Protokoll der Sitzung vom 27.09.2020

Auch wir verstehen diese zusätzlichen Kinderkrankentage als Instrument gegen die Ausbreitung des Virus. Zudem fördern wir damit spürbar die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Damit hiervon möglichst viele Eltern profitieren, soll diese Maßnahme auch für beamtete Elternpaare gelten. Statt bisher auf zehn sollen sie auf fünf zusätzliche Kinderkrankentage pro Kind Anspruch haben, Alleinerziehende auf bis zu zehn weitere Tage. Denn viele Beamtinnen und Beamte waren bzw. sind Angehörige systemrelevanter Berufe. Als solche sind sie immer noch einer besonderen Arbeitsbelastung ausgesetzt. Auch sie haben während des Lockdowns Familie und Beruf unter einen Hut gebracht.

Aktuell verdeutlicht uns die Coronakrise, welch großen Wert eine hochqualifizierte und effiziente Verwaltung hat. Sie ist das menschliche Gesicht unseres Staates. Das zeigt sich vor allem dort, wo Kontakt zu staatlichen Bediensteten besteht, sei es im Gesundheitswesen oder bei der Polizei, im Bereich der Justiz, in den Schulen oder bei den zahlreichen anderen staatlichen Dienstleistungen.

Die Nordrhein-Westfalen-Koalition tut daher viel, damit die Rahmenbedingungen für diese Arbeit auch weiterhin gut sind. Daran arbeiten wir intensiv seit dem Regierungsantritt im Jahr 2017, auch in Zusammenarbeit mit der Opposition, so zum Beispiel bei dem gemeinsamen Antrag mit der SPD-Fraktion zur Entbürokratisierung des Beihilferechts. Der Antrag wurde seinerzeit einstimmig angenommen. Denn uns allen ist klar: Die Attraktivität des Beamtenberufs steigert man nicht nur monetär, sondern eben auch durch gute Arbeitsbedingungen.

Deshalb plädieren wir mit diesem Antrag dafür, die erweiterten Möglichkeiten bei der Betreuung erkrankter Kinder in diesem Jahr auch verbeamteten Eltern einzuräumen. Ich werbe daher um breite Zustimmung für unseren Antrag.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Blöming. – Jetzt spricht für die FDP-Fraktion Herr Witzel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Möglichkeit berufstätiger Eltern, erkrankte Kinder zu Hause betreuen zu können, ist ein wichtiger Baustein bei der Eindämmung des Coronainfektionsgeschehens. Um den Regelbetrieb in Schulen und Kitas nicht zu gefährden, erwarten die Einrichtungen folgerichtig, dass Eltern ihre Kinder bereits bei leichteren Krankheitsanzeichen zur Infektionsprävention vorsorglich selbst zu Hause betreuen.

Berufstätige Eltern stehen dann vor der Frage, wie sie kurzfristig die Betreuung organisiert bekommen. In der Vergangenheit hatten nicht wenige Eltern das Glück, dass in der Nähe wohnende Großeltern wie selbstverständlich in solchen Situationen zur Entlastung mit eingesprungen sind. Da viele Großeltern allein aufgrund ihres Alters in der aktuellen Pandemielage zur Risikogruppe zählen, kommt diese subsidiäre Familienhilfe bei noch ungeklärten Krankheitssymptomen häufig nicht infrage. Für viele Eltern ist daher gegenwärtig die eigene Betreuung erkrankter Kinder die einzige Option.

Das Fünfte Sozialgesetzbuch sieht für gesetzlich versicherte Angestellte einen Freistellungsanspruch vor, sofern die Betreuung oder Pflege eines maximal zwölf Jahre alten Kindes nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist und diese nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person dort übernommen werden kann. Der Freistellungsanspruch beträgt grundsätzlich pro Kalenderjahr und Kind längstens zehn Arbeitstage, bei alleinerziehenden Eltern maximal 20 Arbeitstage. Der generelle Freistellungsanspruch kann vom Arbeitgeber auch nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit des Kindes gibt es hingegen nicht. Sofern der Tarif- oder Arbeitsvertrag eine arbeitgeberseitige Lohnfortzahlung nicht vorsieht, zahlt die GKV für die Dauer dieser Kinderkrankentage eine Lohnersatzleistung. Der Arbeitnehmer bekommt während dieser Zeit 70 % seines Bruttogehalts bis zur Deckelungshöhe von 90 % seines Nettogehalts.

