Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das ist ein Skan- dal, was Sie da machen!)

Frau Ministerin.

Vielen Dank für die Rückfrage. – Ich darf und muss mich auf die Rückmeldungen der Schulträger beziehen, die sehr dezidiert zurückgemeldet haben, dass es geht oder nicht geht oder dass sie eine Lüftungsanlage bestellt und somit das Problem abgestellt haben.

Viele dieser Schulträger – das wissen Sie –, insbesondere die kreisfreien Städte und die Kreise für die Berufskollegs, sind selbst untere Gesundheitsbehörden. Daher wissen sie seit dem 16. März dieses Jahres ganz genau, was möglich ist und was nicht möglich ist.

Ich sage noch einmal: Alle Räume, über die wir hier sprechen – und das sind wirklich nur einzelne –, sind bisher im Unterrichtsbetrieb nicht zum Einsatz gekommen. Deswegen ermöglichen wir mit diesem Lückenschluss zum Bundesförderprogramm, dass Unterrichtsräume wieder in Betrieb genommen werden können. Das sorgt dann auch an anderen Stellen für eine entsprechende Entzerrung.

Ich bitte nur darum, diese Debatte ein bisschen abzumildern, weil Schulleitungen und Hauptverwaltungsbeamte – ich sage ganz bewusst: egal welcher Couleur – sich seit März 2020 sehr intensiv damit auseinandersetzen, wie Schulen und Sporthallen gemäß den Hygienevorschriften so gesichert werden können, dass der Schutz der Menschen gewährleistet ist.

Deswegen wird manche Debatte der Verantwortung, die Schulleitungen und Hauptverwaltungsbeamte haben, aus meiner Sicht nicht gerecht. Schließlich geht es um einzelne Räume und nicht mehr, aber auch nicht weniger. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Gibt es den Wunsch einer weiteren Wortmeldung? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen empfiehlt in Drucksache 17/11697, den Antrag abzulehnen. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 17/9355 selbst und nicht über die Beschlussempfehlung.

Wer möchte hier zustimmen? – Das sind SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU, FDP und die AfD. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 17/9355, wie gerade festgestellt, abgelehnt.

Ich rufe auf:

11 Europäisches Bauhaus-Projekt im nördlichen

Ruhrgebiet – Interdisziplinäres Reallabor für nachhaltige Stadtentwicklungskonzepte

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11654

Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist für die Grünen der Abgeordnete Remmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor genau 100 Jahren wurde das Staatliche Bauhaus Weimar gegründet. Es gilt trotz seiner dem nationalsozialistischen Terror geschuldeten kurzen Lebensdauer von nur 14 Jahren bis heute als renommierteste Hochschule für die Gestaltung der Moderne. In ihren Werkstätten und Laboren der Zukunft versammelten sich Handwerkerinnen und Handwerker, Technikerinnen und Techniker, Architekten, Künstlerinnen und Künstler, Kreative aller Art, um aus dem bisherigen unfruchtbaren Neben- und Gegeneinander ein höchst kreatives und produktives Miteinander zu machen.

Urbild für das Bauhaus ist nach Ansicht seines Begründers Walter Gropius die mittelalterliche Bauhütte. In ihr verbündeten sich die unterschiedlichsten Gewerke miteinander zum gemeinsamen Schaffen imposanter Bauwerke, Kirchen und Kathedralen, die weit über ihre Zeit hinaus bis in unsere Gegenwart und auch in die Zukunft ragen.

Das Bauhaus stand und steht, so Alfred Arndt zur Eröffnung des Dessauer Bauhauses, für die Art am Bau einer neuen Welt.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht in einem Gastbeitrag für die „FAZ“ am 17.10. genau von dieser Idee eines Bauhauses für die Zukunft hin zur Transformation in eine klimaneutrale Bewirtschaftung und in ein klimaneutrales Leben in Europa.

„Das Bauhaus hat den sozialen und wirtschaftlichen Übergang zur Industriegesellschaft und ins 20. Jahrhundert buchstäblich mitgestaltet.“,

so Ursula von der Leyen in dem Gastbeitrag. Das Bauhaus der Zukunft, das neue europäische Bauhaus soll nach ihrer Auffassung und auf ihre Initiative den Übergang in die Gesellschaft, die klimaneutral lebt, wirtschaftet und arbeitet, insbesondere da gestalten, wo es dringend notwendig ist, bei unseren Gebäuden.

Wo stehen unsere Gebäude? – Sie stehen in unseren Städten und Gemeinden. Das ist notwendiger denn je. In Deutschland entfallen gut 35 % des Endenergiebedarfes auf die Emissionen im Gebäudesektor. Im EU-Durchschnitt liegen die Werte noch etwas höher. Somit besteht im Gebäudebereich enormer Handlungsbedarf, um die Emissionen drastisch zu senken und die selbstgesteckten Ziele – insbesondere 67 % der Emissionen bis zum Jahr 2030 einzusparen und 2050 klimaneutral zu werden – zu erreichen.

