Protokoll der Sitzung vom 27.09.2020

(Gabriele Walger-Demolsky [AfD] meldet sich zu einer Frage.)

Doch, es liegen mir weitere Wortmeldungen vor. Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Walger-Demolsky von der AfD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, der FDP-Politiker Frederik Schorn war 2015 Wahlkampfleiter für Henriette Reker, wechselte dann als freier Mitarbeiter zur Stadt und betreute dort die Social-Media-Konten von Frau Reker weiter. Nun war er wieder als ihr Wahlkampfleiter tätig. Wie bewertet die Landesregierung dieses „Parken“ von Wahlkampfpersonal bei der Stadtverwaltung?

Den Sachverhalt kann ich nicht bewerten, weil ich – möglicherweise im Gegensatz zu Ihnen – nicht weiß, wie der Status dieses Herrn ist. Wenn er Mitarbeiter der Stadtverwaltung geworden ist, also in einem offiziellen Verfahren eingestellt worden ist, dann wird er als Mitarbeiter der Stadtverwaltung für die Stadtverwaltung und damit auch für die Oberbürgermeisterin arbeiten dürfen. Dann ist das alles klar. Ich weiß aber nicht, wie die Abläufe im Einzelnen waren.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Röckemann von der AfD-Fraktion.

Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, kommen wir noch mal auf das Korruptionsrisiko zurück, wenn es kommunalen Spitzenbeamten möglich ist, Spenden anzunehmen,

ohne dass diese offengelegt werden müssen. Dazu haben Sie gesagt, das könnten die Fraktionen beantragen. Nun werden Anträge, die die AfD stellt, allesamt abgelehnt. Das ist natürlich nicht ganz so schön.

Wenn Sie das Problem erkannt haben, stellt sich die Frage: Hat die Regierung jetzt geplant, einen entsprechenden Antrag einzubringen?

Herr Abgeordneter, mir ist ein solcher Plan nicht bekannt.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Beckamp von der AfD-Fraktion, dessen Fragemöglichkeiten damit auch ausgeschöpft sind.

Herr Minister, Frau Reker hat erklärt, ihre Social-Media-Konten nach ihrer Wahl nicht mehr an die Stadt Köln zu übergeben. Gleichzeitig wurden nach Angaben der Stadt für die Pflege genau dieser Konten rund 75.000 Euro aus dem Haushalt ausgegeben. Dieser Vermögensvorteil von 75.000 Euro für die Konten verbleibt nun also bei Frau Reker. Warum ist das keine rechtswidrige Bereicherung? Was ist das Ihrer Ansicht nach rechtlich?

Ich vermute, Herr Abgeordneter, dass das eine Frage ist, die der Rat der Stadt Köln zu beantworten hat. Er hat die Haushaltshoheit für die kommunalen Finanzen. Falls jemand Bedenken hat, dass nicht ordentlich mit dem Geld umgegangen wurde, gibt es kommunalaufsichtliche Zuständigkeiten und Prüfverfahren. Aber dafür bin ich nicht zuständig.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Kollegin Walger-Demolsky von der AfD-Fraktion, deren Fragemöglichkeiten damit auch ausgeschöpft sind.

Herr Minister, ich möchte noch mal auf Frederik Schorn zurückkommen, also auf den freien Mitarbeiter von Frau Reker, der in der Zeit zwischen zwei Wahlkämpfen von der Stadt bezahlt wurde. Nach offiziellen Angaben wurden nämlich genau an ihn diese 75.000 Euro aus der Stadtkasse Köln erstattet – ohne Ausschreibung und ohne Bewerbungsverfahren. Wie bewertet die Landesregierung oder die Kommunalaufsicht solche Vorgehensweisen?

Wie Sie wissen, Frau Abgeordnete, gibt es einen klaren Regelmechanismus im Lande Nordrhein-Westfalen. Wenn die

Rechtmäßigkeit von Vorgängen in einer Kommune angezweifelt wird, kann man sich an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden und das klären lassen. Dafür ist zunächst der Rat zuständig und dann die Kommunalaufsicht. Ich kann den Sachverhalt auf keinen Fall auf Zuruf bewerten.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Dr. Vincentz von der AfD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, mich als juristischen Laien würde interessieren, warum die sogenannte Leihe der Social-Media-Konten von Henriette Reker an die Stadt Köln kein Insichgeschäft nach § 181 BGB darstellt.

Herr Abgeordneter, da ich auch kein Jurist bin, kann ich Ihnen das nicht erklären.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Loose von der AfD-Fraktion.

Danke, Frau Präsidentin. – Herr Minister, Sie sprachen davon, dass man die Stadt Köln anfragen könnte oder auch die Landesregierung bzw. die Kommunalaufsicht tätig würde, wenn es Zweifel oder Beschwerden gebe.

Es gibt ja Zweifel, sodass sich die Frage stellt: Haben die Bezirksregierung bzw. die Landesregierung die Vorgänge im Zusammenhang mit den Social-MediaAccounts von Frau Reker geprüft, oder werden sie das noch prüfen? – Danke.

Ich habe eben auf die Zuständigkeiten hingewiesen. Daraus ergibt sich die Antwort: Nein.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Röckemann von der AfD-Fraktion, dessen Fragemöglichkeiten damit ausgeschöpft sind.

Schönen Dank. – Auf den Verdacht hin, dass ich vielleicht das eine oder andere wegen der Käfighaltung hier nicht mitbekommen habe, stelle ich die Frage trotzdem: Die SocialMedia-Konten von Frau Reker haben in der Zeit, in der sie von der Stadt Köln betreut wurden und wie offizielle städtische Konten wirkten, erheblich an Likes, Abonnenten und Followern gewonnen. Ist dies

nach Auffassung der Landesregierung ein geldwerter Vorteil?

