Protokoll der Sitzung vom 27.09.2020

Sachverhalte, die zum Beispiel bei der bekannten Chatgruppe aus Essen schon in den Jahren 2012, 2013 und 2015 begonnen haben.

Bislang haben wir nach dem, was wir im Innenausschuss berichtet haben, insgesamt weitere 38 Hinweise erhalten. „Hinweise“, das ist eine andere Qualität als „Verdachtsfälle“. Diese kommen direkt aus der Polizei, von außen, zum Teil anonym, zum Teil auch klar benannt, zum Teil eher pauschal und nicht sehr konkret, zum Teil aber auch unter Herausgabe privater Handys, damit eventuelle Beweise direkt gesichert werden können, wie zum Beispiel in dem Fall in Bielefeld.

Von diesen 38 Hinweisen sind laut Landeskriminalamt – Stand vorgestern – bislang in über 20 Fällen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden.

Die rechtlichen Bewertungen der Staatsanwaltschaft stehen in vielen Fällen allerdings noch aus, sodass wir dies nicht abschließend sagen können. Gleiches gilt für die Prüfung der Einleitung von Disziplinarverfahren.

Ich kann dazu aktuell nicht mehr sagen, weil es sich um laufende Ermittlungen handelt. Nur so viel: Bei einigen dieser Hinweise geht es ebenfalls um angebliche Postings in privaten Chats, zum Teil um Postings in sozialen Netzwerken wie Facebook, um angeblich fremdenfeindliche oder rassistische Äußerungen im Dienst oder gegenüber Bürgerinnen und Bürgern.

Es bleibt aber dabei: Die Qualität der Hinweise ist – das wiederhole ich noch mal und betone es – sehr unterschiedlich. Nicht jeder dieser Hinweise muss am Ende also in ein Straf- oder Disziplinarverfahren münden.

Wir gehen, wie ich es mehrfach betont habe, zumindest für unseren Bereich jedem einzelnen Hinweis nach und sind für diese Hinweise auch dankbar. Aber auch da gilt Genauigkeit vor Schnelligkeit.

Ich stehe natürlich zu meinem Wort und halte den Innenausschuss auf dem aktuellsten Stand. In der nächsten Sitzung werden wir wieder berichten; das ist schon vorgesehen.

Zur zweiten Frage – das ist etwas einfacher –: Wir weigern uns nicht – auch ich habe mich nie geweigert –, wissenschaftliche Expertise einzuholen. Das behaupten Sie zwar immer noch, aber es ist nicht so. Ich will nur keine globale, allumfassende Studie starten. So etwas kennen wir doch aus anderen Kontexten. Das kann zum Mehrgenerationenprojekt werden. Nur zur Einordnung: Eine solche Studie kann gerne mal vier Jahre dauern.

Mir geht es darum, bei einzelnen Fragestellungen Externe – auch wissenschaftliche Expertise – dazuzuholen. Wir brauchen klare Fragestellungen und klare Antworten, die uns dann schnell handlungsfähig

machen. Dafür wird der Sonderbeauftragte ReichelOffermann sorgen. Das ist klar und mit ihm besprochen.

Mal ganz ehrlich: Es wäre ja viel einfacher, wenn ich mich jetzt zurücklehnen und eine Studie bis 2023 in Auftrag geben würde. Das hilft aber nichts. Erkenntnisse gäbe es nach der Wahl. Und dann?

Ich möchte jetzt handeln. Deswegen habe ich mich entschieden, den Weg zu gehen, erstens alle vorhandenen Studien auszuwerten und zweitens die Studien, die wir selber in Gang gesetzt haben. Sie wissen, dass wir zwei eigene Studien haben, und zwar eine abgeschlossene bei der Polizeihochschule und eine im letzten Jahr begonnene, die noch über mehrere Jahre läuft. Drittens werden mit Sicherheit noch einzelne Studien zu einzelnen Aspekten durchgeführt.

Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern und übrigens auch der Polizei schuldig. Ich bin sicher, dass 99 % oder 90 % – ich weiß es gar nicht –, jedenfalls die allermeisten Polizistinnen und Polizisten ihre Arbeit ordentlich und pflichtbewusst machen und stolz auf ihre Arbeit sind. Denen sind wir das schuldig.

Wir werden uns alle Informationen, die wir brauchen, zugänglich machen. „Uns“ ist nicht ganz richtig formuliert, das ist die Aufgabe von Herrn Reichel-Offermann. Ihm will ich nicht zu viel vorgreifen. Aber da die Frage gestellt wurde, wollte ich zumindest die Zielrichtung nennen.

Es besteht bei der Landesregierung und auch bei dem Herrn Innenminister keine generelle Weigerung gegenüber wissenschaftlichen Studien. Es ist kompliziert, das zu erklären, aber ich habe es jetzt versucht.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die erste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Watermeier von der SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, gegenüber der Presse haben Sie mitgeteilt, dass das betroffene Team im Verfassungsschutz mittlerweile aufgelöst bzw. das Führungspersonal ausgewechselt wurde.

Welche Aufgaben haben die betroffenen Mitarbeiter aktuell übernommen, bzw. in welche Abteilungen und Bereiche wurden sie versetzt?

Frau Präsidentin, es tut mir leid, aber ich habe den Anfang nicht verstehen können. Das liegt an diesen wunderschönen Boxen, die wir hier haben.

Darf ich Sie, Herrn Watermeier, bitten, die Frage noch einmal zu wiederholen? Sie wollten wissen, wo welche Mitarbeiter arbeiten?

Herr Minister, dazu muss Herr Kollege Watermeier sich an seinem Platz wieder eindrücken. Dazu muss ich aber, weil hier die Möglichkeiten der Anzeige durch weitere Fragesteller bereits erschöpft sind, Herrn Wolf, der auf dem Platz von Herrn Herter sitzt, herausnehmen. Ich hoffe, dass das funktioniert, da ich nicht sehen kann, wie viele weitere Wortmeldungen vorliegen. – Nein, das funktioniert nicht.

(Sven Wolf [SPD]: Mein Mikrofon ist jetzt frei- geschaltet!)

Es tut mir leid, anders funktioniert es nicht.

Ich mache einen Vorschlag: Ich weiß, dass die Kollegen gerne die Plätze wechseln. Das ist normalerweise in Ordnung. Mindestens ab der dritten Reihe können wir aber kaum noch erkennen, wer sich wirklich gemeldet hat.

(Sven Wolf [SPD]: Herr Watermeier kann an meinen Platz kommen und die Frage von hier aus stellen!)

Wunderbar.

Ich habe die Frage jetzt verstanden.

Zwei sind noch im Verfassungsschutz, einer ist suspendiert.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Die Frage lautete: Wo im Verfassungsschutz?)

Wir machen es so: Herr Kollege Watermeier, denken Sie an den Mundschutz und nutzen Sie, wenn es möglich ist, nur das Mikrofon am Platz von Herrn Wolf, weil ich sonst darum bitten muss, dass auch der Platz desinfiziert wird. – Es ist heute alles nicht so einfach.

Alternativ können Sie ans Redepult kommen – wie immer Sie wollen.

Kann ich es noch einmal klarstellen? Es ging um die Mitarbeiter, die in der Observationsgruppe und Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung waren? – Zwei sind noch im Verfassungsschutz, einer ist suspendiert.

Herr Kollege Watermeier ist hier und wiederholt schnell seine Frage. Dann können wir alle, vor allem Sie, Herr Minister, klären, ob die Frage richtig verstanden wurde.

Noch einmal vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, gegenüber der Presse haben Sie mitgeteilt, dass das ganze Team im Verfassungsschutz aufgelöst bzw. das Führungspersonal ausgewechselt wurde.

Ich würde gerne von Ihnen wissen: Welche Aufgaben haben die betroffenen Mitarbeiter jetzt übernommen, bzw. in welche Abteilungen und Bereiche wurden sie versetzt?

