Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

Guten Morgen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie alle herzlich willkommen zu unserer heutigen, der 10. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch den Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

(Präsident André Kuper tritt an das Redepult.)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 2. Oktober ist der frühere Vizepräsident dieses Hauses und langjährige Abgeordnete der FDP-Fraktion, Dr. Horst-Ludwig Riemer, nach einem erfüllten Leben im Alter von 84 Jahren verstorben. – Unser Mitgefühl gilt seiner Ehefrau, seinen drei Kindern und seiner ganzen Familie.

Mit Horst-Ludwig Riemer verlieren wir in NordrheinWestfalen einen überaus erfahrenen und gradlinigen Demokraten, der über Parteigrenzen hinweg geschätzt und geachtet wurde und der die Politik unseres Landes über Jahrzehnte mit geprägt hat.

Dem Landtag Nordrhein-Westfalen gehörte der Freidemokrat von 1966 bis 1980 und noch einmal von 1985 bis 1995 an. Vizepräsident dieses Hohen Hauses war Horst-Ludwig Riemer von 1985 bis 1990.

Als Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr gehörte er von 1970 bis 1979 dem Kabinett der 7. und der 8. Wahlperiode der Ministerpräsidenten Heinz Kühn und Johannes Rau an. Stellvertretender Ministerpräsident war er von 1975 bis 1979.

Sein 24-jähriges Wirken im Landtag war geprägt von beeindruckender Sachkenntnis, unermüdlichem Engagement, aber gleichzeitig auch von großer Fairness. Auch wenn heute nur noch der Abgeordnetenkollege Karl Schultheis als Zeitzeuge von Horst-Ludwig Riemer unter uns ist, so hat der Verstorbene doch bleibende Spuren hinterlassen, die noch bis heute nachwirken.

Wirtschafts-, Energie- und Verkehrspolitik waren die Themen von Horst-Ludwig Riemer, die er für die erfolgreiche Zukunft Nordrhein-Westfalens für vordringlich hielt. Ob bei der Diskussion über Modelle zur betrieblichen Mitbestimmung, Risiken des Schnellen Brüters in Kalkar oder den Ausbau der nordrhein-westfälischen Flughäfen – stets gehörte er zu den prägenden Debattenrednern.

Als er anlässlich des 60-jährigen Bestehens der NRW-FDP in einem Interview nach den großen Weichenstellungen der 1960er- und 1970er-Jahre gefragt wurde, antwortete Riemer: Ganz wesentlich war, dass wir das Bürgerrecht auf Bildung in die Politik gebracht haben.

Dr. Horst Ludwig Riemer hatte die große Fähigkeit, widerstreitende Interessen zusammenzuführen und zum Wohle des Landes zu tragfähigen Kompromissen zu verhelfen. Seine menschliche Ausstrahlung und sein sicheres Gefühl für Stil und Würde des Parlaments werden wir vermissen.

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen gedenkt Dr. Horst Ludwig Riemer in Dankbarkeit, Respekt und Verehrung. Ich bitte Sie, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten und die Regierungsmit- glieder erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

(Präsident André Kuper begibt sich wieder zum Präsidentenplatz.)

Vor Eintritt in die Tagesordnung: Seitens der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen liegt der Antrag gemäß § 20 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, unsere heutige Tagesordnung um den Punkt „Abberufung von Mitgliedern des Kontrollgremiums gemäß § 23 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (PKG)“ als TOP 13 (neu) zu ergänzen. Es ist beabsichtigt, hierzu keine Aussprache zu führen.

Ich lasse daher über die Ergänzung der Tagesordnung abstimmen. Wer für diese Ergänzung der Tagesordnung ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP und AfD. Wer ist dagegen? – Das sind die fraktionslosen Abgeordneten Langguth, Neppe und Pretzell. – Gibt es Enthaltungen? – Ich darf damit feststellen, dass die Tagesordnung um einen Tagesordnungspunkt 13 (neu) ergänzt ist.

Wir treten nunmehr in die heutige Tagesordnung ein. Ich rufe auf

1 Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags

zum Haushaltsplan des Landes NordrheinWestfalen für das Haushaltsjahr 2017 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2017)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/538

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/821

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/887

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/888

Änderungsantrag

der Fraktion der SPD Drucksache 17/889

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/890

dritte Lesung

In Verbindung mit:

Gesetz zur Änderung haushaltswirksamer Landesgesetze (Haushaltsbegleitgesetz 2017)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/539

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/822

Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/874

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/891

Ich weise auf Folgendes hin: Eine Rücküberweisung des Nachtragshaushaltsgesetzes nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung einer dritten Lesung ist nicht erfolgt. Daher gilt weiter die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/821 zur zweiten Lesung.