Bei privat versicherten Angestellten besteht dieser Rechtsanspruch aus dem Sozialgesetzbuch hingegen nicht. Privatversicherte müssen ein mögliches Tagegeld für Ausfallzeiten wegen Krankheit eines Kindes gesondert versichern. Auch für Beamte des Bundes und der Länder gilt die Regelung des Fünften Sozialgesetzbuchs nicht. Im Fall von erkrankten Kindern besteht hier allerdings ein Anspruch auf vier Tage Sonderurlaub unter Fortzahlung der vollen Bezüge.

Diese unterschiedliche Behandlung mag auf den ersten Blick verwundern. Zur Erläuterung sei gesagt, dass das Land auf Beamte insbesondere zur Aufrechterhaltung kritischer Infrastrukturen wie bei der öffentlichen Sicherheit und Verwaltung oder auch im Bildungssystem zurückgreift. Um auch in Krisenzeiten diese kritischen Infrastrukturen aufrechterhalten zu können, gehen Bedienstete mit Beamtenstatus eine besondere Verpflichtung gegenüber dem Dienstherrn ein.

Dafür genießen unsere Landesbeamten dann eine besondere Behandlung – exemplarisch sei an dieser Stelle nur der frühe und privilegierte Zugang zur Kindernotbetreuung in Kitas und Schulen in der Pandemie genannt, während angestellte Eltern zur Kinderbetreuung nicht selten auf Teile ihres Jahresurlaubs zurückgegriffen haben.

Ungeachtet bestehender Unterschiede zwischen Angestellten und Beamten hat Familienminister

Dr. Joachim Stamp frühzeitig eine Diskussion darüber angestoßen, inwieweit die geltenden Regelungen in den jeweiligen Systemen in der aktuellen Coronasondersituation an ihre Grenzen stoßen.

Ausgangspunkt ist, dass einige berufstätige Eltern ihre Kontingente zur Betreuung erkrankter Kinder für das laufende Kalenderjahr bereits weitgehend aufgebraucht haben. Angesichts der jetzt nahenden Virussaison darf dieser Engpass nicht dazu führen, dass Kinder aufgrund ungelöster Betreuungsfragen mit Krankheitssymptomen zur Schule oder in die Kita gehen müssen.

Ein Ergebnis dieser Debatte ist, dass die Kinderkrankentage als Sonderregelungen bei gesetzlich versicherten Angestellten bundesweit einmalig für das Jahr 2020 aufgestockt werden. Bei attestierten Krankheitsfällen können Elternteile pro Kind jeweils fünf weitere Kinderkrankentage in Anspruch nehmen, Alleinerziehende bis zu zehn weitere Tage.

Mit diesem Antrag, der heute zur Beratung vorliegt, bringen wir für die verbeamteten Eltern unseres Landes eine vergleichbare befristete Lösung für das Jahr 2020 auf den Weg. Analog wird die Inanspruchnahme von fünf zusätzlichen Kinderkrankentagen pro Kind ermöglicht. Damit leistet die NRW-Koalition einen weiteren wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens in unserem Land.

In der aktuellen Situation ist die befristete Ausweitung der Betreuungsmöglichkeit von erkrankten Kindern insbesondere als ein klares Bekenntnis zur Vereinbarkeit von Kindern und Berufstätigkeit und damit auch als ein weiteres Attraktivitätssignal für den öffentlichen Dienst zu verstehen.

Wir als NRW-Koalition arbeiten daran, die besten, qualifiziertesten Kräfte für den öffentlichen Dienst anzuwerben und dort zu binden. In diesem Sinne bitten wir Sie für den vorliegenden Vorschlag um Ihre Unterstützung. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Witzel. – Jetzt spricht Frau Weng für die SPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Corona hat unseren Alltag und die Art unseres Zusammenseins, unser Familien- und unser Arbeitsleben völlig umgekrempelt.