Im Rahmen des europäischen Green Deals hat die EU-Kommission bereits eine Renovierungswelle angestoßen, um die energetische Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden anzukurbeln. Kürzlich legte sie dann die Idee einer europäischen Bauhausbewegung vor.

Was liegt da näher, als zu sagen, dass ein solches Bauhaus auf alle Fälle in Nordrhein-Westfalen stehen muss und kann? Wo sollte es dann stehen? Meinetwegen kann es auch irgendwo anders stehen, aber unsere Idee ist, es im nördlichen Ruhrgebiet zu implementieren, weil es hier einen großen Bestand von Gebäuden der Nachkriegszeit gibt, die dringend einer energetischen Sanierung zugeführt werden müssen. Es gilt, die Dynamik des Strukturwandels aufzugreifen und anzufassen und die Gewerke in einer neuen Bauhütte zusammenzuführen.

Ich würde mir sehr wünschen und darf Sie bitten – wir sind zwar nicht der Urheber dieser Idee –, dass Sie diese Idee mit anpacken, Nordrhein-Westfalen bei der Gründung eines Reallabors unterstützen und dabei deutlich markieren, dass wir ein Interesse daran haben, ein solches europäisches Bauhaus, das die Kommission ausschreiben will, nach NordrheinWestfalen zu holen.

In diesem Sinne sind wir gerne bereit, an einem gemeinsamen Antrag, wenn Sie mitmachen wollen – wir laden Sie ein –, im Ausschuss zu arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der CDU spricht der Abgeordnete Hausmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will vorausschicken, dass dieser Antrag bei uns durchaus Sympathien ausgelöst hat; denn sowohl die Idee des Bauhauses – grundsätzlich eine sehr positiv besetzte Zusammenfassung, die Herr Kollege Remmel gerade in dem geschichtlichen Kontext geschildert hat – als auch das Aufgreifen der Bauthematik im nördlichen Ruhrgebiet sind zwei charmante Aspekte, mit denen Sie den Antrag durchaus gelungen untermalt haben. Sie haben zu Recht das aufgegriffen, was auf EU-Ebene vorangetrieben werden soll.

Der Gebäudesektor bietet ein erhebliches Potenzial bei der dringend notwendigen Einsparung von CO2Emissionen. Dazu sind neben den energetischen Gebäudesanierungen vor allem die Entwicklung neuer und die Weiterentwicklung bestehender Technologien von großer Bedeutung.

Innovative und interdisziplinäre Konzepte sind für die NRW-Koalition und die Landesregierung in allen Politikbereichen wegweisend. Dabei setzen wir auf die fachliche Kompetenz und die Innovationskraft der Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Im Bereich der Stadtentwicklung fördert die Landesregierung nicht nur im Ruhrgebiet, aber auch da, zahlreiche Projekte und Entwicklungskonzepte mit ihrer erfolgreichen Städtebauförderung.

Ein weiteres Beispiel für bestehende Ansätze sind die im Rahmen des Zukunftsfeldes „Urbane Energielösungen“ im Wirtschafts- und Strukturprogramm 1.0 für das Rheinische Revier vorgesehenen Schwerpunkte. Dazu zählen unter anderem die Entwicklung von Konzepten für das Quartier der Zukunft und den Gewerbepark der Zukunft unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nutzens sowie die Initiierung von interdisziplinären Forschungsverbünden aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft im Bereich innovativer Quartiere und Quartiersentwicklung.

Die dort entwickelten Ansätze und Projekte werden Strahlkraft und Vorbildcharakter für andere Regionen, aber vor allem für das Ruhrgebiet und den dortigen Baubestand erhalten.

Es kann also keinesfalls – anders, als Sie es unterstellt haben – die Rede davon sein, dass in Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich zu zögerlich gehandelt würde. Wir müssen uns auf die vorhandenen und vielfältigen Projekte konzentrieren, deren Kapazitäten und Potenziale bestmöglich nutzen und dürfen nicht immer neue Initiativen beginnen. Es ist von großer Bedeutung, die bestehenden Initiativen weiterzuvernetzen, die Digitalisierung zu nutzen und auch die praktische Auswertung und Verwertung der dabei gewonnenen Daten und Erkenntnisse voranzutreiben.

Mit der engagierten Politik in diesem Bereich der Digitalstrategie des Ministers für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, den Innovationshubs und der Entwicklung in ganz NRW setzen wir dazu die richtigen Schwerpunkte.

