Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

Wir haben in der Anhörung genau darüber diskutiert. Es ist extra ein eigener Passus eingefügt worden. Aber in der Realität verweigern Sie das, nur weil Sie als Ministerin den Gesichtsverlust fürchten. Darum geht es.

(Jochen Ott [SPD]: So ist es!)

Es geht nicht mehr um reale Schulpolitik für die Schulen in diesem Land.

(Martina Hannen [FDP]: Es geht bei Ihnen nicht um reale Schulpolitik!)

Die letzte Frage, die sich noch stellt, ist die nach dem Koalitionsdruck auf den Gesundheitsminister, der verkünden musste, was die Schulministerin nicht zulassen wollte.

(Minister Karl-Josef Laumann: Aus voller Überzeugung!)

Auch hiermit tragen Sie den Koalitionszwist auf dem Rücken der Schulen aus. Auch das hat nichts mit Perspektive und Schulpolitik in diesem Land zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Mi- nister Karl-Josef Laumann: Das ist ja irre! – Jo- sef Hovenjürgen [CDU]: Da kennen Sie sich ja aus, Frau Kollegin! Da kennen Sie sich ja bes- tens aus!)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Beer.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Unsäglich! Unsäg- lich! Du bist unsäglich, Sigrid!)

Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Seifen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD macht sich mit dem vorliegenden Antrag zum Anwalt ihres Vertreters in der Stadt Solingen, der offensichtlich auf eigene Faust das von SPD und Grünen im Landtag NRW ständig postulierte Modell der Schülerzerstreuung umsetzen wollte.

Die Beteiligten um Oberbürgermeister Tim Kurzbach sind ja wohl schwerlich die verantwortlichen Personen im Schulbetrieb. Letztere waren noch nicht einmal über diesen Alleingang des Bürgermeisters informiert. Üblich ist es schon, dass der Schulträger in einem solchen Fall mit der unteren und der oberen Schulaufsichtsbehörde in Verbindung tritt, um sich über solche Sondermaßnahmen abzustimmen. Auch die Schulleitungen sind in diesen Prozess einzubeziehen. Das alles ist hier offensichtlich nicht geschehen.

So ist die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, dass Tim Kurzbach hier im Auftrag seiner Partei, der SPD, das in seiner Stadt beispielhaft durchsetzen sollte, was die SPD seit Langem in jeder Schulausschusssitzung in diesem Landtag fordert, nämlich die Nutzung von öffentlichen Räumen in den einzelnen Städten für den Schulbetrieb, wie Museen, Sporthallen oder Bibliotheken, und damit die Teilung von Lerngruppen in kleinere Einheiten und die Aufteilung von Lerngruppen in Distanzlerner und Präsenzlerner, durchaus zu betreuen von verschiedenen Lehrkräften.

Wenn Schulleitungen, Bezirksregierungen und das Bildungs- und Schulministerium solchen Modellen nichts abgewinnen können, dann hat das wohl seinen Grund. Wer auch nur ein bisschen, nur ein kleines bisschen von Schulorganisation und von Lernprozessen versteht, kommt einfach nicht auf die Idee, solch ein Modell zu fordern. Denn der organisatorische Aufwand ist im Verhältnis zum Nutzen immens.

Der Schülertransport zu den Räumen hin, die Aufsichtspflicht der Lehrkräfte, die Zeitkorridore zwischen den Unterrichtsstunden mit der Verzögerung des Lehrerwechsels sowie die notwendige Ausstattung der fremdgenutzten Räume und deren Säuberung würden bereits für eine Schule einen Aufwand erfordern, der eben nicht zu bewältigen ist.

Sollten nun aber mehrere Schulen einer Stadt dieses sogenannte Solinger Modell umsetzen wollen, dann möchte ich einmal sehen, was in dieser Stadt los ist.

Herr Ott, Sie haben sich als Mitglied des Schulausschusses völlig disqualifiziert.

(Beifall von der AfD – Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich finde es deshalb schon merkwürdig, dass sich die Personen um den Solinger Oberbürgermeister herum offenbar so wenig mit den Schulpraktikern abgestimmt haben. Sehen Sie es mir nach; aber für mich steht der Verdacht im Raum, dass hier ein Oberbürgermeister seinen Genossen von der SPD im Landtag NRW zu Hilfe geeilt ist, um deren ständige Forderungen exemplarisch in einer Stadt einmal durchzuführen.

(Jochen Ott [SPD]: Stellungnahme Städtetag! Stellungnahme Städtetag!)

Im Grunde genommen, Frau Ministerin, ist es schade, dass Sie diesem Vorhaben einen Riegel vorgeschoben haben. Sie hätten es darauf ankommen lassen sollen, dass dieses Modell kläglich scheitert bzw. zu einer Zerstörung von Unterricht führt.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Denn auch der Unterrichtsprozess selbst verlangt Kontinuität, räumliche Ordnung und geistige Sammlung, die nur dann gewährleistet ist, wenn die Umtriebigkeit durch Raumwechsel und durch Wechsel der Zusammensetzung von Lerngruppen minimiert wird.

Aber, sehr geehrte Frau Ministerin, diese Angriffe von der rot-grünen Opposition haben Sie sich zum Teil selbst zuzuschreiben. Auf der einen Seite legen Sie Wert auf Präsenzunterricht und auf eine Normalisierung des Unterrichts. Das haben wir von der AfDFraktion in der Vergangenheit auch immer gefordert und Sie deshalb im Ausschuss und im Plenum in diesen Belangen immer unterstützt.