Sie wissen, dass es beim Thema „Verfassungsschutz“ schwierig ist, öffentlich Informationen weiterzugeben.

Ich wiederhole: Einer ist suspendiert, zwei sind noch im Verfassungsschutz.

Ich kann Ihnen in diesem Gremium nicht präzise sagen, an welchen Stellen sie arbeiten. Der Landtag verfügt aber, wie Sie wissen, über ein Gremium, in dem diese Frage präziser geklärt werden könnte. Ich bitte um Verständnis.

Vielen Dank, Herr Minister. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur damit Sie das verstehen: Wir hier oben sind nicht unfähig, aber die Anlage gibt nur die Möglichkeit her, fünf Wortmeldungen nacheinander anzuzeigen. Wir können nicht sehen, welche weiteren kommen. Ich bin nicht in der Lage, jemanden zwischendurch mit hineinzunehmen. Vielen Dank für das Verständnis. – Jetzt ist Herr Kollege Wolf von der SPD-Fraktion dran.

Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, ich habe heute Morgen gelesen bzw. im „Morgenecho“ auf WDR 5 gehört, was Sie gesagt haben. Das klang deutlich differenzierter als das, was Sie in den vergangenen Tagen ausgeführt haben. Ich glaube, das entspricht eher der Position, die wir schon gemeinsam diskutiert haben, was ich ausdrücklich begrüße.

Meine Frage zu einer Studie zum Extremismus innerhalb der Polizei und der Sicherheitsbehörden: Woher kommt jetzt dieser – gestatten Sie mir das Wort, es ist kein Angriff – Sinneswandel, das doch differenzierter zu sehen? Vielleicht können Sie mir diese Frage beantworten.

Sehr geehrter Herr Wolf, ich habe die öffentliche Debatte der vergangenen Tage auch nicht ganz verstanden. Auf die Frage, ob ich eine solche große Studie machen wolle, habe ich immer mit Nein geantwortet, dann aber erklärt, was für eine Studie ich machen würde. Leider ist immer nur der erste Teil übrig geblieben.

(Zuruf von Nadja Lüders [SPD])

Ich habe bei wirklich jeder Gelegenheit erklärt, dass ich gegen diese große, nur auf die Polizei bezogene Langzeitstudie bin. Ich beschreibe das mal etwas näher: Ich habe immer erklärt, dass wir erstens schon Studien laufen haben und dass bei mir zweitens – ich wähle jetzt eine andere Formulierung – wissenschaftliche Untersuchungen zu bestimmten Teilthemen ohne Frage möglich sind. Die Entscheidung, ob wir diese durchführen, muss oder vielmehr sollte aber von dem Sonderermittler bestimmt werden. Wenn Herr Reichel-Offermann daran arbeitet, muss er wissen, wann er sie braucht.

Ich weise außerdem darauf hin, dass unter den fünf Mitarbeitern – wenn ich es richtig in Erinnerung habe –, die in dem Bereich eingesetzt werden, auch einige Wissenschaftler sind, die dann vorhandene Materialien auswerten können. Was man an Daten hat, kann man schließlich auch nutzen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Jörg von der SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Minister, sind Ihnen heute schon Anhaltspunkte bekannt, dass auch Angehörige anderer Sicherheitsbehörden, zum Beispiel aus Justiz oder Bundeswehr, involviert waren?

Bezüglich der Justiz habe ich Ihnen die Zahlen eben genannt. Wenn ich mich nicht falsch erinnere, sind es sechs, die bisher bekannt sind. Das heißt aber nichts, wie wir alle gerade lernen.

Bezüglich der Bundeswehr kann ich nur auf die Zahlen verweisen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz gestern vorgelegt hat. Ich meine, das bewegte sich in einer Größenordnung von 1.000 – allerdings bundesweit. Wir vergleichen also Äpfel mit Birnen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Kollegin Schäffer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.