Wir kommen damit zur Abstimmung. Die AfD-Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen also zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags. Wer stimmt dem zu? – Die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – SPD, CDU, FDP und Grüne stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Der fraktionslose Abgeordnete Langguth enthält sich. Damit ist der Antrag Drucksache 17/11666 abgelehnt.
Antrag der Landesregierung auf Zustimmung gemäß Artikel 66 Satz 2 der Landesverfassung Drucksache 17/11683
Zur Einbringung erteile ich für die Landesregierung in Vertretung des Ministerpräsidenten Frau Ministerin Scharrenbach das Wort.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben am 29. Oktober 2020 den Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland – kurz: Glücksspielstaatsvertrag 2021 – unterzeichnet.
Die Landesregierung bittet nunmehr um die Zustimmung des Landtags zu diesem Staatsvertrag. Er soll zum 1. Juli 2021 an die Stelle des bisherigen Glücksspielstaatsvertrags treten, der bis zum 30. Juni 2021 befristet ist.
Der neue Glücksspielstaatsvertrag soll auch in Zukunft einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Regulierung des Glücksspiels in allen Bundesländern bilden. Hierdurch können in vielen Bereichen unterschiedliche Regelungen der Länder vermieden werden, die gerade im Internet voraussichtlich auf wenig Verständnis bei den Bürgerinnen und Bürgern stoßen werden.
Wie schwierig die Diskussion zwischen den Ländern zu diesem Staatsvertrag waren, dürfte jedenfalls den Mitgliedern des Hauptausschusses aus den regelmäßigen Berichten des Chefs der Staatskanzlei bekannt sein, der der heutigen Debatte gerne gefolgt wäre. Er befindet sich aber bereits in der nächsten CdS-Konferenz mit dem Chef des Bundeskanzleramtes und kann daher leider nicht anwesend sein.
Bei aller Schwierigkeit der Verhandlungen sollte an dieser Stelle jedoch betont werden, dass sich die Länder hinsichtlich der Ziele des Staatsvertrags immer einig waren: Es geht darum, den mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren möglichst effektiv zu begegnen.
Es gilt, die Spielsucht zu bekämpfen, aber gleichermaßen auch den übrigen Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Spielerinnen und Spieler sind vor Manipulationen und anderen betrügerischen Machenschaften im Zusammenhang mit Glücksspielen zu schützen.
Uneinigkeit bestand lange Zeit lediglich über das Konzept, wie diese Ziele am besten zu erreichen sind. Mit Sorge hatten die Länder in den vergangenen Jahren beobachten müssen, wie im Internet trotz des Verbots im geltenden Glücksspielstaatsvertrag ein unregulierter Glücksspielmarkt wuchs und gedieh.
Das ist auf Dauer nicht hinnehmbar, denn die Zielsetzungen des Staatsvertrages können nur auf einem überwachten Markt erlaubter Anbieter erreicht werden und nicht auf einem Schwarzmarkt. Nur auf dem legalen Markt ist es schließlich möglich, den Anbietern Vorgaben zum Schutz der Spielerinnen und Spieler und zur Bekämpfung von Spielsucht zu machen.
Daher ist es nach jahrelangen Diskussionen ein großer und von vielen durchaus nicht mehr erwarteter Erfolg, dass sich die Länder auf einen gemeinsamen Regulierungsrahmen haben einigen können.
Die Ländereinheitlichkeit ist von wesentlicher Bedeutung, weil damit zum einen Rechtssicherheit geschaffen wird und zum anderen die Grenzen des erlaubten Spiels auch im Internet bundeseinheitlich vermittelt werden können.
Damit endet insbesondere der Sonderweg Schleswig-Holsteins, wo bislang schon virtuelle Automatenspiele und Online-Casinospiele erlaubt waren. Eine Zersplitterung des Internets wird vermieden. Allein bei den Online-Casinospielen, also den Online-Pendants zu den Tischspielen der Spielbanken, setzt sich die individuelle landesrechtliche Regelung der Spielbanken fort.
In der Sache sieht der Glücksspielstaatsvertrag 2021 zum einen Maßnahmen zur Stärkung des Vollzugs gegen illegale Angebote im Internet vor; hierzu gehört insbesondere die Bündelung der Zuständigkeit
für den Vollzug bei einer zentralen, länderübergreifend tätigen Behörde. Diese Anstalt des öffentlichen Rechts wird in Sachsen-Anhalt errichtet werden.
Zum anderen sollen künftig weitere Glücksspielangebote im Internet unter strengen regulatorischen Vorgaben erlaubt werden. Ziel ist es, insbesondere den bislang auf dem Schwarzmarkt tätigen Spielerinnen und Spielern eine legale Alternative zu bieten, die deutlich weniger gefährlich ist.
