Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden heute mit dem Nachtragshaushalt wichtige Korrekturen an der Haushaltsplanung beschließen, um die allergrößten Versäumnisse der abgewählten Vorgängerregierung, insbesondere in den Bereichen Unterstützung der Kommunen, Rettung der frühkindlichen Bildung, Sanierung der Krankenhausinfrastruktur und Verbesserungen der inneren Sicherheit zu ermöglichen.
Den Kollegen von SPD und Grünen, die in den letzten Wochen hier sehr wortgewaltig aufgetreten sind – und bislang auch heute in der Debatte –, sollte es zu denken geben, dass Sie eigentlich genau aufgrund der Defizite in diesen Bereichen, die ich gerade noch einmal benannt habe, abgewählt worden sind. Deshalb wäre etwas mehr Selbstkritik auf Ihrer Seite schon angemessen.
Mein Vorredner hat gerade eine ehrliche Debatte gefordert, und dem wollen wir uns ganz ausdrücklich stellen.
Wir wollen die ehrliche Debatte, denn Sie machen gegenwärtig als Landtagsabgeordnete – viele Kollegen von SPD und Grünen – in den Wahlkreisen genau das Gegenteil. Wenige Wochen nach der Abwahl von Rot-Grün stellen Sie sich vor Ort hin und bedauern auf einmal fehlende Lehrer zu Schuljahresbeginn.
Ja, wer hat denn außer Sylvia Löhrmann in den letzten Jahren die Verantwortung für mangelnde Lehrerausbildung getragen? Wer denn sonst, wenn da nichts vorbereitet worden ist?
Da stellen Sie sich vor Ort in den Wahlkreisen hin und bedauern plötzlich fehlende Stellen bei Polizeivollzugsbeamten. Wir bedauern das auch und hätten gerne mehr Einsatzkräfte vor Ort, die in der Fläche ankommen. Aber wer hat sich denn außer Innenminister Ralf Jäger jahrelang geweigert, zur Kenntnis zu nehmen, dass es bei der Polizei größere Ausbildungskapazitäten gibt, als er jahrelang behauptet hat? Das waren doch Sie.
Wenn wir in dieser Situation sagen, wir haben jetzt drei Jahre Ausbildungsvorlauf im Rahmen der Beamtenausbildung der Polizeianwärter, und deshalb müssen wir den Bereich der Tarifangestellten bei der Polizei verstärken, um für eine bessere Personalausstattung zu sorgen,
dann kritisieren Sie jetzt, dass das Problem besteht, dass es dort Befristungen gibt. Ja, wer hat denn diese Befristungen vorgenommen? – Das waren doch Sie! Wir werden jetzt zu Entfristungen kommen, um Leistungsträger bei der Polizei zu halten.
Deshalb haben wir doch jetzt das Problem, dass sich motivierte Kräfte, Tarifbeschäftigte bei der Polizei schon für andere Stellen am Arbeitsmarkt interessieren, weil wir ihnen erst jetzt das Signal der Verlässlichkeit senden können, was wir als neue Koalition von Nordrhein-Westfalen auch gerne machen.
SPD und Grüne haben vor etlichen Jahren das Krankenhausgesetz verabschiedet, in dem geregelt ist, wie die Krankenhausinfrastruktur finanziert wird, wer die Anteile auch im kommunalen Bereich im Rahmen der Mitfinanzierung für neue Investitionen entsprechend zu tragen hat.
(Michael Hübner [SPD]: Das haben Sie nicht mitbekommen, dass Sie den Kommunen in die Taschen packen!)
Wir bringen jetzt im Rahmen dieses Haushalts dieses Gesetz, das Sie verabschiedet haben, ganz regulär zur Anwendung. Nun stehen Sie hier voller Empörung und sagen: Das ist ja unanständig,
jetzt müssen die Kommunen ja auch ihren Anteil leisten. – Meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD und Grünen, das ist Ihr Gesetz, das jetzt zur Anwendung kommt.
Danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Mutmaßlich ändern Sie dieses zitierte Gesetz ja gleich, um eine Verschiebung der Belastungen für die Kommunen vorzunehmen. Warum ist es dann nicht möglich, das Gesetz zu verändern, um die Kommunen von diesen Belastungen zu verschonen?
Herr Kollege Zimkeit, es geht um zwei verschiedene Dinge. Die grundsätzliche Frage ist: Finden wir es in Ordnung, dass man, wenn es jahrelange Vereinbarungen gibt, welchen Anteil das Land und welchen Anteil die Kommunen tragen, dazu auch steht?
Da sind wir der Auffassung, dass ein Gesetz, das Sie in der anteiligen Verteilung von Kosten richtig gefunden haben, nicht deshalb ein unanständiges Gesetz wird, weil dasselbe Gesetz jetzt von einer neuen schwarz-gelben Mehrheit zur Anwendung gebracht wird.