Herr Abgeordneter, ich kann das nicht bewerten; es tut mir leid.

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Fragewünsche mehr vor. Damit erkläre ich die Mündliche Anfrage 83 für beantwortet.

Ich rufe die

Mündliche Anfrage 84

des Abgeordneten Sven Wolf von der Fraktion der SPD auf zum Thema:

„Welche weiteren Fälle sind der Landesregierung bekannt, in denen Bedienstete der Landesverwaltung einschließlich der nachgeordneten Behörden durch rechtsextremistische oder rassistische Äußerungen oder durch Kontakte zu Rechtsextremisten oder Rassisten aufgefallen sind?“

Auch hier hat die Landesregierung angekündigt, dass Herr Minister Reul antworten wird, wozu er jetzt die Gelegenheit hat.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wolf, vielleicht gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Ich habe bei der Fragestellung das Gefühl, dass in Teilen ein falsches Bild gestaltet wird.

Wir haben Sie in der Innenausschusssitzung im September mündlich und schriftlich sehr ausführlich über die bis dahin bekannten extremistischen Verdachtsfälle informiert – allerdings nur für den Bereich des Innenministeriums und der Polizei.

Das war aber nicht der erste Bericht zu dem Thema, denn wir haben das Parlament in verschiedenen Sitzungen informiert, und zwar bereits im Dezember 2019. Das geschah teilweise öffentlich und teilweise nichtöffentlich in den dafür vorgesehenen Gremien.

Öffentlich wurde der Innenausschuss erstmals am 16. Januar 2020 informiert. Auch in diesem Bericht wurde bereits sehr konkret zu Fällen im Innenministerium ausgeführt, und zwar immer so konkret, wie es das jeweilige Gremium zuließ.

Jetzt fragen Sie nach weiteren Verdachtsfällen im Zusammenhang mit rechtsextremistischen und rassistischen Äußerungen. Allerdings fragen Sie nach der Kenntnis der gesamten Landesregierung und global nach Verdachtsfällen, also nach einer relativ niedrigschwelligen Erfassung.

Bei den 104 Fällen aus dem Bericht in der Innenausschusssitzung im September war die Schwelle zum

Disziplinarverfahren erreicht; das stellt eine etwas höhere Schwelle dar.

Diese Vorbemerkung halte ich für wichtig, weil deutlich wird, dass die Zahlen zum einen immer nur Momentaufnahmen und zum anderen nicht eins zu eins vergleichbar sind, weil es mal um Beschäftigte, mal nur um Beamte, mal nur um den Polizeibereich und jetzt um alle der Landesregierung bekannten Verdachtsfälle geht.

Damit komme ich zu den Zahlen und der ersten Frage. Ich habe eine Blitzabfrage in allen Landesressorts veranlasst. Dass nach 48 Stunden nicht aus allen nachgeordneten Bereichen vollumfängliche Antworten kommen konnten, ist wohl verständlich. Trotzdem haben einige Ressorts kurzfristig Rückmeldung gegeben, die ich Ihnen vortragen will.

Auch diese Zahlen sind nicht vergleichbar, weil sie sich auf unterschiedliche Zeiträume beziehen. Insofern nenne ich Ihnen die Zahlen unter Vorbehalt, soweit sie mir bis heute gemeldet worden sind:

Das Ministerium der Finanzen meldet, dass im dortigen Geschäftsbereich bis heute zwei Fälle bekannt sind.

Das Ministerium für Schule und Bildung meldet insgesamt sieben Verdachtsfälle im nachgeordneten Bereich, von denen sich bislang drei bestätigt haben. Diese drei Betroffenen sind nicht mehr im aktiven Schuldienst. In zwei Fällen laufen die Ermittlungen noch; in zwei Verdachtsfällen haben sich die Vorwürfe nicht erhärtet.

Das Justizministerium meldet insgesamt sechs Fälle, von denen ein Fall bereits im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage 22 thematisiert wurde.

Im Geschäftsbereich des Innenministeriums kommt ein weiterer Sachverhalt an der HSPV hinzu, den Sie aber schon aus dem Bericht an den Landtag vom 14. Januar dieses Jahres kennen. Dieser Beamte ist zwischenzeitlich aus dem Landesdienst ausgeschieden.

Die anderen Ressorts haben mir Fehlanzeige gemeldet, soweit sie zum jetzigen Zeitpunkt Informationen haben – zum Teil aber mit dem expliziten Hinweis, dass der nachgeordnete Bereich in der Kürze der Zeit nicht vollumfänglich abgefragt werden konnte.

Wenn man die Zahlen addiert, kommt man auf 16 uns aktuell bekannte Verdachtsfälle in der sonstigen Landesverwaltung. Zur Relation weise ich darauf hin, dass die gesamte Landesverwaltung über 290.000 Beschäftigte umfasst.

Ich will noch einen Punkt nachschieben: Die Ermittlungen sowie die Thematisierung in Presse und Öffentlichkeit haben im Polizeibereich eine positive Wirkung. Denn es gibt Betroffenheit, Wut und die Bereitschaft, so etwas nicht länger zu tolerieren, nicht länger wegzusehen, sondern Hinweise zu geben, die dazu führen, dass Dinge aufgearbeitet werden –

Sachverhalte, die zum Beispiel bei der bekannten Chatgruppe aus Essen schon in den Jahren 2012, 2013 und 2015 begonnen haben.