Hierdurch werden nicht nur die Spielerinnen und Spieler besser geschützt, sondern zugleich auch der Schwarzmarkt verkleinert, sodass gegen verbleibende illegale Anbieter effektiver und zielgerichteter vorgegangen werden kann.
Soweit ein einheitliches Vorgehen aller Länder nicht vorgegeben ist, lässt der Staatsvertrag den Ländern wie bislang Spielraum für die jeweiligen Ausführungsbestimmungen. Für Nordrhein-Westfalen werden diese derzeit erarbeitet. Ein Gesetzentwurf zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag wird dem Landtag kurzfristig übermittelt werden. Damit ist dann auch die gemeinsame Beratung möglich. – Herzlichen Dank.
Danke schön, Frau Ministerin Scharrenbach. – Jetzt hat für die CDUFraktion Herr Dr. Optendrenk das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beginnen heute die Beratung eines Staatsvertrags, der das Glücksspiel in Deutschland neu ordnen, regulieren und begrenzen soll.
In diesem Vertragswerk finden sich zu fast allen Themen des Glücksspielrechts Regulierungen und Ausnahmen, Erläuterungen und fast zwingende Anknüpfungspunkte für viele neue Fragen.
Allein der Begriff „Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag“ macht deutlich, wie kompliziert es war, sich unter den 16 Bundesländern auf einen gemeinsamen Text zu einigen. Frau Ministerin hat dazu einige Ausführungen gemacht.
Was ist aber eigentlich grundsätzlich neu? – Die Geschichte des Glücksspiels ist fast so alt wie die Geschichte der Menschheit. Schon vor mehr als 5.000 Jahren wurde das Glück auf die Probe gestellt, und zwar beim Würfeln. Vermutlich ist schon damals der Versuch durch die Obrigkeit gestartet worden, hier regulierend einzugreifen – es ist uns nur nicht überliefert.
Sehr breit ist die Überlieferung dagegen aus dem alten Rom. Hier wurde der Würfelspieler, der Aleator,
allerdings nicht gerade zu den gehobenen gesellschaftlichen Schichten gezählt. Dennoch vergnügten sich beispielsweise auch die römischen Kaiser bei Glücksspielen, und es gab in der Antike Kur- und Heilorte, die zugleich bevorzugte Spielorte waren. Parallelen zur Gegenwart sind rein zufällig.
Das Spiel diente damals wie heute der Entspannung, der Abwechslung und der Geselligkeit. Von den Germanen, die uns bei einem solchen deutschen Gesetzeswerk natürlich besonders interessieren, wissen wir dank der Überlieferung des römischen Schriftstellers Tacitus, dass sie es mit dem Glücksspiel und dem Würfelspiel besonders ernst nahmen und wohl eine besondere Leidenschaft an den Tag legten.
Im Mittelalter gab es ebenfalls unterschiedliche Varianten des Glücksspiels und der Versuche, dieses zu regulieren. Das reichte von völligen Verboten des Glücksspiels über die kirchliche Ächtung als Spiel mit dem Teufel bis hin zur Legalisierung von ansonsten verbotenen Spielen an besonders konzessionierten Spielorten. Vielfach gab es auch Spielhäuser für die höfische Oberschicht, während sich die einfachen Leute in Wirtshäusern trafen.
Es ist kein Zufall, dass die Betreiber solcher Einrichtungen Genehmigungen der staatlichen Obrigkeit brauchten und häufig auch selbst Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit der Spielabwicklung übernehmen mussten. Auch das kommt uns bekannt vor: Die Betreiber mussten Steuern und Abgaben zahlen.
Hier begegnen uns also Fragen, die uns auch heute sehr vertraut sind. Es geht unter anderem um die Kanalisierung des in fast allen Menschen vorhandenen Spieltriebs. Dieses Interesse am Spiel ist beim Glücksspiel zumeist auch mit dem Anliegen verbunden, seine eigene Situation durch einen glücklichen Zufall sprunghaft zu verbessern. Viele Menschen neigen dazu, für einen solchen Zufallstreffer hohe Risiken einzugehen. Diese Risiken sollten und sollen begrenzt werden.
Es geht aber auch darum, illegale Angebote des Glücksspiels möglichst weit zurückzudrängen. Dazu gestattete man staatlich genehmigte Glücksspielangebote. Damit der chronisch klamme Fiskus daran auch seine Freude hatte, erhob man im Gegenzug Steuern, Gebühren und Abgaben in sehr unterschiedlicher Höhe. So gewinnt neben dem Betreiber des Glücksspielangebots und manchmal auch dem Spieler immer auch der staatliche Haushalt.