(Beifall von der FDP und der CDU – Martin Börschel [SPD]: Es geht doch um die Sum- men! Die Kommunen leisten doch ihren An- teil!)
Die zweite Frage ist aber in der Tat, zu welchem Zeitpunkt dieser Anteil erbracht wird. Natürlich ist die Lage in allen Kommunen unterschiedlich. Aber der weit überwiegende Teil der Kommunen hält es für vorteilhaft, diesen Anteil, auf den wir auch nicht verzichten wollen, nicht jetzt zu erbringen, sondern mit längerem Planungsvorlauf im nächsten Jahr. Deshalb sind wir mit dem Nachtragshaushalt dem mehrheitlichen Wunsch entsprechend nachgekommen, dass die Entstehung dieser anteiligen Mitfinanzierung im nächsten Jahr realisiert wird und nicht in diesem Jahr, weil sonst der Planungsvorlauf für viele Kommunen zu kurz gewesen wäre.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel, für die Ermöglichung der Zwischenfrage. – Sind Sie denn nicht mit mir einer Meinung, dass es bei der Beteiligung der Kommunen viel mehr darauf ankommt, welche Summe sie bezahlen müssen, und gar nicht so sehr der prozentuale Anteil im Fokus steht? Die Summe wird von Ihnen deutlich erhöht. Dadurch verringern Sie eindeutig die Planungssicherheit und die Planungsvorläufe.
Ich meine, Sie müssten mir – und das ist meine Frage – auch in dem Punkt zustimmen, dass die kommunalen Spitzenverbände mitnichten mir Ihrer Lösung einverstanden sind, sondern Sie in der Anhörung zum Nachtragshaushaltsgesetz massiv kritisiert haben.
Herr Kollege, ich halte es für nachvollziehbar und kritisiere das gar nicht, dass kommunale Spitzenverbände natürlich von ihrer Aufgabenstellung her den Wunsch haben, dass möglichst das Land einen ganz großen oder idealerweise sogar den vollständigen Anteil in sämtlichen Bereichen übernimmt, wo wir uns auch über Kostenteilung entsprechend unterhalten. Das kritisiere ich überhaupt nicht.
(Martin Börschel [SPD]: Dann können Sie doch nicht behaupten, die wären einverstan- den! Die sind dagegen!)
Natürlich ist es die Konsequenz, wenn man jetzt bei der Krankenhausfinanzierung handelt und einen größeren, absoluten Betrag zahlt, dass dann, wenn man sich auf einen prozentualen Schlüssel in der Verteilung verständigt hat, auch die anderen Partner einen entsprechend höheren Anteil mit übernehmen müssen. Deshalb haben wir ihnen ja einen längeren Planungsvorlauf eingeräumt.
Es in dem Bereich der Krankenhausfinanzierung einfach zu unterlassen, wo wir es jahrelang mit Defiziten zu tun haben, wo wir es mit dem Verzehr von Substanz zu tun haben, wäre nicht die richtige Alternative. Wir holen doch in Wahrheit vieles von dem jetzt nach, was Sie in den letzten Jahren hätten machen müssen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Sie haben es jetzt selber in der Hand. Sie haben die Chance. Wenn Sie das, was dieser Nachtragshaushalt für Nordrhein-Westfalen vorsieht, für
falsch halten, wenn Sie es für falsch halten, das Kitaträger-Rettungsprogramm auf den Weg zu bringen, um vor Ort die Einrichtungen besser auszustatten und die Kommunen zu entlasten, weil sie natürlich sonst die Pflichtaufgabe vor Ort zu höheren Preisen stemmen müssten, weil die Beteiligung von dritten Trägern entfiele, dann sagen Sie das hier, stellen Sie einen Änderungsantrag, streichen Sie die Komponente und stehen Sie auch vor Ort dazu.
Wenn Sie es für falsch halten, dass wir das Thema „Überstundenabbau bei Polizei und Justiz“ in Angriff nehmen, dann stellen Sie einen Änderungsantrag und reduzieren Sie das. Dann haben Sie auch dazu Ihre Haltung dokumentiert.
Und wenn Sie etwas dagegen haben, dass wir den Kommunen beim Unterhaltsvorschuss entgegenkommen, indem das Land auf der einen Seite einen größeren Anteil mitübernimmt und auf der anderen Seite bei der Nachverfolgung der Ansprüche administrativ behilflich ist, wenn Sie das alles für falsch halten, dann stellen Sie – ganz transparent – Änderungsanträge –, dann stehen Sie hier zu Ihrer Haltung, aber Sie sollten nicht diffus gegen alles sein und keine Verantwortung übernehmen. Das ist nicht richtig.
Für FDP und CDU gilt: Wir müssen am heutigen Tag in den Bereichen elementarster Unterfinanzierung bei Kernaufgaben der Landespolitik nachsteuern. Dafür bitten wir jetzt um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank.