiterkeit und Beifall von allen Fraktionen und der Regierungsbank)

Für die SPDFraktion spricht der Kollege Neumann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Minister Schneider hat in seinem Redebeitrag bereits Eckpunkte und Ziele des heute hier eingebrachten Inklusionsstärkungsgesetzes genannt. Ich möchte dies nicht alles wiederholen.

An dieser Stelle ist für mich vielmehr der Moment gekommen, einen Dank auszusprechen, nämlich dafür, dass Nordrhein-Westfalen mit dem Aktionsplan „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ und mit der Einbringung des bundesweit ersten Inklusionsstärkungsgesetzes eine Vorreiterrolle einnimmt. Das ist das große Verdienst Guntram Schneiders und seines Hauses. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das erste Inklusionsstärkungsgesetz wird sich als ein Meilenstein erweisen. In einem ersten Schritt, dem weitere folgen, übernimmt das Land bewusst Verantwortung, Anforderungen und Grundsätze der UN-Konvention in Landesrecht zu überführen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stellt sich Nordrhein-Westfalen endgültig der fordernden Aufgabe, mit allgemeinen und sozialgesetzlichen Regelungen die Vorgaben der UN-Konvention auf die Bedingungen und Lebenslagen in Nordrhein-Westfalen herunterzubrechen.

Das beinhaltet zugleich eine umfassende Normenprüfung und Anpassung des bestehenden Rechtes, insbesondere zunächst des Behindertengleichstellungsgesetzes. Maßstab ist und bleibt die gleichberechtigte und wirksame Teilhabe der Menschen mit Behinderung.

Das Artikelgesetz schafft zudem Rechtssicherheit auf der Ebene für die Barrierefreiheit, insbesondere bei dem Thema „Kommunikationshilfen im öffentlichen Raum“.

Lassen Sie mich noch zwei Punkte erwähnen. Ob Menschenrechte im Quartier dauerhaft ein Zuhause haben, entscheidet sich nicht zuletzt an zwei Orten, in der Wohnung und an der Wahlurne. Die Möglichkeit selbstbestimmter Wohn- und Lebensformen und die Chance eigenständiger Ausübung des Wahlrechts scheinen uns selbstverständlich. Gerade weil das so ist, ist deren Herstellung ein Schlüssel zur nutzbaren Freiheit von Menschen mit Behinderung. Die Erleichterung der Wahlrechtspraxis für Menschen mit erheblichen Sehbehinderungen trägt dieser Erkenntnis Rechnung.

Sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, wir haben in Nordrhein-Westfalen durchaus Grund, stolz darauf zu sein, in Sachen Inklusion eine Pilot- und Pionierfunktion in der Bundesrepublik einzunehmen. Dieser Stolz macht uns nicht träge und zufrieden, sondern motiviert uns, dem ersten Schritt systematisch weitere Schritte anzuschließen. Das zeigen wir heute mit der Einbringung des allgemeinen Inklusionsstärkungsgesetzes.

Sehr geehrter Herr Minister, lieber Guntram, wenn man Werkzeugmacher ist, dann muss man sehr oft Sachen machen, die dazu dienen, anschließend etwas herzustellen. Du hast als Minister dieses Landes Nordrhein-Westfalen in der Vorreiterrolle für die Bundesrepublik Deutschland ein Integrationsgesetz gemacht. Du hast dafür gesorgt, dass Nordrhein-Westfalen Motor war in der Schaffung des Mindestlohns in der Bundesrepublik Deutschland. Beim Übergang Schule und Beruf unter dem Thema „Kein Abschluss ohne Anschluss“ ist NordrheinWestfalen federführend und trägt deine Handschrift.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, immer dann, wenn es darauf ankam, sich für Rechtsstaatlichkeit einzusetzen gegen den Mob, der manchmal auf den Straßen gegen Migranten und andere Menschen vorging, hat sich dieser Werkzeugmacher mit klarer Kante auf die Straße gestellt und sich denen, die uns die Demokratie streitig machen wollten, in den Weg gestellt.

Lieber Guntram, herzlichen Dank für deine Tätigkeit auch im Namen vieler Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für die klare Kante! Wir freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit mit dem Abgeordneten und Werkzeugmacher Guntram

Schneider! – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Neumann. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Preuß.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Neumann, ob sich dieser Gesetzentwurf als Meilenstein herausstellt, wird sich erst noch erweisen. Schaut man in die Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs, dann erkennt man sofort, worum es geht, nämlich um die Sicherung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.

Hinter diesem Anspruch bleibt der Gesetzentwurf allerdings deutlich zurück. Er scheint so etwas wie eine Verlegenheitslösung zu sein, um drei Jahre nach der Vorlage des Aktionsplanes etwas vorweisen zu können.

Außerdem scheint die Landesregierung den Begriff „Inklusion“ kleinzureden. Denn es geht ja nicht nur um die Anpassung der landesrechtlichen Vorschriften an die UN-Konvention, sondern es geht darum, Teilhabe zu organisieren, dabei sein zu können. Es geht darum, aus dem Blickwinkel der Betroffenen Teilhabe zu ermöglichen und den Zugang zu unserer Gesellschaft für jeden zu gewährleisten – unabhängig vom Grad seiner geistigen oder körperlichen Einschränkungen.