Ein Unterschied zu früher besteht heute allerdings darin, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen für gesellschafts- und sozialpolitische Zwecke ausgeschüttet wird. Wenn wir also in den nächsten Monaten den hier eingebrachten Staatsvertrag und das noch folgende Ausführungsgesetz beraten, führen wir im Kern die gleichen Diskussionen wie Generationen vor uns.
Es gibt noch einen weiteren Unterschied: Die alten Römer hätten es sich trotz ihres Weltreiches rund um das Mittelmeer nicht vorstellen können, dass die spielsüchtigen Germanen sich mithilfe elektronischer Geräte mühelos und jederzeit von zu Hause aus von illegalen Spieleanbietern aus Malta, Gibraltar oder Zypern um ihr Geld bringen lassen können.
Das zu unterbinden, ist nun eine der Aufgaben des Gesetzgebers im 21. Jahrhundert, und damit bin ich wieder in der Gegenwart angekommen und freue mich auf die bevorstehenden Beratungen. – Herzlichen Dank.
Danke schön, Herr Dr. Optendrenk. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Müller-Witt das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die jetzt vorliegende Überarbeitung des Glücksspielstaatsvertrags, der Glücksspielstaatsvertrag 2021, hat bereits im Vorfeld für Debatten gesorgt, zumal man ohne Frage von einem Paradigmenwechsel sprechen kann.
Standen bislang vor allem die in § 1 aufgezählten Ziele wie die Verhinderung der Entstehung von Spiel- und Wettsucht, die wirksame Suchtbekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie die Abwehr der mit Glücksspiel verbundenen Folge- und Begleitkriminalität im Fokus, so vermittelt der nun vorliegende Entwurf den Eindruck, dass man jetzt eher den Anbieterinteressen entgegenkommen möchte.
Was mit der Veräußerung von WestSpiel und der Abgabe der Spielcasinos in private Hände begann, wird hier nahtlos fortgesetzt. Dass die vorliegende Überarbeitung des Glücksspielstaatsvertrags eine weitere umfassende Marktöffnung darstellt, kann man auch den Zuschriften von Befürwortern und Gegnern des neuen Staatsvertrags entnehmen. Während er den einen nicht weit genug geht, stellen die anderen besorgt fest, dass hier Dämme eingerissen werden sollen und dass die möglichen Folgen Schlimmes befürchten lassen. Insofern sehen wir mit großem Interesse der Anhörung entgegen, die dieser Staatsvertrag dringend erforderlich macht.
Aus diesem Grund will ich in der heutigen ersten Lesung nur einige wenige Punkte aus dem Vertrag und vor allem auch aus dem dazugehörigen Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September betrachten. Ja, wir haben es ohne Zweifel mit einem Paradigmenwechsel zu tun. Entgegen aller Bekundungen zu den in § 1 genannten Zielen werden zukünftig Sportwetten in vielfältiger Weise legitimiert,
erweitern Onlinecasinos die Angebotspalette und sollen bislang verbotene Spiele schon vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 übergangsweise legitimiert werden.
Bezüglich der Spielanbieter scheint es keine Zweifel an der Zuverlässigkeit zu geben. Es grenzt schon an Weißwaschen, wenn Anbieter noch bis zum 15. Oktober 2020 illegale Spiele auf den Markt bringen konnten, ohne dass ihnen in der Folge die Teilnahme am künftig legalen Markt untersagt oder zumindest deutlich erschwert wird. Die jetzt vorgesehene genaue Beobachtung dieser Anbieter kommt den schon heute gesetzestreuen Anbietern deshalb vermutlich wie Hohn vor.
Auch die vorzeitige Wirksamkeit des neuen Staatsvertrags vor Errichtung der ihn umsetzenden und kontrollierenden neuen länderübergreifenden Behörde macht deutlich, dass es hier primär um die Öffnung bestehender Schranken geht. Wie ist es sonst zu erklären, dass eine umfassende Liberalisierung des Marktes vorschnell rechtswirksam wird, während die Kontrollbehörde noch gar nicht existiert? Außerdem werden auch die besten Kontrollmechanismen nichts nützen, wenn Fachkunde und ausreichende Anzahl der kontrollierenden Personen nicht sichergestellt sind.
Ohne heute schon im Detail auf das vorliegende Vertragswerk einzugehen, möchte ich einen weiteren Punkt ansprechen: Im bereits erwähnten Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September dieses Jahres wird nicht nur die Zeit bis zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 geregelt, sondern auch, dass diese Übergangsregelungen so lange Bestand haben sollen, bis die gemeinsame länderübergreifende Behörde endlich ihre Arbeit aufgenommen hat.