Auf diese sich ständig verändernden, sich plötzlich überschlagenden Entwicklungen mussten wir alle seit März fortwährend neu reagieren. Was wir am Anfang des Jahres nicht ahnen konnten oder vielleicht auch nicht wahrhaben wollten, ist nun Gewissheit: Die Coronapandemie begleitet uns auch durch diesen Winter. Der neue Alltag mit Corona bleibt.

Klar bleibt auch: Eine Rückkehr in bekannte, reguläre Arbeitssituationen und einen Kita- oder Schulbesuch mit Schnupfen wird es in naher Zukunft so einfach nicht geben.

Kinderbetreuung zu Hause ist ein Vollzeitjob. Die Betreuung von kranken Kindern zu Hause führt zu mehr Sorge und bedarf noch mehr an Zeit. Homeschooling ist ein weiterer Vollzeitjob und das eigene Beschäftigungsverhältnis, egal ob draußen oder at home, ebenso.

Der Hinweis sei erlaubt: Wir alle sollten uns in mehr Wertschätzung üben für das, was zu Hause geleistet werden muss und geleistet wird – überwiegend, wir haben es häufig gehört, von Frauen.

(Beifall von der SPD)

Es war ein wirklich sehr langer Weg hin zu den Kinderkrankentagen. Er war wichtig und er war notwendig, wenn man Familie und Beruf vereinbar machen will. Dabei ist auch die Form des Arbeitsverhältnisses – ob Angestellten- oder Beamtenverhältnis – überhaupt nicht von Belang.

Dementsprechend war die Aufstockung der Kinderkrankentage für Angestellte und ist sie für Beamtinnen und Beamte dieses Landes meines Erachtens absolut folgerichtig. Denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss gerade unter diesen erschwerten Bedingungen gestärkt werden und bleiben, und sie muss für alle gelten. Familien in Nordrhein-Westfalen werden erneut wieder extrem gefordert sein.

Ich freue mich über den vorliegenden Vorstoß von CDU und FDP. Je breiter wir in alle Familienkonstellationen – vor allem gilt das für Alleinerziehende – mit kurzfristigen Maßnahmen hineinwirken, desto mehr Entlastung schaffen wir nachhaltig für viele weitere Lebensbereiche.

Unsere Kinder und Eltern in Nordrhein-Westfalen werden diese Kinderkrankentage in diesem Winter brauchen. Danke, Dennis Maelzer, für den Impuls Anfang September. Danke für diesen Antrag, dem wir sehr gerne zustimmen werden.

(Beifall von der SPD und Josef Hovenjürgen [CDU])

Danke, Frau Weng, für die Rede. – Als Nächste spricht für die grüne Fraktion Frau Kollegin Paul.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Situation – ich glaube, das ist auch in der Diskussion deutlich geworden – ist für Familien seit Wochen und Monaten angespannt. Durch den Wegfall der regulären Betreuung und durch die Schließungen bei Kitas und Schulen ab März haben viele Eltern ihren Urlaub bereits aufgebraucht. Viele haben auch die Kinderkrankentage bereits aufgebraucht.

Gerade jetzt – es ist auch schon angeklungen – in der Schnupfenzeit, aber auch bei steigenden Infektionszahlen wird die Situation für Familien sicherlich nicht leichter werden.

Es ist trotzdem auch richtig gewesen, dass der Familienminister die Anpassung der Zugangsvoraussetzungen zu Kitas noch einmal angepasst hat, weil Rotznasen – Sie wissen das – bei Kitas quasi systemimmanent sind. Wenn man wegen jeder Rotznase zu Hause bleiben müsste, dann könnten wir die Kitas gleich ganz schließen. Das ist also richtig gewesen. Ich bin sehr froh, dass der Minister – er hat die Geschichte selbst so erzählt –, als er mal beim Aufräumen im Keller war, festgestellt hat, wie schnell

man so eine Rotznase haben kann, und die Regelungen dann dementsprechend angepasst hat.

Nichtsdestotrotz gehören tatsächlich kranke Kinder weder in die Kita noch in die Schule. Da sind wir uns sicherlich alle einig. Dementsprechend ist es auch richtig, eine Ausweitung der Kinderkrankentage vorzunehmen. Es ist dann nur folgerichtig, wie es die schwarz-gelbe regierungstragende Koalition vorschlägt, das auch auf Beamtinnen und Beamte auszuweiten. Dementsprechend unterstützen wir diesen Vorstoß.