Um es mit dem Kollegen Neumann zu halten, der im Zusammenhang mit der Debatte um das Bundesteilhabegesetz mal ausgeführt hat – ich zitiere etwas verkürzt –: Unser Maßstab an Gesetzgebung in Sachen Inklusion ist die Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort, ihr Wunsch auf Teilhabe.

Genauso ist es. Es geht um die Lebenssituation von Menschen. Es geht um ihren Wunsch auf eigentlich selbstverständliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, ohne jedes Mal darum kämpfen zu müssen.

Herr Minister Schneider, Ihr Nachfolger wird im weiteren Gesetzgebungsverfahren klären müssen, wo denn der Lebenswirklichkeit im vorliegenden Entwurf tatsächlich Rechnung getragen wird. An der einen oder anderen Stelle sind Zweifel angebracht.

Schaut man in § 1 des Entwurfs, sieht man: Da werden Träger öffentlicher Belange aufgefordert, die Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention zu verwirklichen. Das klingt so, als wollte man sagen: Wir tun da nichts, Träger öffentlicher Belange schaut mal, ob ihr es könnt.

Ohne auf Einzelheiten des Gesetzesentwurfs eingehen zu wollen, sehen wir derzeit Ungenauigkeiten in den Formulierungen, Ermessensspielräume, Kann- und Soll-Vorschriften – mit Formulierungen wie „man solle darauf hinwirken“ und „man sei gehalten“. Oder anders ausgedrückt: Man müsste mal dieses oder jenes tun. Meine Damen und Herren, auch Sanktionen finden sich in dem Gesetzentwurf an keiner Stelle.

Wir werden im Rahmen der weiteren Beratungen im Ausschuss selbstverständlich an diesem Gesetz mitarbeiten. Wir wollen allerdings, dass ein Gesetz entsteht, das den Anspruch erhebt, Inklusion zu garantieren. Wir wollen die Normsetzung weitgehend verbindlich gestalten.

Ich will nicht verschweigen, dass es in diesem Gesetzentwurf eine Reihe von Punkten gibt, die wir ausdrücklich begrüßen. Die sind auch von Herrn Minister Schneider vorgetragen worden, zum Beispiel die Einführung von Wahlhilfeschablonen, aber auch das von uns seit nun drei Jahren beantragte Anrecht gehörloser Eltern auf Gebärdendolmetscher für Gespräche in Kitas, Schule und Ähnliches. Aber es gibt auch viele andere Punkte, die kritisch zu hinterfragen und aus unserer Sicht noch nicht ausreichend geregelt sind, zum Beispiel die Frage

nach den Schülerfahrtkosten und der Fürsorgepflicht gehörloser Eltern in Kita und Schule.

Auch die Frage nach dem Inklusionsbeirat ist noch im weiteren Verfahren zu erörtern. Wir werden die Frage stellen, ob die tatsächlich Betroffenen die Maßnahmen der Landesregierung aushandeln, prüfen, missbilligen, oder ob allein die Vertreter von Kommunen, Einrichtungsträgern, Dienstleistern und Gewerkschaften hierbei das Sagen haben, insbesondere wenn das Ministerium auch noch die Fachbeiräte mit selbstgewählten Experten besetzen kann. Das ist nämlich alles wichtig für die Mitsprache der Menschen, die mit einer Beeinträchtigung leben.

Der Gesetzentwurf muss an wesentlichen Punkten überarbeitet werden. Wir werden im Rahmen unserer weiteren Beratungen im Ausschuss im Gesetzgebungsverfahren daran mitwirken und unsere Vorschläge machen. Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss.

Meine Damen und Herren, am Schluss der Rede möchte ich, wie das auch mein Vorgänger getan hat, mich persönlich, aber auch für meine Fraktion recht herzlich bei Ihnen, Herr Minister Schneider, für die gute Zusammenarbeit bedanken.

Wir waren uns nicht immer einig. Das liegt in der Natur der Sache. Aber die Auseinandersetzung und die Zusammenarbeit waren stets fair. Dafür möchte ich mich auch im Namen der Kollegen recht herzlich bedanken.

Man kann auch sagen: Wenn wir Sie als Opposition sozusagen mit dem Rücken an die Wand gebracht haben, haben Sie sich immer als tapferer Schneider erwiesen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von allen Fraktionen – Minister Gun- tram Schneider: Dann haben wir die Wand verschoben!)

Vielen Dank, Herr Kollege Preuß. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht die Frau Kollegin Grochowiak-Schmieding.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Minister Schneider, mit dem Aktionsplan der Landesregierung „NRW inklusiv“ wollen wir das Ziel, die inklusive Gemeinschaft in unserer Gesellschaft, die inklusive Gesellschaft als solche schrittweise erreichen.

Viele der darin beschriebenen Maßnahmen werden bereits umgesetzt: Beteiligung, Beratung und Unterstützung sind unter anderem durch den Inklusionsbeirat, durch das Lotsensystem und auch durch die Kompetenzzentren für selbstbestimmtes Leben gewährleistet, die wir bereits im Lande haben. Ich er