Die Zahlen der positiv Getesteten in den Schulen und der sich in Quarantäne befindenden Personen sind ja auch erfreulich niedrig, wie Sie uns auf eine Dringliche Anfrage des Abgeordneten Ott in der letzten Sitzung des Schulausschusses darlegen konnten. Herrn Ott passten diese Zahlen nun überhaupt nicht.

Auf der anderen Seite aber nehmen Sie die Pandemieerzählung als Tatsachenbericht – mit der Folge, dass dann wegen der angenommenen Gefährlichkeit sämtliche Hygienemaßnahmen auch in den Schulen beachtet und eingehalten werden müssen. Das gelingt natürlich in den Schulen nicht ohne Weiteres. So ist es nicht zu vermeiden, dass auch an den Schulen zunehmend positiv getestete Schüler und Lehrer entdeckt werden können, wenn man denn die Tests in diesem Maße ausweitet, wie es in den letzten Monaten erfolgt ist.

Deshalb ist es dringend notwendig, dass Sie endlich dazu kommen, in den Schulen zwischen positiv Getesteten, Infizierten und tatsächlich Erkrankten zu unterscheiden. In den Schulen werden so viele diffe

renzierte Abfragen gemacht, dass man hier bei einer so wichtigen Sache auf keinen Fall darauf verzichten sollte. Im Übrigen tragen die Schulen mit diesen Abfragen auch zu einer genauen Klärung über den tatsächlichen Verlauf einer COVID-19-Erkrankung bei. Nutzen Sie doch bitte diese Chance.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Die Ergebnisse einer solchen Statistik könnten auch zu einer differenzierteren Vorgehensweise bei den Coronamaßnahmen führen. Damit würden wir dem gesamten Land nützen. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Seifen. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Gebauer das Wort.

(Karl Schultheis [SPD]: Das war eine Seifen- oper! – Zuruf von der AfD: Das ist aber platt! – Helmut Seifen [AfD]: Die haben keine Argu- mente! Das ist das Problem!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, liebe Frau Beer, lieber Herr Ott, diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen: Sie schicken Kinder ins Homeoffice. Das ist einfach so. Und das werde ich auch weiter so verkünden, genauso wie das der stellvertretende Ministerpräsident auch getan hat.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Das Solinger Modell, um das es heute hier geht, ist keine Blaupause für alle Schulen, wie es die Opposition glaubt. Dieses Modell beruht auf einer Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung, die beim Erlass den Bezug zum Infektionsschutz leider aus dem Blick verloren hat.

Eine Stadt kann zu diesem Mittel greifen, wenn sie im Einzelfall ein besonderes Infektionsgeschehen bekämpfen muss. Die wöchentlich erhobenen Zahlen zum Schulbetrieb wiesen in Solingen zum Stichtag 28. Oktober 2020 allerdings keine signifikanten Abweichungen zum Landesdurchschnitt auf. An diesem Tag ist aber wohl die Allgemeinverfügung konzipiert worden.

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

Eine Woche später – ja, auch das ist richtig – weichen die Solinger Zahlen zum Schulbetrieb erkennbar vom Landesdurchschnitt ab.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: So etwas nennt man Prävention!)

Die Prozentzahl positiver Testungen bei Schülerinnen und Schülern war im Verhältnis zur Vorwoche

doppelt so hoch, die Zahl angeordneter Quarantänen aber siebenmal so hoch. Ähnliches war bei den Lehrkräften zu beobachten. Ich glaube, auch dieser Frage sollte man an der Stelle einmal nachgehen.

Heute Morgen wurde mehrfach gesagt – auch von mir –, dass es keinen Kontakt zur Bezirksregierung gegeben hat. Es gab auch keinen Kontakt zum Ministerium. Wenn man aber ein Modell für den Unterricht in der Pandemie entwickeln will, dann, finde ich, sollte man dieses Modell auch mit den zuständigen Fachleuten besprechen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich kann mich auch aufgrund der Äußerungen am heutigen Vormittag leider des Eindrucks nicht erwehren, dass hier unter dem Mantel des Infektionsschutzes außerparlamentarische Bildungspolitik gemacht werden soll. Es kam eben nicht darauf an, welches Infektionsgeschehen an welcher Solinger Schule im Einzelnen zu bekämpfen war. Das aber ist die Voraussetzung für eine Allgemeinverfügung. Darum war die Anweisung zur Aufhebung der Verfügung richtig.

Liebe Frau Beer, ich glaube, ich kann vieles. Aber einen Münsterländer anzuweisen, in dieser Geschichte so zu handeln, wie ich es gern hätte, das schaffe selbst ich nicht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Da hat auch der Gesundheitsminister, wie gerade auch schon dargetan, seine Meinung, die genau meiner und der der Landesregierung entspricht.

(Heiterkeit von der CDU und der FDP – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Um noch einmal auf das Modell zurückzukommen: Der angeblich starre Rahmen des Präsenzunterrichts soll gelockert werden. Tatsache ist aber: Eine solche Öffnung gibt es. Es gibt die Verordnung zum Distanzunterricht. Es gibt die Handreichung zur lernförderlichen und chancengerechten Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht. Es gibt die digitalen Unterrichtsvorhaben und Praxisbeispiele der QUA-LiS