Allerdings muss man deutlich machen, dass mehr Kinderkrankentage kein Konzept zum Umgang mit Corona vor allem an Schulen ersetzen. Wir müssen den Infektionsschutz an diesen Stellen stärken. Wir haben es heute Morgen in der Haushaltsdebatte auch schon deutlich gemacht. Es geht um die Frage von Luftfiltern, es geht um die Frage von entzerrenden Raum- und Zeitkonzepten. Es muss auch darum gehen, Infektionen möglichst zu vermeiden. Da helfen nicht allein Kinderkrankentage, da muss die Landesregierung noch weitere Hausaufgaben machen.

Viele sind in der Phase des Shutdowns ins Homeoffice gegangen. Wir haben Homeoffice als Variante ganz neu kennengelernt. Aber jetzt stellt sich in einem Bericht an den Unterausschuss Personal heraus, dass die Landesregierung damals noch keinen einheitlichen Umgang mit der Frage hatte, wie man mit digitalem Arbeiten, mit Homeoffice etc. umgeht. Die Landesregierung hat zugesagt, die Erfahrungen jetzt zum Anlass zu nehmen, es auszuwerten und das in eine weitere Überarbeitung aufzunehmen.

Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Weg. Denn die öffentliche Verwaltung hat auch eine Vorbildfunktion. Das heißt, über Homeofficeregelungen, digitales Arbeiten, auch flexiblere Arbeitszeiten muss innerhalb der öffentlichen Verwaltung neu diskutiert werden. Die öffentliche Verwaltung muss hier vorangehen. Auch das gehört dazu, wenn wir insgesamt darüber sprechen, wie Familie und Beruf in der öffentlichen Verwaltung besser miteinander vereinbart werden können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Klar ist aber auch – das haben wir in der Coronazeit feststellen können –: Homeoffice ist kein Betreuungskonzept. Das will ich sehr deutlich sagen. Kollegin Weng hat darauf hingewiesen: Kinder und vor allem kranke Kinder zu Hause zu betreuen, ist quasi ein Vollzeitjob. Nichtsdestotrotz: Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind bessere Homeofficeregelungen dringend nötig.

Aber auch die Arbeitgeber sind in der Verantwortung. Wenn Sie sich die Regelungen zu Kinderkrankentagen anschauen, so ist es tarif- und arbeitsvertraglich möglich, dass man die Lohnfortzahlung bei Kinderkrankentagen ausschließt. Ich meine, wir müssen die

Coronakrise zum Anlass nehmen, um noch einmal an die Verantwortung von Arbeitgebern zu appellieren und eine Diskussion darüber zu führen, ob es sein kann, dass die Familien und dann im Grunde genommen die Solidargemeinschaft mit dieser wichtigen Frage alleingelassen wird, oder ob wir Wege finden, dass auch die Arbeitgeber mehr Verantwortung übernehmen.

Wir werden diesem Antrag zustimmen, aber ich habe wohl deutlich gemacht, dass wir durchaus noch mehr miteinander diskutieren müssen, und es ein Maßnahmenbündel braucht, um jetzt in der aktuellen Zeit, in der Herbstzeit, der Schnupfenzeit, aber auch in der Zeit steigender Infektionszahlen Familien besser zu unterstützen. Denn was uns nicht mehr passieren darf, ist das, was zu Beginn, im Frühjahr dieses Jahres, passiert ist, wo diese Landesregierung noch frei nach dem Motto gehandelt hat: Frauen und Familien zuletzt! – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Paul. – Jetzt spricht für die AfD-Fraktion Frau Dworeck-Danielowski.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Antrag auf zusätzliche Kinderkrankentage auch für Beamte halten wir für eine sehr gute Sache. Wie ist die Situation heute? Wir haben es in den vorangegangenen Redebeiträgen schon gehört. Das Kind ist krank, beide Elternteile sind berufstätig, und das Kind sollte natürlich zur Genesung zu Hause bleiben.