Zum Haushaltsbegleitgesetz ist die Beratung in zweiter Lesung gestern erfolgt; die Abstimmung findet heute statt.

Ich eröffne die Debatte und erteile dem Abgeordnetenkollegen Moritz von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der heutigen dritten Lesung zum Nachtragshaushalt 2017 ist es vollbracht. Der erste Haushalt der NRW-Koalition steht, und auch, wenn es nur ein Nachtragshaushalt ist, ist es ein guter Haushalt, meine Damen und Herren. Denn dieser Haushalt deckt die jahrelange Misswirtschaft der rot-grünen Landesregierung gnadenlos auf

(Martin Börschel [SPD]: Und macht Platz für einen Schuldenkaiser!)

und dient dazu, einige – nicht alle, aber vielleicht die gravierendsten – Fehler der Regierung Kraft zu beheben.

Insofern diskutieren wir hier heute auch, meine Damen und Herren, über rot-grüne Schulden für rotgrüne Fehler.

(Beifall von der CDU und der FDP)

In den hinter uns liegenden Beratungen zum Nachtragshaushalt wurde viel diskutiert, es wurden Anträge gestellt, Sachverständige gehört, es wurde sich ausgetauscht, und sogar ein Foto eines Abgeordnetenkollegen aus noch jüngeren Jahren wurde uns präsentiert.

Aber die Erkenntnis war immer die gleiche: Die ehemalige Landesregierung steht nicht zu ihren Fehlern. Und, schlimmer noch: Sie kritisiert die neue NRWKoalition sogar für deren Behebung.

So wird vor allem die Rückabwicklung der durch den BLB geleisteten Sondertilgung kritisiert. Welche angeblichen Nachteile dem BLB dadurch entstünden, wird gebetsmühlenartig zu Protokoll gegeben. Dass die jetzige Opposition aber durch die rein politisch motivierte Sondertilgung erst den Anlass dafür gesetzt hat und durch die Sondertilgung dem Kernhaushalt des Landes ein erheblicher finanzieller Schaden in Form eines Zinsverlustes in mehrstelliger Millionenhöhe entstanden ist, davon will die ehemalige Landesregierung nichts mehr wissen. Das ist schade.

Aber umso wichtiger ist es, diesen Buchungstrick aufzudecken und ihn rückgängig zu machen. Denn solche Tricks sind nicht im Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Auch die im Nachtragshaushalt 2017 enthaltene Änderung der derzeit unzureichenden Krankenhausinvestitionsförderung wird infrage gestellt. Aber auch hier verkennt die jetzige Opposition, dass wir erst durch die jahrelange Untätigkeit der Regierung Kraft zu diesem Schritt gezwungen waren.

Wir liegen bei den Investitionsmitteln je Einwohner nur an zwölfter Stelle der Länder und sogar unter dem Bundesdurchschnitt. Das ist eine Gefahr für die Versorgung der Menschen in unserem Bundesland mit notwendigen Krankenhausbehandlungen und für die Krankenhauslandschaft insgesamt. Eine Förderung der Investitionen in diesem Bereich ist daher dringend geboten.

(Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Das haben wir gemacht, meine Damen und Herren. Durch eine Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes haben wir in diesem Zusammenhang erreicht, dass die Forderung des Landes gegenüber den Kommunen für die gesetzlich nominierte Beteiligung an der Krankenhausfinanzierung in Höhe von 100 Millionen € erst im Jahr 2018 entsteht, was zur Folge hat, dass die kommunalen Haushalte für 2017 nicht zusätzlich und unerwartet belastet werden.

Ebenso haben wir durch eine Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes nicht nur die unter Rot-Grün schlichtweg unfaire Behandlung der Kommunen in diesem Bereich durch eine nun hälftige Teilung der Lasten repariert, nein, wir haben auch die Zentralisierung der übergegangenen Forderungen auf das Land zum 1. Juli 2019 festgeschrieben. Dies bedeutet eine zusätzliche Planungssicherheit der Kommunen. Denn wir stehen an der Seite unserer Kommunen.