Wir müssen innovativ, aber auch pragmatisch und praktisch sein. Dabei geht es nicht nur um Gebäudesanierung oder einzelne Projekte. Es geht vielmehr darum, die Voraussetzungen, die Leitplanken für ein nachhaltiges, ressourcenschonendes Leben in jeglichen Lebensbereichen zu schaffen.

Hier nehme ich durchaus auch die EU in die Pflicht; denn ein Teilbereich des Bauens bewegt uns sehr. Das sind die Substitution von Baumaterialien und die CO2-Bilanz des Transportes von Baumaterialien. Nicht allein der ökologische Baustoff an und für sich ist CO2-sparend, sondern auch die regionale Verfügbarkeit spielt dabei eine Rolle. Die EU ist bei den Abfallwirtschaftsrichtlinien in die Pflicht zu nehmen, wenn es darum geht, Recycling von Baustoffen am besten an Ort und Stelle und die Wiederverwertung abgebrochener Gebäude und aufgerissener Straßen zum Beispiel als Zusatzstoffe im Beton voranzutreiben.

Der vorliegende Antrag nimmt ein enorm wichtiges Themenfeld in den Blick, es sind allerdings zunächst einmal die konkreten Rahmenbedingungen und Anforderungen für die geplanten europäischen Bauhäuser in Augenschein zu nehmen und zu prüfen, ob sich ein möglicher nordrhein-westfälischer Standort gut in die eben beschriebene Förder- und Forschungslandschaft, in die Innovationskulisse einfügen würde.

Denn am Ende geht es nicht nur darum, wer die meisten Projekte fördert oder die schönsten Anträge schreibt, sondern darum, wer mit einem stimmigen Gesamtkonzept die besten Ideen für nachhaltiges Bauen und eine moderne Stadtentwicklung hervorbringt.

Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu. Ich freue mich auf die weitere Debatte im Ausschuss.

Ich darf von meiner Seite sagen, ich würde mich freuen, wenn wir etwas herausarbeiten könnten, was nicht nur für die Hochglanzprospekte charmant aussieht, sondern was auch für den, der auf der Baustelle den Blaumann trägt, eine praktische Handlungsanweisung ergibt und somit ein Beispiel für eine sehr pragmatische Region sein kann. Sie haben es eben angesprochen: Das ist das Ruhrgebiet. – Das darf ich noch einmal unterstreichen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und Henning Höne [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD hat der Abgeordnete Becker das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Remmel, Herr Hausmann, jetzt sind wir schon zu dritt, weil auch wir finden, dass dieser Antrag in die Zukunft weist und gute Möglichkeiten aufzeigt, wie wir die Klimaschutzziele erreichen und den Klimaschutz nach vorne bringen können.

Wenn es darum geht, die Klimaschutzziele zu erreichen, spielt, wie wir alle wissen, der Gebäudesektor eine sehr wichtige Rolle. Ich habe vor wenigen Tagen an einer der Zeit entsprechenden Videokonferenz zum Klimaschutzpaket teilgenommen, bei der das mehrere Experten aus verschiedenen Fachrichtungen – aus der Wohnungswirtschaft, aus der Bauwirtschaft, aus den Kommunen – noch einmal betont und hergeleitet haben. Sie alle haben im gleichen Zug auch deutlich gemacht, dass diese Ziele sehr ambitioniert sind und die Frage, ob wir sie erreichen, eigentlich noch nicht beantwortet werden kann. Es bedarf jedenfalls noch enormer Anstrengungen.

Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Antrag wirklich sehr zu begrüßen. Die Europäische Union hat mit dem Green Deal einen Fahrplan auf den Weg gebracht, mit dem sie bis 2050 klimaneutral werden möchte. Der Bereich „Gebäude und Renovierung“ gehört mit vielen Maßnahmen dazu, mit denen die derzeitigen Sanierungsraten bei öffentlichen und privaten Gebäuden mindestens verdoppelt werden sollen.

Das neue europäische Bauhaus soll die praktische Umsetzung dieses Green Deals vorantreiben, den Menschen näherbringen, sie dafür begeistern und gewinnen. Es soll als Diskussionsforum dienen und Versuchslabor sein und damit ähnlich prägend wirken – Herr Remmel hat es gesagt – wie das ursprüngliche Bauhaus von Walter Gropius vor rund 100 Jahren.

Wir finden diesen Ansatz sinnvoll. Wir sehen nicht nur die Chance, das Erreichen der Klimaschutzziele zu befördern, sondern wir sehen auch, dass das Ganze Chancen für unser Land Nordrhein-Westfalen und vor allen Dingen für die Emscher-Lippe-Region im nördlichen Ruhrgebiet mit sich bringt. Deswegen freuen wir uns, wenn wir das im Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen vertiefen können, vielleicht gemeinsam die Initiative ergreifen und das zum Erfolg bringen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)